Urteil des OLG Hamm vom 14.03.2017

OLG Hamm (beschwerde, zeugnis, verfügung von todes wegen, einziehung, formelle beschwer, enkel, verwaltung, auseinandersetzung, verfügung, beschwerdeführer)

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 473/76
Datum:
09.05.1977
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 473/76
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 5 T 310/76
Tenor:
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen, daß unter Abänderung des angefochtenen
Beschlusses ihre erste Beschwerde vom 20. Februar 1976 gegen die
Verfügung des Amtsgerichts Tecklenburg vom 3. Oktober 1975 als
unzulässig verworfen wird.
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird der
angefochtene Beschluß im übrigen aufgehoben.
Das Amtsgericht Tecklenburg wird angewiesen, das am 3. Oktober 1975
erteilte Testamentsvollstreckerzeugnis einzuziehen.
Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,- DM
festgesetzt.
Gründe:
1
I.
2
1)
3
Die Erblasserin ... ist am 25. November 1974 verstorben. Sie war die Witwe ihres bereits
am 15. April 1955 vorverstorbenen Ehemannes ... . Die Beteiligte zu 1), die Mutter der
am 9. Oktober 1959 und am 23. April 1957 geborenen Beteiligten zu 2) und 3), ist das
Kind der Erblasserin.
4
Die Erblasserin hat ein privatschriftliches Testament vom 17. Januar 1973 hinterlassen,
das am 17. Januar 1975 vom Amtsgericht Tecklenburg eröffnet worden ist (IV 3/75) und
das so lautet:
5
"Mein letzter Wille!
6
Für alles was ich hinterlasse, bestimme ich meine Enkel ... und ... zu Erben zu je ein
Halb. Sollte einer dieser Enkel bei meinem Tode nicht mehr leben, so ist der anderen
7
Halb. Sollte einer dieser Enkel bei meinem Tode nicht mehr leben, so ist der anderen
Enkel Allein-Erbe.
Meinen Erben untersage ich jede Auseinandersetzung über die zu keinem Nachlaß
gehörenden Grundstücke und über das in den Firmen ... GmbH und ...,
Kommanditgesellschaft, bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres meines Enkels ..., bei
dessen vorzeitigen Ableben bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres meines Enkels ...
8
Zur Beachtung dieses Auseinandersetzungsverbotes, ordne ich hinsichtlich der
vorgenannten Hinterlassenschaften Testamentsvollstreckung an.
9
Als Testamentsvollstrecker berufe ich Herrn Rechtsanwalt ....
10
Als Ersatztestamentsvollstrecker benenne ich Herrn Dipl.-Kfm. ....
11
Sollten die vorgenannten Herren das angetragene Amt als Testamentsvollstrecker nicht
annehmen, niederlegen, oder nicht mehr in der Lage sein, dieses Amt weiter
auszuüben, so ersuche ich hilfsweise das Nachlaßgericht, eine im Geschäftsleben
besonders erfahrene Person als Testamentsvollstrecker zu bestellen.
12
In Abweichung von diesem Auseinandersetzungsverbot kann der
Testamentsvollstrecker, bei Zustimmung sämtlicher Erben, eine Auseinandersetzung
unter diesen oder eine Abfindung eines einzelnen Erben durchführen, wenn eine solche
Maßnahme im Interesse der Firmen ..., GmbH und ..., Kommanditgesellschaft, geboten
erscheint.
13
Es ist mein ausdrücklicher Wunsch, daß meine Enkel in Eintracht die Firma
weiterführen, wobei der dafür Geeignetste die Geschäftsführung und -vertretung
übernehmen sollte.
14
Der Testamentsvollstrecker ist von den Beschränkungen des §181 BGB ausdrücklich
befreit.
15
Sollte einer meiner Enkel die in diesem Testament getroffenen Anordnungen
anzuerkennen nicht bereit sein, so erhält er lediglich einen Pflichtteil, während der
andere Enkel Alleinerbe ist.
