Urteil des OLG Hamm vom 09.04.2003

OLG Hamm: wirtschaftsprüfer, gesellschaft, unterrichtung, buchführung, firma, steuerberater, vollstreckung, geschäftsführer, geschäftsverbindung, reserven

Oberlandesgericht Hamm, 25 U 108/02
Datum:
09.04.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
25. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
25 U 108/02
Vorinstanz:
Landgericht Bielefeld, 4 O 599/01
Tenor:
Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 9. Juli 2002 verkündete
Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird
zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn
nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leisten.
Gründe:
1
(gemäß § 540 Abs. 1 ZPO n.F.).
2
I.
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Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
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Die Klägerinnen verfolgen mit der Berufung ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiter.
Sie rügen in erster Linie Verletzung der Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO durch das
Landgericht und tragen in tatsächlicher Hinsicht ergänzend vor, der Klägerin zu 1) habe
neben den Jahresabschlüssen per 31.12.1995 und 31.12.1996 die "Planumsätze und
Prognose bis zum 31.12.1997", die Gewinn- und Verlustrechnungen per 30.06.1997
sowie per 30.11.1997 (erweiterte betriebswirtschaftliche Auswertung) vorgelegen. Der
Klägerin zu 2) hätten neben dem Jahresabschluß per 31.12.1995 die
betriebswirtschaftliche Auswertung zum Dezember 1996 sowie die damals aktuellen
Vermögens-Schuldübersichten der Geschäftsführer L und T vorgelegen. Insoweit wird
Bezug genommen auf die Anlagen BB 1 bis 4 der Berufungsbegründung.
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Zu den näheren Umständen der Kreditvergaben wird von Klägerseite ergänzend
vorgetragen: Die Klägerin zu 1) habe mit der G GmbH in laufenden Kreditverhandlungen
gestanden. Es seien Betriebsmittelkredite in Form von Saisonkrediten verhandelt
worden, mit denen der Wareneinkauf sowie die Außenstände vorfinanziert werden
sollten. Konkret sei ab Mai/Juni für die Saison Winter 1997 sowie ab Anfang Januar
1998 über die Überbrückung der Sommermonate verhandelt worden. Eine
entsprechende Erhöhung der Betriebsmittelkredite durch Erhöhung auf den Girokonten
sei in der Zeit von November 1997 bis März 1998 bzw. von November 1997 bis zur
Insolvenzeröffnung erfolgt. -–Für die Klägerin zu 2) wird ergänzend vorgetragen: Es sei
bereits am 27.06.1996 ein erster Kreditvertrag mit der G GmH über eine Kreditsumme
von 550.000,00 DM zustandegekommen, bei dem es jedoch nicht vorrangig auf die
Jahresabschlüsse angekommen sei. Mit Beschluß vom 18.02.1997 sei dann die
Geschäftsverbindung mit der J GmbH ausgedehnt worden. – Die geprüften
Jahresabschlüsse sollten den Klägerinnen als Kreditgeberinnen der Firma J vorgelegt
worden. Hiervon seien die Beklagten unterrichtet gewesen.
6
II.
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Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch im Ergebnis keinen Erfolg.
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Zu Recht rügt die Berufung allerdings die Verletzung formellen und materiellen Rechtes,
soweit das Landgericht den ursächlichen Zusammenhang zwischen einer etwaigen
Pflichtverletzung der Beklagten und einem Schaden der Klägerinnen wegen
Nichteinhaltung der Anforderungen des § 18 Kreditwesengesetz verneint hat. Selbst
wenn man einen Verstoß der Klägerinnen gegen die genannte Bestimmung unterstellt,
würde dies die Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung weder unter dem
Gesichtspunkt der Adäquanz noch unter dem des Schutzzweckes der Norm in Frage
stellen, sondern wäre allenfalls im Rahmen eines etwaigen Mitverschuldens nach § 254
BGB zu berücksichtigen. – Überdies haben die Klägerinnen mit der
Berufungsbegündung dargelegt, daß sie neben den Jahresabschlüssen weitere
Unterlagen wie zum Beispiel die erweiterten betriebswirtschaftlichen Auswertungen
angefordert und erhalten haben, um auf diese Weise, soweit möglich, das nach § 18
KWG geforderte zeitnahe Bild der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zu erhalten.
