Urteil des OLG Hamm vom 22.02.2001

OLG Hamm: unfall, mitverschulden, schmerzensgeld, depression, anhänger, tod, diagnose, behandlungsbedürftigkeit, verkehrsauffassung, betriebsgefahr

Oberlandesgericht Hamm, 6 U 29/00
Datum:
22.02.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 29/00
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 11 O 270/99
Tenor:
Auf die Berufung der Kläger wird unter Zurückweisung dieses
Rechtsmittels im übrigen das am 15. November 1999 verkündete Urteil
der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu Händen der Klägerin zu 1)
5.000,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21.07.1999 zu zahlen.
Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Anschlußberufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen die Kläger zu 85 % und der
Beklagte zu 15 %.
Die Kosten der zweiten Instanz tragen die Kläger zu 91 % und der
Beklagte zu 9 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschwer der Parteien: unter 35.000,-- DM.
Entscheidungsgründe:
1
I.
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Am 04.05.1998 gegen 22.30 Uhr verließ der Zeuge B als Fahrer des in den O
zugelassenen und haftpflichtversicherten Geländewagens vom Typ Jeep GMC, mit dem
er einen mit einem PKW beladenen Anhänger zog, den an der Bundesautobahn A xx in
der Gemeinde Z1 gelegenen Parkplatz, um die zweispurige Fahrbahn in nördlicher
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Richtung zu befahren. Das Fahrzeuggespann geriet ins Schleudern und prallte gegen
die Mittelschutzplanke, woraufhin es in der Weise zum Stillstand kam, daß der
Anhänger nahe der Mittelschutzplanke auf den Rädern stehen blieb, während das
weiterhin angekoppelte Zugfahrzeug mit der Front in die linke Fahrspur ragend halb zur
Seite gekippt auf den linken Rädern stehen blieb. Die Unterseite des Jeep zeigte dem
nachfolgenden Verkehr entgegen. Kurz nach diesem Unfall befuhr der frühere Ehemann
der Klägerin zu 1) und Vater der am 09.07.1998 geborenen Kläger zu 2) und 3) mit
seinem PKW Audi 80 nach dem Überholen von LKW die linke Spur. Der Audi prallte
gegen die Unterseite des Jeep. Der Ehemann der Klägerin wurde in seinem PKW
eingeklemmt und erlag seinen schweren Verletzungen noch an der Unfallstelle.
Die Kläger machen nunmehr einen auf sie als Erben übergegangenen
Schmerzensgeldanspruch des Verstorbenen geltend. Ferner begehrt die Klägerin zu 1)
die Zahlung von Schmerzensgeld aus eigenem Recht, weil der Tod ihres Ehemannes
bei ihr zu erheblichen gesundheitlichen Nachteilen geführt habe.
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Die Kläger haben die Auffassung vertreten, bei der Schmerzensgeldbemessung sei
Unfallverschulden des Verstorbenen nicht in Ansatz zu bringen, während der Beklagte
gemeint hat, zu 3/5 sei der Unfall auf einen Verstoß des Ehemannes der Klägerin zu 1)
gegen das Sichtfahrgebot zurückzuführen.
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Das Landgericht hat den Klägern ein ererbtes Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,-- DM
zugesprochen, wobei es Mitverschulden des Verstorbenen im Umfange von 1/3 wegen
Unachtsamkeit berücksichtigt hat. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Einen
Schmerzensgeldanspruch der Klägerin zu 1) aus eigenem Recht hat es verneint, weil
nach der Aussage des Zeugen P2, der die Klägerin zu 1) von Sommer 1998 bis Februar
2000 als Psychologe betreut hat, davon ausgegangen werden müsse, daß das
seelische Wohlbefinden der Klägerin zu 1) über die normale Trauerreaktion hinaus nicht
beeinträchtigt worden sei und Behandlungsbedürftigkeit nicht bestanden habe.
