Urteil des OLG Hamm vom 21.03.2002
OLG Hamm: psychotherapeutische behandlung, schmerzensgeld, mehrere unfälle, psychiatrisches gutachten, verdienstausfall, fahrtkosten, verkehrsunfall, beruf, wahrscheinlichkeit, neurologie
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Hamm, 6 U 218/99
21.03.2002
Oberlandesgericht Hamm
6. Zivilsenat
Urteil
6 U 218/99
Landgericht Bochum, 3 O 23/97
Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des
Rechtsmittels im übrigen - das am 29. Juli 1999 verkündete Urteil der 3.
Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin ein
Schmerzensgeld in Höhe von 7.158,00 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem
04.03.1997 zu zahlen.
Die Beklagten werden weiter verurteilt, als Gesamtschuldner an die
Klägerin 22.563,52 Euro nebst 4 % Zinsen aus 5.012,26 Euro seit dem
04.03.1997, aus 10.867,50 Euro seit dem 26.02.1998, aus 18.662,86
Euro seit dem 28.06.1999 und aus 22.563,52 Euro seit dem 29.07.1999
zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin als
Gesamtschuldner allen zukünftigen materiellen und immateriellen
Schaden zu ersetzen, der ihr aus dem Verkehrsunfall vom 09.03.1995 in
I, C-Straße entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf
Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 7 %
und die Beklagten zu 93 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 8 % und die
Beklagten zu 92 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
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Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden,
wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschwer der Beklagten: über 20.000,00 Euro.
Beschwer der Klägerin: unter 10.000,00 Euro.
Tatbestand:
Die damals 43jährige Klägerin erlitt am 09.03.1995 einen Verkehrsunfall, für dessen
Folgen die Haftung der Beklagten dem Grunde nach unstreitig ist. Die Klägerin war
Fahrgast in einem Linienbus, hatte sich zum Aussteigen erhoben und kam zu Fall, als der
Bus mit dem Pkw des Beklagten zu 2), der bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversichert war,
kollidierte. Die Klägerin erlitt Prellungen am Oberschenkel, der Schulter und am Schädel
sowie eine Zerrung der Halswirbelsäule.
Die Beklagte zu 1) hat unfallbedingte Beeinträchtigungen für 6 Wochen anerkannt und
dafür vorprozessual 1.000,00 DM gezahlt, die die Klägerin auf das Schmerzensgeld
angerechnet hat.
Die Klägerin hat fortwährende unfallbedingte Beschwerden auch für die Folgezeit
behauptet, die es ihr unmöglich gemacht hätten, ihren bisherigen Beruf als Altenpflegerin
weiter auszuüben.
Mit der Klage hat die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld - mindestens 20.000,00
DM -, Ersatz von 1.308,58 DM Fahrtkosten und Medikamentenzuzahlungen sowie von
46.525,24 DM Verdienstausfall bis einschließlich Juli 1999 und die Feststellung der
Ersatzpflicht allen weiteren materiellen und immateriellen Schadens, soweit nicht
übergegangen, begehrt.
Die Beklagten haben unfallbedingte Schäden nach den ersten 6 Wochen unter Hinweis auf
degenerative Vorschäden der Halswirbelsäule bestritten.
Das Landgericht hat nach Einholung radiologischer, chirurgischer und orthopädischer
Sachverständigengutachten der Klägerin ein Schmerzensgeld von 3.500,00 DM, 870,00
DM Ersatz von Fahrtkosten und Medikamentenzuzahlung sowie Verdienstausfall von
9.859,26 DM, insgesamt mithin - unter Berücksichtigung der gezahlten 1.000,00 DM -
13.229,26 DM zuerkannt, im übrigen jedoch die Klage abgewiesen. Entsprechend den
eingeholten Gutachten sei eine unfallbedingte Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nach
abgestuften Prozentsätzen nur bis maximal 2 Jahren nach dem Unfallereignis gegeben.
