Urteil des OLG Hamm vom 20.02.2008

OLG Hamm: darlehensvertrag, arglistige täuschung, culpa in contrahendo, geschäftsführung ohne auftrag, auszahlung, verbraucher, verzug, aushändigung, widerrufsrecht, rückzahlung

Oberlandesgericht Hamm, 31 U 51/07
Datum:
20.02.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
31. Zivilsenatq
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
31 U 51/07
Vorinstanz:
Landgericht Essen, 6 O 524/05
Tenor:
Auf die Berufung der Kläger wird das am 09.11.2006 verkündete Urteil
der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert und insgesamt
wie folgt neu gefasst.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 8.797,71 EUR nebst Zinsen in
Höhe von 5,75 % p.a. aus 824,34 EUR seit dem 01.01.1999, aus 926,73
EUR seit dem 01.01.2000, aus 926,73 EUR seit dem 01.01.2001, aus
1.147,49 EUR seit dem 01.01.2002, aus 926,73 EUR seit dem
01.01.2003, aus 80,36 EUR seit dem 01.02.2003 sowie Zinsen in Höhe
von 7,55 % p.a. aus 1.571,21 EUR seit dem 01.10.2004, aus 1.694,88
EUR seit dem 01.01.2005 und aus 680,64 EUR seit dem 01.06.2005
Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Übertragung der Rechte
aus der Fondsbeteiligung an der A GbR im Nennwert von 30.000,- DM
sowie auf Übertragung der Rechte aus dem Treuhandvertrag vom
16.01./06.03.1998 mit der D mbH.
Es wird festgestellt, dass die Kläger aus dem zwischen den Parteien
unter dem 30.12./23.01.1998 geschlossenen Darlehensvertrag keine
Verpflichtungen mehr gegenüber der Beklagten haben.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Annahme des
Angebots zur Übertragung der Rechte aus der Fondsbeteiligung und
aus dem Treuhandvertrag in Verzug befindet.
Die weitergehende Klage der Kläger wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Kläger und die Berufung der Beklagten
werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 12 % und die
Beklagte 88 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des
vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweilige
Gegenpartei zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden
Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e :
1
I.
2
Die Kläger verlangen von der beklagten Bank die Rückzahlung von Zins- und
Tilgungsleistungen Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus einer
Fondsbeteiligung; sie haben ferner die Feststellung begehrt, dass sie gegenüber der
Beklagten aus dem zur Finanzierung der Fondsbeteiligung abgeschlossenen
Darlehensvertrag keine Verpflichtungen haben, und dass sich die Beklagte mit der
Annahme des Abtretungsangebots in Annahmeverzug befinde.
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Wegen des Vorbringens der Parteien in erster Instanz und der gestellten Anträge wird
auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
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Das Landgericht hat unter Klageabweisung im Übrigen die Beklagte verurteilt, an die
Kläger 4.954,42 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf
Abtretung von Anteilen an der A GbR im Nennwert von 30.000,00 DM an die Beklagte
zu zahlen und die beantragten Feststellungen ausgesprochen. Zur Begründung hat das
Landgericht im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
5
Der Anspruch der Kläger nach § 812 BGB wegen fehlender Auszahlung der
Darlehensvaluta sei unbegründet, weil nach den Gesamtumständen davon auszugehen
sei, dass die Kläger die Valuta durch Auszahlung auf das Konto der Treuhänderin
empfangen hätten. Der Darlehensvertrag sei auch nicht wegen fehlender
Gesamtbetragsangabe nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG nichtig, weil durch Auszahlung an den
Treuhänder zwecks Erwerbs eines Fondsanteils Heilung nach § 6 Abs. 1 Satz 1
VerbrKrG eingetreten sei. Denn nach den Gesamtumständen, aufgrund der
streitgegenständlichen Verträge und nach den überreichten Anlagen sei davon
auszugehen, dass die Darlehensvaluta weisungsgemäß an die Treuhänderin
ausgezahlt worden seien.
6
Jedoch stehe den Klägern nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein
Rückgewähranspruch gegen die Beklagte nach Widerruf wegen Haustürgeschäfts zu.
Nach der Vernehmung des Zeugen C stehe fest, dass der Darlehensvertrag im Rahmen
einer Haustürsituation zustande gekommen sei. Die Indizwirkung einer Haustürsituation
sei angesichts eines Zeitraums von nur einer Woche zwischen Erstgespräch und
Darlehensvertragsunterzeichnung nicht entfallen. Die Widerrufsbelehrung zum
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Zeichnungsschein begründe keine Zäsur, weil die einwöchige Frist zum Widerruf des
Fondsbeitritts bei Unterzeichnung des Darlehensvertrages noch nicht abgelaufen
gewesen sei. Der Widerruf sei rechtzeitig erfolgt, weil die Widerrufsfrist nicht zu laufen
begonnen habe. Denn die Widerrufsbelehrung habe gegen das Deutlichkeitsgebot
verstoßen und andere Erklärungen, die nicht notwendig und irreführend gewesen seien,
enthalten. Der Kreditvertrag und der Anteilserwerb hätten ein verbundenes Geschäft
gebildet. Wegen Verjährung bestünde ein durchsetzbarer Anspruch der Kläger allein
bezogen auf die seit Januar 2002 erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen abzüglich
Fondsausschüttungen; soweit Zahlungen vor dem 01.01.2002 erfolgt seien, sei der
Rückzahlungsanspruch nach § 195 BGB n.F. gemäß Artikel 229 § 6 EGBGB verjährt.
