Urteil des OLG Hamm vom 05.12.2000

OLG Hamm: landwirtschaft, inventar, verpachtung, bewirtschaftung, zustand, hof, datum

Oberlandesgericht Hamm, 10 W 62/00
Datum:
05.12.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 W 62/00
Vorinstanz:
Amtsgericht Werl, 5 Lw 25/99
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der auf die
mündliche Verhandlung vom 26. Mai 2000 ergan-gene Beschluß des
Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Werl aufgehoben, soweit der
Feststellungsantrag der Betei-ligten zu 2) zurückgewiesen worden und
der Beteiligten zu 1) ein Hoffolgezeugnis erteilt worden ist.
Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entschei-dung, auch
über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, in dem Umfang der
Aufhebung an das Landwirtschaftsgericht zu-rückverwiesen.
Gründe:
1
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) war der angefochtene Beschluß wie
geschehen teilweise aufzuheben (§ 539 ZPO entsprechend).
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Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat seine Pflicht zu einer umfassenden
Aufklärung des Sachverhalts gemäß § 12 FGG in erheblicher Weise verletzt. Die Frage
ob im Zeitpunkt des Erbfalls (21.02.1999) noch ein Hof im Sinne der Höfeordnung
gegeben war, konnte ohne die Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht ausreichend
sicher geklärt werden. Die höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH AgrarR 1995, 147;
2000, 227), der sich der Senat anschließt, hat folgende für und gegen das Fortbestehen
einer Betriebseinheit und damit eines Hofes im Sinne der Höfeordnung sprechende
Kriterien herausgearbeitet:
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1. Eignung der Hofstelle (insbesondere Vorhandensein
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geeigneter Wirtschaftsgebäude):
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Insoweit fehlt es mangels sachverständige Hilfe an ausreichend verläßlichen
Feststellungen, ob die Wirtschaftsgebäude für eine gewinnversprechende Fortführung
der Landwirtschaft geeignet sind.
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2. Aufgabe der Bewirtschaftung:
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Von einer Bewirtschaftung des Landes kann jedenfalls seit 1986/1987 keine Rede mehr
sein. Die Haltung von einigen Schweinen stellt keine Landwirtschaft dar.
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3. Parzellierte Verpachtung:
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Eine solche parzellierte Verpachtung hat wohl nicht vorgelegen, da die ganz
überwiegenden Flächen (ca. 17 ha Ackerland) geschlossen zunächst an den Ehemann
der Beteiligten zu 2) und dann an den der Beteiligten zu 1) verpachtet waren.
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4. Lebendes und totes Inventar:
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Insofern spricht vieles dafür, daß jedenfalls kein nennenswertes, für eine Fortführung der
Landwirtschaft geeignetes totes Inventar mehr vorhanden war. Dies ist aber letztlich
zuverlässig auch nur von einem Sachverständigen zu ermitteln.
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5. Kosten für ein "Wiederanspannen":
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Hier fehlt es bisher an jeglichen gesicherten Erkenntnissen darüber, ob der für eine
Wiederinbetriebnahme erforderliche Kapitalaufwand aus den nicht zur Lebensführung
benötigten Erträgen überhaupt aufgebracht werden könnte. Hierbei ist ausschließlich
auf die denkbaren Erträge der ererbten Besitzung abzustellen und nicht auf die
finanziellen oder sonstigen Möglichkeiten des Erben, den Betrieb mit eigenen Mitteln
wieder lebensfähig zu machen (BGH, a.a.O.).
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Das Amtsgericht wird nach allem einen Sachverständigen zur Klärung der vorstehend
aufgeführten Fragen einzuschalten haben, der für den Zeitpunkt des Erbfalls den Ist-
Zustand zu ermitteln und eine Rentabilitätsberechnung bezüglich eines
Wiederanspannens aufzustellen haben wird.
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Der Senat hat davon abgesehen, die weitere Aufklärung selbst durchzuführen, um den
Beteiligten nicht eine Tatsacheninstanz zu nehmen (§ 540 ZPO entsprechend).
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