Verschiedene Schäden, insbesondere 2 Hörstürze aus 1995 und 1997 sowie eine
Operation der linken Schulter im Sommer 1996 seien dagegen nicht unfallbedingt.
Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung greift die Klägerin die erstinstanzlich
erstatteten Gutachten an und macht mit näheren Ausführungen insbesondere geltend, daß
die nach wie vor bestehenden Beschwerden und ihre Arbeitsunfähigkeit jedenfalls Folge
einer psychischen Fehlverarbeitung des Unfallgeschehens und der dabei erlittenen
Verletzungen sei.
Die Klägerin beantragt,
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Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Bochum vom 29.07.1999 (AZ
3 O 23/97) einschließlich der ausgeurteilten Beträge:
1.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes
Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 20.000,00 DM abzüglich am 06.07.1995
gezahlter 1.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 47.833,77 DM nebst
4 % Zinsen aus 13.372,61 DM seit dem 04.03.1997, aus 24.824,47 DM seit dem
26.02.1998, aus 40.070,86 DM seit dem 28.06.1999, aus 47.833,77 DM seit dem
29.07.1999 zu zahlen,
3.
festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin
allen zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr aus dem
Verkehrsunfall vom 09.03.1995 in I, C-Straße entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf
Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigten das angefochtene Urteil und bestreiten einen psychischen Folgeschaden
sowie die Richtigkeit des behaupteten Verdienstausfalls.
Der Senat hat ein schriftliches neurologisch-psychiatrisches Gutachten des
Sachverständigen Dr. E eingeholt und den Sachverständigen ergänzend mündlich gehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten
Schriftsätze und vorgelegten Unterlagen, die Ausführungen des angefochtenen Urteils, das
schriftliche Sachverständigengutachten vom 17.10.2001 sowie den Berichterstattervermerk
vom 18.02.2002 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet.
Die Klägerin kann von den Beklagten aufgrund des Unfalls vom 09.03.1995 ein weiteres
Schmerzensgeld von 14.000,00 DM = 7.158 Euro sowie den Ersatz materieller Schäden in
Höhe von insgesamt 44.130,40 DM = 22.563,52 Euro verlangen, §§ 823 Abs. 1, 847 BGB,
7 StVG, 3 Nr. 1 PflVG. Auch der Feststellungsantrag hat Erfolg.
Nach dem Ergebnis der weiteren Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz steht zur
Überzeugung des Senats mit der insoweit ausreichenden überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) fest, daß den Beklagten neben den unstreitigen
Verletzungsfolgen auch die von der Klägerin beklagten weiteren Beeinträchtigungen
zuzurechnen sind. Grundsätzlich hat der Unfallverursacher auch für eine psychische
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Fehlverarbeitung als haftungsausfüllende Folgewirkung des Unfallgeschehens
einzustehen, wenn eine hinreichende Gewißheit besteht, daß diese Folge ohne den Unfall
nicht eingetreten wäre (vgl. BGH, VersR 1998, 200; VersR 1996, 990). Dabei scheitert die
Zurechnung solcher Schäden insbesondere nicht daran, dass der Verletzte infolge
körperlicher oder seelischer Disposition besonders schadensanfällig ist. Hier sind die
weiteren Beeinträchtigungen der Klägerin als konversionsneurotische Fehlverarbeitung auf
das Unfallereignis zurückzuführen.
1.
Der vom Senat beauftragte Sachverständige Dr. E hat in seinem neurologisch-
psychiatrischen Gutachten im einzelnen ausgeführt, daß bei der Klägerin ein chronisches
Schmerzsyndrom mit Schwäche des linken Arms im Sinne einer psychogenen Lähmung
vorliegt, das auf einer neurotischen Fehlverarbeitung des Unfalls vom 09.03.1995 beruht.
Eine Psychose scheide hier ebenso aus wie eine hirnorganische Beeinträchtigung oder
eine Persönlichkeitsstörung. Es handele sich vielmehr um eine konversionsneurotische
Entwicklung, bei der ein seelischer Konflikt in körperliche Störungen umgewandelt wird.
