Urteil des OLG Hamm vom 04.04.2003

OLG Hamm: versiegelung, firma, stand der technik, bauherr, ingenieurbüro, produkt, ausführung, rückzahlung, mitteilungspflicht, korrespondenz

Oberlandesgericht Hamm, 34 U 132/01
Datum:
04.04.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
34. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
34 U 132/01
Vorinstanz:
Landgericht Paderborn, 7 O 74/00
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 2. Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Paderborn vom 29.06.2001 wird
zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer der Kläger übersteigt 20.000,00 Euro.
Tatbestand:
1
Die Kläger verlangen von den Beklagten Minderung, hilfsweise Schadensersatz wegen
Mängeln an den von der Beklagten zu 1. als Subunternehmerin ausgeführten
Versiegelungsarbeiten in der Intensivrottehalle des Kompostwerkes in F und insoweit
Rückzahlung geleisteten Werklohns.
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Bauherr des Kompostwerks F und Hauptauftraggeber war das KompostwerkX GmbH,
das sich bei den Vertragsverhandlungen und Vorgesprächen zum Teil von ihrer
Mitgesellschafterin, der Firma S GmbH & Co. KG, vertreten ließ. Die Objektplanung für
den Bauherrn erstellte das Ingenieurbüro N5 in C, das für den Bauherrn auch bei der
Auftragsvergabe tätig war. Das Ingenieurbüro N5 wiederum ließ sich bei der Frage, ob
und ggf. mit welchem Material/Produkt die Betonteile in der Rottehalle zur Verbesserung
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der Dauerhaftigkeit der Stahlbetonkonstruktion beschichtet bzw. versiegelt werden
sollten, von der Firma N GmbH & Co. KG (nachfolgend Firma N5 genannt) beraten. Die
Klägerin zu 2. und die Firma C GmbH & Co. KG aus H, über deren Vermögen durch
Beschluß des Amtsgerichts Paderborn vom 01.07.2002 (2 IN 212/02) das
Insolvenzverfahren unter Bestellung des Klägers zu 1. als Insolvenzverwalter eröffnet
worden ist, hatten für die Erstellung des Bauvorhabens Kompostwerk F eine als "J"
(genannt J1) bezeichnete BGB-Gesellschaft gegründet. Die J1 erhielt im Jahr 1993 vom
Bauherrn den Auftrag zur Ausführung sämtlicher Massivbauarbeiten an dem Bauobjekt.
Das Mitte 1994 in Betrieb genommene Kompostwerk F besteht aus verschiedenen
Anlagen mit einer Intensivrottehalle, in der Kompostmaterial zur Rottung eingelagert
wird. Die Rottehalle ist in Gänge und Abschnitte unterteilt, in denen die Lagerung des
Kompostmaterials auf drei übereinander liegenden Bühnen aus Beton erfolgt. Wegen
des Aufbaus im einzelnen wird auf die Fotos und Anlagen in den schriftlichen Gutachten
der Sachverständigen Prof. Dr. Yund Dipl.Ing. K, die diese im Verfahren 23 O 59/96 LG
Münster erstattet haben, sowie auf die in der genannten Beiakte befindlichen Pläne (Bl.
68/69 BA) und Fotos (Bl. 71 ff. BA) verwiesen.
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Wegen der Darstellung des Sach- und Streitstandes in erster Instanz im einzelnen wird,
auch was die Anträge der Parteien betrifft, auf den Tatbestand des angefochtenen
Urteils Bezug genommen.
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Das Landgericht Paderborn hat die Klage nach urkundlicher Verwertung der im
Verfahren 23 O 59/96 LG Münster (Klage der J1 gegen die KompostwerkX GmbH auf
Restwerklohnzahlung) eingeholten Sachverständigengutachten als unbegründet
abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, daß der Mangel
(Ablösungen und Risse in der Beschichtung) nicht auf einen Ausführungsfehler,
sondern auf die Auswahl des Beschichtungs- bzw. Versiegelungsstoffes (N3 111 D der
Firma N4, der den besonderen Beanspruchungen nicht gewachsen gewesen sei,
zurückzuführen sei. Diesen Baustoff hätten die J1 bzw. der Bauherr jedoch vorgegeben,
so daß die Mängel letztlich auf einem Planungsfehler beruhten. Das Landgericht hat
eine Haftungsbefreiung der Beklagten nach § 13 Nr. 3 VOB/B bejaht. Dem stehe § 4
Nr. 3 VOB/B nicht entgegen, da die Beklagte zu 1. keine Bedenkenhinweispflicht
verletzt habe. Die mangelnde Tauglichkeit des vorgeschriebenen Materials habe die
Beklagte zu 1. weder erkannt noch erkennen müssen, da es letztlich nach den
Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. Yund Dipl.Ing. K in deren schriftlichen
Gutachten um komplexe und noch nicht endgültig geklärte bauphysikalische Vorgänge
gegangen sei.