Gegen dieses Urteil richten sich die wechselseitigen Berufungen der Parteien, die das
angefochtene Urteil, soweit ihnen günstig, verteidigen.
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Mit ihrer Berufung machen die Kläger geltend, dass das Landgericht den Hauptantrag
zu Unrecht abgewiesen und eine Heilung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG
angenommen habe; vielmehr sei die Valuta ohne Anweisung der Kläger ausgezahlt
worden. Ihnen könne die Zuwendung der Beklagten an den Treuhänder nicht
zugerechnet werden, weil sie nicht von ihnen veranlasst worden sei. Die Teilabweisung
der Klage im Hilfsantrag sei zu Unrecht erfolgt, weil das Widerrufsrecht nach HWiG als
Gestaltungsrecht den Verjährungsvorschriften nicht unterliege und die Verjährung
derjenigen Rechte, die durch den Widerruf entstünden, beginne erst mit der Ausübung
des Widerrufsrechts, hier also mit Erklärung des Widerrufs durch anwaltliches Schreiben
vom 21.12.2005.
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Die Kläger erweitern die Hilfsanträge um weitere 492,70 EUR, weil die Kosten der
außergerichtlichen Inanspruchnahme der Beklagten erstinstanzlich versehentlich nur im
Hauptantrag verlangt worden seien.
10
Die Kläger beantragen,
11
abändernd
12
1.
13
die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.471,31 € zu zahlen nebst Zinsen in
Höhe von 5,75% p.a. aus 1.211,66 € seit dem 01.01.1999, aus 1.386,89 € seit
dem 01.01.2000, aus 1.386,89 € seit dem 01.01.2001, aus 1.386,89 € seit
dem 01.01.2002, aus 1.386,89 € seit dem 01.01.2003 sowie aus 85,75 € seit
dem 01.02.2003 sowie Zinsen in Höhe von 7,55% p.a. aus 1.623,93 € seit
dem 01.01.2004, aus 1.771,56 € seit dem 01.01.2005 sowie aus 738,15 € seit
dem 01.06.2005 sowie Zinsen in Höhe von 5% p.a. seit Rechtshängigkeit aus
einem Betrag von 492,70 €.
14
2.
15
festzustellen, dass sie aus dem zwischen den Parteien unter dem
30.12.1997/23.01.1998 geschlossenen Darlehensvertrag mit der
Vertragsnummer #####027 keine Verpflichtungen mehr gegenüber der
Beklagten haben,
16
hilfsweise
17
abändernd
18
1.
19
die Beklagte zu verurteilen, an sie Zug um Zug gegen Abgabe eines
Angebots auf Abtretung von Anteilen an der A GbR (J Immobilienfonds) im
Nennwert von 30.000,00 DM 9.290,41 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von
5,75% p.a. aus 824,34 € seit dem 01.01.1999, aus 926,73 € seit dem
01.01.2000, aus 926,73 € seit dem 01.01.2001, aus 1.147,49 € seit dem
01.01.2002, aus 926,73 € seit dem 01.01.2003, aus 80,96 € seit dem
01.02.2003 sowie Zinsen in Höhe von 7,55% p.a. aus 1.571,21 € seit dem
01.10.2004, aus 1.694,88 € seit dem 01.01.2005, aus 680,64 € seit dem
01.06.2005 sowie Zinsen in Höhe von 5% p.a. seit Rechtshängigkeit aus
einem Betrag von 492,70 €.
20
2.
21
festzustellen, dass sie aus dem zwischen den Parteien unter dem
30.12.1997/23.01.1998 geschlossenen Darlehensvertrag mit der
Vertragsnummer #####027 keine Verpflichtungen mehr gegenüber der
Beklagten haben
22
3.
23
festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Annahme des
Abtretungsangebots zu Ziffer 1) im Verzug befindet.
24
25
Die Beklagte beantragt,
26
1.
27
abändernd
28
die Klage abzuweisen,
29
2.
30
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
31
Sie rügt, dass das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass ein Widerruf
der auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen noch
möglich gewesen sei.
32
Der Verbundzusatz in der Widerrufsbelehrung stelle keine andere Erklärung nach § 2
Abs. 1 Satz 2 HWiG dar. Auch der Umstand, dass die Beklagte in dem erstinstanzlichen
Verfahren das Vorligen eines verbundenen Geschäfts bestritten habe, ändere an dieser
Beurteilung nichts. Maßgeblich sei allein, ob bei Zugrundelegung der Sicht des
33
Verbrauchers der fragliche Zusatz verwirrend und geeignet gewesen sei, ihn von dem
Widerruf seiner Willenserklärung abzuhalten.
Der Hinweis auf den Beginn des Fristenlaufs verstoße nicht gegen das
Deutlichkeitsgebot, weil er der gesetzlichen Regelung entspreche. Dies gelte
insbesondere für den in der Belehrung enthaltenen Hinweis, dass der Darlehensnehmer
den Darlehensvertrag erst dann widerrufen könne, wenn er die von der Bank
gegengezeichnete Ausfertigung des Darlehensvertrages erhalten habe. Der Hinweis sei
nicht falsch und stelle auch kein den Verbraucher verwirrendes Element dar; dies zeige
sich bereits daran, dass die spätere Regelung des § 361a Abs. 1 S. 3 und 5 BGB bzw. §
355 Abs. 2 S. 3 BGB zwingend vorschreibe, dass dem Verbraucher eine
Vertragsurkunde ausgehändigt werde. Darüber hinaus sei den Klägern ein längeres
Widerrufsrecht eingeräumt worden; die Regelung in der Belehrung habe sie begünstigt.
