Urteil des OLG Hamm vom 09.02.2010
OLG Hamm (uwg, beitrag, vergleichende werbung, werbung, internationale zuständigkeit, produkt, vergleich, höhe, unternehmen, fachzeitschrift)
Oberlandesgericht Hamm, 4 U 185/09
Datum:
09.02.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 U 185/09
Vorinstanz:
Landgericht Bochum, 13 O 274/08
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 05. August 2009 verkündete
Urteil der 13. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des
Landgerichts Bochum abgeändert.
I.
Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Ge-
richt festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzwei-se
Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die
Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollziehen
ist und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken, wörtlich oder
sinngemäß, mit den nachfolgenden Aussagen
''Kundenspezifisches Design. Die Lösung eines Wettbewerbers besteht
aus einem großen Rahmen mit eingebauten Kraftaufnehmern, die um
die Welle herum angebracht sind. Dies ist eine instabile Lösung, die
komplizierter und kostspieliger ist und das Problem der Nullpunktdrift,
hervorgerufen durch Axialkräfte auf die Bandzugmessgeber, nicht
befriedigend löst. Die Nullpunktsänderungen bei den Kraftaufnehmern
zeigen das typische Sägezahnmuster bei Temperaturänderungen, die
auf axiale Krafteinflüsse aufgrund der thermischen Ausdehnung zu-
rückzuführen sind.'',
zu werben, wenn dies geschieht wie im Artikel ''Erhöhte Bandqualität für
Kontiglühlinien'' in der Ausgabe Nummer 6/2008 der Fachzeitschrift T
(Anlage 1),
2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die
Beklagte die vorstehend unter Ziff. I. 1 bezeichneten Angaben gemacht
hat, und zwar unter Angabe der Art, des Zeitpunkts und der Anzahl der
Werbemaßnahmen.
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen
Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend unter Ziff. I.1
bezeichneten Angaben entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
III.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 2.118,44 € nebst
Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten seit dem 11.11.2008 zu zahlen.
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der
Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,- EUR
abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
G r ü n d e
1
A.
2
Beide Parteien vertreiben mess- und wägetechnische Systeme u. a. für die Bereiche
Stahlherstellung und Stahlbearbeitung. Die Beklagte gehört zu dem weltweit tätigen B3
Konzern. Die Beklagte fertigte für eine belgische Firma (T2) eine Systemlösung im
Bereich der Bandzugmessung , die sodann von der B GmbH in Deutschland geliefert
wurde.
3
In der Ausgabe 6/2008 der Fachzeitschrift T wurde unter der Überschrift "Erhöhte
Bandqualität für Kontiglühenlinien" ein Artikel veröffentlicht, der u. a. Ausführungen zu
dem im Stahlwerk T2 eingesetzten Produkt machte. Verfasser des Aufsatzes ist ein Herr
P, der für die Beklagte tätig ist. Unter dem Beitrag ist nochmals der Name des
Verfassers genannt mit dem Zusatz "B3, Schweden". Der Beitrag enthält u. a. die
folgenden Ausführungen:
4
"Kundenspezifisches Design. Die Lösung eines Wettbewerbers besteht aus einem
großen Rahmen mit eingebauten Kraftaufnehmern, die um die Welle herum
5
angebracht sind. Dies ist eine instabile Lösung, die komplizierter und kostspieliger
ist und das Problem der Nullpunktdrift, hervorgerufen durch Axialkräfte auf die
Bandzugmessgeber, nicht befriedigend löst. Die Nullpunktsänderungen bei den
Kraftaufnehmern zeigen das typische Sägezahnmuster bei Temperaturänderungen,
die auf axiale Krafteinflüsse aufgrund der thermischen Ausdehnung zurückzuführen
sind".
Hinsichtlich der Einzelheiten und des Gesamtzusammenhangs wird auf den in Kopie
vorgelegten Artikel (Anl. 1 zur Klageschrift, Bl. 24 f.) Bezug genommen.