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Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung, mit der sie ihr
erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgen. Der Kläger zu 1. hat, nachdem das
Verfahren zwischenzeitlich aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das
Vermögen der Firma C GmbH & Co. KG als ursprünglicher Klägerin zu 1. unterbrochen
worden war, die Aufnahme des Verfahrens erklärt.
7
Die Kläger wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie behaupten,
daß ein Fehler bei der Ausführung der Beschichtungs- bzw. Versiegelungsarbeiten
ursächlich für die unstreitig vorhandenen Blasenbildungen, Enthaftungen und
Rißbildungen innerhalb der Beschichtung sei. Die Beklagte zu 1. habe den Untergrund
nicht genügend aufgerauht. Ferner sei die Schichtdicke zu gering. Die Kläger vertreten
die Auffassung, daß selbst dann, wenn die Mängelerscheinungen auf der Verwendung
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eines ungeeigneten Stoffes beruhten, eine Gewährleistungshaftung der Beklagten
gegeben sei. Die J1 hätte der Beklagten zu 1. das zu verwendende Produkt nur
vorgeschlagen, nicht aber zwingend vorgeschrieben. Im übrigen sei die Beklagte zu 1.
in die Planung eingeschaltet gewesen und habe dabei planerische Verantwortung
übernommen. So habe sich die Beklagte zu 1. vor Auftragsannahme in einem
Kompostwerk in P über die Rahmenbedingungen informiert und erfahren, daß in der
Rottehalle Temperaturen bis zu 60° erreicht würden und aggressive Bestandteile im
Kondensat anfielen. Eine diesbezügliche Kenntnis habe die Beklagte zu 1. noch am
17.02.1994 bei einer Baustellenbesprechung bestätigt. Die Beklagte zu 1. habe einen
Bedenkenhinweis erteilen müssen, denn sie habe wissen müssen, daß eine
ausreichende Rißüberbrückungsfähigkeit erforderlich gewesen sei und
Langzeiterfahrungen zu Beschichtungen bzw. Versiegelungen von Betonteilen in einer
Rottehalle fehlten.
Auch hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Minderungs- bzw.
Schadensersatzanspruches beziehen sich die Kläger auf ihr erstinstanzliches
Vorbringen. Sie behaupten, daß die J1 im Vorprozeß 23 O 59/96 LG Münster aufgrund
der Mängel der Beschichtung 50 % der auf die Beschichtungsarbeiten entfallenden
Vergütung, demnach einen Betrag in Höhe von rd. 254.000,00 DM, habe im
Vergleichswege nachlassen müssen. Insoweit verlangen die Kläger von den Beklagten
Rückzahlung des geleisteten Werklohns.
9
Die Kläger beantragen,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zu verurteilen, als
Gesamtschuldner an den Kläger zu 1. als Insolvenzverwalter über das Vermögen
der Firma C GmbH & Co. KG und an die Klägerin zu 2. als Gesamthandsgläubiger
254.097,48 DM = 129.917,98 € nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz
seit dem 19.08.2000 zu zahlen.
11
Die Beklagten beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil und beziehen sich auf die im
Rechtsstreit 23 O 59/96 LG Münster erstatteten schriftlichen Gutachten der
Sachverständigen Prof. Dr. Yund Dipl.Ing. K. Aus diesen Gutachten ergebe sich, daß
die Beklagte zu 1. für die an der Beschichtung eingetretenen Schäden nicht
verantwortlich sei. Diese beruhten nicht auf einem Ausführungs-, sondern auf einem
Planungsfehler. Für diesen sei die Beklagte zu 1. nicht verantwortlich, insbesondere
weil die Planungsphase und die Auswahl des Beschichtungsstoffes zum Zeitpunkt der
Beauftragung der Beklagten zu 1. bereits abgeschlossen gewesen sei. Die J1 habe der
Beklagten zu 1. das verwendete Produkt N3 111 D der Firma N5 verbindlich
vorgeschrieben. Bedenken hinsichtlich der Eignung dieses Stoffes, das die Beklagte zu
1. fehlerfrei verarbeitet habe, hätten bei der Beklagten zu 1. nicht aufkommen müssen.
Insoweit habe die Verantwortung allein beim Fachplaner gelegen.
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Die Beklagten bestreiten die Höhe des Minderungs- und Schadensersatzanspruches
und behaupten hierzu, der von der J1 dem Bauherrn im Verfahren 23 O 59/96 im
Vergleichswege gewährte Nachlaß auf deren Werklohnforderung beruhe auf Mängeln
an den Betonteilen selbst, die was unstreitig ist nicht von der Beklagten zu 1. sondern
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von der J1 gefertigt worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze
der Parteien nebst Anlagen sowie auf die beigezogene Akte 23 O 59/96 LG Münster, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
16
Der Senat hat die Sachverständigen Prof. Dr. Yund Dipl.Ing. K im Senatstermin
ergänzend zu ihren im Verfahren 23 O 59/96 LG Münster erstatteten schriftlichen
Gutachten angehört. Insoweit wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin
verwiesen.