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Die Auffassung der Kläger, eine wirksame Anweisung sei nicht gegeben, gehe
angesichts des Inhalts des Zeichnungsscheins und des Darlehensvertrages fehl.
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Ein Anspruch auf Verrechnung überzahlter Zinsen auf die Restvaluta bestehe nicht.
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Die Kläger beantragen,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
38
Sie halten daran fest, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen sei, weil sie
wenigstens drei überflüssige "andere" Erklärungen enthalten habe. So sei der
Verbundzusatz deshalb verwirrend, weil die Beklagte im Darlehensvertrag
hervorgehoben habe, dass der Kredit unabhängig vom finanzierten Geschäft
zurückzuzahlen sei. Dadurch sei der Eindruck erweckt worden, dass im Falle des
Widerrufs des Darlehensvertrages zwar auch der finanzierte Fondsbeitritt nicht zustande
komme, der Darlehensnehmer gleichwohl das Darlehen zurückzuzahlen habe. Auch
lasse die Belehrung den Adressaten darüber im Unklaren, wann die Frist zu laufen
beginne und wann sie ende. Die Belehrung widerspreche auch dem Deutlichkeitsgebot,
weil die Belehrung drucktechnisch nicht besonders hervorgehoben sei.
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Hinsichtlich erzielter Steuervorteile haben die Kläger zunächst geltend gemacht, dass
sie allein gehalten seien, die Steuerbescheide vorzulegen, was geschehen sei; ihre
sekundäre Darlegungslast umfasse nicht die Vornahme einer Berechnung, die Sache
der Beklagten sei. Sodann haben die Kläger, die zugleich bereits erstinstanzlich
vorgetragen haben, dass sie im Zuge von Schadensersatzzahlungen mit steuerlichen
Nachteilen zu rechnen haben, unter Vorlage eines von ihnen eingeholten
Privatgutachtens ihre in den Jahren 1998 bis 2006 wegen aus Vermietung und
Verpachtung erwirtschafteter Verluste Fondsbeteiligung erzielten Steuervorteile auf
8.614,99 EUR beziffert.
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Die vorgerichtliche Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten habe darin bestanden, dass
diese an die Beklagte unter dem 05.10.2005 und dem 21.12.2005 Anspruchsschreiben
gerichtet hätten.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Berichterstattervermerk zur Senatssitzung
vom 22.08.2007 verwiesen.
42
II.
43
Die Berufung der Kläger hat überwiegend Erfolg; dagegen bleibt die Berufung der
Beklagten erfolglos. Den Klägern steht ein Anspruch aus § 3 Abs. 1 HWiG in der bis
zum 30.09.2000 gültigen Fassung (im Folgenden: HWiG) auf Rückzahlung geleisteter
Zinsraten in Höhe von 8.797,71 EUR zu. Die weitergehende Berufung der Kläger sowie
die Berufung der Beklagten waren deshalb zurückzuweisen.
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1.
45
Die Berufung der Kläger erhebt keine Einwendungen, soweit das Landgericht die Klage
im Hauptantrag zurückgewiesen hat und diese auf einen Anspruch aus den §§ 812, 818
BGB wegen fehlender Auszahlung gestützt war.
46
2.
47
Die Rüge der Kläger, das Landgericht habe zu Unrecht die Nichtigkeit des
Darlehensvertrages nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG und einen daraus resultierenden
bereicherungsrechtlichen Anspruch, geltend gemacht im Hauptantrag, verneint, bleibt
ohne Erfolg.
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Auch der Senat braucht der Frage, ob der Darlehensvertrag der Parteien wegen
fehlender Gesamtbetragsangabe nach § 6 Abs. 1 VerbrKrG nichtig ist, nicht weiter
nachzugehen. Denn eine Nichtigkeit wäre auf jeden Fall nach § 6 Abs. 2 Satz 1
VerbrKrG geheilt. Nach dieser Norm tritt Heilung durch den Empfang des versprochenen
Darlehens ein. Davon ist wie im Fall des § 7 Abs. 3 VerbrKrG und des § 607 Abs. 1 BGB
a.F. auszugehen, wenn der Darlehensgegenstand aus dem Vermögen des
Darlehensgebers ausgeschieden und dem Vermögen des Vertragsgegners in der
vereinbarten Form endgültig zugeführt wurde. Wird die Darlehensvaluta auf Weisung
des Darlehensnehmers an einen Dritten ausbezahlt, so hat der Darlehensnehmer
regelmäßig den Kreditbetrag empfangen, wenn der von ihm als Empfänger namhaft
gemachte Dritte das Geld vom Darlehensgeber erhalten hat. Dementsprechend gilt ein
Darlehen auch dann als empfangen, wenn der Kreditgeber es vereinbarungsgemäß an
einen Dritten ausgezahlt hat (BGH Urteil vom 09.05.2006 XI ZR 377/04).
