Urteil des OLG Hamm vom 07.02.2002

OLG Hamm: rechtskräftiges urteil, restriktive auslegung, eltern, namensänderung, amtshandlung, drucksache, auflage, geburt, vorrang, scheidung

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 274/01
Datum:
07.02.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 274/01
Vorinstanz:
Amtsgericht Bielefeld, 3 II 30/01
Tenor:
Die Sache wird gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur
Ent-scheidung vorgelegt.
G r ü n d e
1
I.
2
Der Beteiligte zu 1) wurde als nichteheliches Kind der Beteiligten zu 2) geboren. Die
Vaterschaft des leiblichen Vaters wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts
Halle vom 17.03.1989 festgestellt. Die Beteiligte zu 2) führte zur Zeit der Geburt des
Beteiligten zu 1) als Familiennamen den Namen "M", der im Geburtenbuch als
Geburtsname des Beteiligten zu 1 ) eingetragen wurde.
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1988 schloss die Beteiligte zu 1) die Ehe Mit Herrn M2. Die Eheleute führten den
Namen "M2". Diesen Namen erteilten sie dem Beteiligten zu 1) im Wege der
Einbenennung mit Wirkung vom 06.09.1993. Dieser Name wurde dem Geburtsnamen
des Kindes im Geburtenbuch beigeschrieben.
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Seit dem 08.04.1997 ist die Ehe der Beteiligten zu 2) mit Herrn M2 geschieden, der
nachfolgend am 10.05.1998 verstorben ist. Die Beteiligte zu 2) hat mit Erklärung vom
11.12.2000 wieder ihren Geburtsnamen "M" angenommen. Der Beteiligte zu 1) hat sich
mit Erklärung vom selben Tag dieser Namensänderung angeschlossen.
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Der Standesbeamte des Standesamtes C hat mit Verfügung vom 16.12.2000 über den
Beteiligten zu 3) die Sache gemäß § 45 Abs. 2 PStG dem Amtsgericht zur Entscheidung
darüber vorgelegt, ob die Erklärung wirksam und somit im Geburtenbuch ein
entsprechender Randvermerk einzutragen sei.
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Mit Beschluss vom 20.04.2001 hat das Amtsgericht den Standesbeamten angewiesen,
bei dem Geburtseintragung des Beteiligten zu 1) zu vermerken, dass sich die
Namensänderung der Beteiligten zu 2) auch auf diesen erstrecke.
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Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3) hat das Landgericht am 17.07.2001
den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben sowie ausgesprochen, dass die
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Anschlusserklärung des Beteiligten zu 1) nicht dem Eintrag im Geburtenbuch
beizuscheiben sei. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass eine
Namensänderung gemäß § 1618 Satz 6 BGB in Verbindung mit § 1617 c BGB nicht
möglich sei.
Gegen diese ihm am 09.08.2001 zugestellte Entscheidung richtet sich die sofortige
weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3), die er mit einem bei dem Oberlandesgericht
am 22.08.2001 eingegangenen Schriftsatz vom 13.08.2001 eingelegt hat.
9
II
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Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 3) ist zulässig.
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Es ist als sofortige weitere Beschwerde (§ 27 Abs. 1, § 29 Abs. 2 FGG) statthaft, da die
vom Erstbeschwerdegericht aufgehobene Entscheidung des Amtsgerichts den
Standesbeamten zur Vornahme einer Amtshandlung anweist und deshalb der sofortigen
Beschwerde unterliegt (§§ 49 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 PStG; vgl. Keidel/Kahl, FG, 14.
Aufl., Vorbemerkung § 71 Rdn. 46 m.w.N.). Die Zwei-Wochen-Frist des § 29 Abs. 4 in
Verbindung mit § 22 Abs. 1 Satz 1 FGG ist gewahrt. Der Beteiligte zu 3) ist als
Aufsichtsbehörde des Standesbeamten zur Beschwerde berechtigt (§ 49 Abs. 2 PStG).