Zwar handelt es sich insoweit um neue Angriffsmittel im Sinne des § 531 ZPO, die
jedoch nach S. 2 dieser Bestimmung zuzulassen sind, da ein Verfahrensmangel im
Sinne des § 139 ZPO vorliegt. Das Landgericht hat zwar, wie sich aus dem Protokoll
vom 25.06.2002 ergibt, darauf hingewiesen, daß es einen Verstoß gegen § 18
Kreditwesengesetz für gegeben erachtet, hat den Klägerinnen jedoch keine Gelegenheit
zu ergänzendem Vorbringen zu diesem Punkt gegeben, obgleich der Klägervertreter im
Termin angegeben hat (Bl. 120), daß die Klägerinnen über die Bilanzen hinaus
aktuelles Zahlenmaterial erhalten hätten, wozu noch im einzelnen vorgetragen werden
könne. Es hatte sich hierbei um einen Gesichtspunkt gehandelt, den die Klägerinnen
erkennbar für nicht so erheblich gehalten haben, so daß ihnen nach § 139 Abs. 2 ZPO
n.F. Gelegenheit zur ergänzenden Äußerung hätte gegeben werden müssen; der bloße
rechtliche Hinweis im Termin vor dem Landgericht reichte ohne ergänzende
Gelegenheit zur Stellungnahme nicht aus.
9
III.
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Die Berufung bleibt jedoch im Ergebnis erfolglos, da zum einen die Voraussetzungen für
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eine Haftung der Beklagten schon dem Grunde nach nicht dargelegt sind, zum anderen
auch deren schuldhafte Pflichtverletzung nicht festzustellen ist. Im einzelnen ist dazu
festzustellen:
a)
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Die Beklagten würden den Klägerinnen auf Schadensersatz nur haften, wenn diese
wirksam in den Schutzbereich des den Beklagten von der G GmbH erteilten
Prüfauftrages einbezogen worden wären; für eine andere in Betracht kommende
Anspruchsgrundlage ist nichts dargelegt und nicht ersichtlich. Das tatsächliche
Vorbringen der Klägerinnen rechtfertigt jedoch nicht die Annahme ihrer Einbeziehung in
den Schutzbereich des Prüfauftrages.
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Grundsätzlich haftet zwar ein Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, der bei einem
Jahresabschluß bescheinigt, die handelsrechtlichen und steuerlichen Vorschriften
beachtet und sich von der Ordnungsgemäßheit der Buchführung überzeugt zu haben,
nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Dritten, denen – für den Steuerberater
erkennbar – der Jahresabschluß als Entscheidungsgrundlage für wirtschaftliche
Dispositionen dienen soll, für die inhaltliche Richtigkeit seiner Bescheinigung (BGH
NJW 1987, 1758 ff; Versicherungsrecht 1989, 375, 376; NJW-RR 1993, 944; NJW 1997,
1235), wobei nach dem Zweck des Testates, Dritten gegenüber Vertrauen zu erwecken
und Beweiskraft zu entfalten, eine Gegenläufigkeit der Interessen des Auftraggebers
und des Dritten der Einbeziehung in den Schutzbereich nicht entgegenstehe (BGHZ
127, 378, 380). Letztlich sei es jedoch Sache der Vertragsparteien, zu bestimmen,
gegenüber welchen Personen eine Schutzpflicht begründet werden soll (BGH NJW
1987, 1759).
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Der BGH (BGHZ 138, 257, 260) hält, entgegen einer im Schrifftum vertretenen
Auffassung (Nachweise BGH aaO S. 259), die Ausdehnung der Haftung auf Dritte im
Grundsatz auch für möglich, wenn, wie im vorliegenden Fall, Gegenstand des Auftrages
die handelsrechtliche Pflichtprüfung nach §§ 316 Abs. 1, 267 Abs. 2 HGB war.