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Diese Voraussetzungen liegen hier vor; insbesondere ist die Auszahlung der Valuta an
die Treuhänderin, die die Kläger bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 10.08.2006
(Bl. 215 d.A.) unstreitig gestellt haben, auf Weisung der Kläger erfolgt. Zwar trifft es zu,
dass der Darlehensvertrag vom 30.12.1997/23.01.1998 (Bl. 33 d.A.) keine ausdrückliche
Weisung an die Beklagte enthält, dass die Auszahlung an die Treuhänderin erfolgen
soll. Allerdings enthält der Darlehensvertrag auch keine anderweitige Anweisung zur
Auszahlung etwa an die Kläger selbst oder an einen sonstigen Dritten. Das Fehlen
einer ausdrücklichen Anweisung, die Auszahlung an die Treuhänderin vorzunehmen, ist
auch nicht unverständlich, weil der Darlehensvertrag ausdrücklich "zur Finanzierung
eines Fondsanteils in Höhe von DM 30.000,- an der A GbR" geschlossen wurde. Auf der
zweiten Seite des Darlehensvertrages (Bl. 34 d.A.) wird unter der Überschrift
"Sicherstellung" die "Verpfändung des Fondsanteils" erwähnt; auf der gleichen Seite
heißt es unter der Überschrift "Auszahlung", dass die Auszahlung der Darlehensvaluta
an den Treuhänder grundsätzlich erst dann erfolge, wenn u.a. der rechtsgültig
unterschriebene Darlehensvertrag vorliege. Dem entspricht es, dass die Kläger nach
50
dem Zeichnungsschein vom 16.01./06.03.1998 verpflichtet waren, innerhalb von 14
Tagen insgesamt 31.500,00 DM (30.000,00 DM als Anteilssumme sowie 1.500,00 DM
Disagio) an die Treuhänderin zu zahlen. In der "Prognoseberechnung" (Bl. 37 d.A.) war
die Finanzierung des Anteilserwerbs durch ein "Bankdarlehen" vorgesehen. Mit
Schreiben vom 26.02.1998 (Bl. 38) hat die Beklagte unter dem Betreff "Ihre Beteiligung
an der A GbR" den Klägern mitgeteilt, dass sie "die Finanzierung für Ihre Beteiligung an
dem oben genannten Fonds übernommen" habe und sie "daher" in der Anlage ein
Exemplar des Darlehensvertrages übersende. All dieses ist nur dann verständlich, wenn
die Kläger, die sodann ab dem Jahr 1998 – wie ihre eigene Aufstellung in der
Klageschrift (Bl. 14 d.A.) zeigt - die Zahlungen an die Beklagte geleistet und die
Ausschüttungen des Fonds in Empfang genommen sowie Steuervorteile wegen der
Fondsbeteiligung realisiert haben, mit der Auszahlung seitens der Beklagten an die
Treuhänderin einverstanden waren und dies ausdrücklich gewünscht haben. Im Übrigen
hat die Klägerin bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat ausdrücklich
eingeräumt (vgl. Berichterstattervermerk vom 22. 08.2007, Bl. 466 R d.A.), dass mit dem
Darlehen der erworbene Fondsanteil bezahlt werden sollte. Damit liegen die
Voraussetzungen für eine Heilung nach § 6 Abs. 2 VerbrKrG vor.
3.
51
Soweit in der Klageschrift (Bl. 20, ff d.A.) der Hauptantrag auch auf einen Einwendungs-
und Rückforderungsdurchgriff wegen Schadensersatzansprüchen gegen die Initiatoren
gestützt worden war, weil die Kläger in den Prospekten über die Risiken der Anlage
nicht aufgeklärt worden seien, hat das Landgericht die Klageforderung unter diesem
Gesichtspunkt, soweit ersichtlich, nicht geprüft, ohne dass dies jedoch von den Klägern
in der Berufungsinstanz gerügt wurde.
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Allerdings kommt der mit der Klageschrift erhobene Anspruch nicht in Betracht. Zwar
gelten nach dem Urteil des BGH vom 21.11.2006 (WM 2007, 200) die in der
Entscheidung BGH WM 2006, 1194, 1200 f aufgestellten Grundsätze über einen
Schadensersatzanspruch des Erwerbers einer kreditfinanzierten
Immobilienkapitalanlage aus einem eigenen Aufklärungsverschulden der
finanzierenden Bank wegen eines Wissensvorsprungs auch bei einem verbundenen
Geschäft, wenn die Fondsinitiatoren oder Gründungsgesellschafter die arglistige
Täuschung begangen haben und die Bank mit ihnen in institutionalisierter Art und
Weise zusammengearbeitet haben. Jedoch haben die Kläger nicht dargelegt, arglistig
seitens der Fondsinitiatoren oder Gründungsgesellschafter getäuscht worden zu sein.
Denn erstinstanzlich haben die Kläger allein vorgetragen (Bl. 20 d.A.), dass die
Initiatoren aus c.i.c. hafteten, weil die Prospekte keine ausreichende Risikoaufklärung
enthalten hätten. Damit ist eine arglistige Täuschung durch die Initiatoren nicht
dargetan.
53
4.
54
Zutreffend hat das Landgericht dem früheren Hauptantrag (so die Klageschrift), der
sodann mit Schriftsatz vom 28.06.2006 (Bl. 154 und 163 d.A.) im ersten Hilfsantrag
geltend gemacht wurde, gerichtet auf Rückabwicklung nach § 3 HWiG teilweise
stattgegeben.
55
4.1.
56
Die Feststellung des Landgerichts, dass der Darlehensvertrag in einer Haustürsituation
zustande gekommen ist, wird in der Berufungsinstanz nicht angegriffen. Konkrete
Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der
entscheidungserheblichen Feststellungen begründen könnten, sind nicht geltend
gemacht und auch nicht anderweitig gegeben. Der Senat nimmt deshalb auf die
Begründung des Landgerichts, dessen Feststellungen durch die seitens des Senats
durchgeführten persönlichen Anhörung der Klägerin glaubhaft bestätigt worden sind, in
vollem Umfang Bezug.