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In der Sache hält der Senat das Rechtsmittel für unbegründet, weil die Entscheidung
des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 Satz 1
FGG). Der Senat ist in der hier maßgeblichen Rechtsfrage der Auffassung, dass die
Anschlusserklärung des Beteiligten zu 1) nicht durch Randvermerk dem Eintrag in dem
Geburtenbuch beizuschreiben ist. So zu entscheiden sieht sich der Senat indes
gehindert durch den auf sofortige weitere Beschwerde ergangenen Beschluss des 15.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 12.04.2000 (veröffentlicht in StAZ
2000, 341). Der Senat hat deshalb gemäß § 28 Abs. 2 FGG die Sache dem
Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
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1)
14
Nach Auffassung des Senats ist hier folgende rechtliche Beurteilung geboten:
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In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gemäß § 49
Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 PStG zulässigen sofortigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 3)
ausgegangen.
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Der Gegenstand des Verfahrens wird hier durch die Vorlage des Standesbeamten gem.
§ 45 Abs. 2 S. 1 PStG bestimmt. Nach dieser Vorschrift kann der Standesbeamte in
Zweifelsfällen auch von sich aus die Entscheidung des Amtsgerichts darüber
herbeiführen, ob eine Amtshandlung vorzunehmen ist. Mit der Vorlage muß die
Anordnung oder Ablehnung einer konkreten Amtshandlung angestrebt werden. Der
Standesbeamte bestimmt damit, über die Vornahme welcher konkreten Amtshandlung
das Gericht entscheiden soll, also über den Gegenstand des Verfahrens. Der
Standesbeamte leitet mit seiner Vorlage lediglich das gerichtliche Verfahren ein.
Entgegen der Gestaltung des Rubrums der Entscheidungen beider Vorinstanzen ist der
Standesbeamte nicht Beteiligter des Verfahrens (Senat FGPrax 2000, 190).
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Die Zulässigkeit der Vorlage des Standesbeamten begegnet danach hier keinen
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Bedenken. Sie bezieht sich auf die konkrete Amtshandlung, ob in dem genannten
Geburtseintrag aufgrund der Anschließungserklärung des Beteiligten zu 1) ein
Randvermerk über die erfolgte Namensänderung einzutragen ist.
In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung stand.
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Schließt sich das Kind der Änderung des Familiennamens eines Elternteils an, so trägt
der Standesbeamte, der die Geburt des Kindes beurkundet hat (§ 21 PStG), einen
Randvermerk in das Geburtenbuch ein (§§ 31 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 und S. 2, 30
Abs. 1 Satz 1 PStG). Vor der Eintragung hat er zu prüfen, ob auf Grund der materiellen
Rechtslage die Voraussetzungen einer Namensänderung vorliegen (vgl. BayObLG
FamRZ 1998, 316, 317).
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Die Übergangsvorschriften zum KindRG bestimmen in Art. 224 § 3 Abs. 1 Satz 1
EGBGB, dass ein vor dem 01.07.1998 geborenes Kind seinen bis dahin geführten
Geburtsnamen behält. Die Frage, welchen Geburtsnamen das Kind vor dem 01.07.1998
geführt hat, ist dabei nach den Regeln zu beurteilen, nach denen das bisherige Recht
dem Kind seinen Namen zugewiesen hat.
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Die Beteiligte zu 2) und deren Ehemann haben durch beiderseitige Einbenennung mit
Wirkung vom 07.09.1993 dem Beteiligten zu 1) ihren Ehenamen "M2" erteilt (§ 1618
Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.). Bei diesem Namen handelt es sich um den zur Zeit gültigen
Geburtsnamen des Beteiligten zu 1). Der Begriff des Geburtsnamens ist nicht auf den
Namen im Zeitpunkt der Geburt beschränkt, sondern ergibt sich - wie auch der Definition
in § 1355 Abs. 6 BGB zu entnehmen ist - aus dem gesamten Geburtseintrag
einschließlich etwa später eingetragener Randvermerke über Namensänderungen (§§
29 bis 31 a, 65 Abs. 2 PStG; vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 1382, 1383;
BayObLG FamRZ 1998, 316, 317; Senat StAZ 1981, 272, 273).
