Urteil des OLG Hamm vom 16.05.1994
OLG Hamm (kläger, angebot, provision, verkäufer, objekt, käufer, kaufpreis, zpo, zahlung, höhe)
Oberlandesgericht Hamm, 18 U 231/93
Datum:
16.05.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
18. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 U 231/93
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 4 O 289/93
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 10. August 1993 verkündete
Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird
zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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(abgekürzt gem. § 543 Abs. 1 ZPO)
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Der Kläger ist Makler. Er wurde vom Zeugen ... beauftragt, den Verkauf eines
Hausgrundstücks im Außenbereich von ... zu betreiben. Der Kläger brachte im Fenster
seines Geschäftslokals eine Objektbeschreibung an, in der es hieß:
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"Kaufpreis: 330.000,- DM,
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Am 28.07.1992 las der Beklagte den Aushang, betrat das Geschäftslokal und fragte den
Kläger nach dem Objekt. Am gleichen Tag besichtigte der Beklagte mit dem Zeugen ...
das Hausgrundstück.
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Mit notariellem Vertrag vom 18.09.1992 veräußerte der Zeuge ... das Objekt an den
Beklagten und seine Ehefrau zu je 1/2 zum Preis von 300.000,00 DM.
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Der Kläger hat die Zahlung einer Provision von 10.260,00 DM begehrt und behauptet:
Er habe am 28.07.1992 dem Beklagten den Namen des Verkäufers genannt, zu diesem
die Verbindung hergestellt und für 16.00 Uhr einen Besprechungstermin vereinbart.
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Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und behauptet, er habe das Objekt ohne
vorherige Lagebeschreibung des Klägers nach intensiver Suche selbst gefunden.
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Das Landgericht hat zu den Gesprächen anläßlich der Objektbesichtigung
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Zeugenbeweis erhoben und sodann die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht
bewiesen habe, daß er das Objekt nachgewiesen oder den Kauf vermittelt hätte. Mit
seiner Berufung verfolgt der Kläger das Provisionsbegehren weiter. Er macht geltend: Im
Aushang habe bereits ein Angebot zur Inanspruchnahme von Maklerleistungen
gelegen. Dieses Angebot habe der Beklagte angenommen, indem er das Ladenlokal
betreten und nach dem Objekt gefragt habe. Der Nachweis sei bereits durch den
Aushang erbracht, außerdem habe er den Namen des Verkäufers genannt und die Lage
des Objektes auf einem Plan gezeigt.
Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn
10.260,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 03.11.1992 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er meint, der Kläger habe seine Provisionserwartung nicht hinreichend offengelegt und
auch keinen ausreichenden Objektnachweis erbracht.
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Zur Ergänzung der Sachdarstellung wird auf die Schriftsätze der Parteien und den
Berichterstattervermerk vom 16.05.1994 Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen. Dem Kläger steht die geltend gemachte Maklerprovision nicht zu.
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I.
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Für einen Anspruch auf Maklerlohn gem. § 652 Abs. 1 S. 1 BGB fehlt es am
Zustandekommen eines Maklervertrages zwischen den Parteien.
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1.
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Ein Angebot des Klägers zum Vertragsschluß lag nicht schon in dem Aushang, der im
Geschäftslokal angebracht war. Dieser Aushang hat dieselbe Funktion wie eine
Zeitungsanzeige. Beides ist zu unbestimmt, um bereits als verbindliches Angebot
bewertet werden zu können. Der Aushang wie die Zeitungsanzeige dienen lediglich der
Suche nach Interessenten (vgl. BGH WM 1971, 1090; Palandt/Thomas, BGB, 53. Aufl. §
652 Rdnr. 2). Auch der Makler will nicht mit jedem potentiellen Nachfrager, der sich auf
eine Anzeige oder einen Aushang bei ihm meldet, ohne jede Prüfung einen Vertrag
abschließen. Dazu käme es aber, würde man den Aushang bereits als Angebot
bewerten. In diesem Fall brauchte der Interessent nur noch das vorbehaltlose
Einverständnis mit dem Inhalt des Aushangs zu erklären, um so die Annahme des
Angebots und den Vertragsschluß herbeizuführen.
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2.
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Auch bei den anschließenden Verhandlungen im Geschäftslokal des Klägers läßt sich
ein Vertragsschluß nicht feststellen. Dabei kann offen bleiben, ob diese Verhandlungen
mit einem Vertragsantrag des Beklagten begannen, der Kläger solle ihm zu den
Bedingungen des - bekannten - Aushanges das dort beschriebene Objekt nachweisen,
den der Kläger dann nach seiner Version durch Bekanntgabe von Namen und Anschrift
des Verkäufers sowie Beschreibung der Lage angenommen hätte, oder ob erst diese
mündliche Erklärung des Klägers, die auf den Text des Aushangs Bezug nahm, ein
Angebot zum Vertragsabschluß darstellte. Im zweiten Fall läge die Annahme dann -
seitens des Beklagten - in der nachfolgenden Inanspruchnahme weiterer Maklerdienste.