57
4.2.
58
Die Kläger haben ihre Erklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages mit ihrer
Klageschrift vom 05.12.2005 (vgl. Bl. 25 d.A.) wirksam widerrufen. Die einwöchige
Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG hat mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht zu
laufen begonnen. Zwar führt der Zusatz, dass im Falle des Widerrufes auch die
finanzierten verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande kommen, nicht zur
Fehlerhaftigkeit der Belehrung (vgl. BGH WM 2007, 1117). Die von der Beklagten
erteilte Widerrufsbelehrung enthielt aber die Erklärung, dass die Widerrufsfrist
frühestens beginne, wenn die Belehrung über das Widerrufsrecht ausgehändigt worden
sei, "jedoch nicht bevor Sie die von uns gegengezeichnete Ausfertigung des
Darlehensvertrages erhalten haben" (Bl. 36 d.A.). Sie genügte damit nicht den
gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 1 S. 2 HwiG. Die Widerrufsfrist begann nach
dieser Vorschrift – unabhängig vom Erhalt einer Ausfertigung des Darlehensvertrages –
mit der Aushändigung einer Belehrung an den Verbraucher.
59
Nach der hier verwendeten Belehrung sollte jedoch die Aushändigung der Belehrung
nicht zum Beginn des Fristlaufs führen, sondern nur dann, wenn kumulativ eine weitere
Bedingung erfüllt war, nämlich der Erhalt einer von der Beklagten unterzeichneten
Ausfertigung des Darlehensvertrages. Damit stellt die Belehrung der Beklagten auf
einen anderen Fristbeginn ab als es dem Gesetz entsprach. Die Belehrung war deshalb
– gemessen an dem zum Zeitpunkt der Belehrung geltenden Recht – inhaltlich
unzutreffend. Diese Fehlerhaftigkeit wirkte sich in jenen Fällen aus, in denen der
Verbraucher die Belehrung über sein Widerrufsrecht bereits ausgehändigt erhalten hat,
er aber noch keine gegengezeichnete Darlehensvertragsausfertigung erhalten hat. In
diesen Fällen begann die Frist nach dem Gesetz mit Beginn der Aushändigung der
Widerrufsbelehrung und nach dem von der Beklagten verwendeten Belehrungswortlaut
erst zu einem späteren Zeitpunkt. Die Belehrung der Beklagten war somit inhaltlich
unzutreffend; sie war geeignet, den Verbraucher davon abzuhalten, sein Widerrufsrecht
bereits unmittelbar nach Aushändigung der Belehrung auszuüben.
60
Die Beklagte kann die Zulässigkeit der von ihr verwendeten Belehrung nicht damit
rechtfertigen, dass sie auf spätere Gesetzesvorschriften (§§ 361a Abs. 1 a.F., 355 Abs. 2
BGB) verweist. Die den Klägern erteilte Widerrufsbelehrung ist allein an den im
Zeitpunkt der Erteilung der Belehrung geltenden Vorschriften, mithin an § 2 HWiG in der
Fassung vom 16.01.1986 gültig bis zum 30.09.2000, zu messen. Die Frage der
Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung kann allein auf der Grundlage des zum
Zeitpunkts ihrer Erteilung geltenden Rechts beurteilt werden. Denn der Verbraucher
muss sich zu diesem Zeitpunkt über die ihm zur Verfügung stehenden
Widerrufsmöglichkeiten im Klaren sein, weil er andernfalls ihm zustehende Rechte nicht
ausüben kann. Eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Auslegung des § 2 HWiG im
Sinne der späteren Gesetzesvorschriften kommt nicht in Betracht. Insbesondere ist nicht
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ersichtlich, dass der Fristbeginn nach dem Willen des damaligen Gesetzgebers
abweichend vom Wortlaut der Regelung erst mit Aushändigung eines vollständig
unterzeichneten Vertrages beginnen sollte.
Soweit die Beklagte im Einklang mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom
02.05.2007 (Az.: 3 U 271/06, S. 12 f der Urteilsausfertigung) meint, die Belehrung führe
im Ergebnis zu einer Begünstigung des Verbrauchers, lässt dies die Unrichtigkeit der
erteilten Belehrung nach damals geltendem Recht nicht entfallen. Tatsächlich wird der
Verbraucher auch nicht begünstigt. Denn die Widerrufsfrist wird nach der Belehrung der
Beklagten nicht verlängert, sondern deren Beginn verschiebt sich lediglich auf eine für
den Verbraucher nicht absehbare Zeit und in einer vom damaligen Gesetz nicht
vorgesehenen Weise. Damit liegt keine Begünstigung, sondern eine Benachteiligung
des Verbrauchers vor, weil er durch den damals von der Beklagten verwendeten
Belehrungswortlaut über den Beginn des Widerrufszeitraums unzutreffend informiert
worden ist.
62
Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung ist auch nicht etwa deshalb als
zutreffend anzusehen, weil ohnehin eine Widerrufsfrist erst mit Vertragsschluss zu
laufen beginne. Denn zum einen ist der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 HWiG eindeutig,
der für den Beginn der Widerrufsfrist auf den Zeitpunkt der Aushändigung der Belehrung
abstellt. Zu anderen ist Gegenstand eines Widerrufs stets nur die eigene
Willenserklärung des Widerrufenden. Es ist deshalb nicht erkennbar, dass die durch das
Widerrufsrecht gegebene Lösungsmöglichkeit des Verbrauchers zur Voraussetzung
haben sollte, dass sich der Unternehmer in Gestalt seiner Annahmeerklärung zuvor
selbst gebunden hat.