6
Die Klägerin hat geltend gemacht, mit dem Beitrag werde für die maßgeblichen
Kundenkreise ohne weiteres erkennbar auf das von ihr vertriebene Messsystem
angespielt. Die getroffenen Aussagen, wonach dieses System von ihr instabiler,
komplizierter oder kostspieliger sei als das standardisierte System der Beklagten, seien
unzutreffend. Der Beitrag sei als Werbung zu qualifizieren. Es handele sich nicht um
einen rein redaktionellen Beitrag. Die Klägerin hat diese Werbung als nach § 6 I, II Nr. 5
UWG, §§ 5 III, II Nr. 1 i.V.m. § 6 I UWG und § 4 Nr. 8 UWG verbotswidrig angesehen.
7
Die Klägerin hat beantragt,
8
I. die Beklagte zu verurteilen, 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu
vollziehen ist und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu unterlassen,
9
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken, wörtlich oder sinngemäß, mit
den nachfolgenden Aussagen "Kundenspezifisches Design. Die Lösung eines
Wettbewerbers besteht aus einem großen Rahmen mit eingebauten
Kraftaufnehmern, die um die Welle herum angebracht sind. Dies ist eine instabile
Lösung, die komplizierter und kostspieliger ist und das Problem der Nullpunktdrift,
hervorgerufen durch Axialkräfte auf die Bandzugmessgeber, nicht befriedigend
löst. Die Nullpunktsänderungen bei den Kraftaufnehmern zeigen das typische
Sägezahnmuster bei Temperaturänderungen, die auf axiale Krafteinflüsse
aufgrund der thermischen Ausdehnung zurückzuführen sind.", zu werben, wenn
dies geschieht wie im Artikel "Erhöhte Bandqualität für Kontiglühlinien" in der
Ausgabe Nummer 6/2008 der Fachzeitschrift T(Anlage 1). 2. der Klägerin
Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend
unter Ziff. 1 bezeichneten Angaben gemacht hat, und zwar unter Angabe der Art,
des Zeitpunkts und der Anzahl der Werbemaßnahmen.
10
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu
ersetzen, der dieser durch die vorstehend unter Ziff. I.1 bezeichneten Angaben
entstanden ist und künftig noch entstehen wird. III. die Beklagte zu verurteilen, an
sie 2.118,44 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten seit dem 11.11.2008
zu zahlen.
11
Die Beklagte hat beantragt,
12
die Klage abzuweisen.
13
Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben, weil die behaupteten Verstöße im
Zeitpunkt der Klageerhebung am 12.12.2008 bereits mehr als 6 Monate zurücklägen. Es
sei davon auszugehen, dass die Klägerin unmittelbar nach Veröffentlichung des
Beitrags im Juni 2008 erstmals Kenntnis hiervon erlangt habe. In der Sache werde
bestritten, dass die Produkte der Klägerin identifizierbar seien. Die Beklagte hat sodann
gemeint, es handele sich nicht um Werbung im Sinne des UWG, sondern um einen
redaktionellen Beitrag in der führenden Fachzeitschrift der betroffenen Branche. Die
Aussagen der Kundin zu den Erfahrungen im konkreten Projekt seien korrekt
wiedergegeben worden. Tatsächlich seien die Messungen im Rahmen der Tests des
Produktes der Klägerin im Werk T2 ungenauer und weniger leistungsstark gewesen.