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Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Ziel weiter, wozu sie ihren
Vortrag wiederholen und vertiefen. Sie halten daran fest, daß den Verstorbenen kein
Unfallmitverschulden treffe. Darüber hinaus vertritt die Klägerin zu 1) mit ergänzenden
Darlegungen den Standpunkt, auch aus eigenem Recht stehe ihr ein
Schmerzensgeldanspruch zu.
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Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung im wesentlichen, zielt jedoch mit
seiner Anschlußberufung auf eine Herabsetzung des von dem Landgericht zuerkannten
ererbten Schmerzensgeldes, weil das Mitverschulden des Verstorbenen 1/3 übersteige.
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II.
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Die Berufung der Kläger hat zum Teil Erfolg. Die Anschlußberufung des Beklagten ist
hingegen unbegründet.
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1.
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Im Berufungsverfahren ist zwischen den Parteien außer Streit, daß den Klägern ein auf
sie als Erben übergegangener Schmerzensgeldanspruch des Verstorbenen aus dem
Unfall vom 04.05.1998 zusteht. Trotz des auf 1/3 zu veranschlagenden Mitverschuldens
des Verstorbenen beträgt das angemessene Schmerzensgeld 5.000,-- DM, so daß den
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Klägern auf ihre Berufung weitere 3.000,-- DM zuzusprechen waren.
Der Verstorbene zog sich bei dem Unfall eine Schädelfraktur, eine
Gesichtsschädelverletzung, ein Kompressionstrauma des linken Brustkorbes, eine
HWS-Fraktur sowie eine Oberschenkelfraktur zu. Er wurde in seinem PKW
eingeklemmt, aus dem er bis zu seinem Tode 30 Minuten nach dem Unfall nicht befreit
werden konnte. Angesichts der Verletzungen muß davon ausgegangen werden, daß er
ab dem Unfall bewußtlos war. Der Zeuge L hat ihn zwar noch angesprochen.
Anhaltspunkte dafür, daß der Verstorbene hierauf reagiert hat, ergeben sich aus der
Aussage des Zeugen L jedoch nicht. Unter Berücksichtigung aller Umstände
einschließlich eines Mitverschuldens von 1/3 erscheint auch im Vergleich von
Schmerzensgeldentscheidungen anderer Gerichte bei ähnlichen Sachverhalten ein
Schmerzensgeld von 5.000,-- DM angemessen (vgl. dazu auch Becker/Böhme,
Kraftverkehrs- Haftpflichtschäden, 21. Aufl., Seite 415).
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Dagegen, daß das Landgericht bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ein
Mitverschulden des Verstorbenen berücksichtigt und dieses auf 1/3 veranschlagt hat,
wenden sich sowohl die Kläger als auch der Beklagte ohne Erfolg. Zutreffend hat das
Landgericht das Unfallverschulden des Zeugen B darin gesehen, daß dieser sein
Fahrzeuggespann nicht sogleich durch ein Bremsmanöver stabilisiert hat, als dieses
begann, sich aufzuschaukeln. Damit hat der Zeuge die zentrale Unfallursache gesetzt.
Der Zeuge hatte außerdem lediglich eine Fahrerlaubnis, die Fahrzeuggespanne mit
dem hier gegebenen Gesamtgewicht nicht einschloß. Daß sich das Fehlen dieser
Fahrerlaubnis im Unfall vom 04.05.1998 konkret ursächlich ausgewirkt hat, läßt sich
indessen nicht feststellen. Dem Zeugen B kann ferner nicht zum Vorwurf gemacht
werden, das liegengebliebene Fahrzeuggespann nicht hinreichend kenntlich gemacht
und gesichert zu haben. Denn hierzu blieb bis zu dem nur ca. 5 Sekunden danach
erfolgten Unfall des Verstorbenen nicht genügend Zeit.