63
Dahin stehen kann angesichts der aus den vorstehenden Gründen gegebenen
Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung, ob die von den Klägern mit der
Widerrufsbelehrung zeitgleich unterzeichnete "Besondere Erklärung" (Bl. 496 d.A.) bei
der Beurteilung der Widerrufsbelehrung mit zu berücksichtigen und die Belehrung daher
auch aufgrund des Hinweises, dass der Kreditnehmer unabhängig von dem finanzierten
Geschäft und seinen Risiken den Kredit zurückzuzahlen habe (Bl. 496 d.A.), inhaltlich
unzutreffend ist. Gleichfalls kann dahin stehen, ob die unterhalb der Belehrung gesetzte
Empfangsbestätigung Anlass zu Bedenken gibt.
64
4.3.
65
Nach den nicht angefochtenen und überzeugend getroffenen Feststellungen des
Landgerichts bilden der Darlehensvertrag und die treuhänderische Beteiligung an dem
Immobilienfonds ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 VerbrKrG.
66
4.4.
67
Die Kläger sind aufgrund dessen nicht verpflichtet, der Beklagten die Darlehensvaluta
zurückzuzahlen; sie haben lediglich die Rechte aus ihrer Fondsbeteiligung bzw. die
Rechte aus dem Treuhandvertrag zu übertragen.
68
Umgekehrt schuldet die Beklagte gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 HWiG Rückzahlung der von
den Klägern erbrachten Zins- und Tilgungsraten in unstreitiger Höhe von insgesamt
10.978,61 EUR (vgl. Bl. 14 d.A.), wobei die von den Klägern vereinnahmten
Fondsausschüttungen in Höhe von unstreitig insgesamt 2.180,90 EUR (vgl. Bl. 14 d.A.)
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anzurechnen sind, so dass sich ein verbleibender Betrag von 8.797,71 EUR ergibt.
Im Rahmen der Vorteilsausgleichung müssen sich die Kläger ferner die durch den
finanzierten Beteiligungserwerb unverfallbar erzielten Steuervorteile anrechnen lassen.
Insoweit ist die Beklagte im Ausgangspunkt darlegungs- und beweispflichtig, während
den Klägern, deren Sphäre ausschließlich betroffen ist, eine sekundäre Darlegungslast
obliegt.
70
Mit Schriftsatz vom 24.09.2007 (Bl. 484 ff) haben die Kläger dargelegt, dass ihnen in den
Jahren 1998 bis 2006 Steuervorteile in Höhe von insgesamt 8.614,99 EUR zugeflossen
sind.
71
Allerdings sind allein die den Klägern endgültig verbleibenden Steuervorteile
anspruchsmindernd zu berücksichtigen (BGH WM 2007, 1173, 1175 Rz 26 am Ende).
Steuervorteile sind nicht im Wege der Vorteilsausgleichung schadensmindernd zu
berücksichtigen, wenn der Geschädigte die Schadensersatzleistung wieder zu
versteuern hat (BGH Urteil vom 30.11.2007 V ZR 284/06 Leitsatz; vgl auch BGH NJW
2004, 1868, 1870 unter B 1).
72
Die von den Klägern erzielten Steuervorteile können jedoch nicht dadurch entfallen,
dass die Übertragung der Beteiligung gegen Schadensersatzzahlung als
Veräußerungsgeschäft angesehen und der vom Darlehensgeber erstattete Betrag als
Veräußerungsgewinn einer Versteuerung unterliegt. Denn eine Steuerpflicht der Kläger
nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG liegt unabhängig davon nicht vor, ob ein
Veräußerungsgewinn der Kläger – höherer Rückzahlungsbetrag als die um die
Gebäudeabschreibungen verminderten Anschaffungskosten - in Betracht kommt. Denn
die schadensrechtliche Rückgewähr eines Wirtschaftsgutes stellt nur einen
notwendigen Teilakt der Rückabwicklung dar und kann damit nicht als marktoffener
Vorgang angesehen werden, so dass es schon an einem Veräußerungsgeschäft nach §
23 EStG fehlt (BGH Urteil vom 30.11.2007 V ZR 284/06 Rz 12; BFH NJW 2006, 3743).
73
Allerdings sind erstattete Werbungskosten nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs im Jahr ihres Zuflusses nach § 11 EStG als Einkünfte aus der
Einkommensart zu qualifizieren, in der sie zuvor geltend gemacht worden sind (vgl.
BGH a.a.O. Rz 12). Dies gilt auch dann, wenn eine solche Erstattung als
Rechnungsposten in einen Rückkaufpreis eingegangen ist; erforderlich ist nur, dass ein
innerer Zusammenhang zwischen der Zahlung und den Einnahmen besteht, der auch
dann gegeben ist, wenn den Erwerbern sämtliche Schäden und damit auch die
Werbungskosten zu ersetzen sind, die ihnen infolge des Erwerbs entstanden sind. In
welcher Höhe sich die Versteuerung der zu erstattenden Werbungskosten auswirkt,
bedarf im Regelfall keiner Feststellung; einen Ausnahmefall aufgrund besonderer
Umstände wegen des Verbleibens außergewöhnlich hoher Steuervorteile auch nach
einer Anrechnung der aus der Ersatzleistung resultierenden Steuerlast hat der
Schädiger, hier also die Beklagte, darzulegen (vgl. BGH a.a.O. Rz 13).