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Gemäß Artikel 224 § 3 Abs. 1 Satz 2 EGBGB kann jedoch eine nachträgliche
Namensänderung im Rahmen der §§ 1617 a Abs. 2, 1617 b, 1617 c und 1618 BGB
erfolgen. Hierfür gelten, da die Anschlusserklärung am 11.12.2000 erfolgte, die
Vorschriften des seit dem 01.07.1998 geltenden Kindesnamensrechts.
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Vorliegend trägt der Beteiligte zu 1) seinen Namen nach erfolgter Einbenennung gemäß
§ 1618 BGB. Satz 6 dieser Vorschrift bestimmt, dass § 1617 c BGB entsprechend gilt.
Dies bedeutet, dass auch das Kind, das seinen Namen kraft Einbenennung trägt, in den
in § 1617 c BGB bestimmten Fällen an Namensänderungen seiner Eltern bzw. eines
Elternteils teilnehmen kann.
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Vorliegend kommt nur eine Änderung des Namens gemäß § 1617 c Abs. 2 BGB in
Betracht. Eine Anwendung von § 1617 c Abs. 1 BGB scheidet von vornherein aus, da es
nicht um eine nachträgliche Bestimmung eines Ehemannes durch die Eltern geht.
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§ 1617 c Abs. 2 BGB regelt zwei Fälle, die sich gegenseitig ausschließen. Nr. 1 betrifft
die Änderung des "Ehenamens", sofern dieser Ehename Geburtsname des Kindes
geworden ist. Nr. 2 erfasst demgegenüber Änderungen des "Familiennamens" nur des
einen Elternteils; er muss dem Kind als Geburtsname bestimmt oder vom Kind kraft
Gesetzes als Geburtsname erworben sein (§§ 1617, 1617 a, 1617 b; vgl. Wagenitz
FamRZ 1998, 1545, 1549, 1550).
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Vorliegend läßt keine der in § 1617 c Abs. 2 BGB getroffenen Regelungen eine
wirksame Anschlusserklärung des Beteiligten zu 1) zu.
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§ 1617 c Abs. 2 Nr. 1 BGB erfasst zunächst die Änderung des Ehenamens der Eltern,
der gemäß §§ 1616 oder 1617 c Abs. 1 BGB zum Geburtsnamen des Kindes geworden
ist. Die Änderung des Ehenamens der Eltern kann auch durch Adoption des
namengebenden Ehegatten (§§ 1757 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 und Abs. 3, 1767 Abs. 2
BGB) oder nach dem NÄG (vgl. Palandt-Diederichsen, BGB, 61. Auflage, § 1617 c Rdn.
7) erfolgen. Von Nr. 1 der Vorschrift geschützt ist allerdings nicht nur das Namensband,
das das Kind mit seinen
leiblichen
"der Eltern" wird vom Gesetzestext - im Gegensatz zur Vorschrift des § 1616 a Abs. 2
BGB a.F.- nicht mehr verlangt. Nach Abs. 2 Nr. 1 muss sich nur der "Ehename" ändern.
Daher kann auch die Änderung des Ehenamens, den das Kind gem. § 1618 BGB
erworben hat, unter Nr. 1 fallen (vgl. Wagenitz a.a.O. S. 1549). Vorliegend ist der
Ehename "M2" durch die Einbenennung Geburtsname des Kindes geworden. Es hat
sich allerdings nicht der Ehename geändert, sondern nur der Name des einen Elternteils
gemäß § 1355 Abs. 5 Satz 2 BGB. Nach § 1617 c Abs. 2 Nr. 1 BGB muss sich jedoch
gerade der Ehename als "Gemeinschaftsname" geändert haben (vgl.