23
a)
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Erforderlich ist in beiden Fällen, daß im Text des Aushanges ein hinreichend deutliches
Provisionsverlangen gestellt wurde. Nur dann könnte die Nachfrage des Beklagten als
Angebot gerade auch zur Zahlung einer Maklerprovision an den Kläger ausgelegt
werden (§ 133 BGB). Andererseits hätte nur in diesem Fall der Beklagte, geht man von
einem Angebot des Klägers aus, dessen weitere Maklerdienste gerade in Kenntnis ihrer
Entgeltlichkeit in Anspruch genommen. Die bloße Hinnahme oder Ausnutzung von
Maklerdiensten durch einen Interessenten ohne das Wissen, daß gerade er - der
Interessent - das Entgelt entrichten soll, reicht hingegen zum Vertragsschluß regelmäßig
nicht aus (BGH WM 1985, 1233; NJW-RR 1991, 371). Vielmehr kann der Kunde, der
sich auf eine Anzeige oder einen Aushang beim Makler meldet, zunächst davon
ausgehen, dieser habe das beschriebene Objekt vom Verkäufer an die Hand
bekommen und werde für diesen tätig. Deshalb kann ein hinreichendes
Provisionsverlangen des Maklers an den Kaufinteressenten nicht mit der Begründung
für entbehrlich erklärt werden, der Interessent wisse regelmäßig, daß der Makler
gewerbsmäßig und damit nicht ohne Entgelt tätig werde (so aber OLG Köln, NJW-RR
1987, 1529). Vielmehr ist grundsätzlich erforderlich, daß der Makler gegenüber dem
nachfragenden Kunden klar und rechtzeitig offen legt, daß er gerade von ihm für den
Fall der erfolgreichen Nachweis- oder Vermittlungstätigkeit eine Provision beansprucht
(BGH WM 1985, 1344; WM 1981, 495; OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1210).
25
b)
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Hinreichend klar ist ein Provisionsverlangen gegenüber dem Kaufinteressenten dann,
wenn aus ihm für einen objektiven Dritten an der Stelle des Erklärungsempfängers
deutlich wird, daß im Erfolgsfall er an den Makler die Provision zu zahlen hat.
Unklarheiten gehen dabei zu Lasten des Maklers. Es ist seine Sache, das Verlangen so
zu formulieren, daß daraus die Person des Zahlungspflichtigen, der Zahlungsempfänger
und der Rechtscharakter der Zahlung für den durchschnittlichen Maklerkunden
zweifelsfrei ersichtlich werden.
27
c)
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Gemessen an diesen Anforderungen reichte der vorliegende Provisionshinweis im Text
des Aushanges nicht aus, um dem Beklagter, vor Augen zu führen, daß er beim Kauf
des Objektes an den Kläger ein Entgelt in Höhe des angegebenen Satzes zahlen sollte.
Schon das in der Umgangssprache nicht verwendete Fremdwort "Courtage" ist einem
Großteil der Bevölkerung - nach Überzeugung des Senats der Mehrheit - überhaupt
nicht geläufig und für einen durchschnittlichen Maklerkunden nicht ohne weiteres
verständlich. Entscheidend ist aber, daß sich vorliegend weder aus dem Wortlaut des
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Provisionsverlangens noch aus dessen Anordnung eindeutig ergibt, daß die 3,42 %
vom Käufer zu zahlen sind. Der Zusatz "vom Kaufpreis" bezeichnet nicht den
Zahlungspflichtigen, sondern lediglich die Berechnungsgrundlage für die Höhe der
Provision. Daraus, daß vorliegend die Höhe des Kaufpreises und der Courtage
untereinander angegeben ist, ergibt sich nicht schon sicher, daß der Kaufpreis und die
Courtage von ein und derselben Person - dem Käufer - gezahlt werden sollten. Der
Kaufinteressent weiß, daß der Makler schon vom Verkäufer beauftragt worden ist, und
kann - wie schon erörtert - davon ausgehen, daß dieser ihn auch bezahlt. Für den
Rückschluß, daß die bloße Erwähnung der Courtage in einem Aushang oder Exposé
bedeuten soll, daß eine Provision - ausschließlich oder zusätzlich - vom Käufer gezahlt
werden soll ist vielmehr ergänzend ein bestimmtes Erklärungsverständnis des
Kaufinteressenten erforderlich, das im Einzelfall ebenso vorhanden sein kann wie
fehlen mag, jedenfalls aber festgestellt werden muß.