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Das anspruchkürzende Mitverschulden des Getöteten liegt darin, daß er unaufmerksam
gewesen oder gegen das Sichtfahrverbot verstoßen hat. Die besonderen
Voraussetzungen des § 18 Abs. 6 StVO lagen nicht vor, so daß für den Ehemann der
Klägerin zu 1) das Sichtfahrgebot galt. Bei Einhaltung dieses Sichtfahrgebotes und
Beachtung der gebotenen Sorgfalt hätte der Verstorbene das Hindernis auf der linken
Fahrspur rechtzeitig erkennen und den Unfall vermeiden können, und zwar selbst dann,
wenn die Beleuchtung an dem Fahrzeuggespann nicht mehr eingeschaltet war. Der auf
den linken Rädern stehende und dem nachfolgenden Verkehr mit der Unterseite
entgegenzeigende Jeep war zwar nach dem Gutachten des Sachverständigen G erst
aus einer Entfernung von 27 m erkennbar. Schon aus einer Entfernung von 115 m war
aber, und zwar unabhängig vom Beleuchtungszustand erkennbar, daß links neben dem
Überholstreifen ein Fahrzeug, nämlich der Anhänger, stand. Infolgedessen bot sich dem
Verstorbenen eine unklare Verkehrslage, auf die er mit einer sofortigen
Geschwindigkeitsreduzierung hätte reagieren müssen.
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Die Betriebsgefahr eines infolge eines Fahrfehlers bei Dunkelheit auf der linken von
zwei Richtungsfahrspuren liegen gebliebenen und nur teilweise sichtbaren
Fahrzeuggespanns erachtet der Senat als höher als die Betriebsgefahr eines PKW,
dessen Fahrer nur einen kurzen Augenblick unachtsam gewesen ist. Es erschien daher
im Ergebnis mit dem Landgericht sachgerecht, bei der Schmerzensgeldbemessung das
Mitverschulden des Getöteten im Umfange von 1/3 einfließen zu lassen.
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2.
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Ein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen eigener Körper- oder Gesundheitsverletzung
im Sinne der §§ 823, 847 BGB steht der Klägerin zu 1) nicht zu.
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Die Klägerin zu 1) stützt diesen Anspruch auf Fernwirkungen, die vom Unfalltode ihres
Ehemannes ausgegangen sind und sie, die Klägerin zu 1), als Folge des daraus
resultierenden seelischen Schmerzes erst mittelbar betroffen haben. Grundsätzlich
versagt das geltende Recht Ersatzansprüche für seelischen Schmerz, soweit dieser
nicht Auswirkung einer Verletzung des eigenen Körpers oder der eigenen Gesundheit
ist. Kommt es wie in der vorliegenden Sache wegen des Todes eines nahen
Angehörigen des Betroffenen bei diesem zu gesundheitlichen Auswirkungen, so kann u.
U. gleichwohl ein eigener Schadensersatzanspruch wegen einer psychisch vermittelten
Primärverletzung entstehen. Allerdings führt nicht jede medizinisch faßbare
Gesundheitsbeeinträchtigung schon zu einem eigenen Anspruch des durch die
Verletzungshandlung des Schädigers nur mittelbar Geschädigten. Eine Ersatzpflicht für
solche psychisch vermittelte Beeinträchtigungen kann nur dort bejaht werden, wo es zu
gewichtigen psychopathologischen Ausfällen von einiger Dauer kommt, die die auch
sonst nicht leichten Nachteile, wie sie bei Tod oder schwerer Verletzung von
Verwandten auftreten, erheblich übersteigen und deshalb auch nach allgemeiner
Verkehrsauffassung als Verletzung des Körpers oder der Gesundheit betrachtet werden.
Deswegen genügt es nicht allein, daß aus medizinischer Sicht pysiologische Störungen
vorhanden sind. Erforderlich ist vielmehr, daß auch aus medizinischer Sicht eine
nachhaltige traumatische Schädigung verursacht ist, die zudem aus juristischer Sicht
dasjenige übersteigt, worin sich das normale Lebensrisiko der menschlichen Teilnahme
an den Ereignissen der Umwelt verwirklicht (vgl. BGH NJW 89, 2317; 84, 1405; 71,
1883; Senat r + s 97, 246, 247 = VersR 98, 730; KG VM 99, 11 = VersR 99, 504; OLG
Nürnberg NJW 98, 2293; r + s 95, 384; OLG Düsseldorf NJW-RR 95, 159; OLG Köln
VersR 89, 519; OLG Stuttgar NJW-RR 89, 477; OLG Koblenz OLG R 2001, 9, 10; 2001,
50, 52;). Selbst tiefe depressive Verstimmungen reichen nicht aus, auch wenn sie
medizinisch faßbar sind (OLG Köln VersR 89, 519). Ein starkes negatives Erlebnis, das
Empfindungen wie Schmerz, Trauer und Schrecken hervorruft, stört regelmäßig
physiologische Abläufe und seelische Funktionen in oft sehr empfindlicher Weise.