74
Vorliegend haben die Kläger bereits erstinstanzlich (Klageschrift Bl. 23 d.A.) geltend
gemacht, dass sie im Zuge von Schadensersatzzahlungen mit steuerlichen Nachteilen
zu rechnen haben; nach der vom BGH a.a.O. dargelegten Rechtslage ist das Eintreten
steuerlicher Nachteile durch den Werbungskostenrückfluss ohnehin eine zwingende
Folge gesetzlicher Regelungen, von deren grundsätzlicher Umsetzung durch die
Finanzbehörden ausgegangen werden muss. Wie die Mitteilungen der
75
Fondsgesellschaft zeigen (vgl. Bl. 507, 514, 522, 532 544, 553, 563, 572, 580) beruhen
die negativen Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung jeweils auch auf
der Berücksichtigung gezahlter Darlehenszinsen bzw. eines Disagios (Werbungskosten
nach § 9 EStG). Damit kommt es durch die Rückabwicklung zu einem
Werbungskostenrückfluss.
Deshalb bedurfte es keiner weiterer Darlegungen der Kläger zum Eintritt steuerlicher
Nachteile im Zusammenhang mit Schadensersatzzahlungen; vielmehr wäre die
Beklagte für den Vortrag eines – regelwidrigen – Unterbleibens einer diesbezüglichen
steuerlichen Abwicklung darlegungspflichtig gewesen. Hierzu hat die Beklagte jedoch
nichts, auch nicht nach Erörterung im Senatstermin vom 30.01.2008, vorgetragen.
Soweit dabei in der mündlichen Verhandlung für die Beklagte geltend gemacht worden
ist, dass aufgrund einer Anordnung eines Ministeriums die Finanzbehörden von der
Steuerbarkeit des Werbungskostenzuflusses absähen, ist der hierzu angekündigte
Beleg nicht vorgelegt worden; für den Fall der Beibringung hatte der Senat angekündigt,
die Verhandlung wiederzueröffnen. Ebenso wenig ist erkennbar, dass besondere
Umstände vorlägen, auf deren Grundlage den Klägern auch nach einer Anrechnung der
aus der Ersatzleistung resultierenden Steuerlast außergewöhnlich hohe Steuervorteile
verblieben. Unerheblich ist es, ob die Kläger die Versteuerung des Ersatzbetrages zu
einem ermäßigten Steuersatz durchführen, weil dies nicht dem Schädiger zugute
kommen soll (BGH NJW-RR 1998, 1102, 1103 m.w.N.). Ohnehin will das Gesetz (§ 287
ZPO) gerade bei der Ermittlung der Höhe einer Schadensersatzforderung den
unverhältnismäßigen Aufwand einer exakten Errechnung der Steuervorteile vermeiden,
der u. a. durch eine Gegenüberstellung der tatsächlichen mit einer hypothetischen
Vermögenslage des Geschädigten entsteht; etwaige Berechnungsunsicherheiten gehen
zu Lasten des Schädigers (BGH a.a.O. S. 1103 f). Verbleibende und damit
anrechenbare Steuervorteile der Kläger sind deshalb nicht gegeben.
76
4.5.
77
Die sich aus dem Widerruf nach dem HWiG ergebenden Rückzahlungsansprüche nach
§ 3 HWiG entstanden erst mit dem Widerruf vom 30.12.2005 und konnten deshalb vor
dem Widerruf nicht geltend gemacht werden. Die seit dem 01.01.2002 geltende
dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB hätte gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB
jedenfalls nicht vor dem 31.12.2005 zu laufen begonnen. Der vom Landgericht unter
dem Gesichtspunkt einer Verjährung vorgenommene Abzug von 3.843,29 EUR
(Zahlungen der Kläger vor dem 01.01.2002) ist deshalb zu Unrecht erfolgt.
78
5.
79
Während die Kläger erstinstanzlich allein mit dem Hauptantrag (vgl. Bl. 163 d.A.) einen
Anspruch in Höhe von 492,70 EUR verfolgt hatten, bei dem es sich um die nach
Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG nicht anrechnungsfähigen Gebühren für
die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Kläger handeln soll
und der von den Klägern im Wege der gewillkürten Prozesstandschaft geltend gemacht
wird, haben die Kläger in der Berufungsinstanz ihren Hilfsantrag um diese Forderung
(Bl. 270 d.A.) in unstreitig gebliebener Höhe von 492,70 EUR erweitert.
80
Die in der Klageerweiterung liegende Klageänderung richtet sich in ihrer prozessualen
Zulässigkeit nach § 533 ZPO. Zwar ist eine Einwilligung seitens der Beklagten nicht
erklärt worden, jedoch ist Sachdienlichkeit nach § 533 Nr. 1 ZPO zu bejahen, da hier
81
nicht etwa völlig neuer Streitstoff zur Entscheidung steht ohne dass das Ergebnis der
bisherigen Prozessführung verwertet werden müsste. Auch die weitere
Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 533 Nr. 2 ZPO, dass die Klageänderung auf
Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht ohnehin nach § 529 ZPO
zugrunde zulegen hat, ist gegeben. Denn unstreitig ist (vgl. Berichterstattervermerk Bl.
468 R d.A.), dass die Kläger durch ihre Prozessbevollmächtigten mit deren Schreiben
vom 05.10.2005 (Bl. 414 f d.A.) gegenüber der Beklagten den sofortigen Widerruf der
Einzugsermächtigung erklärt haben und ferner, dass sie durch ihre
Prozessbevollmächtigten am 21.12.2005 (Bl. 408 ff d.A.) ein Anspruchsschreiben, mit
welchem sie die Rückzahlung aller erbrachten Leistungen sowie Freigabe der
Lebensversicherung unter dem Gesichtspunkt des Fehlens einer Gesamtbetragsangabe
und der Rückabwicklung nach dem HWiG gefordert haben, an die Beklagte gerichtet
haben.