Auch die Person des Zahlungsempfängers ist vorliegend nicht hinreichend bezeichnet.
Selbst wenn ein Kaufinteressent einen derartigen Hinweis so versteht, daß er - neben
dem Kaufpreis - im Erwerbsfall 3,42 % Provision zahlen soll, so bleibt doch nach dem
Wortlaut offen, ob an den Makler oder - wie den Kaufpreis - an den Verkäufer. Ohne
Klarstellung kann ein solcher Provisionshinweis so aufgefaßt werden, daß der
Verkäufer dem Makler die Provision schuldet und diese als Bestandteil in die Summe
aus eigentlichem Kaufpreis und zusätzlichen Erwerbskosten einkalkuliert hat. So hat der
Bundesgerichtshof (WM 1981, 495) als hinreichendes Provisionsverlangen einen
Nachweis des Maklers nicht genügen lassen, in dem es hieß: "Der Käufer trägt die
Erwerbsnebenkosten, d.h. 5,25 % Maklercourtage + MWSt.": Eine solche Formulierung
könne der Kaufinteressent dahin verstehen, der Verkäufer wolle den Preis in voller
Höhe für sich erhalten und daraus nicht die Maklerprovision bezahlen, von dieser
vielmehr freigestellt werden (vgl. auch BGH WM 1971, 1098). Daraus, daß vorliegend
die Courtage nicht als "Erwerbsnebenkosten" bezeichnet ist, kann kein entscheidender
Unterschied hergeleitet werden. Aus dem Fehlen dieser Kennzeichnung ergibt sich für
den Käufer keine hinreichende Klarheit.
30
d)
31
Es läßt sich nicht feststellen, daß das unzureichende schriftliche Provisionsverlangen
mündlich in der erforderlichen Weise ergänzt oder erläutert oder vom Beklagten auch
ohne derartige Zusatzerklärungen bereits klar als Provisionsforderung des Klägers an
ihn - den Kaufinteressenten - verstanden worden wäre.
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Die Anhörung des Beklagten (§ 141 ZPO) hat dafür nichts ergeben. Daß der Beklagte
nach der Darstellung des Klägers im Geschäftslokal zur Provision geäußert habe "Hoch,
aber nicht zu umgehen" ist nicht bewiesen und läßt im übrigen auch keinen sicheren
Rückschluß darauf zu, daß er dabei meinte, er - der Käufer - müsse diese Zahlung an
den Kläger leisten. Gleiches gilt für die Aussage des Zeugen ..., der Beklagte habe ihm
gegenüber erklärt, er werde liebe dem Verkäufer 10.000,00 DM mehr zahlen als dem
Kläger die Courtage "in den Rachen zu werfen". Daraus ergibt sich eindeutig nur, daß
der Beklage jedenfalls seinerzeit keine Maklerprovision zahlen wollte.
33
3.
34
Ein Anspruch auf die Maklergebühr läßt sich nicht aus § 653 BGB herleiten. Dafür ist
erforderlich, daß dem Makler eine Leistung übertragen wird (BGH WM 1981, 495 f),
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wofür aber der Abschluß eines Vertrages Voraussetzung ist (vgl. Palandt/Thomas, BGB,
§ 653 Rdz. 3). Am Vertragsschluß mit dem Kaufinteressenten aber fehlt es ohne den
erforderlichen klaren Provisionshinweis, wenn dieser nachfolgend Maklerleistungen in
Anspruch nimmt, weil er gerade davon ausgehen kann, der Makler werde schon auf
Grund eines Vertrages mit dem Verkäufer tätig.
4.
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Auch aus § 354 HGB folgt kein Provisionsanspruch des Klägers. Zwar gilt diese
Vorschrift auch für einen Makler, der in Ausübung seines Handelsgewerbes ein
Geschäft besorgt oder einen Dienst leistet. § 354 HGB greift jedoch nur und erst dann
ein, wenn der Kaufmann befugterweise für einen anderen tätig geworden ist (BGH WM
1966, 621). Diese Befugnis setzt voraus, daß der Makler vor Leistung seiner Dienste
deren Entgeltlichkeit für den Interessenten klar offen legt. Dies ist hier nicht feststellbar.
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II.
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Da es schon am Abschluß eines Maklervertrages zwischen den Parteien fehlt, kann
dahinstehen, ob der Kläger durch die - behauptete - mündliche Erläuterung des
Aushanges einen inhaltlich ausreichenden Objektnachweis (vgl. BGH NJW 1987, 1628)
erbracht hat.
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III.
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Zur Zulassung der Revision sieht der Senat keinen Anlaß. Für die Entscheidung ist die
Auslegung eines Provisionshinweises im Einzelfall maßgeblich (§ 286 ZPO).
Abweichende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte liegen - soweit ersichtlich -
nicht vor.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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