Urteil des OLG Hamm vom 10.02.1998

OLG Hamm (abweisung der klage, 50 jahre, anrechenbares einkommen, einkommen, abzug, fahrtkosten, nettoeinkommen, höhe, einkünfte, erwerbstätigkeit)

Oberlandesgericht Hamm, 3 UF 199/97
Datum:
10.02.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
3. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 UF 199/97
Vorinstanz:
Amtsgericht Bochum, 59 F 348/96
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung des
Rechtsmittels im übrigen - das am 18. März 1997 verkündete Urteil des
Amtsgerichts - Familiengericht - Bochum abgeändert und wie folgt neu
gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.498,00 DM zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen, soweit sie sich nicht in der
Hauptsache erledigt hat. In der Hauptsache hat sich die Klage erledigt,
soweit für die Zeit ab 1. März 1997 ein höherer monatlicher Unterhalt als
241,00 DM und für die Zeit ab dem 1. Mai 1997 ein höherer monatlicher
Unterhalt als 391,00 DM bis zur Rechtskraft der Ehescheidung verlangt
worden ist.
Die Kosten der ersten Instanz tragen der Beklagte zu 4/5, die Klägerin zu
1/5.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
1
Von der Darstellung des
Tatbestandes
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Entscheidungsgründe
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Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, an die
Klägerin ab Oktober 1996 monatlichen Trennungsunterhalt von 770,00 DM zu zahlen.
Durch Urteil vom 12.08.1997 hat das Amtsgericht Bochum, Aktenzeichen 59 F 240/96,
die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden. Da Trennungsunterhalt mit dem Tag vor
Eintritt der Rechtskraft der Scheidung endet, ergibt sich auf der Grundlage des
amtsrichterlichen Urteils für den Zeitraum 1. Oktober 1996 bis 11. August 1997 ein
Gesamtbetrag von 7.973,23 DM.
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Der Beklagte erstrebt mit seiner Berufung die Abweisung der Klage, soweit er zur
Zahlung eines höheren Trennungsunterhaltes als monatlich 160,00 DM ab Oktober
1996 verurteilt wurde. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.
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Die Berufung des Beklagten ist teilweise erfolgreich. Die Unterhaltsklage ist nach §
1361 BGB in Höhe des in der Urteilsformel genannten Betrages begründet. Im übrigen
ist sie abzuweisen.
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Die Unterhaltshöhe bemißt sich für 1996 nach einem anrechenbaren
Einkommen des Beklagten von
4.125,00 DM.
Bei diesem Betrag ist von einem Jahreseinkommen des Beklagten in
1996 nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen von
50.945,16 DM ausgegangen worden. Dies entspricht einem monatlichen
Nettoeinkommen von:
4.245,43 DM.
Diesem Betrag sind die dem Beklagten in 1996 erstatteten Steuern
hinzuzurechnen: 720,25 DM: 12 =
60,02
DM.
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Abzuziehen ist
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der Nettobetrag der vermögenswirksamen Leistungen von
30,00
DM
der Gewerkschaftsbeitrag von
47,00
DM
berufsbedingte Fahrtkosten von: 220 × 16 × 0,42: 12 =
123,20 DM
Bei einem anrechenbaren Einkommen des Beklagten von 4.105,25 DM
beläuft sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin auf (3/7) =
1.759,39 DM.
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Auf diesen Bedarf muß sich die Klägerin eigene Einkünfte anrechnen lassen. Ab
Oktober 1996 war sie gemäß § 1361 Abs. 2 BGB verpflichtet, ihren Unterhalt teilweise
durch eigene Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen. Im Oktober 1996 war die Ehe der
Parteien bereits endgültig gescheitert. Die Klägerin hatte mit Schriftsatz vom 01.07.1996
die Scheidung der Ehe beantragt. Bei der Frage des Umfangs der Erwerbstätigkeit ist zu
berücksichtigen, daß die Ehe bereits am 30. März 1967 geschlossen wurde, die
Klägerin zum Zeitpunkt der Trennung, dem 08.05.1995, fast 50 Jahre alt war und seit
mehreren Jahren nicht mehr berufstätig war. Unter diesen Umständen war sie im
Oktober 1996 nur zur Ausübung einer Tätigkeit im versicherungsfreien Bereich
verpflichtet. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist auch davon auszugehen, daß sie
eine Arbeitsstelle im Rahmen der Geringverdienergrenze hätte finden können.
Erwerbsbemühungen hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt. In 1996 belief sich
die monatliche Entgeltgrenze für versicherungsfreie, geringfügig entlohnte
Beschäftigungen auf 590,00 DM. Nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus von 1/7
verbleiben 505,71 DM. Einkünfte in dieser Höhe muß sich die Klägerin auf ihren
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Unterhaltsanspruch anrechnen lassen.
Es verbleibt ein Anspruch von: 1.759,39 DM - 505,71 DM = abgerundet: 1.253,00 DM.
Für die Monate Oktober bis einschließlich Dezember 1996 errechnet
sich ein Gesamtanspruch von
3.759,00 DM.
