Urteil des OLG Hamm vom 23.09.1998
OLG Hamm (geltendmachung des anspruchs, culpa in contrahendo, höhe, zeuge, 1995, vertragspartner, leasingnehmer, bezug, unterzeichnung, zpo)
Oberlandesgericht Hamm, 13 U 59/98
Datum:
23.09.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 59/98
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 16 O 326/97
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 12. Dezember 1997
verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird mit
der Maßgabe zurückgewiesen, daß die wei-teren Kosten des ersten
Rechtszuges zu 16 % der Klägerin und zu 84 % dem Beklagten auferlegt
werden.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert den Beklagten um 54.478,11 DM.
Entscheidungsgründe
1
Auf die zulässige Berufung des Beklagten hin war lediglich die erstinstanzliche
Kostenentscheidung teilweise abzuändern.
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Die weitergehende Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
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Mit zutreffenden Erwägungen, auf die zur Vermeidung von
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Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klägerin gegen den
Beklagten aus den Leasingverträgen vom 27.05./18.08.1992, 10.09./05.11.1992 und
09.12./15.12.1992 rückständige Leasingraten und Nutzungsentschädigungen in Höhe
von 54.478,11 DM zuerkannt. Diese Summe ist ein Teilbetrag aus der von der Klägerin
im Schriftsatz vom 05.08.1997 aufgeschlüsselten Gesamtforderung in Höhe von
54.859,35 DM. Der Anspruch beruht auf den §§ 535, 557 BGB i.V.m. den
geschlossenen Leasingverträgen. Wegen Einzelheiten wird auf die Berechnung der
Klägerin in der Klagebegründung vom 05.08.1997 (Bl. 16 f d. A.) Bezug genommen.
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I.
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Die Klägerin hat ihre Aktivlegitimation hinreichend dargelegt und belegt. Aus den
überreichten Unterlagen ergibt sich zweifelsfrei, daß die Klägerin berechtigt ist, die
geltend gemachten Ansprüche zu verfolgen. Leasingvertragspartnerin war die C GmbH,
deren Rechtsnachfolgerin durch Verschmelzung die Klägerin geworden ist, wie sich aus
dem unstreitigen Inhalt der überreichten Ablichtung des Handelsregisterauszugs des
Amtsgerichts Charlottenburg ergibt. Die vom Beklagten behauptete Abtretung der
Forderungen an die Fa. E GmbH wird vom Beklagten nicht mit Tatsachenvortrag
unterlegt. Insoweit handelt es sich um reine Spekulation des Beklagten, die jeder
Grundlage entbehrt. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Bestätigung der
Fa. E GmbH vom 07.07.1998, wonach diese versichert, zu keinem Zeitpunkt Inhaberin
von Forderungen aus den streitgegenständlichen Leasingverträgen gewesen zu sein,
bzw. Ansprüche aus diesen Verträgen im eigenen Namen geltend gemacht zu haben.
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II.
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Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat nicht bewiesen, daß er
aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Zeugen T von seinen
rückständigen und zukünftigen Verbindlichkeiten aus den Leasingverträgen gemäß §
414 BGB befreit worden ist. Auf die zutreffende Beweiswürdigung des Landgerichts wird
Bezug genommen. Zu einer Wiederholung der Beweisaufnahme besteht unter
Berücksichtigung aller Umstände keine Veranlassung.
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Der Beklagte hat schon nicht schlüssig vorgetragen, daß der Zeuge T die rückständigen
Leasingraten bis Februar bzw. März 1995 übernommen hat. Vielmehr ergibt sich aus der
Aussage des Zeugen T, daß dieser zu keinem Zeitpunkt bereit war, auch die
Rückstände des Beklagten zu übernehmen.
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Der Beklagte ist aber auch nicht von den ihm im Telefax vom 28.12.1994 genannten
Ablösewerten per 15.01.1995 ohne Rückstände in Höhe von insgesamt 24.470,00 DM
befreit worden. Nach der Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung aller Umstände
kann nicht festgestellt werden, daß der vom Beklagten behauptete wirksame
Ablösungsvertrag oder ein Folgeleasingvertrag zwischen der Klägerin und dem Zeugen
T zustandegekommen sind. Diese Behauptung ist vom Zeugen T bei seiner
ausführlichen Befragung durch das Landgericht nicht bestätigt worden. Auch unter
Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten in der Berufungsinstanz können
weder eine verbindliche Ablösungsvereinbarung noch der Abschluß von
Folgeleasingverträgen festgestellt werden. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann
nicht davon ausgegangen werden, daß die Klägerin und der Zeuge T sich ohne die
Unterzeichnung schriftlicher Leasingverträge rechtlich binden wollten. Leasingverträge
sind regelmäßig Formularverträge. Dies gilt stets bei Beteiligung von großen
Leasingfirmen, die die Unterzeichnung eines schriftlichen Formularleasingvertrages
durch den Leasingnehmer zur Voraussetzung ihrer Finanzierungsverpflichtung machen.
Dies belegen auch die drei streitgegenständlichen Leasingverträge. Unter
Berücksichtigung dieses Umstands ging auch der Zeuge T nicht davon aus, daß ohne
die Unterzeichnung eines schriftlichen Vertrages eine rechtliche Bindung seinerseits
zustandegekommen war.
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III.
