Urteil des OLG Hamm vom 06.10.1998
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Oberlandesgericht Hamm, 1 Sbd 46/98
Datum:
06.10.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 Sbd 46/98
Vorinstanz:
Amtsgericht Dortmund, 131 C 6383/98
Tenor:
Der Antrag auf Bestimmung eines zuständigen Gerichtes wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e :
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I.
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Die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in E, begehrt von den Beklagten
Honorar für mehrere Steuerberatungsleistungen, die sie für die Steuerjahre 1995 und
1996 nach ihrem Vorbringen auftragsgemäß für die in der Rechtsform einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts handelnden Beklagten erbracht hat.
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Nachdem das von der Klägerin angerufene Amtsgericht Dortmund die Parteien darauf
hingewiesen hatte, daß seine Zuständigkeit nicht nach § 29 ZPO begründet sei, haben
die Kläger beantragt, das Amtsgericht Dortmund als zuständiges Gericht zu bestimmen.
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Die von dem Senat zur Stellungnahme aufgeforderten Beklagten sind - wie das
Amtsgericht - der Auffassung, der Gerichtsstand des Erfüllungsortes am Sitz der
Klägerin sei zu verneinen; sie halten die Bestimmung des Amtsgerichts Hamm für
zweckmäßig.
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II.
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Der Senat ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung berufen, da das Amtsgericht
Dortmund als zuerst mit der Sache befaßtes Prozeßgericht zum Bezirk des
Oberlandesgerichts Hamm gehört.
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Der zulässige Antrag der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
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Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
liegen nicht vor.
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Nach dieser Vorschrift kann ein zuständiges Gericht nur dann bestimmt werden, wenn
mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand
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haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für
den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Dortmund ist ein solcher gemeinschaftlicher
Gerichtsstand im vorliegenden Falle begründet, da die Beklagten bei dem Amtsgericht
Dortmund im besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO verklagt
werden können. Gemeinschaftlicher Erfüllungsort für die Zahlung des von der Klägerin
begehrten Honorars für Steuerberaterleistungen ist für sämtliche Beklagten der Ort des
Sitzes der Klägerin.
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Leistungsort im Sinne des § 269 Abs. 1 BGB für die beiderseitigen Leistungen aus
einem Steuerberatungsvertrag ist nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung (OLG
Düsseldorf, DB 1972, 1065; BayObLG ZIP 1992, 1652, MDR 1996, 850; OLG Köln
NJWRR 1997, 825; LG Darmstadt AnwBl 1984, 503) und der Kommentarliteratur
(Baumbach/Lauterbach (Hartmann), ZPO, 56. Aufl., § 29 Rdn. 31; Zöller (Vollkommer),
20. Aufl., § 29 Rdn. 25; MünchKomm (Patzina), ZPO, § 29 Rdn. 36), der Sitz der Kanzlei
des Steuerberaters, sofern die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben.
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Diese Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, folgt der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs hinsichtlich des Gerichtstandes des Erfüllungsortes für
Honorarklagen von Rechtsanwälten (vgl. BGH WM 1981, 411; NJW 1986, 1178; NJW
1991, 3095).
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Der Auffassung des Amtsgerichts, diese Rechtsprechung laufe "dem Schuldnerschutz
des § 13 ZPO" zuwider, folgt der Senat nicht.
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Ausgangspunkt für die Rechtsprechung zum Erfüllungsort für die Zahlung der
Honoraransprüche sowohl der Rechtsanwälte als auch der Steuerberatung ist § 269
Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Leistungsort mangels Vereinbarung aus der
Natur des Schuldverhältnisses zu entnehmen. Sowohl bei einem Rechtsanwalt als auch
bei einem Steuerberater liegt der vertragliche Schwerpunkt am Ort der Kanzlei, weil hier
die vertragstypischen Leistungen zu erbringen sind. Da die Mandanten von
Rechtsanwälten und Steuerberatern diese zwecks Beratung und Informationsaustausch
regelmäßig in der Kanzlei aufsuchen, ist es vertragstypisch, auch die Leistung der
Mandanten, nämlich die Geldschuld, als Bringschuld anzusehen. Wie sich aus § 34
ZPO ergibt, hält auch im übrigen der Gesetzgeber es für Mandanten zumutbar, daß der
Streit um gegen sie gerichtete Honoraransprüche nicht bei dem Gericht auszutragen
sind, in dessen Bezirk sie ihren Wohnsitz haben.
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Da nach dem Vorbringen der Parteien eine Vereinbarung zum Zahlungsort nicht
getroffen worden ist, ist demnach gemäß §§ 29 ZPO, 269 Abs. 1 BGB das von der
Klägerin angerufene Amtsgericht Dortmund zuständig.
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