17
Entscheidungsgründe:
18
Die zulässige Berufung der Kläger bleibt in der Sache ohne Erfolg.
19
Der Klägerin zu 2. und der Firma C GmbH & Co. KG, für die der Kläger zu 1. als
Insolvenzverwalter den Rechtsstreit aufgenommen hat, stehen gegen die Beklagte zu 1.
weder ein Minderungsanspruch aus § 13 Nr. 6 VOB/B, noch der hilfsweise geltend
gemachte Schadensersatzanspruch aus § 13 Nr. 7 VOB/B zu, so daß die Beklagte zu 1.
zur teilweisen Rückzahlung des erhaltenen vollen Werklohns nicht verpflichtet ist.
Demzufolge scheidet auch eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten zu 2. aus § 128
HGB aus.
20
1.
21
Auf der Grundlage des Angebots der Beklagten zu 1. vom 04.02.1994 (Anlage K 1) und
des Auftragsschreibens der Kläger vom 22.02.1994 (Anlage K 2) haben die J1 und die
Beklagte zu 1. den schriftlichen Nachunternehmervertrag vom 22.02.1994 (Anlage K 4)
über Beschichtungs- bzw. Versiegelungsarbeiten in der Rottehalle geschlossen und die
Geltung der VOB/B vereinbart. Hinsichtlich der Gewährleistung sollte nach § 13 des
Nachunternehmervertrages ebenfalls die VOB/B gelten bei einer Gewährleistungsfrist
von fünf Jahren.
22
2.
23
Ein Sachmangel, für den die Beklagte zu 1. gewährleistungsrechtlich nach § 13 Nr. 1
VOB/B einzustehen hätte, liegt in Bezug auf die von ihr in der Rottehalle ausgeführten
Arbeiten nicht vor.
24
a.
25
Zwischen den Parteien ist zwar unstreitig, daß Schäden an der aufgebrachten
Versiegelung (Blasen- und Rißbildungen, flächenmäßige Abplatzungen) vorhanden
sind, so daß die Versiegelung jedenfalls an den betroffenen Stellen ihre Schutzfunktion
nicht erfüllen kann. Dies haben im übrigen auch die Sachverständigen Dipl.Ing. K und
Prof. Dr. Yin ihren schriftlichen Gutachten, die sie im Verfahren 23 O 59/96 LG Münster
erstattet und auf die sich beide Parteien berufen haben, bestätigt. Beide
Sachverständige haben im Senatstermin im übrigen klargestellt, daß die von ihnen und
von den Parteien zum Teil verwendete Bezeichnung "Beschichtung" die Art der
Werkleistung der Beklagten zu 1. technisch nur ungenau umschreibt und es sich genau
genommen um Versiegelungsarbeiten gehandelt hat.
26
b.
27
Die unstreitig vorhandenen Ablösungserscheinungen und Blasenbildungen an der
aufgetragenen Beschichtung bzw. Versiegelung stellen grundsätzlich einen
Sachmangel i.S.d. § 13 Nr. 1 VOB/B dar, für den die Beklagte zu 1. als
Werkunternehmer gewährleistungsrechtlich einzustehen hat unabhängig von der Frage,
auf welchen Umständen der Mangel beruht. Im vorliegenden Fall greift jedoch
zugunsten der Beklagten zu 1. eine Befreiung von der Gewährleistungspflicht nach § 13
Nr. 3 VOB/B ein.
28
aa.
29
Die Blasen- und Rißbildungen sowie flächenmäßigen Abplatzungen und Ablösungen
sind auf die Leistungsbeschreibung der J1 und auf die Beschaffenheit des von der J
vorgeschriebenen Beschichtungs- bzw. Versiegelungsstoffes zurückzuführen.
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Die beschriebenen Mangelerscheinungen beruhen ausschließlich auf der generellen
Ungeeignetheit des von der J1 vorgegebenen Beschichtungs- bzw.
Versiegelungsstoffes und nicht (auch) auf einem Ausführungsfehler der Beklagten zu 1.
bei der Verarbeitung und Aufbringung dieses Stoffes.