16
Herr ..., ist jetzt bei mir in der Firma als Prokurist und soll nach meinen Ableben die
Firma ... als Geschäftsführer weiterführen, bis er sein Pensionsalter erreicht hat. Herr ...
soll sich von Zeit zu Zeit mit dem Testamentsvollstrecker besprechen, alle wichtigen
Dinge sollen nur von Herrn ... und dem Testamentsvollstrecker gemeinschaftlich, zum
Wohle der Firmen und der Enkel beschlossen werden.
17
Geschrieben am 17./1.1973
18
Frau ..., geb. ..."
19
2)
20
Auf den Antrag des Beteiligten zu 4) vom 22. April 1975 (Urkundenrolle Nr. .../1975 des
Notars ... in ... hat das Amtsgericht Tecklenburg am 3. Oktober 1975 folgendes
Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt:
21
"Der Rechtsanwalt ... wohnhaft in ..., ist zum Testamentsvollstrecker über den Nachlaß
der am 25. November 1974 in ... verstorbenen, zuletzt in ..., wohnhaft gewesenen Witwe
..., geb. ..., geboren am ..., ernannt worden.
22
Die Erblasserin hat die Testamentsvollstreckung nur angeordnet hinsichtlich der
hinterlassenen Grundstücke sowie hinsichtlich der Firmen ... GmbH und
Kommanditgesellschaft."
23
Mit Schriftsatz vom 20. Februar 1976 haben die Beteiligten zu 1) bis 3) gegen die
Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses mit dem Antrage seiner Einziehung
Beschwerde eingelegt. Diese Beschwerde ist vom Landgericht durch Beschluß vom 8.
Juli 1976 zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der
Beteiligten zu 1) bis 3) vom 26. November 1976 mit dem Antrage, die Einziehung des
Testamentsvollstreckerzeugnisses durch das Nachlaßgericht anzuordnen. Die
Beschwerdeführer meinen, das Testamentsvollstreckerzeugnis sei unrichtig, da es nicht
den genauen gegenständlichen Umfang der Testamentsvollstreckung und den
Ausschluß der Befugnis zur Auseinandersetzung enthalte.
24
II.
25
1)
26
Die statthafte, in der rechten Form eingelegte weitere Beschwerde ist auch sonst
zulässig. Die Berechtigung zur Einlegung der weiteren Beschwerde bestimmt sich
gemäß §29 Abs. 4 FGG nach §20 FGG. Nach der Auffassung des Senats steht hierbei
einem Beschwerdeführer stets ein Beschwerderecht für die Einlegung der weiteren
Beschwerde zu, wenn seine erste Beschwerde - aus welchem Grunde auch immer -
ohne Erfolg geblieben ist (OLG Köln, OLGZ 1971, 94; Jansen, FGG, 2. Aufl., Rz. 8 zu
§27 FGG; Keidel/Winkler, FGG, 10. Aufl., Rz. 10 zu §27 FGG). Daher besteht ein
Beschwerderecht auch dann, wenn das Beschwerdegericht eine Beschwerde nach
sachlicher Prüfung als unbegründet zurückgewiesen hat, obwohl es sie als unzulässig
hätte verwerfen müssen (BayObLGZ 1961, 200, 202; 1963, 331, 332; KG, FamRZ 1962,
531). Das Landgericht hat die Beschwerde vom 20. Februar 1976 zurückgewiesen und
dabei nur die Beteiligte zu 1) als Beschwerdeführerin genannt. Beschwerdeführer
dieses Rechtsmittels waren aber nach dem ausdrücklichen Hinweis in der
Beschwerdeschrift die Beteiligten zu 1) bis 3). Hinsichtlich der vom Landgericht
genannten Beschwerdeführerin, der Beteiligten zu 1) hätte jedoch die erste Beschwerde
ohne Sachprüfung wegen fehlender Beschwerdeberechtigung als unzulässig verworfen
werden müssen.
