Urteil des OLG Hamm vom 20.07.2010

OLG Hamm (gesetz, zpo, kläger, zuständigkeit, verschiebung, zuweisung, zweck, partei, verordnung, nachteil)

Oberlandesgericht Hamm, I-27 U 51/10 BSch
Datum:
20.07.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
27. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-27 U 51/10 BSch
Vorinstanz:
Amtsgericht Olpe, 25 C 935/08
Schlagworte:
Zuständigkeit des Schifffahrtsobergerichts
Normen:
§ 13 Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschifffahrtssachen
Leitsätze:
Das Schifffahrtsobergericht ist nicht nach § 13 des Gesetzes über das
gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrtssachen zuständig, wenn ein
Amtsgericht entschieden hat, das nicht Schifffahrtsgericht ist. Dies gilt
unabhängig davon, ob der Rechtsstreit eine Schifffahrtssache betrifft.
Tenor:
Das Berufungsverfahren des Klägers gegen das am 21.07.2009
verkündete Urteil des Amtsgerichts Olpe wird an das Landgericht Siegen
zurückgegeben.
Gründe:
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I.
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Der Kläger hat vor dem Amtsgericht Olpe einen Schadensersatzanspruch aufgrund
eines Unfalls geltend gemacht, der sich am 15.06.2008 auf dem Biggesee während
einer Ruderregatta ereignete. Das Amtsgericht Olpe hat die Klage abgewiesen. Ge-gen
diese Entscheidung hat der Kläger Berufung beim Landgericht Siegen eingelegt.
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Nach Anhörung der Parteien hat das Landgericht Siegen durch Beschluss vom
08.04.2010 das Berufungsverfahren unter Hinweis auf § 13 2. Halbsatz Gesetz über das
gerichtliche Verfahren in Binnenschifffahrtssachen an das Oberlandesgericht Hamm als
Schifffahrtsobergericht abgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die
Abgabe sei veranlasst, da der Klageanspruch als Binnenschifffahrtssache nach § 2
Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschifffahrtssachen zu bewerten und
das Amtsgericht Olpe als Schifffahrtsgericht tätig geworden sei. Es komme nicht darauf
an, dass das Amtsgericht Olpe die Bezeichnung "Schifffahrtsgericht" nicht führe.
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II.
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Das Berufungsverfahren war an das Landgericht Siegen zurückzugeben, da der
Abgabebeschluss inhaltlich unzutreffend ist und den Senat nicht bindet.
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1.
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Der Abgabebeschluss des Landgerichts Siegen vom 08.04.2010 ist inhaltlich
unzutreffend. Die Voraussetzungen von § 13 Gesetz über das gerichtliche Verfahren in
Binnenschifffahrtssachen liegen nicht vor. Die Norm setzt die Entscheidung in erster
Instanz durch ein Amtsgericht voraus, das ein Schifffahrtsgericht ist. Schifffahrtsgerichte
sind nach §§ 5 Abs. 1, 4 Abs. 1 Gesetz über das gerichtliche Verfahren in
Binnenschifffahrtssachen die Amtsgerichte, die dazu bestimmt werden. Das sind nach §
1 Verordnung über die Zuweisung von Binnenschifffahrtssachen (GV.NRW.1984, 205)
ausschließlich die Amtsgerichte Duisburg-Ruhrort, Dortmund und Minden. Das
Amtsgericht Olpe ist deshalb kein Schifffahrtsgericht, und zwar unabhängig davon, ob
der Rechtsstreit eine Schifffahrtssache betrifft.
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2.
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Der inhaltlich unzutreffende Abgabebeschluss ist für den Senat nicht bindend. Eine §
281 Abs. 2 Satz 4 ZPO entsprechende Regelung enthält § 13 Gesetz über das
gerichtliche Verfahren in Binnenschifffahrtssachen nicht. § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist auf
andere Bereiche gerichtlicher Zuständigkeitsbestimmungen zudem nicht analog
anwendbar (vgl. BGH FamRZ 1996, 1544; Zöller-Greger, § 281 Rz. 4). Schließlich ist
Sinn und Zweck des § 13 Gesetz über das gerichtliche Verfahren in
Binnenschifffahrtssachen allein, dass eine Partei keinen Nachteil erleidet, weil
entsprechend der üblichen instanziellen Zuständigkeit die Berufung beim Landgericht
eingereicht wird (BGH MDR 1979, 475). Dagegen soll eine Verschiebung des
gesetzlichen Richters nicht ermöglicht werden
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Eine gesonderte Kostenentscheidung für das Abgabeverfahren ist nicht veranlasst.
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