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Die Kläger behaupten zwar, daß die Mangelerscheinungen auf einem
Ausführungsfehler der Beklagten zu 1. beruhen. Für ihre diesbezügliche Behauptung
sind die Kläger aufgrund der unstreitig am 14.06.1994 erfolgten förmlichen Abnahme,
über die ein Abnahmeprotokoll gefertigt worden ist (Bl. 18 d. BA), beweispflichtig. Den
ihnen insoweit obliegenden Beweis für einen Ausführungsfehler haben die Kläger nach
dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht geführt. Die Kläger werfen der
Beklagten zu 1. in zweifacher Hinsicht einen Ausführungsfehler vor: Zum einen habe die
Beklagte zu 1. den Untergrund (die zu versiegelnden Betonflächen) nur unzureichend
vorbereitet, da sie die Betonflächen nicht genügend angerauht habe. Daneben habe die
Beklagte zu 1. die Beschichtung bzw. Versiegelung in einer zu geringen Schichtdicke
aufgebracht. Diese Fehler hätten dazu geführt, daß das Beschichtungsmaterial
jedenfalls partiell nicht genügend auf dem Untergrund hafte. Bereits in ihren schriftlichen
Gutachten, die die Sachverständigen Prof. Dr. Yund Dipl.Ing. K im Vorprozeß
23 O 59/96 LG Münster erstattet haben, haben die beiden Sachverständigen zu einem
möglichen Ausführungsfehler Stellung genommen. Der Sachverständige Dipl.Ing. K hat
auf Seite 5 seines Gutachtens vom 12.01.1997 ausgeführt, daß keine Hinweise auf eine
fehlerhafte Applikation vorlägen. Er hat eine Schichtdicke von 120 um festgestellt, von
der auch die Parteien ausgehen.
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Der Sachverständige Prof. Dr. Yhatte sich in seinem ersten Gutachten vom 19.06.1998
hinsichtlich der Frage, ob ein Ausführungsfehler und/oder ein Planungsfehler für die
Mangelerscheinungen verantwortlich ist, zunächst noch nicht festgelegt. In diesem
ersten Gutachten hatte er ausgeführt, es sei denkbar, daß bei fachgerechter
Untergrundbehandlung die Beschichtung erheblich später versagt hätte. In seinem am
05.11.1999 erstatteten schriftlichen Ergänzungsgutachten hat der Sachverständige Prof.
Dr. Yzu der ihm vom Landgericht Münster gestellten Frage, ob ein Ausführungsfehler
oder ein Planungsfehler verantwortlich für die Ablösungserscheinungen sei, dezidiert
Stellung genommen. Auf Seite 12 seines Ergänzungsgutachtens hat er einen
generellen Ausführungsfehler verneint. In diesem Ergänzungsgutachten ist er zu der
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Bewertung gelangt, daß der Planer das Beanspruchungskollektiv offenbar nicht richtig
eingeschätzt habe, so daß von einem Planungsfehler auszugehen sei. Vermehrte
Enthaftungen in Tornähe deuteten klar auf mikroklimatische Gegebenheiten/Ursachen
hin, die bei der Planung nicht hinreichend berücksichtigt worden seien.
Im Senatstermin haben die Sachverständigen K und Yihre diesbezüglichen schriftlichen
Aussagen erläutert und ergänzt. Beide Sachverständige haben nochmals erklärt, daß es
keine Anhaltspunkte für einen Ausführungsfehler der Beklagten zu 1. gebe. So hat der
Sachverständige Prof. Dr. Yerklärt, daß die von dem Sachverständigen K gemessene
Schichtdicke von 120 um, die zwischen den Parteien auch unstreitig ist, nicht in
Widerspruch stehe zu den ausgeschriebenen Verbrauchsmengen. Die vertraglichen
Vorgaben ergeben sich insoweit aus dem Angebot der Beklagten zu 1. vom 04.02.1994,
in dem hinsichtlich der Grundierung ein Verbrauch des Stoffes N3 111 D von 200 -
250 g/qm und hinsichtlich der 2maligen Versiegelung ein Verbrauch von 250 - 300 g/qm
vorgesehen war. Der Sachverständige Prof. Dr. Yhat erklärt, daß die gemessene
Schichtdicke durchaus in Einklang stehe mit diesen vertraglichen Vorgaben. Es sei
nämlich zu berücksichtigen, daß die flüchtigen Bestandteile der aufgetragenen Lösung
bei der Verarbeitung verdunsteten. Zum Vorwurf der Kläger, die Beklagte zu 1. habe die
von ihr bearbeiteten Betonflächen nicht hinreichend aufgerauht, hat der
Sachverständige Prof. Dr. Yausgeführt, daß es nicht Stand der Technik sei, den
Untergrund vor Aufbringung einer Beschichtung bzw. Versiegelung auf Epoxitharzbasis
extrem aufzurauhen. Er habe in seinem ersten schriftlichen Gutachten nur zum Ausdruck
bringen wollen, daß unter den konkreten Bedingungen, die in der Rottehalle in F
herrschten, eine Chance für eine längere Haltbarkeit der Beschichtung überhaupt nur
dann bestand, wenn man die Betonflächen mechanisch stark aufgerauht hätte. Aber
selbst bei extremer Aufrauhung hätte die Versiegelung im konkreten Fall allenfalls zwei
Jahre länger gehalten. Letztlich, so die eindeutige Aussage des Sachverständigen Prof.