Gleichwohl liegt darin noch keine Gesundheitsbeschädigung (BGH NJW 71, 1884).
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Es ist offensichtlich und wird von dem Beklagten auch nicht in Frage gestellt, daß die
Klägerin zu 1) von einem schweren Schicksalsschlag getroffen wurde, als sie in ihrer
32. Schwangerschaftswoche die Nachricht vom Tode ihres Ehemannes erhielt.
Dennoch erreichen die Nachteile der Klägerin nicht das Ausmaß dessen, was zur
Begründung eines eigenen Ersatzanspruches der Klägerin zu 1) hätte führen können.
Diese Nachteile müssen vielmehr noch dem allgemeinen Lebensrisiko zugeordnet und
daher von der Klägerin zu 1) entschädigungslos hingenommen werden.
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Die Beschwerden (Schweißausbrüche, zitternde Beine, beschleunigter Pulsschlag), die
sich sogleich einstellten, als die Klägerin zu 1) 1 ½ Stunden nach dem Unfall durch
Polizeibeamte vom Tode ihres Ehemannes erfuhr, übersteigen nicht die Belastungen,
denen nach der Lebenserfahrung viele ausgesetzt sind, die vom unerwarteten Tode
eines nahen Angehörigen erfahren und dadurch geschockt sind. Anlaß zu einer
anderen Bewertung besteht in der vorliegenden Sache nicht schon deswegen, weil die
Polizeibeamten den Notarzt gerufen haben, der die Klägerin sogleich untersucht und ihr
eine Beruhigungsspitze verabreicht hat. Denn daß es sich hierbei um mehr als eine
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reine Vorsichtsmaßnahme gehandelt hat, kann selbst dem Vortrag der Klägerin zu 1)
nicht entnommen werden.
Bestätigt durch eine Bescheinigung der Fachärztin für Frauenheilkunde Dr. L3, die die
Klägerin 4 Tage später am 08.05.1998 aufsuchte, führt die Klägerin weiter aus, der Tod
ihres Ehemannes habe bei ihr einen sehr schweren physischen und psychischen
Erschöpfungszustand mit Suizidabsicht ausgelöst, begleitet durch vorzeitige
Wehentätigkeit. Auch dies kann jedoch nicht als nachhaltige, nach allgemeiner
Verkehrsauffassung als Gesundheitsverletzung gewertete, traumatische Schädigung
angesehen werden. Einschließlich der vorübergehenden Wehentätigkeit handelt es sich
hierbei vielmehr um solche Störungen, die bei einer Person in der speziellen Situation
der Klägerin typischerweise eintreten konnten und auch zu erwarten waren (vgl. dazu
auch BGH BGHZ 93, 351 = NJW 85, 1390 = VersR 85, 499).