27
2)
28
Nach §20 Abs. 1 FGG steht die Beschwerde jedem zu, dessen Recht durch die
Verfügung beeinträchtigt ist. Diese Bestimmung gilt auch dann, wenn das
Nachlaßgericht die Einziehung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses ablehnt
(Jansen, Rz. 19 zu §34 FGG und Rz. 54 zu §20 FGG). Die Beteiligte zu 1) ist in ihrer
Eigenschaft als Pflichtteilsberechtigte selbst dann nicht in ihren Rechten beeinträchtigt,
wenn diese Entscheidung fehlerhaft war. Das Testamentsvollstreckerzeugnis (§2368
BGB) weist nur die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers aus. Es ist ein Zeugnis
darüber, daß der darin Genannte wirksam zum Testamentsvollstrecker ernannt ist lind
29
daß keine weiteren als die in dem Zeugnis angegebenen Beschränkungen oder
Erweiterungen seiner Befugnisse bestehen (KG, NJW 1964, 1905; Palandt/Keidel, BGB,
36. Aufl., Anm. 1 zu §2368 BGB). Dieses Zeugnis enthält dagegen keine Entscheidung
über das Pflichtteilsrecht. Der Wegfall dieses Zeugnisses würde keinen unmittelbar
tatsächlich störenden Eingriff in das Recht des Pflichtteilsberechtigten beseitigen. Die
Pflichtteilsberechtigte hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben
(§§2303, 2317 BGB). Dieser Anspruch kann zudem, auch wenn die Verwaltung des
Nachlasses einem Testamentsvollstrecker obliegt, im Gegensatz zu den Ansprüchen
sonstiger Nachlaßgläubiger nur gegen die Erben geltendgemacht werden (§2213 Abs. 1
S. 3 BGB). Die Ablehnung der Einziehung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses
beeinträchtigt nur die Rechte der Antragsberechtigten, also der Testamentsvollstrecker
und der Gläubiger unter den Voraussetzungen der §§792, 896 ZPO, auch wenn das
Zeugnis auf ihren Antrag erteilt worden war; ferner sind beeinträchtigt die Erben, deren
Rechtsstellung durch die Testamentsvollstreckung eine Einschränkung erfährt
(BayObLGZ 1956, 377, 379; Jansen, Rz. 56 zu §20 FGG; Keidel/Winkler, Rz. 48 zu §20
FGG). Wie im Erbscheinsverfahren haben Nachlaßgläubiger ein Beschwerderecht nur,
wenn sie einen Vollstreckungstitel besitzen; das gleiche gilt für Vermächtnisnehmer und
Pflichtteilsberechtigte (OLG Köln, OLGZ 1971, 94; OLG München, JFG 15, 246, 248;
Keidel/Winkler, Rz. 39 zu §20 FGG; Staudinger/Firsching, BGB, 10./11. Aufl., Rz. 87 zu
§2353 BGB).
Für ein Beschwerderecht ist es nicht ausreichend, daß die Beteiligte zu 1) durch die
ablehnende Verfügung allenfalls in ihren rechtlichen, wirtschaftlichen oder sonstigen
Interessen beeinträchtigt ist. So berührt die Frage, ob eine Testamentsvollstreckung
besteht oder nicht, rechtliche Interessen des Pflichtteilsberechtigten. Die Vermutung der
Richtigkeit des Testamentsvollstreckerzeugnisses (§§2368 Abs. 3, 2365 BGB), die
widerlegbar ist, kann die Rechtsverfolgung des Pflichtteilsberechtigten gegen die Erben
negativ beeinflussen. Kann auch bei Verwaltung des Nachlasses durch einen
Testamentsvollstrecker der Pflichtteilsanspruch nach §2213 Abs. 1 S. 3 BGB nur gegen
die Erben geltendgemacht werden, so muß der Pflichtteilsberechtigte doch wegen
seines Anspruchs gegen die Erben auf Leistung gegen den Testamentsvollstrecker auf
Duldung der Zwangsvollstreckung klagen, wenn er in den vom Testamentsvollstrecker
verwalteten Nachlaß vollstrecken will (§748 Abs. 3 ZPO; KG, NJW 1963, 1553;
Palandt/Keidel, Anm. 1 b zu §2213 BGB). Rechtliche Interessen des
Pflichtteilsberechtigten sind durch die bestehende Testamentsvollstreckung auch
deshalb angesprochen, weil ihm - neben dem Vermächtnisnehmer - gegenüber anderen
Nachlaßgläubigern eine gewisse Sonderstellung zukommt. Denn in der
Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs, dessen Voraussetzung die Berufung zur
gesetzlichen Erbfolge ohne Vorhandensein der Verfügung von Todes wegen ist, wird in
gewissem Sinne die eines gesetzlichen Erbrechts gesehen (KG, JFG 5, 154, 156; NJW
1963, 1553). Diese Beziehungen besonderer Art zu dem Nachlasse haben zur
Anerkennung eines Antrags- und Beschwerderechtes des Pflichtteilsberechtigten nicht
nur bei der Entlassung des Testamentsvollstreckers (BayObLGZ 21, 205, 207; KG, JFG
5, 154, 156) geführt, sondern auch zur Bejahung eines Beschwerderechts gegen die
Ablehnung der Ernennung eines Testamentsvollstreckers (KG, NJW 1963, 1553).