Dr. Yim Senatstermin, konnte eine 2schichtige Versiegelung auf Epoxitharzbasis unter
den konkreten Bedingungen, die in der Rottehalle herrschen, nicht halten.
Verantwortlich für die Blasenbildungen und Ablösungserscheinungen sei daher nicht
ein Ausführungs-, sondern ein Planungsfehler. Auch eine hinreichende
Rißüberbrückungsfähigkeit sei bei der Art der gewählten Beschichtung bzw.
Versiegelung nicht zu erreichen.
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Diesen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Yhat sich auch der
Sachverständige Dipl.Ing. K im Senatstermin angeschlossen. Auch der
Sachverständige K hat einen Ausführungsfehler verneint und die Verantwortlichkeit
beim Planer gesehen. Beide Sachverständige haben ihre diesbezügliche Einschätzung,
daß kein Ausführungs- sondern ein Planungsfehler verantwortlich für die Schäden an
der Versiegelung ist, mit der Äußerung auf den Punkt gebracht, daß es sich bei dem
gewählten Konzept bzw. Verfahren, die Betonteile in der Rottehalle mit Epoxitharz zu
versiegeln, von vornherein um ein "totgeborenes Kind" gehandelt habe. Somit ist davon
auszugehen, daß das verwendete Beschichtungs- bzw. Versiegelungsmaterial für den
angestrebten Zweck Verlängerung der Lebensdauer der Betonteile in der Rottehalle
durch Schutz vor der Einwirkung aggressiver Kondensatbestandteile generell nicht
geeignet war.
35
bb.
36
Für diese generelle Ungeeignetheit trifft die Beklagte zu 1. jedoch keine (Mit)
Verantwortung, da die J1 der Beklagten zu 1. das angewendete Beschichtungssystem
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einschließlich des Beschichtungs- bzw. Versiegelungsstoffes vorgeschrieben hatte. Der
Senat teilt insoweit die vom Landgericht im angefochtenen Urteil vertretene Auffassung.
Das Angebot der Beklagten zu 1. vom 04.02.1994, in dem das Beschichtungssystem
und der Beschichtungsstoff N3 111 D aufgeführt sind, ist in dieser Form abgegeben
worden auf der Grundlage der die Beschichtung bzw. Versiegelung betreffenden
Unterlagen, die die Firma N5 über das Ingenieurbüro N5 zunächst der J1 zur Abgabe
ihres Angebotes und dann auf Veranlassung der J1 auch der Beklagten zu 1. zur
Angebotserstellung hatte zukommen lassen (vgl. Bl. 46/47 GA); dazu gehörte auch der
Entwurf eines Leistungsverzeichnisses der Firma N5 vom 13.09.1993 (Anlage B 5), den
sich zunächst das Ingenieurbüro N5 und dann auch die J zu eigen gemacht hatten.
Damit wurde der Ausschreibungsentwurf der Firma N5 zur Grundlage des Angebots der
J1 an den Bauherrn und dieses Leistungsverzeichnis wiederum mit Wissen und
Einverständnis der J1 zur Grundlage des an die J1 gerichteten Angebots der Beklagten
zu 1. Damit waren Beschichtungssystem und Beschichtungsstoff für die Beklagte zu 1.
vorgeschrieben. Vorschreiben bedeutet ein eindeutiges, Befolgung heischendes
Verlangen des Auftraggebers, das dem Auftragnehmer praktisch keine Wahl mehr läßt
(vgl. BGHZ 91, 206). Von einer solchen verbindlichen Vorgabe ist auszugehen, wenn
der Auftraggeber eine ganz bestimmte Materialmarke, ein bestimmtes Fabrikat oder eine
bestimmte Bezugsquelle deutlich und ohne Einschränkung verlangt (Ingenstau/Korbion
VOB-Kommentar, 14. Aufl. § 13 Nr. 3 VOB/B Rdn. 190). Dies war vorliegend im
Verhältnis der J1 zur Beklagten zu 1. der Fall. Den ihr auf Veranlassung der J1 von der
Firma N5 übermittelten Unterlagen, einschließlich des Entwurfs eines
Leistungsverzeichnisses, mußte die Beklagte zu 1. entnehmen, daß nach dem Willen
der J1 als ihrem Auftraggeber ein bereits zwischen Bauplaner - Bauherr - Hersteller – J1
verbindlich abgesprochenes Beschichtungssystem mit einem bestimmten
Beschichtungsstoff (N3 111 D) zur Anwendung gelangen sollte. In dem zum Zeitpunkt
der Kontaktaufnahme der J1 zu der Beklagten zu 1. bereits geschlossenen Vertrag
zwischen dem Bauherrn und der J1 war dieses System bzw. dieser Stoff als Art der
Ausführung schon verbindlich vereinbart. So haben die Klägerin zu 2. und die
ursprüngliche Klägerin zu 1. im Vorprozeß 23 O 59/96 LG Münster auch stets
vorgetragen, daß der von einem Ingenieurbüro planerisch beratene Bauherr ihnen das
Produkt N3 111 D vorgeschrieben habe und sich die Kläger mangels eigener
besonderer Fachkenntnis auf diesem Gebiet den Ratschlägen des Fachplaners und der
Firma N5 bewußt unterworfen hätten (vgl. Bl. 86 f., 90 f., 137 d. BA). Soweit die Kläger
im vorliegenden Verfahren nunmehr behaupten, die Beklagte zu 1. sei in die Planungen
einbezogen gewesen und habe auch was die Materialauswahl betreffe planerische
Verantwortung übernommen, steht dies zum einen nicht im Einklang mit ihrem
Vorbringen im Werklohnprozeß 23 O 59/96 LG Münster, zum anderen ergibt sich aus
der schriftlichen Korrespondenz und der zeitlichen Abfolge der Auftragserteilung das
Gegenteil. Eine Übernahme von planerischer Verantwortung seitens der Beklagten zu 1.