Für 1997 ist bei dem Beklagten von einem Jahresnettoeinkommen von
42.615,76 DM auszugehen. Dies entspricht einem monatlichen
Nettoeinkommen von
3.551,31 DM.
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Hiervon sind folgende Abzüge vorzunehmen:
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Steuernachzahlung von auf den Monat umgerechnet:
1,00
DM
Nettobetrag der vermögenswirksamen Leistungen:
30,00
DM
Gewerkschaftsbeitrag von
47,00
DM
Fahrtkosten von
100,00
DM
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Die Fahrtkosten des Beklagten haben sich in 1997 umzugsbedingt verringert.
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Es verbleibt ein anrechenbares Einkommen von abgerundet:
3.373,00 DM.
Der Unterhaltsbedarf der Klägerin beläuft sich in 1997 auf 3/7 von
3.373,00 DM =
1.445,57 DM.
Für die Monate Januar und Februar 1997, in denen die Klägerin noch
nicht berufstätig war, muß sie sich wie in 1996 fiktive Einkünfte aus einer
Tätigkeit im sozialversicherungsfreien Bereich nach Abzug des
Erwerbstätigenbonus von 1/7 anrechnen lassen. Die
Geringverdienergrenze betrug in 1997
610,00 DM.
Nach Abzug von 1/7 ergibt sich ein auf den Unterhaltsanspruch
anzurechnendes Einkommen von
522,85 DM.
Abgerundet verbleibt ein Unterhaltsanspruch für die Monate Januar und
Februar 1997 von je
922,00 DM.
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Die Klägerin ist ab März 1997 berufstätig; ab diesem Zeitpunkt ergibt sich die
nachstehende Berechnung.
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Insgesamt erzielte die Klägerin in 1997 ein Nettoeinkommen von
15.893,06 DM. Da ihre Erwerbstätigkeit erst im März 1997 einsetzte, ist
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diese Summe auf 10 Monate umzulegen. Es ergibt sich ein monatliches
Nettoeinkommen von
1.589,31 DM.
Nach Abzug von Fahrtkosten von
98,00
DM
verbleibt ein bereinigtes Einkommen von
1.491,31 DM.
Von diesem Einkommen ist auch für die Monate ab Mai 1997 auszugehen. Die von der
Klägerin geltend gemachte monatliche Ratenzahlungsverpflichtung von 150,00 DM hat
sie auf das Bestreiten des Beklagten nicht hinreichend belegt. Allein aus dem
vorgelegten Kontoauszug "..." vom 2. Dezember 1997 ergibt sich nicht der Kauf eines
Bettes und eines Schrankes. Rechnungen über den Erwerb der Möbel hat die Klägerin
nicht vorgelegt.
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Nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus von 1/7 verbleibt der Klägerin
ab März 1997 ein Einkommen von
1.278,26 DM.
Der Unterhaltsanspruch ab März 1997 beträgt danach: 1.445,57 DM -
1.278,26 DM = abgerundet
167,00 DM.
Für die Monate März 1997 bis einschließlich Juli 1997 errechnet sich ein
Gesamtbetrag von 835,00 DM und für die Zeit vom 01.08.1997 bis zum
11.08.1997 ein solcher von
60,00
DM.
Insgesamt beträgt damit der Unterhaltsanspruch für den Zeitraum
Oktober 1996 bis zum 11.08.1997:
6.498,00 DM.
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Diesem Anspruch steht nicht der Einwand der Verwirkung nach § 1361 Abs. 3 in
Verbindung mit § 1579 Nr. 6 BGB entgegen. Zwar hat die Klägerin eine Beziehung zu
dem Zeugen ... aufgenommen. Dies läßt jedoch einen Anspruch auf Trennungsunterhalt
nicht entfallen. Es liegt kein einseitiges Fehlverhalten vor. Auch nach der Einlassung
des Beklagten im Senatstermin war die Ehe der Parteien schon grundlegend zerrüttet,
bevor sich die Klägerin dem Zeugen ... zuwandte.
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Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist auch nicht wegen geldwerter
Versorgungsleistungen für den Zeugen ... entsprechend § 850 h ZPO zu kürzen. Hierbei
hat sich der Senat davon leiten lassen, daß, wenn solche Leistungen tatsächlich
entsprechend dem Vortrag des Beklagten erfolgt sein sollten, diese nur als ganz
geringfügig zu veranschlagen wären. Die Wohnung des Zeugen ..., in der auch die
Klägerin lebt, weist nur eine Fläche von 53 m² auf. Berücksichtigt man noch den auf die
Klägerin selbst entfallenden Anteil der häuslichen Arbeiten, verbleibt nur ein geringer
auf den Zeugen ... entfallender Teil. Im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung ist
es angemessen, ein hierfür anzusetzendes Versorgungsentgelt unbeachtlich zu lassen.
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Soweit die Klägerin den Rechtsstreit teilweise in der Hauptsache für erledigt erklärt hat,
ist die Erledigung in Höhe der in der Urteilsformel genannten Beträge festzustellen. Im
Umfang der genannten Beträge war die Klage wie sich aus der obigen Berechnung
ergibt bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708, 713 ZPO.
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Verkündet am 10. Februar 1998
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Görmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des
Oberlandesgerichts
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