Soweit in diesen Fällen über §20 Abs. 1 FGG hinaus ein Beschwerderecht nach dem
allgemeinen Vorbehalt des §1 FGG aus der Bezeichnung als "Beteiligter" jener
Verfahren im Sinne der §§2202 Abs. 3, 2227 Abs. 1 BGB abgeleitet worden ist, so rührt
das daher, daß unter Beteiligter dieser Verfahren jeder verstanden wird, der ein
rechtliches Interesse an der Testamentsvollstreckung hat (BGH, NJW 1961, 1717). Im
vorliegenden Verfahren bleibt es aber bei der allgemeinen Vorschrift des §20 Abs. 1
30
FGG, da sie für diesen Verfahrensgegenstand weder durch andere Bestimmungen des
Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit noch durch ein
anderes Reichs- oder Bundesgesetz ausgeschlossen ist.
Durch die Entscheidung des Nachlaßgerichts ist auch kein allgemeines Recht der
Beteiligten zu 1) auf ordnungsmäßige Führung ihrer Angelegenheit verletzt worden, weil
durch die Ablehnung der Einziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses in ihren
Rechtskreis nicht eingegriffen worden ist. Sie konnte zwar ohne ein sachliches Recht
beim Nachlaßgericht anregen, das Zeugnis wegen Unrichtigkeit einzuziehen und damit
den Anstoß zu einem von Amts wegen durchzuführenden Einziehungsverfahren geben.
Dies gab ihr aber kein Recht, die Anregung mit der Beschwerde weiter zu verfolgen
(Senat, Beschluß vom 5. November 1959 - 15 W 425/59 - = JMBlNRW 1960, 143; OLG
Köln, OLGZ 1971, 94, 95). Die formelle Beschwer, die durch die Ablehnung der
Anregung gegeben ist, genügt für sich nicht; hinzutreten muß die materielle Beschwer.
31
Hat das Landgericht - wie hier hinsichtlich des Rechtsmittels der Beteiligten zu 1) - eine
unzulässige Beschwerde zu Unrecht aus sachlichen Gründen zurückgewiesen, obwohl
sie unzulässig war, so ist die weitere Beschwerde mit der Maßgabe zurückzuweisen,
daß in Abänderung der Beschwerdeentscheidung die Erstbeschwerde als unzulässig
zu verwerfen ist (Beschluß des Senats von 7. April 1972 - 15 W 135/72 - = FamRZ 1972,
520 = OLGZ 1972, 382; Jansen, Rz. 49 zu §27 FGG; Keidel/Winkler, Rz. 67 zu §27
FGG).
32
III.
33
Die zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) führt zur Aufhebung der
Beschwerdeentscheidung im übrigen, weil diese auf einer Verletzung des Gesetzes
beruht (§27 FGG).
34
1)
35
Das Landgericht hat durch seine Entscheidung erkennbar die Beschwerde vom 20.