läßt sich insbesondere nicht aus deren Schreiben vom 02.03. und 04.03.1994 (Anlagen
K 15 und K 16) ableiten, in denen die Beklagte zu 1. die J1 lediglich auf die finanziellen
Folgen einer teilweisen Auftragsentziehung (Teilbeschichtung statt der zu diesem
Zeitpunkt bereits vertraglich vereinbarten Vollbeschichtung), wie sie sich aus § 649 BGB
ergeben, hinweist.
38
cc.
39
Einer Haftungsbefreiung der Beklagten zu 1. nach § 13 Nr. 3 VOB/B steht die sich aus
§ 4 Nr. 3 VOB/B ergebende Mitteilungspflicht des Auftragnehmers nicht entgegen. Die
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Beklagte zu 1. hat keine ihr nach § 4 Nr. 3 VOB/B obliegende Mitteilungspflicht verletzt.
Wann die der Mitteilungspflicht zugrunde liegende Prüfungspflicht des Auftragnehmers
im Einzelfall gegeben ist und wie weit diese reicht, läßt sich nicht abschließend in einer
generellen Formel festhalten. Es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalles an.
Entscheidende Gesichtspunkte sind das beim Auftragnehmer im Einzelfall
vorauszusetzende Wissen, Art und Umfang der Leistungsverpflichtung und des
Leistungsobjektes sowie die Person des Auftraggebers und des zur Bauleitung
bestellten Vertreters (Ingenstau/Korbion § 4 Nr. 3 VOB/B Rdn. 190, 198). Ist der
Auftraggeber selbst Fachmann oder hat er einen solchen hinzugezogen, muß nach dem
jeweiligen Einzelfall eine Abstufung hinsichtlich der Art und des Umfangs der Prüfungs-
und Unterrichtungspflicht angenommen werden (ders. a.a.O. Rdn. 199). Zu beachten ist
dabei, daß der Hauptunternehmer gegenüber dem Subunternehmer für das
Planungsverschulden des Architekten seines Auftraggebers (Bauherr) einstehen muß;
das Planungsverschulden des Architekten schlägt nach § 278 BGB über den
eigentlichen Bauherrn und über den Hauptunternehmer bis auf den Subunternehmer
durch (vgl. BGH NJW 1987, 666; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 9. Aufl. Rdn. 1527).
Eine Prüfungs- und Hinweispflicht kann unter dem Gesichtspunkt einer
stillschweigenden Risikoübernahme durch den Hauptunternehmer/Bauherrn bei
Anwendung einer technisch noch nicht ausgereiften Konstruktion oder
Ausführungsweise oder bei vorgeschriebener Verwendung eines noch nicht
ausreichend erprobten Materials entfallen (vgl. Ingenstau/Korbion § 4 Nr. 3 VOB/B
Rdn. 209, 210). Dann ist dem Auftragnehmer (nur) ein Hinweis auf die bisher noch nicht
ausreichende Erfahrung abzuverlangen, falls sich der Auftraggeber dieses Umstandes
nicht bereits bewußt ist und der Auftragnehmer in zumutbarer Weise unsicher sein muß,
wobei allerdings auch dann die Prüfungs- und Hinweispflicht entfällt, wenn sich der
Auftragnehmer darauf verlassen kann, daß der fachkundige Auftraggeber selbst oder
durch seinen bauleitenden Vertreter (Architekt bzw. Sonderfachmann) die erforderliche
Prüfung tatsächlich angestellt hat und seine Anordnungen auf dieser Prüfung beruhen
(ders. a.a.O.). Eine derartige Fallgestaltung ist nach Auffassung des Senats vorliegend
gegeben:
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Nach Angaben des Sachverständigen Dipl.Ing. K (Seite 7 seines schriftlichen
Gutachtens) gab es zum Zeitpunkt der Auftragsabwicklung "viel zu wenig" Erfahrungen
mit Beschichtungsprodukten in Rottehallen. Er hat ausgeführt, daß die Bedingungen in
den bestehenden Rottehallen stark variieren. Dies zeigt sich auch daran, daß sich die
Analyse des Kondensats in der Bodenwanne des Kompostwerks in P der Firma F2 aus
August 1993 (Anlage B 4), wie sich später herausstellte, erheblich von den Werten
unterschied, die sich bei der Untersuchung des im Kompostwerks F gewonnenen
Kondensats ergaben. Insoweit wird auf das Schreiben der Firma N5 vom 29.05.1995
und die darin hierzu getroffene Feststellung, die zwischen den Parteien unstreitig ist,
verwiesen (Bl. 39/40 GA).