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Der Geltendmachung des Anspruchs steht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung
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gemäß § 242 BGB entgegen. Der Beklagte kann nicht einwenden, die Klägerin habe
den Abschluß der Verträge mit dem Zeugen T grundlos scheitern lassen. Nach der
Rechtsprechung des BGH (NJW 1996, 1884) kann der Abbruch von
Vertragsverhandlungen durch einen Partner grundsätzlich nur dann einen
Schadensersatzanspruch des anderen aus culpa in contrahendo begründen, wenn das
Verhalten des Abbrechenden einen schweren Verstoß gegen die Verpflichtung zu
redlichem Verhalten bei den Vertragsverhandlungen bedeutet. Diese Grundsätze sind
nicht nur im Verhältnis zum Zeugen T als dem Verhandlungspartner der Klägerin
hinsichtlich der abzuschließenden Verträge, sondern auch im Verhältnis zum Beklagten
als Vertragspartner der bestehenden Verträge anzuwenden. Der Beklagte hat jedoch
nicht dargetan, daß die Mitarbeiter der Klägerin die Vertragsverhandlungen mit dem
Zeugen T vorsätzlich und pflichtwidrig abgebrochen haben. Es war vielmehr Sache des
Beklagten als Vertragspartner der drei Leasingverträge, sich intensiv im
Zusammenwirken mit dem von ihm beauftragten Zeugen T um das Zustandekommen
einer Ablösungsvereinbarung zu bemühen.
IV.
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Die Klägerin handelt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht deshalb
treuwidrig, weil sie nach dem Vorbringen des Beklagten wußte und damit einverstanden
war, daß der Zeuge T ab Februar/März 1995 die Leasinggegenstände nutzte. Die aus
der Überlassung der Waren an den Beklagten folgenden Verpflichtungen zur Zahlung
der monatlichen Leasingraten und/oder der Nutzungsentgelte verblieb trotz des
möglichen Einverständnisses der Klägerin mit der Nutzung durch einen Dritten beim
Beklagten. In dem behaupteten Einverständnis mit der Nutzung durch einen Dritten
kann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Verzicht der Klägerin auf die
Geltendmachung der Forderungen gegen den Beklagten gesehen werden. Mit der
Geltendmachung der Forderungen gegen ihren Vertragspartner setzt sich die Klägerin
auch nicht in unredlicher Art und Weise in Widerspruch zu dem Einverständnis mit der
Nutzung der Ware durch einen Dritten. Vielmehr ist es Sache des Beklagten als Partei
der Leasingverträge, die Waren der Klägerin bei Beendigung der Leasingverhältnisse
zurückzugeben und mögliche Nutzungsersatzansprüche gegen den Zeugen T geltend
zu machen.
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V.
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Zu Recht hat das Landgericht der Klägerin gemäß § 557 BGB Nutzungsentschädigung
einschließlich Mehrwertsteuer wegen der Vorenthaltung der Mietsachen am Ende der
Vertragsverhältnisse zuerkannt. Insoweit handelt es sich nicht um einen
Schadensersatzanspruch, sondern um einen der Umsatzsteuer unterliegenden
vertraglichen Anspruch des Leasinggebers gegen den Leasingnehmer, der unabhängig
davon besteht, ob der Leasingnehmer die Sachen weiter nutzt (vgl. BGHZ 104, 285;
NJW-RR 1998, 803).
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Zu Unrecht beanstandet der Beklagte die Höhe der geltendgemachten
Nutzungsentschädigung. Diese entspricht den vereinbarten Leasingraten. Eine
Minderung der Nutzungsentschädigung wegen treuwidrigen Verhaltens der Klägerin
kommt nicht in Betracht.
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VI.
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Die Klägerin hat ihre Forderung in Höhe von mindestens 54.478,11 DM hinreichend
dargelegt. Das Landgericht hat die Forderung rechnerisch nachvollzogen. Das
vorsorgliche Bestreiten der Ordnungsgemäßheit der Abrechnung in der
Berufungsbegründung ist unerheblich.
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Der Vollstreckungsbescheid enthält titulierte Mahnkosten in Höhe von 40,00 DM. Diese
hat das Landgericht mit ausführlicher Begründung der Klägerin zuerkannt. Die in der
Berufungserwiderung vertretene Auffassung, vorprozessuale Mahnkosten seien nicht
Gegenstand der Klage, beruht auf einem Versehen des Prozeßbevollmächtigten der
Klägerin und ist in der mündlichen Verhandlung klargestellt worden. Der geltend
gemachte Zinsanspruch in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der
Deutschen Bundesbank ist nicht zu beanstanden (vgl. BGH NJW 1995, 955).
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VII.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
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Die erstinstanzlichen Kosten waren verhältnismäßig zu teilen, weil das Landgericht je
vier Leasingraten aus den drei Leasingverträgen, die bis zum 31.12.1994 fällig
geworden sind, als verjährt angesehen hat. Insoweit hat es der Klägerin Beträge in
Höhe von 3.587,92 DM, 1.879,76 DM und 4.981,72 DM aberkannt und der Klage
lediglich wegen der hilfsweise nachgeschobenen Ansprüche auf Zahlung von
Nutzungsentschädigungen für das Jahr 1996 stattgegeben. Diese hilfsweise
nachgeschobenen Ansprüche der Klägerin erhöhen zwar nicht den Streitwert, müssen
aber bei der Kostenentscheidung gemäß § 92 Abs. 1 ZPO berücksichtigt werden.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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