Allerdings hat der BGH auch darauf hingewiesen, daß die in § 323 HGB zum Ausdruck
kommende gesetzgeberische Intentition, das Haftungsrisiko angemessen zu begrenzen,
auch im Rahmen der vertraglichen Dritthaftung des Abschlußprüfers Beachtung finden
müsse. Dieser Tendenz würde die Einbeziehung einer unbekannten Vielzahl von
Gläubigern, Gesellschaftern oder Anteilserwerbern in den Schutzbereich des
Prüfauftrages zuwiderlaufen. Daß der Abschlußprüfer bereit sei, ein so weitgehendes
Haftungsrisiko zu übernehmen, könne regelmäßig nicht angenommen werden. Etwas
anderes gelte nur, wenn die Vertragsteile bei Auftragserteilung, gegebenenfalls auch zu
einem späteren Zeitpunkt, übereinstimmend davon ausgehen, daß die Prüfung auch im
Interesse eines bestimmten Dritten durchgeführt werde und das Ergebnis diesem Dritten
als Entscheidungsgrundlage dienen soll.
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Im Zusammenhang mit dieser Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats auch die
Regelung in Ziffer 7 der dem Prüfauftrag zugrundeliegenden allgemeinen
Auftragsbedingungen (Anlage K 1) zu sehen, wonach die Weitergabe beruflicher
Äußerungen des Wirtschaftsprüfers (Berichte, Gutachten pp.) der schriftlichen
Zustimmung des Wirtschaftsprüfers bedarf, soweit sich nicht bereits aus dem
Auftragsinhalt die Einwilligung zur Weitergabe an einen bestimmten Dritten ergibt;
einem Dritten haftet der Wirtschaftsprüfer nur, wenn die vorbezeichneten
Voraussetzungen gegeben sind.
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Diese Regelung entspricht durchaus der dargestellten Intention der BGH-
Rechtsprechung in Bezug auf Begründung und Begrenzung des Drittschutzes, nämlich,
daß es Sache der Vertragsparteien ist, zu bestimmen, gegenüber welchen Personen
eine Schutzpflicht begründet werden soll und, daß – insbesondere im Falle der
Pflichtprüfung – dem schutzwürdigen Interesse des Wirtschaftsprüfers an einer
angemessenen Begrenzung seiner Dritthaftung Rechnung zu tragen ist. Mit dem in
Ziff. 7 geregelten Erfordernis der schriftlichen Zustimmung zur Weitergabe behält der
Wirtschaftsprüfer die Entscheidung über den Umfang seiner Dritthaftung. Dies
entspricht, wie ausgeführt, der Intention des § 323 HGB sowie der BGH-Rechtsprechung
und hält daher auch der Billigkeitskontrolle nach § 9 AGBG stand.
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Daß die Beklagten der Weitergabe der testierten Abschlüsse an die Klägerinnen
zugestimmt hätten, ist nicht vorgetragen. Vorgetragen wird mit der
Berufungsbegründung lediglich, die geprüften Jahresabschlüsse sollten "erkennbar"
den Klägerinnen als Kreditgeberinnen der J vorgelegt werden; die Beklagten seien
"hiervon unterrichtet" worden. Dieser Sachvortrag entbehrt jeglicher Substanz. Es wird
nicht vorgetragen, durch wen, in welcher Weise und vor allem zu welchem Zeitpunkt
eine derartige "Unterrichtung" erfolgt ist, wobei auch zu berücksichtigen ist, daß nach
dem Klagevorbringen die Ausweitung der Geschäftsverbindung zwischen der Klägerin
zu 2) und der J, für die es auf den Jahresabschluß 1995 ankam, erst mit Beschluß vom
18.02.1997 erfolgt ist, nachdem der insoweit maßgebliche Jahresabschluß 95 bereits
erstellt und – per 27.08.1996 – testiert war. Entsprechendes gilt für die Klägerin zu 1),
welche die maßgebliche Entscheidung zur Erweiterung der Kreditlinie an die J durch
Beschluß vom 13.03.1998 getroffen hat, nachdem die Bilanzen für 1995 und 1996 –
letztere bestätigt unter dem 22.08.1997 – erstellt und testiert waren. Der Senat hat
diesen Gesichtspunkt im Termin angesprochen und erörtert. Die Klägerinnen haben zu
den näheren Umständen der angeblichen Unterrichtung nichts vortragen können,
während die Beklagten, dazu persönlich befragt, angegeben haben, daß ihnen nicht
bekannt gewesen sei, daß die Jahresabschlüsse Entscheidungsgrundlage für konkrete
Kreditvergaben bzw. Kreditausweitungen sein sollten.