14
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass keine
vergleichende Werbung im Sinne des § 6 UWG vorliege. Werbung sei nach der
gebotenen richtlinienkonformen Auslegung jede Äußerung bei der Ausübung eines
Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren
oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen,
Rechte und Verpflichtungen zu fördern, wobei ein funktioneller Zusammenhang mit
einer eigenen oder fremden unternehmerischen Tätigkeit bestehen müsse. Die von
einem Privaten, wenngleich in Wettbewerbsförderungsabsicht betriebene Werbung falle
nicht darunter. Vorliegend habe die Beklagte den Artikel nicht selbst verfasst, sondern
lediglich einer ihrer Mitarbeiter. Allein der Umstand, dass hinter dem Namen des
Mitarbeiters der Zusatz "B3, Schweden" angefügt sei, führe nicht dazu, dass die
angesprochenen Leserkreise davon ausgingen, dass der Beitrag der Beklagten
zuzurechnen sei. In technischen Fachzeitschriften sei es nicht unüblich, dass der
Verfasser angebe, in welcher Firma er tätig sei. Dies führe jedoch nicht dazu, dass der
Beitrag der Beklagten als Verfasserin zuzurechnen sei. Es sei davon auszugehen, dass
der Beitrag für die Leser erkennbar von Herrn P als Privatmann verfasst worden sei. Im
Übrigen handele es sich um einen redaktionellen Beitrag und nicht um einen
Werbebeitrag, für den Herr P sich auf die durch Art. 5 GG garantierte Meinungs- und
Pressefreiheit berufen könne. Allein der Umstand, dass kritische Äußerungen bezüglich
des Produkts eines Wettbewerbers in dem Beitrag enthalten seien, führe zu keiner
anderen Beurteilung. Da es sich jedenfalls nicht um einen der Beklagten zurechenbaren
Werbebeitrag handele, sei die Klage abzuweisen, ohne dass die weiteren
aufgeworfenen Fragen, insbesondere die Frage der Erkennbarkeit der Produkte der
Klägerin und der Richtigkeit der getroffenen Aussagen, vertieft werden müssten.
15
Die Klägerin wehrt sich hiergegen mit der von ihr eingelegten Berufung. Sie
beanstandet zunächst, dass die Auffassung des Landgerichts, dass es sich hier um
einen redaktionellen Beitrag eines Privatmanns gehandelt habe, vollkommen
überraschend sei. Selbst die Beklagte sei nicht davon ausgegangen, dass Herr P den
Beitrag als Privatmann verfasst habe. Das wettbewerbswidrige Verhalten der Beklagten
sei vielmehr im Zusammenspiel der drei Gesellschaften B4, Schweiz, B2 GmbH, N,
Deutschland, und der Beklagten erfolgt. So sei auch über die Internetseite
*Internetadresse1* ein Datenblatt (Bl. 188) mit dem Namen "B5" abrufbar gewesen, in
dem die streitgegenständlichen Äußerungen getätigt worden seien. Die B4, die
Betreiberin der Internetseite des B3-Konzerns sei, habe mit Schreiben vom 14.11.2008
eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Auch im
Verfügungsverfahren gegen die B2 GmbH – Az. 13. O 252/08 – habe das Landgericht
im Termin vom 10.12.2008 im Rahmen der rechtlichen Erörterung zu erkennen
gegeben, dass es sich bei dem vorliegenden Artikel nicht nur um einen redaktionellen
Beitrag handeln würde, sondern um Werbung, die auch wettbewerbswidrig im Sinne
16
des UWG sei. Hier habe sich die B2 GmbH im Wege des Vergleichs strafbewehrt
verpflichtet, diese Bewerbung zu unterlassen. Darüber hinaus sei die B2 GmbH im
Wege des Anerkenntnisurteils vom 19.05.2009 verurteilt worden, die vorprozessualen
Abmahnkosten zu dem dortigen Verfügungsverfahren in Höhe von 2.118,44 € an die
Klägerin zu zahlen. Die nunmehrige Rechtsauffassung des Landgerichts sei
unzutreffend. Ein redaktioneller Beitrag liege nicht vor. Denn der redaktionelle Beitrag
der Zeitschrift T habe sich oberhalb des streitgegenständlichen Artikels von Herrn P
befunden und sei durch eine durchgezogene Linie hiervon getrennt gewesen. Es
handele sich hierbei auch nicht um einen wissenschaftlichen Beitrag, der über die durch
Art. 5 GG garantierte Meinungs- und Pressefreiheit gerechtfertigt werden könne.
