Urteil des OLG Hamm vom 20.07.1999

OLG Hamm: leistungsfähigkeit, unterhalt, einkünfte, erwerbstätigkeit, gestatten, nettoeinkommen, verwandter, datum

Oberlandesgericht Hamm, 7 UF 148/99
Datum:
20.07.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
7. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 UF 148/99
Vorinstanz:
Amtsgericht Soest, 16 F 206/98
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsge-richts -
Familiengericht - Soest vom 1. März 1999 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die folgenden monatlichen
Unterhaltsbeträge zu zahlen:
1. für den Sohn B
für den Monat Juni 1998 366,00 DM
ab 1. Juli 1998 314,00 DM
ab 10. September 1998 392,00 DM
ab 1. Januar 1999 377,00 DM
und ab 1. Juli 1999 315,00 DM
2. für den Sohn I
für den Monat Juni 1998 366,00 DM,
ab 1. Juli 1998 314,00 DM,
ab 1. Januar 1999 299,00 DM,
und ab 1. Juli 1999 306,00 DM.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
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(Von der Absetzung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO abgesehen.)
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Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, den von der Klägerin
geltend gemachten Mindestkindesunterhalt für die beiden aus der Ehe mit der Klägerin
hervorgegangenen, 1986 und 1988 geborenen Kinder an die Klägerin gemäß §§ 1601,
1603 BGB zu zahlen. Der Beklagte kann sich - wie der Senat bereits in seiner
Beschwerdeentscheidung vom 28. Dezember 1998 - 7 WF 575/98 - im vorliegenden
Verfahren betont hat, auf fehlende Leistungsfähigkeit nicht berufen. Insoweit konnte das
amtsgerichtliche Urteil keinen Bestand haben.
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Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte in dem hier geltend gemachten Zeitraum
ab Juni 1998 einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist oder sich ausschließlich um die
Betreuung des am 21. April 1998 nichtehelich geborenen Kindes N gekümmert hat und
insoweit Erziehungsgeld bezogen hat. Denn der Beklagte war und ist gemäß § 1603
Abs. 2 BGB seinen aus der Ehe mit der Klägerin hervorgegangenen minderjährigen
Kindern gegenüber gesteigert unterhaltsverpflichtet, da ein leistungsfähiger Verwandter,
der diesen Unterhalt hätte zahlen können nicht vorhanden ist. Letzteres ist zwischen
den Parteien nicht im Streit. Gegenüber seiner nichtehelichen Tochter N gilt dies jedoch
nicht, weil die Lebensgefährtin des Beklagten und Mutter von N über eigene Einkünfte
verfügt, die es ihr gestatten, den Unterhalt für ihre Tochter sicherzustellen. Auch dies
bedarf angesichts eines vom Beklagten eingeräumten monatlichen Netto-einkommens
von 3.400,00 DM keiner weiteren Erörterung. Wenn der Beklagte somit seiner
nichtehelichen Tochter Betreuungsunter-halt zukommen läßt und den ehelichen Kindern
nicht einmal den Mindesttabellenunterhalt zahlt, so würde trotz des gesetzlichen
Gleichrangs sämtlicher Kinder und der gesteigerten Unterhalts-verpflichtung des
Beklagten gegenüber seinen ehelichen Kindern, nicht jedoch gegenüber N, letztere
bevorzugt. Dies kann nicht hingenommen werden.
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Wie der Beklagte seine Leistungsfähigkeit sicherstellt, um den geforderten
Mindestunterhalt an die ehelichen Kinder zu entrichten, steht ihm frei. Er hat die
Möglichkeit, - wie auch früher - einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, um
entsprechende Einkünfte zu erzielen. Er kann auch neben der Betreuung von N einer
Aushilfstätigkeit nachgehen, etwa in den frühen Morgenstunden oder an den
Wochenenden. Auch kann er gemäß § 1615 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5 BGB einen
entsprechenden Unterhaltsanspruch gegen die Mutter des gemeinsamen nichtehelichen
Kindes geltend machen und davon den seinen minderjährigen Kindern gegenüber
geschuldeten Unterhalt zahlen.
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Daß seine Lebensgefährtin zu entsprechenden Unterhaltszahlungen nicht in der Lage
ist, hat der Beklagte nicht substantiiert dargetan. Er hat lediglich ein Nettoeinkommen
von monatlich 3.400,00 DM behauptet, ohne hierzu trotz des Bestreitens der Gegenseite
näher vorzutragen. Auch sind die geltend gemachten Abzugspositionen gänzlich
unsubstantiiert. Unter diesen Umständen geht der Senat von einer entsprechenden
Leistungsfähigkeit der Mutter des vom Beklagten betreuten Kindes aus. Insoweit
unterscheidet sich dieser Fall auch von der Entscheidung des BGH in FamRZ 1995
Seite 598, die die neue seit dem 1. Juli 1998 geltende Unterhaltsverpflichtung des ein
nichteheliches Kind betreuenden Elternteils gegenüber dem anderen Elternteil noch
nicht berücksichtigen konnte. Ebensowenig steht dieser Entscheidung die Entscheidung
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des 2. Familiensenats des OLG Hamm (FamRZ 1998 Seite 1250) entgegen, weil in
jener Entscheidung der Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils gegen den
anderen Elternteil an dessen fehlender Leistungsfähigkeit scheiterte.
Die ausgeurteilten Unterhaltsbeträge entsprechen den untersten Tabellensätzen der
Düsseldorfer Tabelle, nach Abzug des jeweiligen hälftigen Kindergeldes. Die für Juni
1998 ausgeurteilten Beträge beruhen für die Zeit vom 1. Juni bis zum 16. Juni auf der
Einkommensgruppe 4 (je 525,00 DM : 30 x 16) weil der Beklagte bis zum 16. Juni noch
sein früheres Einkommen in Höhe von rd. 3.180,00 DM monatlich bezogen hat. Vom 17.
Juni bis Ende Juni 1998 ist hingegen lediglich der Tabellenmindestbetrag (jeweils nach
Abzug des hälftigen Kindergeldes) geschuldet.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 515 Abs. 3 ZPO.
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