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Im übrigen würde die einseitige Unterrichtung der Beklagten, selbst wenn sie
irgendwann stattgefunden haben sollte, die in Ziffer 7 der Allgemeinen
Auftragsbedingungen geforderte schriftliche Zustimmung, die unstreitig nicht erfolgt ist,
nicht ersetzen. Hierbei handelt es sich auch nicht nur um eine überflüssige Formalie;
vielmehr dient das Erfordernis der schriftlichen Zustimmung dem anerkennenswerten
Interesse des Wirtschaftsprüfers, eine etwaige Dritthaftung auf eine klare, eindeutige
und beweisbare Grundlage zu stellen.
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Das Erfordernis der schriftlichen Zustimmung ist auch nicht nach Ziffer 7 Abs. 1 Satz 2
der Allgemeinen Auftragsbedingungen entbehrlich. Der Fall, daß die Weitergabe der
beruflichen Erklärungen an einen bestimmten Dritten Auftragsinhalt ist, liegt nicht vor.
Gemeint sind damit ersichtlich die Fälle, in denen der Auftrag von vornherein, d.h. schon
bei Auftragserteilung, darauf gerichtet ist, einen Abschluß, Bericht, Gutachten oder
ähnlichen Status zu erstellen, der dazu bestimmt ist, einen bestimmten Dritten, zum
Beispiel einem Unternehmenskäufer, als Entscheidungsgrundlage zu dienen. Im
vorliegenden Fall war Auftragsinhalt zunächst nur die nach den Anforderungen der §§
316, 323 HGB gewissenhaft und unparteiisch durchzuführende Pflichtprüfung. Die
bloße Möglichkeit, daß das Ergebnis dieser Prüfung irgendwann auch zur Verwendung
für potentielle Kreditgeber dienen kann, reicht zur Erfüllung der engen Voraussetzungen
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der genannten Alternative der Ziffer 7 Abs. 1 der Auftragsbedingungen nicht aus; dies
würde zu einer unangemessenen Aushöhlung des Zustimmungserfordernisses führen.
Nach alldem ist die für eine Dritthaftung erforderliche Parteivereinbarung, die, wie
ausgeführt, rechtswirksam an das Erfordernis einer schriftlichen Zustimmung zur
Weitergabe geknüpft worden ist, nicht festzustellen.