Allerdings ist Voraussetzung des erhobenen materiell-rechtlichen
Kostenersatzbegehrens das Bestehen einer sachlich-rechtlichen Anspruchsgrundlage
dergestalt, dass der Schuldner aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, culpa
in contrahendo, Geschäftsführung ohne Auftrag oder Delikt für den adäquat
verursachten Schaden einzustehen hat (vgl. BGH NJW 2007, 1458; BGH NJW 2007,
3289). Zwar kommt es grundsätzlich in Betracht, dass die Kosten von Mahnschreiben
als Kosten der Rechtsverfolgung aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu ersetzen
sind. Allerdings setzt dies voraus, dass die Mahnung nach Eintritt des Verzuges erfolgt
ist; Kosten der den Verzug begründenden Erstmahnung können dagegen nicht ersetzt
verlangt werden, weil sie nicht durch den Verzug verursacht worden sind (vgl.
Palandt/Heinrichs, 66. Aufl., § 286 BGB Rz 47 f). Hier war es so, dass die
Klägervertreter mit ihrem Schreiben vom 05.10.2005 (Bl. 414 f d.A.) zunächst allein unter
dem Gesichtspunkt eines Fehlens einer Gesamtbetragsangabe ein
Zurückbehaltungsrecht "bis zur Unterbreitung eines von Ihnen [der Beklagten] an uns zu
richtenden Rückabwicklungsangebots" geltend gemacht hatten; eine Mahnung bezogen
auf die Rückforderung gezahlter Beträge und eine Freigabe der Lebensversicherung
enthielt dieses Schreiben vom 05.10.2005 nicht. Deshalb befand sich die Beklagte mit
der Erfüllung der mit Schreiben der Klägervertreter vom 21.12.2005 (Bl. 408 ff d.A.)
verlangten Rückzahlung und Sicherheitenfreigabe nicht bereits zu diesem Zeitpunkt in
Verzug. Es ist auch nicht ersichtlich und von den Klägern trotz ausdrücklichen
Hinweises nicht dargetan, dass die Kosten der vorgerichtlichen Tätigkeit der
Klägervertreter etwa unter dem Gesichtspunkt einer positiven Vertragsverletzung oder
einer cic einen ersatzfähigen Schaden darstellen würden. Zwar kommt ein Anspruch
aus Verschulden bei Vertragsschluss grundsätzlich in Betracht, weil in dem Unterlassen
einer Widerrufsbelehrung nicht nur eine Obliegenheitsverletzung, sondern auch eine
echte Pflichtverletzung liegt (vgl. Nobbe WM Sonderbeilage Nr. 1 zu Heft 47/2007 S. 18
m.w.N.). Hier fehlt es allerdings nicht überhaupt an einer Widerrufsbelehrung; vielmehr
ist diese allein fehlerhaft. In jedem Fall fehlt es an einem Verschulden der Beklagten,
weil die Frage der Ordnungsgemäßheit der von der Beklagten verwendeten
Widerrufsbelehrung höchstrichterlich noch nicht geklärt ist und das OLG Celle (Urteil
vom 02.05.2007 3 U 271/06) diese bejaht.
82
Damit besteht kein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.
83
6.
84
Damit ergibt sich, dass die Kläger gemäß ihrer unbestritten gebliebenen Darlegung (vgl.
85
Bl. 14 d.A.) geleistete Zins- und Tilgungsleistungen von insgesamt 10.978,61 EUR
abzüglich erhaltener Fondsausschüttungen von insgesamt 2.180,90 EUR von der
Beklagten verlangen können, mithin einen Betrag von 8.797,71 EUR. Die Kläger haben
ferner Anspruch auf eine marktübliche Verzinsung der von ihnen auf das Darlehen
gezahlten, der Beklagten zur Nutzung zur Verfügung stehenden Raten aus § 3 Abs. 3
HWiG. Eine geeignete Schätzungsgrundlage bieten hierfür die von der Beklagten
vereinnahmten Vertragszinsen von ursprünglich 5,75 % bzw. von sodann 7,55 % (vgl.
BGH NJW 2000, 2816 ff).
Angesichts eines seitens des Landgerichts zugesprochenen Betrages von 4.954,42
EUR hat die Berufung der Kläger insoweit teilweise Erfolg. Die Berufung der Beklagten
bleibt insgesamt erfolglos.
86
Aus dem Vorstehenden oben unter 4. folgt zugleich, dass das Landgericht zutreffend die
beantragten Feststellungen ausgesprochen hat dahingehend, dass die Kläger aus dem
Darlehensvertrag vom 30.12.1997/23.01.1998 nicht mehr verpflichtet sind und die
Beklagte sich mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der Rechte aus der
Fondsbeteiligung und dem Treuhandvertrag in Verzug befindet.
87
7.
88
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs.1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
89
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Das Oberlandesgericht
Celle hat in seinem Urteil vom 02.05.2007(3 U 271/06) die Formulierung in der
Widerrufsbelehrung der Beklagten, dass der Lauf der Frist erst mit Aushändigung der
Belehrung, nicht jedoch vor Erhalt einer gegengezeichneten Ausfertigung des
Darlehensvertrages beginne, für gesetzeskonform erachtet. Da der Senat von dieser
obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht, erfordert die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
90