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Ab dem 10.07.1998, dem Tage nach der Geburt der Kläger zu 2) und 3) wurde die
Klägerin zu 1) vom Hauspsychologen des St. Marien-Krankenhauses B2, dem Zeugen
P2 betreut, den die Klägerin zu 1) auch nach ihrer Entlassung noch bis Februar 2000
regelmäßig konsultierte. In dem Befund dieses Zeugen vom 10.07.1998 heißt es u. a.:
"Tiefe Trauer, Suizidgedanken (klinisch keine Suizidalität), zur Zeit keine Anzeichen
einer Depression, angemessene Trauer. Die Patientin neigt wohl dazu, Probleme aktiv
zu bewältigen; Gefahr der Selbstüberforderung. Beurteilung/ Diagnose: Angemessene
Trauerreaktion". An dieser Diagnose hat sich später nichts geändert, wie der Zeuge P
bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung bekundet hat. Angesichts dieser fachlich
fundierten Einschätzung des Psychologen P2, der die Klägerin zu 1) mehr als 1 ½ Jahre
lang betreut hat und dem die Klägerin auch ihr Vertrauen schenkte, fehlt es an einer
Grundlage dafür, die aus der naheliegenden Trauerreaktion der Klägerin zu 1)
resultierenden Belastungen schon als Gesundheitsbeschädigung zu bezeichnen. Dies
gilt um so mehr, als der Zeuge P2 ersichtlich die Entwicklung der Klägerin zu 1) sehr
sorgfältig beobachtet hat. So hat der Zeuge der Klägerin zu 1) sogleich, als er den
Verdacht auf Vorliegen einer Depression hatte, empfohlen, die
Behandlungsbedürftigkeit unter diesem Aspekt abklären zu lassen, woraufhin sich die
Klägerin zu 1) am 01.10.1998 von dem Neurologen Dr. N2 hat untersuchen lassen.
Nach dem Vortrag der Klägerin zu 1) hat ihr Dr. N2 zur psychischen Stabilisierung einen
stationären Krankenhausaufenthalt angeraten. Die Klägerin zu 1) ist aber weder hierauf
eingegangen, noch hat sie sich in sonstiger Weise von Dr. N2 weiter behandeln lassen.
Vielmehr hat sie sich darauf beschränkt, fortan das ihr von Dr. N2 verschriebene
Johanniskraut einzunehmen. Insgesamt ergeben die von der Klägerin vorgetragenen
Äußerungen des Dr. N2 anläßlich der Untersuchung vom 01.10.1998 somit keine auf
eine echte Gesundheitsbeschädigung hindeutende Erkenntnisse. Solche hat die
Klägerin zu 1) auch dem Zeugen P2 nicht berichtet, als dieser sie am 14.10.1998 erneut
sah und nach dem Ergebnis der Untersuchung des Dr. N2 befragte. Nach der damaligen
zeitnahen Erklärung der Klägerin zu 1) hat Dr. N2 die Situation der Klägerin zu 1)
keineswegs als dramatisch eingeschätzt und demgemäß auch keine Maßnahmen zur
Behandlung ergriffen.
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Schließlich vermag die Klägerin zu 1) einen eigenen Schadensersatzanspruch wegen
Gesundheitsverletzung nicht unter Bezugnahme auf das Schreiben des Arztes Dr. X
vom 21.06.1999 an ihre erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten darzulegen. Dr. X
bescheinigt der Klägerin zu 1) darin zwar u. a. eine "schwerste Trauerreaktion mit
reaktiver Depression und Insomnie". Er erwähnt ferner, daß er die Klägerin zu 1) wegen
Therapieresistenz im Februar 1999 an den Arzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. C
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verwiesen habe. Aber auch Dr. C ergriff keine Behandlungsmaßnahmen, nachdem er
die Klägerin zu 1) am 19.02.1999 untersucht hatte. Die Klägerin suchte ihn lediglich ein
zweites Mal auf, als am 16.06.1999 die an die erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten
adressierte nervenärztliche Bescheinigung ausgestellt wurde. Berücksichtigt man
weiter, daß die Klägerin zu 1) sowohl während ihrer Mutter-Kind-Kur in der Zeit vom
24.11. bis 15.12.1998 als auch während ihrer Mutter-Kind-Kur in der Zeit vom
09.03.2000 bis 06.04.2000 psychologisch betreut wurde, ohne daß von dort aus auf eine
gesonderte Behandlung gedrängt wurde, so muß es bei der Bewertung des
sachverständigen Zeugen P2 bleiben, der die aus dem Tode ihres Ehemannes
resultierenden psychischen Folgen bei der Klägerin als angemessene Trauerreaktion
eingestuft hat. An den besonderen Voraussetzungen für einen eigenen
Schadensersatzanspruch der Klägerin zu 1) fehlt es somit.
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Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 BGB.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 10, 546 ZPO.
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