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b)
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Im übrigen sind aber auch die Voraussetzungen schuldhafter und für die geltend
gemachten Schäden kausaler Pflichtverletzungen seitens der Beklagten nicht
festzustellen. Dies gilt zunächst gegenüber der Klägerin zu 2), die sich für eine Haftung
der Beklagten nur auf den Jahresabschluß 1995 stützen kann. Die Klägerinnen haben
sich zur Darlegung ihrer Vorwürfe gegen die Beklagten auf den Sonderprüfungsbericht
des Wirtschaftsprüfers Witte für die Geschäftsjahre 1995 und 1996 (Anlage K 6) gestützt
und haben diesen zum Gegenstand ihres Klagevorbringens gemacht. Der
Wirtschaftsprüfer X hat in einer Beurteilung der Frage, inwieweit in den
Jahresabschlüssen 1995 und 1996 wesentliche Fehler enthalten seien (S. 21 ff des
Gutachtens), ausschließlich auf den Jahresabschluß 1996 abgestellt und unter näherer
Darlegung darauf hingewiesen, daß die Bilanzierung nicht werthaltiger Forderungen
einen wesentlichen Fehler des Abschlusses 1996 darstelle; die Ausbuchung der nicht
werthaltigen Forderungen gegen die artic trading Inc. habe zu einer buchmäßigen und
mangels entsprechender stiller Reserven auch zu einer tatsächlichen Überschuldung
der G GmbH geführt, da der Forderungsbetrag ein mehrfaches des vorhandenen
Eigenkapitals der Gesellschaft ausgemacht habe (Bericht S. 22). Durch die Bilanzierung
nicht werthaltiger Forderungen habe der Jahresabschluß 1996 kein den tatsächlichen
Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-Finanz- und Ertragslage der
Gesellschaft vermittelt.
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Entsprechende Feststellungen fehlen für den Jahresabschluß 1995. Insoweit hat der
Wirtschaftsprüfer X lediglich eine Unstimmigkeit festgestellt, als sich aus der
Buchführung ein Forderungssaldo auf Grund von nicht zuzuordnenden
Zahlungsausgängen in Höhe von 1.172.448,25 DM ergebe, während die Bilanz einen
Forderungssaldo aus Warengutschriften von 818.573,25 DM aufweise (Bericht Witte
S. 7 unten). Insoweit haben die Beklagten jedoch klargestellt, daß die entsprechende
Differenz in Höhe von 355.875,00 DM sich aus den Buchhaltungsunterlagen sowie aus
dem Prüfbericht Tz 74 ergebe; dort sei der vorbezeichnete Betrag als an die L GmbH
i.Gr. gezahlter Betrag zur Vorfinanzierung von Maschinenlieferungen ausgewiesen.
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In Bezug auf den Abschluß 1996, der ohnehin nur die Klägerin zu 1) betrifft, ergeben
sich aus dem Bericht des Wirtschaftsprüfers X im Kern zwei Vorwürfe, nämlich zum
einen, daß Forderungen gegen die B Inc. über ca. 3,2 Millionen DM gebucht worden
seien, die tatsächlich nicht werthaltig gewesen seien, zum anderen, daß ebenfalls nicht
werthaltige Forderungen aus Lagerbeständen über ca. 1,8 Millionen DM gebucht
worden seien. Abgesehen von der Frage ob der Vorwurf der mangelnden Werthaltigkeit
der Forderungen gegen die B überhaupt zutrifft – wogegen es sprechen würde, wenn,
was ungeklärt ist, diese Forderungen von der B tatsächlich beglichen worden sein
sollen – ist im Rahmen des gebotenen Prüfungsumfanges eine schuldhafte
Pflichtverletzung nicht festzustellen. Die Beklagten haben sowohl für das Geschäftsjahr
1995 wie auch für 1996 auf die Beschränkungen ihres Prüfungsumfanges hingewiesen,
wie sich aus den TZ 3, 5, 38, 72, 73 des Berichtes für 1995 sowie aus den Tz 3, 4, 5, 37,
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71 des Berichtes für 1996 ergibt, insbesondere, daß ihre Arbeit auf die Aufdeckung von
Unregelmäßigkeiten nur insoweit gerichtet gewesen sei, als solche mit berufsüblichen
Methoden erkannt werden konnten (Tz 5) sowie das formelle Prüfungen im Umfange
pflichtgemäßen Ermessens erfolgen, um die Beachtung der Grundsätze
ordnungsgemäßer Buchführung bestätigen zu können, wobei eine Prüfugn des
materiellen Beleginhaltes nicht ohne weiteres eingeschlossen sei (Tz 38). Im Hinblick
auf die streitigen angeblich nicht werthaltigen Forderungen aus Preisgutschriften aus
den Geschäftsbeziehungen zur Firma arctic trading Inc. enthält der Prüfbericht der
Beklagten für 1996 (S. 34 zu Ziffer 201) den Hinweis auf das Statement of trading
account sowie auf einen von der Geschäftsleitung vorgelegten Coproduzentenvertrag
sowie einen Beratervertrag. Zu den Lagerbeständen, die Gegenstand der streitigen
Warengutschriften sind, ist unter Tz 71 (S. 30) darauf hingewiesen, daß für das Lager E
die mengenmäßigen Bestände durch bill of ladings sowie durch
Tiefkühlhausabrechnungen nachgewiesen worden seien, während für das Lager in F
eine Lagerbescheinigung angefordert, jedoch zum Prüfungsende noch ausgestanden
habe. Schließlich enthält der Bericht auf S. 34 zu Ziffer 201 den ausdrücklichen
Hinweis, daß die Gutschriftsbeträge auskunftsmäßig auf mündlichen Vereinbarungen
beruhten und dementsprechend in der rechtlichen Entstehung nicht beurteilbar seien.