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Auch der Sachverständige Prof. Dr. Yhat im Senatstermin ausgeführt, daß zum
Zeitpunkt der Arbeiten der Beklagten zu 1) Erfahrungen mit dem gewählten
Beschichtungs- bzw. Versiegelungsmaterial lediglich unter Normalbedingungen
vorlagen, nicht aber unter den im vorliegenden Fall zu beachtenden besonderen
Bedingungen, wie sie in einer Rottehalle herrschen (hohe Temperaturen und dadurch
bedingt eine erhöhte Wasserdurchlässigkeit/Diffundierung). Der Sachverständige Prof.
Dr. Yhat darauf hingewiesen, daß die Wasserdampfdiffusion bei höheren Temperaturen
extrem ansteigt. Bereits in seinem ersten schriftlichen Gutachten hatte der
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Sachverständige Prof. Dr. Yauf Seite 18 darauf hingewiesen, daß es für den speziellen
Fall einer Rottehalle keine Liste der geprüften Beschichtungsstoffe gibt, so daß das
Beschichtungs- bzw. Versiegelungssystem speziell für die zu erwartenden
Beanspruchungen ausgesucht werden mußte. Dies gehörte aber, wie die
Sachverständigen K und Yim Senatstermin noch einmal klargestellt haben, zum
Aufgabenbereich des Fachplaners. Der Sachverständige Prof. Dr. Yhat in diesem
Zusammenhang im Senatstermin ergänzend ausgeführt, daß es bereits im Jahr 1990
eine Richtlinie des Ausschusses für Stahlbeton gegeben habe, die sich mit der
Versiegelung und Beschichtung von Beton-Bauteilen befaßt habe. Diese in Fachkreisen
bekannte Richtlinie, so die Aussage des Sachverständigen Prof. Dr. Y, habe sich
allerdings nur auf die Beschichtung bzw. Versiegelung von Außenbauteilen bezogen
und sei daher für die Arbeiten der Beklagten zu 1. in der Rottehalle nicht einschlägig.
Allerdings ergebe sich aus dieser Richtlinie, daß mit der Planung derartiger
Beschichtungs- oder Versiegelungsarbeiten an Beton-Außenbauteilen ein fachkundiger
Planer beauftragt werden müsse, der sich mit den konkreten Gegebenheiten zu
befassen habe. Daraus sei abzuleiten, daß sich der Planer kundig machen und intensiv
mit den zu erwartenden konkreten Gegebenheiten befassen müsse. Hätte der Planer
dies getan, so hätte er so die Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. T
erkennen können, daß die Rahmenbedingungen in der Rottehalle problematisch sind
und dem Planer hätte sich die Frage aufdrängen müssen, ob "das mit der Versiegelung
bzw. Beschichtung überhaupt klappt". Dieser Stellungnahme des Sachverständigen
Prof. Dr. Yhat sich auch der Sachverständige Dipl.Ing. K angeschlossen.
Daß es hinsichtlich der Frage, ob und welche Bereiche der Rottehalle mit welchem
Beschichtungssystem beschichtet werden sollten, keine hinreichenden Erfahrungssätze
gab und sich alle Beteiligten (Fachplaner, Bauherr, J1 und Beklagte zu 1.) dieses
Umstandes bewußt waren, zeigt sich auch an folgenden Umständen:
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Wie sich aus dem Auftragsschreiben des Ingenieurbüros N5 vom 18.11.1993 (Bl. 15 BA)
und aus Ziffer 4 des Abnahmeprotokolls vom 14.06.1994 (Bl. 18 BA) ergibt, wurde auf
Wunsch des Bauherrn ein sog. "Versuchsfeld" freigelassen, d.h. nicht beschichtet und
nicht versiegelt. Damit sollte gerade die Möglichkeit eröffnet werden, vor Ort konkret
feststellen zu können, ob die durchgeführte Versiegelung überhaupt irgendwelche
Vorteile im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit der Betonteile und einen verbesserten
Schutz vor Einwirkungen durch aggressive Kondensatbestandteile bietet. Daß
Fachplaner, Bauherr und Hauptauftragnehmer (J1) sich des Experimentiercharakters
der Beschichtungs- bzw. Versiegelungsmaßnahme bewußt waren, zeigt sich auch
daran, daß das Ingenieurbüro N5 dem Bauherrn zunächst eine Teilbeschichtung
empfahl. Insoweit wird auf das Schreiben der Firma S vom 27.09.1993 Blatt 385 BA
verwiesen. Wenig später forderte der Planer (Ingenieurbüro N4 dann in dem
Auftragsergänzungsschreiben vom 18.11.1993 (Bl. 15 BA) eine Komplettbeschichtung.