Insoweit fehle es bereits an der notwendigen Unabhängigkeit, weil der als Autor
fungierende Herr P unstreitig und erkennbar Mitarbeiter der schwedischen
Konzerngesellschaft des B3-Konzerns sei. Darüber hinaus würden keine
wissenschaftlichen Messrahmen, keine aussagekräftigen, sachlichen und überprüfbaren
Bewertungskriterien angegeben, welche die inkriminierten Aussagen des Artikels
rechtfertigen könnten. Der Anschein der Wissenschaftlichkeit werde auch nicht dadurch
erreicht, dass technische Daten des CAPL-Ofenbereichs angegeben würden. Der
Umstand, dass hinter dem Namen des Mitarbeiters der Zusatz "B3, Schweden" angefügt
sei, spreche gerade dafür, dass hier der Mitarbeiter nicht als Privatperson gehandelt
habe, sondern im Auftrage seines Arbeitgebers, zumal die Zeitschrift T kein Forum für
private Äußerungen biete, sondern sich über Annoncen der Unternehmen finanziere, um
den Unternehmen der Branche ein Forum zu bieten und um über deren Produkte und
Entwicklungen zu berichten. Entscheidend gegen eine private Äußerung des
Mitarbeiters P spreche der Umstand, dass unmittelbar über der Nennung des
Mitarbeiters und der Beklagten auch noch die geschäftliche eMail-Kontaktadresse des
Herrn I *Internetadresse2* angegeben worden sei. Diese Angabe habe erkennbar
ausschließlich den Zweck, den deutschsprachigen Kunden die unproblematische
Kontaktaufnahme zu dem Vertriebsunternehmen des deutschen Teils des B3-Konzerns
für das beworbene Produkt zu ermöglichen. Bei einem Artikel eines Privatmanns sei die
Angabe der geschäftlichen Kontaktadresse nicht erforderlich. Im Übrigen sei zu
berücksichtigen, dass die Werbeaussagen des Artikels zu dem Gesamtkonzept der
Marketingmaßnahme des B3-Konzerns gehörten, der über die anderen Gesellschaften
mit gleichgelagerter Aussage die Produktanwendung zu T2 zu Werbezwecken
beworben habe. Bei dem Artikel handele es sich keineswegs um die Äußerung eines
Privaten, sondern um eine getarnte Werbung der Beklagten zur Absatzförderung.
Gerade die vermeintlich positiven Äußerungen von Dritten, hier des Kunden, ohne
kritische Distanz und Bewertung der Beklagten führe dazu, dass der Verkehr zugleich
über geschäftliche Verhältnisse irregeführt werde. Die Einrede der Verjährung der
Beklagten sei schließlich unbegründet, da Klageerhebung nach Erscheinen der
Ausgabe Juni 2008 unzweifelhaft vor Ablauf des 6-Monatszeitraums gewesen sei.
Die Klägerin beantragt unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils,
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I. die Beklagte zu verurteilen, 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu
vollziehen ist und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu unterlassen,
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im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken, wörtlich oder sinngemäß, mit
den nachfolgenden Aussagen "Kundenspezifisches Design. Die Lösung eines
19
Wettbewerbers besteht aus einem großen Rahmen mit eingebauten
Kraftaufnehmern, die um die Welle herum angebracht sind. Dies ist eine instabile
Lösung, die komplizierter und kostspieliger ist und das Problem der Nullpunktdrift,
hervorgerufen durch Axialkräfte auf die Bandzugmessgeber, nicht befriedigend
löst. Die Nullpunktsänderungen bei den Kraftaufnehmern zeigen das typische
Sägezahnmuster bei Temperaturänderungen, die auf axiale Krafteinflüsse
aufgrund der thermischen Ausdehnung zurückzuführen sind.", zu werben, wenn
dies geschieht wie im Artikel "Erhöhte Bandqualität für Kontiglühlinien" in der
Ausgabe Nummer 6/2008 der Fachzeitschrift T (Anlage 1). 2. der Klägerin
Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend
unter Ziff. I. 1 bezeichneten Angaben gemacht hat, und zwar unter Angabe der Art,
des Zeitpunkts und der Anzahl der Werbemaßnahmen.
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu
ersetzen, der dieser durch die vorstehend unter Ziff. I.1 bezeichneten Angaben
entstanden ist und künftig noch entstehen wird. III. die Beklagte zu verurteilen, an
sie 2.118,44 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten seit dem 11.11.2008
zu zahlen.