Die Beklagten haben damit dasjenige getan, wozu sie im Rahmen ihres
Prüfungsauftrages unter Berücksichtigung der dargestellten Beschränkungen
verpflichtet waren. Sie haben sich bezüglich der streitigen Forderungen aus den
Preisgutschriften und den Warengutschriften die schriftlichen Verträge, soweit
vorhanden – z.B. das Statement of trading acount – vorlegen lassen sowie über
angebliche mündliche Vereinbarungen Auskünfte eingeholt. Sie haben für die
Warenbestände die erforderlichen Nachweise wie Lagerbescheinigungen und
Tiefkühlhausabrechnungen angefordert bzw. soweit diese noch nicht vorlagen,
ausdrücklich darauf hingewiesen (Tz 31, S. 30). Die Beklagten waren weder verpflichtet,
die ihnen vorgelegten vertraglichen Urkunden sowie die ihnen mitgeteilten mündlichen
Abreden in rechtlicher Hinsicht zu bewerten noch die inhaltliche Richtigkeit der ihnen
vorgelegten bzw. von ihnen angeforderten Belege zu überprüfen, wozu sie auch
tatsächlich nicht in der Lage gewesen wären. Zu dem Vorwurf, daß die zu dem
Forderungssaldo führenden Überzahlungen im Zusammenhang mit den durch die arctic
trading Inc. gestellten überhöhten Warenrechnungen sowie mit den von der Gesellschaft
O.A., Chile, bezogen Warenlieferungen standen, äußert der Wirtschaftsprüfer X, der
immerhin eine Sonderprüfung vorgenommen hat, auch nur Vermutungen (Bericht Witte
S. 6 unten). Es ist nicht ersichtlich, daß entsprechende Manipulationen der
Geschäftsführer der J sowie der B für die Beklagten im Rahmen ihrer Pflichtprüfung
erkennbar waren und sie den Schluß auf mangelnde Werthaltigkeit der Preis- und
Warengutschriften insgesamt ziehen mußten, wobei unbestritten ist, daß etwaige
Zollnachforderungen durch ausreichende Rückstellungen der Gesellschaft abgesichert
waren. Die Beklagten waren auch nicht gehalten, ihre Testate insgesamt
einzuschränken; vielmehr genügten die Hinweise auf die nur eingeschränkten
Überprüfungensmöglichkeiten an den entsprechenden Stellen der Berichte. Zum
Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung (§ 156 ZVO) bestand aufgrund der
nachgereichten Schriftsätze der Klägerinnen schon deshalb keine Veranlassung, weil
zu dem maßgeblichen Punkt der Dritthaftung (Gründe III a) keine neuen Gesichtspunkte
vorgetragen werden.
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Die Berufung war mithin zurückzuweisen, wobei sich die Nebenentscheidungen aus §§
97 Abs. 1, 708 Ziffer 10, 711 ZPO ergeben.
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