Bei einem am 01.03.1994 durchgeführten Ortstermin wünschte der Bauherr jedoch
wiederum einen Verzicht auf die Beschichtung mit Ausnahme des Rinnenbereichs auf
dem Boden (vgl. Bl. 4 und Bl. 59 BA), bevor dann das Ingenieurbüro N5 nach Erhalt des
Bedenkenhinweisschreibens der J vom 18.03.1994 (Bl. 59 BA), in dem die J1 ihre
Fachkunde herausstellten und die Aussage trafen, daß ein vorbeugender Betonschutz
mittels Epoxitharzbeschichtung mit Sicherheit die Dauerhaftigkeit der Betonkonstruktion
bessern werde, mit Schreiben vom 14.04.1994 (Bl. 16 BA) wieder eine Vollbeschichtung
verlangte. Auch aus dem Schreiben des Ingenieurbüros N5 vom 07.03.1996 (Bl. 112
BA) geht hervor, daß die Kompostierungsanlage in F als Prototyp angesehen wurde und
es sich um eine junge Technologie handelte.
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Aus den genannten Umständen ergibt sich, daß es bei allen Beteiligten erhebliche
Unsicherheiten hinsichtlich der Frage gab, ob sich mit einer Beschichtung bzw.
Versiegelung eine wirksamer, erhöhter Schutz vor Korrosion des Bewährungsstahls
überhaupt erzielen ließ und ggf. wie und in welchem Umfang die Betonteile in der
Rottehalle überhaupt beschichtet bzw. versiegelt werden sollten. Da der Entscheidung
des durch ein Ingenieurbüro fachplanerisch beratenen Bauherrn für eine
Vollbeschichtung mittels des Fabrikats N3 111 D eine intensive Korrespondenz
zwischen Bauherr, Ingenieurbüro, Produkthersteller N5 und der J1 vorausgegangen war
und die J1 als Auftraggeberin der Beklagten zu 1. als mindestens so fachkundig
einzustufen ist wie die Beklagte zu 1., läßt sich gegenüber der Beklagten zu 1. nicht der
Vorwurf erheben, daß diese die nach Bewertung der Sachverständigen Prof. Dr. Yund
Dipl.Ing. K festzustellende generelle Ungeeignetheit des Beschichtungssystems, auch
was die Rißüberbrückungsfähigkeit betrifft, hätte erkennen können und
dementsprechend einen Bedenkenhinweis hätte erteilen müssen. Letztlich lag die
Verantwortung insoweit, wie die Sachverständigen bereits in ihren schriftlichen
Gutachten ausgeführt haben, beim Planer. Dies hat der Sachverständige Prof. Dr. Yim
Senatstermin noch einmal bekräftigt. Er hat hierzu ausgeführt, daß es wissenschaftlicher
Erkenntnisse bedurft hätte, um vorhersehen zu können, daß die Versiegelung bei den in
der Rottehalle herrschenden hohen Temperaturen nicht hält. Von einer ausführenden
Beschichtungsfirma, einem Handwerksunternehmen, könnten solche Kenntnisse nicht
erwartet werden. Es sei vielmehr Sache des Fachplaners gewesen, im Rahmen der
Planung zu prüfen, ob die Versiegelung den konkreten Beanspruchungen standhalten
kann. Auch habe die Beklagte zu 1. nicht erkennen können, ob der vom Bauherrn
eingeschaltete Fachplaner hinreichend fachkundig war. Auch diesen Ausführungen des
Sachverständigen schließt sich der Senat an. Da sich die J, wie der Bauherr, des
Experimentiercharakters des Vorhabens (Versiegelung der Betonteile in der Rottehalle
mit einer Epoxitharzlösung) bewußt war, mußte die Beklagte zu 1. ihre Auftraggeberin
auch nicht darauf hinweisen, daß der Erfolg der Maßnahme unsicher war. Die Beklagte
zu 1. durfte vielmehr die nach einem längeren Abstimmungsprozeß zwischen
Fachplaner und Bauherrn getroffene Entscheidung, das auch nach der Bewertung der
J1 (vgl. Bl. 61 BA) erfolgversprechende Experiment durchzuführen, bedenkenfrei
hinnehmen.
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Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte zu 1. nach § 13 Nr. 6 oder § 13 Nr. 7
VOB/B bestehen daher bereits dem Grunde nach nicht.
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Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
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II.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche
Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
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