20
Die Beklagte beantragt,
21
die Berufung zurückzuweisen.
22
Sie verteidigt das Urteil mit näheren Ausführungen. Sie weist darauf hin, dass die
zahlreichen von der Klägerin initiierten Verfahren von den Gesellschaften des B3-
Konzerns stets und ausschließlich im Vergleichswege beendet worden seien, um ein
Eskalieren der Angelegenheit zu verhindern. Es sei in allen Verfahren vorgetragen
gewesen, warum der Unterlassungsanspruch nicht als gegeben angesehen worden sei.
Es habe sich bei der streitgegenständlichen Äußerung um einen redaktionellen Beitrag
und nicht um eine Werbemaßnahme i.S.v. § 6 UWG gehandelt. Das Landgericht stelle
sodann richtigerweise fest, dass durch die Klägerin keine ausreichenden Belege für ein
der Beklagten zuzurechnendes Handeln vorgelegt worden seien und dass von einem
privaten Handeln des Mitarbeiters auszugehen sei. Das Vorbringen der Klägerin, dass
die E-Mail-Adresse *Internetadresse2* als Kontaktadresse für ihre Haftung sprechen
solle, genüge nicht. Es sei auch lebensfremd, die beiden Teile des Artikels als getrennte
Veröffentlichungen anzusehen. Vielmehr handele es sich bei dem vorangestellten Text
um eine Zusammenfassung des nachfolgenden Artikels, welche darauf gerichtet sei,
das Interesse der Leser zu wecken und ihnen einen ersten Überblick über den Inhalt
des Artikels zu geben. Völlig unsubstantiiert sei die Vermutung der Klägerin, dass ein
angeblich wettbewerbswidriges Verhalten im Zusammenspiel zwischen drei
Gesellschaften des B3-Konzerns erfolgt sei. Die diesbezüglichen Ausführungen der
Berufung seien insofern unerheblich, als diese nicht den vorliegenden Streitgegenstand
beträfen. Im Übrigen verweist die Beklagte auf ihre Klageerwiderung vom 22.05.2009
und die dort vorgebrachten Einwendungen. Eine pauschale Herabsetzung liege nicht
vor. Selbst bei einem werblichen Handeln sei im Rahmen der Bewertung einer
vergleichenden Werbung der Grundrechtsschutz der Meinungsäußerung zu beachten.
Dass hier, wenn überhaupt, ein Fall von Wirtschaftswerbung mit meinungsbildendem
und Informationscharakter vorliege, sei offensichtlich. Der Autor habe sich nicht nur
darauf beschränkt, einen Vergleich zu den Produkten der Klägerin vorzunehmen.
Vielmehr liege eine objektivierte Bewertung der verwendeten, unterschiedlichen
Konzepte spezifisch im Stahlwerk T2 vor.
23
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
24
B.
25
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
26
Sie kann von der Beklagten aus §§ 8 I, III Nr. 1; 3; 6 II Nr. 5 UWG die Unterlassung der
streitgegenständlichen Aussagen verlangen.
27
I.
28
Die internationale Zuständigkeit des Gerichts ist unter Berücksichtigung des Umstands,
dass der Artikel in Deutschland veröffentlicht wurde, nach Art. 40 I EGBGB, § 14 II UWG
gegeben. Dies steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit.
29
II.
30
Der Klageantrag ist i.S.v. § 253 II Nr. 2 UWG hinreichend bestimmt, zumal auch die
konkrete Verletzungshandlung ("wenn dies geschieht wie …") in die Antragsfassung
einbezogen ist. Soweit die Beklagte meint, der Verbotsantrag sei zu weit gefasst und zu
unbestimmt, weil sich aus dem gesamten Text des angegriffenen Artikels ergebe, dass
die Verbesserungen im Ofenbereich nur in einer bestimmten Prozesslinie, nämlich im
Stahlwerk T2 bei N, Belgien, erzielt worden seien, und weil es sich um eine reine
Wiedergabe der Untersuchungsergebnisse des Kunden N handele, ist dies unrichtig.