Februar 1976 insgesamt erfassen und als unbegründet zurückweisen wollen. Dem
Wortlaut nach findet sich in Beschlußeingang und -formel allerdings nur ein Eingehen
auf das Rechtsmittel "der Beteiligten zu 1)", obwohl es ausdrücklich von den Beteiligten
zu 1) bis 3) herrührt. Das Landgericht hat die Beteiligte zu 1) aber - teilweise
unzutreffend - als gesetzliche Vertreterin der übrigen Beschwerdeführer aufgeführt. Es
ist deshalb die Annahme des Senats gerechtfertigt, daß die Vorinstanz ein
angenommenes Handeln zugleich im eigenen wie im fremden Namen nicht getrennt,
sondern irrig zur Benennung allein der Beteiligten zu 1) als Beschwerdeführerin
veranlaßt hat, obwohl sie über das Rechtsmittel in vollem Umfange - auch hinsichtlich
des Kreises der Beschwerdeführer - hat entscheiden wollen. Erst die Beschwerde der
beschwerdebefugten Erben hat den Weg zur Sachentscheidung eröffnet.
36
2)
37
Diese Sachentscheidung ist rechtsfehlerhaft. Nach §§2368 Abs. 3, 2361 Abs. 1 S. 1
BGB ist ein Testamentsvollstreckerzeugnis einzuziehen, wenn sich ergibt, daß es
unrichtig ist. Ein von Anfang an unrichtiges Zeugnis liegt jedenfalls dann vor, wenn sein
Inhalt hinsichtlich der Angaben, die nach §§2365, 2368 Abs. 3 BGB an den öffentlichen
Glauben teilnehmen, mit dem materiellen Recht nicht übereinstimmt. Die Vermutung des
38
§2365 BGB geht hier dahin, daß der als Testamentsvollstrecker im Zeugnis
Bezeichnete rechtsgültig Testamentsvollstrecker geworden ist und daß ihm das Amt in
seinem regelmäßigen Umfang zusteht oder daß es nicht durch andere als die
angegebenen Anordnungen beschränkt ist; nicht vermutet wird das Fortbestehen des
Amtes über den Wegfall hinaus und auch nicht, daß eine angegebene Beschränkung
oder Erweiterung der Befugnisse tatsächlich besteht (Haegele, Der
Testamentsvollstrecker, 5. Aufl., Rz. 415; Palandt/Keidel, Anm. 8 zu §2368 BGB). In
tatsächlicher Hinsicht ist die Unrichtigkeit des Zeugnisses gegeben, wenn die
Voraussetzungen für seine Erteilung, dem Gegenstück der Einziehung, nicht mehr
gegeben sind. Wie sich aus §2359 BGB ergibt, muß daher die Einziehung angeordnet
werden, wenn die zur Begründung eines Antrags auf Erteilung eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlichen Tatsachen nicht mehr als festgestellt
zu erachten sind. Dabei genügt es für die Einziehung, wenn die nach §2359 BGB
erforderliche Überzeugung des Nachlaßgerichts von der bezeugten
Testamentsvollstreckung über einen bloßen Zweifel hinaus erschüttert ist, weil dann die
Voraussetzungen für die Erteilung des Zeugnisses nicht mehr erfüllt sind. Nach §2361
Abs. 3 BGB kann das Nachlaßgericht von Amts wegen über die Richtigkeit des
Testamentsvollstreckerzeugnisses Ermittlungen veranstalten. Es ist hierzu nach §12
FGG verpflichtet, wenn eine Anregung auf Einziehung hierzu Anlaß bietet (BGH, NJW
1963, 1972, 1973 mit Nachweisen). Art und Umfang der Ermittlungen liegen im freien
Ermessen des Nachlaßgerichts. Das Gericht darf eine Entscheidung jedenfalls erst
dann treffen, wenn es alle nach den Umständen erforderlichen Beweise erschöpft hat.
3)
39
Unrichtig ist das Testamentsvollstreckerzeugnis vom 3. Oktober 1975 nach diesen
Rechtsgrundsätzen jedenfalls deshalb, weil es eine von der Erblasserin angeordnete
Beschränkung des Testamentsvollstreckers, nämlich den Ausschluß der
Auseinandersetzung, nicht enthält. Zu den nach §2368 Abs. 1 S. 2 BGB in das Zeugnis
aufzunehmenden Angaben zählt auch jede andere von der gesetzlichen Regelung (vgl.