Staudinger/Coester, BGB, 13. Auflage § 1617 c Rdn. 30). Das individuelle Ausscheren
eines Beteiligten aus der Namensgemeinschaft genügt nicht.
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Auch nach § 1617 c Abs. 2 Nr. 2 BGB ist die Anschlusserklärung des Beteiligten zu 1)
nicht wirksam. Im Gegensatz zu Nr. 1 der Vorschrift betrifft deren Nr. 2 den Fall, dass
sich der Geburtsname des Kindes einseitig auf den Familiennamen nur eines Elternteils
stützt (vgl. Wagenitz a.a.O. S. 1550; Staudinger-Coester a.a.O. Rdn. 38). Dies folgt
daraus, dass das Kind seinen Geburtsnamen ursprünglich nach den §§ 1617, 1617 a
oder 1617 b BGB erworben hat. Hierbei handelt es sich ausschließlich um Fälle, in
denen der Kindesname vom Individualnamen eines Elternteils abgeleitet worden ist.
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Vorliegend ist der Geburtsname des Beteiligten zu 1) jedoch nicht vom Individualnamen
der Beteiligten zu 2) abgeleitet, sondern vom Ehenamen der Beteiligten zu 2) und des
Stiefvaters. Das OLG Dresden (a.a.O.) öffnet in diesem Punkt den Weg zu einer
Anwendung des § 1617 c Abs. 2 Nr. 2 BGB durch die Annahme, der Geburtsname des
Kindes sei auch im Falle der Einbenennung weiterhin der Familienname seiner Mutter.
Dieser Weg erscheint dem Senat für das Kindesnamensrecht in der Fassung durch das
KindRG jedoch nicht gangbar. Durch die Wahl eines Ehenamens führt die Mutter diesen
zwar auch als ihren Familiennamen (§ 1355 Abs. 1 BGB). In dem hier vorliegenden
Zusammenhang kommt es jedoch auf die Bildung des Geburtsnamens des Kindes an. §
1617 c Abs. 2 BGB spiegelt die den §§ 1616 ff. BGB zugrundeliegende systematische
Unterscheidung zwischen den Fällen wieder, in denen das Kind seinen Geburtsnamen
von einem gemeinsamen Ehenamen ableitet, und denjenigen, in denen der
Geburtsname des Kindes sich einseitig auf den Familiennamen nur eines Elternteils
stützt. Die Erteilung des gemeinsamen Ehenamens an das Kind gem. § 1618 S. 1 BGB
führt deshalb im systematischen Zusammenhang des Gesetzes zwingend zur
Anwendbarkeit der Beschränkung in § 1617 c Abs. 2 Nr. 1 BGB, die eine Änderung des
Geburtsnamens des Kindes nur bei Änderung des gemeinsamen Ehenamens vorsieht.
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Eine restriktive Auslegung des § 1617 c Abs. 2 Nr. 1 BGB, die im Falle einer
Einbenennung gem. § 1618 S. 1 BGB gleichwohl den Individualnamen des allein
sorgeberechtigten Elternteils als maßgebend ansieht, hält der Senat für ausgeschlossen
(ebenso LG Fulda FamRZ 2000, 689; Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1618 Rdn. 27;
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Wagenitz, a.a.O., S. 1552; Erman-Michalke, BGB, 10. Auflage, § 1618 Rdnr. 13; Kraus
StAZ 2000, 309). Sie wird allerdings von Coester (bei Staudinger, a.a.O., § 1618 Rdn.