Hierbei handelt es sich nicht um Fragen der Bestimmtheit, sondern der Begründetheit
des Unterlassungsantrags und seines Umfangs.
31
III.
32
Die Klägerin ist als Mitbewerberin i.S.v. § 8 III Nr. 1 UWG klagebefugt. An dem
Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien, die beide Systemlösungen im Bereich
der Bandzugmessung produzieren und vertreiben, besteht kein Zweifel.
33
IV.
34
Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß dem Klageantrag ergibt sich aufgrund
unlauterer vergleichender und dabei herabsetzender Werbung (§§ 3; 6 I, II Nr. 5 UWG).
Die weitergehend geltend gemachten Verstöße wegen Irreführung (§§ 3; 5 I, II Nr. 1, III
UWG) und Anschwärzung (§ 4 Nr. 8 UWG) können insofern dahinstehen.
35
1.
36
Nach § 6 II Nr. 5 UWG handelt unlauter, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich die
Waren eines Mitbewerbers herabsetzt.
37
a)
38
Vergleichende Werbung wird nach § 6 I UWG als jede Werbung definiert, die
unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber
39
angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. Um dabei von einem
Vergleich i.S.v. § 6 II UWG zu sprechen, müssen Angaben über das Verhältnis der
Mitbewerber oder ihrer Angebote zueinander gemacht, die Unternehmen oder deren
Angebote müssen aufeinander bezogen und aneinander gemessen, d.h. einander
gegenübergestellt werden. Die von beiden Unternehmen angebotenen Waren oder
Dienstleitungen müssen dabei bis zu einem gewissen Grad austauschbar sein (Köhler,
in: Köhler/ Bornkamm, UWG, 28. Aufl. 2010, § 6 Rn. 43 ff., 51 m.w.N.). Das ist hier zu
bejahen, denn in dem Artikel, der der Beklagten als Werbung auch zuzurechnen ist, wird
die technische Lösung der Klägerin für Bandzugsysteme, wenn auch nur mittelbar, in
vergleichender Weise als instabiler, komplizierter, kostspieliger und letztlich auch
minderwertiger dargestellt, weil nämlich das Problem der Nullpunktdrift nicht
befriedigend gelöst sei, mit der Folge, dass sich bei Temperaturänderungen (…) das
typische und offenbar unerwünschte Sägezahnmuster zeige.
Das Vorliegen einer Werbung ist zu bejahen. Darunter zu verstehen ist jede Äußerung
bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufes mit dem
Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Der in
Rede stehende Artikel in der AusgabeT unter der Überschrift "Erhöhte Bandqualität für
Kontiglühlinien" hatte ersichtlich das Ziel, den Absatz der von B3 entwickelten und
vertriebenen Produkte geschäftlich zu fördern. Es handelte sich dabei keineswegs nur
um einen redaktionellen Beitrag mit der bloßen Wiedergabe einer Kundenmeinung und
ebenso wenig, wie vom Landgericht angenommen, um die Veröffentlichung eines
Artikels des Mitarbeiters P als Privatperson. Denn der Autor des Artikels und Mitarbeiter
der Beklagten P, zumal aus der Marketingabteilung des Unternehmens, weist sich
schon als der Beklagten zugeordnet mit "B3, Schweden" aus. An dieser Stelle werden
keineswegs nur die persönlichen Kontaktdaten des Verfassers angegeben, sondern
überdies, um in Kontakt gerade auch mit dem Unternehmen treten zu können, die E-
Mail-Adresse eines Herren I (*Internetadresse2*). Was dieser ansonsten mit einem
privaten Artikel des P zu tun hätte, ist nicht ersichtlich. Der Inhalt des gesamten Artikels
resultiert aus der unternehmerischen Tätigkeit des Mitarbeiters P. Es werden – mit dem
beanstandeten Inhalt - verschiedene Lösungen für die Bandzugregelung vorgestellt wie
auch die dargestellten Verbesserungen im Kaltwalzwerk von T2. Berichtet wird
inhaltlich allein von den Produkten und den Geschäftstätigkeiten des Unternehmens.