§§2203-2206, 2208-2210, 2222-2224 BGB) abweichende Anordnung der Erblasserin
(Haegele, Rz. 407; Palandt/Keidel, Anm. 4 zu §2368 BGB; Soergel/Müller, BGB, 10.
Aufl., Rz. 10 zu §2368 BGB). Nach den Inhalt des Zeugnisses von 3. Oktober 1975 wird
vermutet, daß den Testamentsvollstrecker die Befugnis zur Auseinandersetzung unter
den Miterben nach §2204 BGB zusteht. Das ist aber nicht der Fall. Das Testament der
Erblasserin enthält als wesentlichen Bestandteil vielmehr ein grundsätzliches
Auseinandersetzungsverbot und damit eine Beschränkung nach §2208 BGB. Soweit es
ausnahmsweise eine Auseinandersetzung zuläßt, ist diese an die Zustimmung der
Miterben und an die Forderung geknüpft, daß eine solche Maßnahme im Interesse der
beiden Firmen geboten erscheint. Rechtsprechung (BGHZ 40, 115; 56, 275) und
Schrifttum (Palandt/Keidel, Anm. 1 a zu §2204 BGB) nehmen mit Rücksicht auf §137
BGB ohnehin an, daß ein Erbauseinandersetzungsverbot des Erblassers der
Wirksamkeit einer im Wege der Erbauseinandersetzung getroffenen Verfügung über
Nachlaßgegenstände dann nicht entgegensteht, wenn sie vom Testamentsvollstrecker
und allen Erben getroffen wird. Die Erblasserin hat keine Auseinandersetzungs-,
sondern eine Verwaltungsvollstreckung nach §2209 BGB angeordnet. Das ist in
Zeugnis anzugeben (KG, JW 1938, 2823; Haegele, Rz. 407). Diese Feststellung im
Zeugnis ist für den Rechtsverkehr des Testamentsvollstreckers mit Dritten auch deshalb
erheblich, weil in diesem Falle nach der Vermutung des §2209 S. 2 BGB die
Ermächtigung zur unbeschränkten Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlaß
als erteilt anzusehen ist, die sonst eine besondere Anordnung des Erblassers
40
voraussetzt.
4)
41
Zum notwendigen Inhalt des Zeugnisses gehört ferner eine längere oder kürzere Dauer
der Verwaltung (KG, OLG 40, 158 und KGJ 31, 94, 97; RGZ 83, 348, 352;
Erman/Bartholomeyczik/Schlüter, BGB, 6. Aufl., Rz. 3 zu §2368 BGB; Haegele, Rz. 407;
Soergel/Müller, Rz. 10 zu §2368 BGB), soweit der Erblasser eine solche
Zeitbestimmung, die von §2210 BGB abweicht, getroffen hat. Die Erblasserin hat hier
verfügt, daß die Verwaltung bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres des Beteiligten zu
3), bei dessen vorzeitigem Ableben bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres des
Beteiligten zu 2) andauern soll, über §2368 Abs. 3 Halbs. 2 BGB hinaus wird einhellig
anerkannt, daß sich Dritte auf den öffentlichen Glauben des Zeugnisses insoweit
berufen können, als es eine auf Anordnung des Erblassers beruhende Beschränkung
der Amtsdauer des Testamentsvollstreckers nicht enthält (RGZ 83, 348, 352; Haegele,
Rz. 415; Jansen, Rz. 27 zu §84 FGG; Palandt/Keidel, Anm. 8 b aa zu §2368 BGB). Die
zeitliche Begrenzung des Amtes gehört daher in das Zeugnis.