43, 44) mit der Begründung befürwortet, die Namenserteilung nach § 1618 S. 1 BGB
beschränke sich auf die Funktion, die Folgesperre des § 1617 c Abs. 2 Nr. 2 BGB für
ehebedingte Namenswechsel wieder aufzuheben. Das Kind könne - mit Konsens der
Eheleute - doch dem Namenswechsel seines Bezugselternteils folgen; dass dessen
Ehegatte (und Stiefelternteil des Kindes) diesen Namen auch trage, in der Regel sogar
als Geburtsnamen, spiele für das weitere Schicksal des Kindesnamens keine
wesentliche Rolle. Der Individualname des Elternteils stimme - aus Sicht des
Kindesnamens - "zufällig" mit dem von dessen Ehegatten überein. Die Bindung des
Kindes an den "Ehenamen" aus der Stiefelternehe gemäß § 1617 c Abs. 2 Nr. 1 BGB
führe zu schwerwiegenden Konflikten nach Auflösung dieser Ehe. Der Elternteil könne
seine Option nach § 1355 Abs. 5 Satz 2 BGB nur um den Preis einer Namenstrennung
vom Kind, mit dem er eine Teilfamilie bilde, wahrnehmen.
Diese Auffassung ist - wie Coester (a.a.O. Rdnr. 43) selbst einräumt - mit dem
Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Neufassung des Kindesnamensrechts durch
das KindRG nicht in Einklang zu bringen. Entscheidend ist nach Auffassung des Senats
weniger, ob der Vorgang der Einbenennung gem. § 1618 S. 1 BGB dogmatisch der
Ausübung der elterlichen Personensorge durch die allein sogeberechtigte Beteiligten zu
2) zuzuordnen ist, sondern welche Wirkungen der Gesetzgeber der Erteilung des
gemeinsamen Ehenamens an das Kind hat beimessen wollen. Für den Rechtszustand
vor Inkrafttreten des KindRG war streitig, ob eine Anschließung von Kindern an die
Erklärung der Mutter gem. § 1355 Abs. 5 S. 2 BGB möglich ist, wenn das Kind seinen
Familiennamen durch Einbenennung erworben hat. Teilweise wurde dies unter Hinweis
auf die für eheliche Kinder maßgebende Regelung des § 1616 a BGB a.F. abgelehnt
(Hepting/Gaaz, PStG, § 31 a, Rdnr. 118; Wagenitz/Bornhofen, FamNamRG, § 1616 a,
Rdnr. 27). Das BayObLG (FamRZ 1998, 316 m.w.N.) hat demgegenüber eine
Anschließung des Kindes an die Namenserklärung seiner Mutter auf der Grundlage des
§ 1617 Abs. 2 BGB a.F. zugelassen, wenngleich es das Aufeinandertreffen
gegenläufiger Wertungsgesichtspunkte in einem solchen Fall herausgestellt hat,
nämlich das Schutzbedürfnis des Kindes an der Namensübereinstimmung mit seiner
allein sorgeberechtigten Mutter einerseits sowie eine im Einzelfall dem Kindeswohl
dienliche Kontinuität der Fortführung des ihm zur Sicherung der
Namensübereinstimmung in der Stieffamilie erteilten Namens. Wenngleich diese
Streitfrage in der Begründung zum Regierungsentwurf eines KindRG in Bezug auf §
1617 c Abs. 2 BGB n.F. (BT-Drucksache 13/4899 S. 92) nicht ausdrücklich
angesprochen worden ist, kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber
diese übersehen hat.