Der Autor hat keine eigenen Erkenntnisse oder Messungen widergegeben und keine
eigenen Wertungen vorgenommen, sondern das Produkt seiner Firma positiv und
werbend dargestellt, indem Stellungnahmen des Kunden referiert werden. Vor allem ist
der Artikel auch im gesamtgeschäftlichen Zusammenhang des Unternehmens zu sehen,
da nämlich die angegriffenen Aussagen in vergleichbarer Weise ebenso bei anderen
Publikationen des Unternehmens getätigt werden, so wie auf dem Datenblatt mit dem
Namen "B5", wie es sich auch aus den anderen in Rede stehenden Rechtsstreitigkeiten
ergibt. Die Werbeaussagen gehören zum Gesamtkonzept der Marketingmaßnahmen,
und es geht insofern keineswegs um die Äußerung eines Privaten, sondern um eine
werbliche Darstellung ihres Mitarbeiters P. So handelt es sich hierbei, wie die Beklagte
meint, nicht nur um einen redaktionellen Beitrag in der führenden Fachzeitschrift der
Branche, in dem nur über die Bewertungen eines bestimmten Kunden berichtet wird.
Die Vorteile der B3-Lösung, bestehend aus Linearlagertechnik und den großen
Kraftaufnehmern Q auf der einen und die Nachteile der Lösung "eines Mitbewerbers"
auf der anderen Seite werden auch allgemein und übergreifend, wenn auch beispielhaft
in Bezug auf das Werk T2, dargestellt. Erst im Anschluss hieran werden die fraglichen
Äußerungen von dem Werk T2, durch die für die Messtechnik verantwortlichen
Personen W und U, mitgeteilt. Diese Darstellung erfolgt auch keines durch neutrale
40
Medien, sondern letztlich durch die Beklagte selbst, wenn auch in einem "redaktionellen
Gewand".
Die Werbung ist vergleichend. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die
Klägerin namentlich nicht genannt wird. Nach § 6 I UWG reicht nämlich gerade auch die
mittelbare Kenntlichmachung des Mitbewerbers aus, mit dem man sich vergleichen will.
Es wird als Negativvergleich vorliegend die Lösung "eines" Mitbewerbers vorgestellt.
Das beschriebene Rahmensystem wird von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne
weiteres mit der Klägerin in Verbindung gebracht, die zum Zwecke des Messens von
Band- und Bahnenzügen unstreitig eine derartige spezielle Rahmensystemlösung
entwickelt hat und vertreibt. Die Klägerin ist so ohne weiteres identifizierbar. Es würde
auch schon allein eine Anfrage in dem Werk in H ausreichen, wer das verglichene
Produkt denn geliefert hat, um so allein die Klägerin zu konkretisieren. Dass
demgegenüber etwa allein der Anbieter W2 gemeint sein sollte, den die Beklagte mit
der Klageerwiderung ins Spiel bringt, behauptet diese selbst nicht. Die Klägerin wäre
als Herstellerin der Rahmenlösung zumindest mit angesprochen, was ebenfalls
ausreicht. Ersichtlich handelt es sich so um einen Vergleich der bei der Firma in H zur
Anwendung gelangten Produkte der beiderseitigen Parteien. Damit werden deren
Produkte konkret und unmittelbar miteinander verglichen. Das Produkt der Klägerin ist
zumindest erkennbar. Gerade auch eine nur begrenzte Mitbewerberzahl, wie vorliegend,
ist ohne weiteres ein Indiz für deren Erkennbarkeit (vgl. Köhler, a.a.O., § 6 Rn. 84 ff., 90).
Das weitere Bestreiten der Beklagten in diesem Zusammenhang ist insofern nicht
hinreichend substantiiert und von daher unerheblich. Der Einholung eines
Sachverständigengutachtens bedarf es nicht.