42
5)
43
Die fehlenden Angaben von Auseinandersetzungsverbot und Verwaltungsvollstreckung
sowie Amtsdauer zwingen zur Einziehung des Zeugnisses vom 3. Oktober 1975. Das
Landgericht hat diesen notwendigen Inhalt des Zeugnisses nicht erkannt. Dieser
Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung der darauf beruhenden Beschwerdeentscheidung
und zur Anweisung an das Nachlaßgericht, das Zeugnis einzuziehen.
44
IV.
45
Sollte an das Nachlaßgericht abermals ein Antrag auf Erteilung eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses gelangen, der die erwähnten Beschränkungen
beachtet, so werden außerdem folgende Gesichtspunkte zu beachten sein:
46
1)
47
Eine wirksam angeordnete Abweichung von der gesetzlichen Verwaltungsbefugnis, die
im Zeugnis zu vermerken ist, bedeutet es, wenn der Erblasser die
Testamentsvollstreckung nach §2208 BGB auf die Verwaltung einzelner
Nachlaßgegenstände beschränkt hat (Haegele, Rz. 407; Soergel/Müller, Rz. 10 zu
§2368 BGB). Diese Abweichung ist im Zeugnis vom 3. Oktober 1975 nicht bestimmt
genug angegeben worden, weil die Nachlaßgegenstände, auf die sich die Verwaltung
erstreckt, im einzelnen erkennbar bezeichnet werden müssen. Die Ausführungen des
Landgerichts, es habe keinen Zweifel daran, daß die Erblasserin mit der von ihr
gewählten, möglicherweise unklaren Formulierung nicht über die gesamten Firmen,
sondern über die Anteile an den beiden Firmen, soweit sie ihr lediglich zugestanden
haben, habe verfügen wollen, enthalten zwar eine nicht zu beanstandende Auslegung
des Testaments. Diese Beschränkung hat aber keinen Niederschlag in dem Zeugnis
gefunden, das insoweit auf einen weitergehenden Umfang der Testamentsvollstreckung
deutet. Bei der Auslegung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses kann jedoch nur auf
dieses selbst und nicht auf das Testament zurückgegriffen werden. Weil die
Vermutungswirkung des §2365 BGB nicht dahin geht, daß die durch das Zeugnis
ausgewiesenen (über die bloßen Beteiligungen dem Wortlaut nach hinausgehenden)
48
Beschränkungen wirksam bestehen (Haegele, Rz. 415; Palandt/Keidel, Anm. 8 zu
§2368 BGB), konnte hier unentschieden bleiben, ob ein Fall der Unrichtigkeit gegeben
ist. Jedenfalls werden die gegenständlichen Beschränkungen zur Klarstellung und
Erleichterung des Rechtsverkehrs in einem neu zu erteilenden Zeugnis bestimmter zu
bezeichnen sein.
2)
49
Für den Rechtsverkehr ist eine weitere Abweichung der Befugnisse des
Testamentsvollstreckers von der gesetzlichen Regel bedeutsam, die der Aufnahme in
das Zeugnis bedarf. Die Erblasserin hat in ihrem Testament angeordnet, daß der
Testamentsvollstrecker von den Beschränkungen des §181 BGB befreit sei. Eine solche
Erweiterung der Handlungsmacht des Testamentsvollstreckers wird in entsprechender
Anwendung des §181 BGB für zulässig angesehen, wenn der Erblasser in der
letztwilligen Verfügung seine Einwilligung für In-sich-Geschäfte erteilt hat (BGHZ 30, 67;
51, 209; Haegele, Rz. 127 und 129, wonach der Testamentsvollstrecker zugleich im
Namen eines Dritten als dessen Vertreter nur handeln könne, wenn Befreiung von den
Beschränkungen des §181 BGB sowohl vom Erblasser wie vom Dritten erteilt sei;
Palandt/Heinrichs, Anm. 1 zu §181 BGB).
50
V.
51
Eine nach §13 a Abs. 1 S. 1 FGG mögliche Anordnung der Erstattung außergerichtlicher
Kosten in den Verfahren der ersten und weiteren Beschwerde entspricht nicht der
Billigkeit. Soweit die erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) als unzulässig verworfen
worden ist, besteht für eine Kostenentscheidung kein Anlaß.
52