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In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber für den Fall der
Ableitung des Geburtsnamens gemeinsamer Kinder aus dem Ehenamen ihrer Eltern
dem Wertungsgesichtspunkt der Namenskontinuität den Vorrang eingeräumt hat. Für
diesen Fall sah der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum KindRG (BT-
Drucksache, a.a.O., S. 8) eine Bestimmung vor (§ 1617 b Abs. 2 BGB E), die es einem
Elternteil erlauben sollte, den Namen des Kindes neu zu bestimmen, wenn ihm nach
vorausgehender gemeinsamer Sorge die Alleinsorge zugefallen ist. In diesem Fall sollte
der Elternteil, der die Alleinsorge erst erlangt hat, nachdem das Kind bereits seinem
Namen zugewiesen war, einen Gleichlauf seines Namens mit dem Kindesnamen
herbeiführen können (BT-Drucksache, a.a.O., S. 91). Der Rechtsausschuss des
Deutschen Bundestages (BT-Drucksache 13/8511, S. 73) hat sich gegen diese
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vorgesehene Regelung ausgesprochen, weil er eine Ausnahme vom Grundsatz der
Namenskontinuität in dem nach § 1617 b Abs. 2 BGB vorgesehenen Umfang nicht für
geboten angesehen hat; die vorgesehene Regelung ist danach nicht in das am
01.07.1998 in Kraft getretene KindRG aufgenommen worden. Die beabsichtigte
Stärkung des Grundsatzes der Namenskontinuität kommt auch in der Regelung § 1618
Satz 2 BGB in der Fassung durch das KindRG zum Ausdruck, die die Möglichkeit
schafft, dem Kind, das in eine neue Stieffamilie integriert werden soll, einen
Doppelnamen zuzuweisen, der sich aus dem in der Stieffamilie geführten Ehenamen
und den bisherigen Familiennamen des Kindes zusammensetzt. Für die
Fallkonstellation gemeinsamer Kinder mit einem aus dem Ehenamen abgeleiteten
Geburtsnamen haben dementsprechend das BayObLG (StAZ 200, 299) und das OLG
Düsseldorf (StAZ 2000, 343) eine Anschließung des Kindes an die Namenserklärung
seiner Mutter nach § 1355 Abs. 5 S. 2 BGB für ausgeschlossen erachtet.
Für die hier zu beurteilende Fallgestaltung des Erwerbs des aus dem Ehenamen
abgeleiteten Geburtsnamens des Kindes durch Einbenennung gem. § 1618 S. 1 BGB
erscheint im Hinblick auf das alleinige elterliche Sorgerecht der Mutter eine andere
Gewichtung der zu berücksichtigenden Wertungsgesichtspunkte durchaus möglich. Der
Senat hält jedoch aufgrund der einschränkungslosen Verweisung in § 1618 S. 6 BGB
auf § 1617 c BGB und der gleichzeitigen Anpassung des Wortlautes in § 1617 c Abs. 2
Nr. 1 BGB, der - wie ausgeführt - den Fall der Einbenennung in diese Regelung
nunmehr ausdrücklich einbezieht, die Schlussfolgerung für unabweisbar, dass der
Gesetzgeber auch für einbenannte Kinder dem Gesichtspunkt der Namenskontinuität
den Vorrang hat einräumen wollen. Dies führt zu einer gewollten namensrechtlichen
Gleichstellung gemeinsamer Kinder der Ehegatten mit denjenigen, für die die Ehegatten
selbst durch den Einbenennungsvorgang eine Namensübereinstimmung innerhalb ihrer
sozialen Familie herbeigeführt haben. Diese jedenfalls vertretbare Bewertung des
Gesetzgebers vermeidet eine unterschiedliche Namensführung der gemeinsamen
Kinder einerseits und der einbenannten Kinder andererseits, die sich ergeben könnte,
wenn nur für die letzteren eine Anschließung an die Namenserklärung des Elternteils
gem. § 1355 Abs. 5 S. 2 BGB zugelassen würde. An diese Bewertung des
Gesetzgebers ist die Rechtsanwendung gebunden.
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2)
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In dem von ihm beabsichtigen Sinn kann der Senat nicht entscheiden, ohne gemäß § 28
Abs. 2 FGG von der genannten Entscheidung des OLG Dresden abzuweichen. Die
Entscheidung des OLG Dresden beruht auf der bereits dargestellten gegenteiligen
Rechtsauffassung, dass ein Kind, das nach Einbenennung den Ehenamen seiner Mutter
und ihres Ehemannes führt, nach Scheidung der Ehe und Wiederannahme des
Geburtsnamens durch die allein sorgeberechtigte Mutter sich der Namensänderung der
Mutter gemäß § 1617 c Abs. 2 Nr. 2 BGB anschließen kann.
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