41
Der Artikel ist der Beklagten zurechenbar. Er stammt von ihrem Mitarbeiter P aus ihrer
Marketingabteilung und findet sich im Gesamtzusammenhang mit anderen
Herabsetzungen des Produkts der Klägerin durch die Beklagte, wobei konkret auch auf
die Möglichkeit hingewiesen wird, zum deutschen Unternehmen der B3 zu gelangen.
42
b)
43
Eine – unlautere – Herabsetzung besteht in der sachlich nicht gerechtfertigten
Verringerung der Wertschätzung (des Rufs) des Mitbewerbers und/oder seiner Produkte
in den Augen der angesprochenen Verkehrskreise (vgl. Köhler, a.a.O., § 6 Rn. 166).
Auch eine solche ist zu bejahen. Wenn die Beklagte ihr eigenes Produkt pauschal als
höherwertig einstuft, liegt damit zugleich eine unzulässige Herabsetzung der Produkte
der Klägerin vor. Es liegen Umstände vor, die den Vergleich in unangemessener Weise
abfällig, abwertend und unsachlich erscheinen lassen. Das ist schon deshalb der Fall,
weil an dieser Stelle keine objektiv vergleichbaren Bezugsgrößen mitgeteilt werden. Es
werden keine wissenschaftlichen Messrahmen, keine aussagefähigen und sachlich
überprüfbaren Bewertungskriterien angegeben, die die negativen Aussagen des Artikels
rechtfertigen könnten. Es liegt vielmehr ein pauschal herabsetzender Qualitätsvergleich
vor. Ein solcher begründet regelmäßig eine Herabsetzung, wenn ein Konkurrenzprodukt
im Vergleich zum eigenen Produkt direkt oder indirekt als minderwertig bezeichnet wird
(BGH GRUR 1998, 824 – Testpreisangebot; Köhler, a.a.O., § 6 Rn. 79). Insofern ist auch
unmaßgeblich, ob etwaige Messungen – unter jedenfalls nicht bekannten Bedingungen
– in T2 tatsächlich zu größeren Ungenauigkeiten gekommen sein mögen oder eine
etwaig größere Instabilität bestehen könnte. Dies bedarf nicht der Klärung. Jedenfalls
sind nach dem pauschal verfassten Artikel nicht allein T2 und die dortigen Messungen
angesprochen, sondern die beiderseitigen Messsysteme als solche. Selbst wenn nur
44
die Messungen in T2 angesprochen wären, bliebe es bei der werblich-vergleichenden
und pauschalierten Aussage, dass das Produkt der Beklagten besser sei als das der
Klägerin.
Insofern handelt es sich auch nicht um eine Meinungsäußerung, die durch die gemäß
Art. 5 GG garantierte Meinungs- und Pressefreiheit, durch Art. 6 II EUV oder durch
Art. 11 Grundrechtscharta gerechtfertigt ist. Jedenfalls eine Abwägung der
beiderseitigen Belange der Parteien unter Berücksichtigung der Gesamtumstände führt
dazu, dass die pauschale Herabsetzung gegenüber den Interessen hier der Klägerin an
einem zumindest objektivierten Vergleich zurückstehen muss.
45
V.
46
Die Folgeansprüche, gerichtet auf Auskunftserteilung, Feststellung der
Schadensersatzpflicht der Beklagten und Erstattung der Abmahnkosten von 2.118,44 €,
resultieren aus §§ 242 BGB, 9 UWG und § 12 I 2 UWG. Ein Verschulden der Beklagten
ist Bezug auf die Verletzungshandlung ist zu bejahen. Eine
Schadenswahrscheinlichkeit, an die nur geringe Anforderungen zu stellen sind, ist
ebenfalls zu bejahen.
47
VI.
48
Verjährung ist nicht eingetreten. Unstreitig erschien die Ausgabe T 06/2008 am
16.06.2008 und konnte von daher von den maßgeblichen Verkehrskreisen zuvor nicht
zur Kenntnis genommen werden. Die Klage ist mit hemmender Wirkung innerhalb der
sechsmonatigen Verjährungsfrist bereits am 12.12.2008 eingereicht worden.
49
VII.
50
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
51
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, § 543 I ZPO.
52