Urteil des OLG Hamm vom 18.09.2008

OLG Hamm: messung, höchstgeschwindigkeit, fahrverbot, datum, kennzeichen

Oberlandesgericht Hamm, 2 Ss OWi 707/08
Datum:
18.09.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Senat für Bußgeldsachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ss OWi 707/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Schwerte, 10 OWi 770 Js 1386/07 OWi (9/08)
Tenor:
Das Urteil des Amtsgerichts Schwerte vom 20. Juni 2008 wird mit den
zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht
Schwerte
zurückverwiesen.
Gründe:
1
I.
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Das Amtsgericht hat den Betroffenen durch das angefochtene Urteil wegen fahrlässiger
Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften
um 33 km/h zu einer Geldbuße von 80,00 € verurteilt und außerdem ein Fahrverbot von
einem Monat festgesetzt. Dagegen wendet sich der Betroffene mit seiner
Rechtsbeschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene
Urteil aufzuheben.
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II.
4
Das Amtsgericht hat folgende tatsächlichen Feststellungen getroffen:
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"...
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Der Betroffene überschritt mit dem von ihm geführten Pkw mit dem Kennzeichen EP-
LA ### am 27.07.2007 gegen 12.26 Uhr auf der A ## in Fahrtrichtung G, die
zulässige Geschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 33 km/h.
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Die Überschreitung wurde mittels Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahrt mit
Messfahrzeug (ProViDa 2000) festgestellt.
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Die Messung hat der Betroffene nicht angezweifelt."
9
III.
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Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Aufhebungsantrag wie folgt begründet:
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Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen die
Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der
zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht. Die Geschwindigkeitsermittlung auf der
Grundlage des vorliegend verwendeten ProViDa-Systems ist in der
obergerichtlichen Rechtsprechung als sog. standardisiertes Messverfahren im Sinne
der Rechtsprechung des BGH anerkannt (zu vgl. Senatsbeschluss vom 22.09.2003
– 2 SsOWi 518/03 – m. w. N.). Der Tatrichter genügt daher den an die
Feststellungen des Urteils zu stellenden Mindestanforderungen, wenn er die Art des
angewandten Messverfahrens und die nach Abzug der Messtoleranz ermittelte
Geschwindigkeit angibt. Dieser vereinfachten Darlegungspflicht genügt das Urteil
indes nicht. Zwar wird die Art des angewandten Messverfahrens – ProViDa 2000 –
angegeben. Es fehlen jedoch jegliche Angaben zu dem vorgenommenen
Toleranzabzug, insbesondere ob überhaupt ein Toleranzabzug vorgenommen
worden ist. Dem Urteil lässt sich nicht entnehmen, ob es sich bei der festgestellten
Geschwindigkeit um die tatsächlich gefahrene oder um die bereits um den
Toleranzwert bereinigte Geschwindigkeit handelt. Dem Rechtsbeschwerdegericht
ist es somit nicht möglich zu überprüfen, ob mögliche Fehlerquellen ausreichend
berücksichtigt worden sind. Bei einer Messung der hier vorliegenden Art ist es, um
möglichen Fehlern Rechnung zu tragen, ausreichend, wenn bei Fehlen besonderer
Umstände ein Toleranzwert von 5 % der ermittelten Geschwindigkeit bei Wert über
100 km/h berücksichtigt wird (zu vgl. Senatsbeschluss, a.a.O.; Senatsbeschluss vom
15.08.2006 – 2 SsOWi 455/06 -). Ob dieser Toleranzwert berücksichtigt oder ob
rechtsfehlerhaft ein geringerer Toleranzwert abgezogen wurde, kann vom
Rechtsbeschwerdegericht nicht nachvollzogen werden.
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Die Angaben des Toleranzwertes ist auch nicht ausnahmsweise wegen des
Vorliegens eines Geständnisses entbehrlich. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1993, 3081 m. w. N.) bedarf es nur dann der
Angabe des Messverfahrens und der Toleranzwerte nicht, wenn der Betroffene
uneingeschränkt und glaubhaft einräumt, die vorgeworfene Geschwindigkeit –
mindestens – gefahren zu sein. Die in den Urteilsgründen festgehaltene
Feststellung, der Betroffene habe die Messung nicht angezweifelt, bedeutet jedoch
nicht, dass er uneingeschränkt einräumt, mindestens die gemessene
Geschwindigkeit gefahren zu sein, sondern beinhaltet lediglich allein, dass er die
Zuverlässigkeit des Geräts und das Ergebnis der Messung nicht bezweifelt. In
diesem Fall ist die Angabe des Toleranzwertes nicht entbehrlich (zu vgl.
Senatsbeschluss vom 25.02.1999 – 2 SsOWi 105/99), zumal ausweislich des
Protokollberichtigungsbeschlusses vom 29.07.2008 der Verteidiger lediglich erklärt
hat, eine Beweisaufnahme zur Korrektheit der Messung sei nicht erforderlich, man
müsse sich nur über die Frage der Verhängung eines Fahrverbots unterhalten."
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Dem tritt der Senat unter ausdrücklichen Hinweis auf die von der
Generalstaatsanwaltschaft zitierte ständige Rechtsprechung des Senats, die der aller
Bußgeldsenate des Oberlandesgerichts Hamm entspricht, bei. Demgemäss war das
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angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.