Dieser unbewußte Prozeß sei aus der Biographie der Klägerin heraus sehr
nachvollziehbar und wäre ohne den Unfall nicht eingetreten.
In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige darauf verwiesen, daß die Klägerin in
ihrer Herkunftsfamilie gelernt habe, Konflikte auszutragen und aus eigener Kraft
konstruktive Lösungen zu finden. Erstmalig beim Scheitern ihrer 16jährigen Ehe infolge
eines Alkoholproblems beim Ehemann und der Trennung im Jahr 1988 sei es dann zu
einer Situation gekommen, in der sie sich als ohnmächtig und hilflos empfunden habe und
keine Korrektur der eingetretenen Schieflage erreichen konnte. Sie habe darauf mit der
Entwicklung von Magengeschwüren reagiert, die schließlich zu einer 2/3-Resektion des
Magens 1989 geführt hätten. Schon dieser Krankheitszustand und auch die mehrfachen
akuten Unterbauchbeschwerden in den späteren Jahren seien im Sinne einer
psychosomatischen Krisenreaktion zu interpretieren. Danach sei es der Klägerin gelungen,
mit der Ausbildung als Altenpflegerin einen eigenen Lebensbereich aufzubauen. Auch im
Arbeitsleben habe sie aber erleben müssen, daß sie bei der Ansprache von Mißständen
nicht durchgedrungen sei, woraufhin sie den Arbeitsplatz gewechselt habe. Das hier zu
beurteilende Unfallgeschehen sei schließlich dadurch gekennzeichnet, daß sie den
Unfallversursacher persönlich über ihre Söhne gekannt habe und dieser aus einem
ebenfalls durch Alkoholproblematik beeinträchtigten Elternhaus stamme und schon
mehrere Unfälle verursacht habe. Das habe zu einem innerlichen Ambivalenzkonflikt
geführt, welche ein Ausleben des Ärgers über den Unfall verboten habe.
Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen sind die fortbestehenden
Beschwerden der Klägerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom
09.03.1995 zurückzuführen. Es ist davon auszugehen, daß es der Klägerin ohne den Unfall
besser gehen würde. Der Sachverständige hat zwar erklärt, daß auch andere Erlebnisse zu
dem gleichen psychisch bedingten Beschwerdebild hätten führen können. Es hätte sich
aber um Ereignisse von erheblichem Gewicht handeln müssen, ein Bagatellereignis sei
hierfür nicht ausreichend. Derartige andere Auslösungsursachen von Gewicht sind hier
nicht ersichtlich. Die unfallunabhängig vorliegenden Beschwerden wie der Hörsturz im Juni
1995 mit einem seither bestehenden Tinnitus - insoweit hat der Sachverständige Dr. E in
Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Gutachten von Dr. C einen Zusammenhang
mit dem Unfall verneint, so daß insoweit eine weitere Begutachtung nicht geboten war -
sowie die Schulteroperation von August 1996 und zwei spätere Ohnmachtsanfälle hätten
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nach der Bewertung des Sachverständigen nicht dazu geführt, daß die Klägerin ihren Beruf
aufgegeben hätte. Er habe in seiner Klinik häufig mit Patienten zu tun, bei denen eine
solche Entwicklung ernsthaft in Betracht käme. Die Klägerin selbst biete aber nach ihrer
gesamten Entwicklung ein gänzlich anderes Bild, sie könne mit diesen Beeinträchtigungen
umgehen. Dagegen hat es der Sachverständige als ohne weiteres nachvollziehbar
bezeichnet, daß die Klägerin aufgrund des hier zu beurteilenden chronischen
Schmerzsyndroms mit Schwäche des linken Arms den Beruf der Altenpflegerin nicht mehr
ausüben konnte. Diese Bewertung ist plausibel, da die Tätigkeit der Altenpflegerin gerade
auch den vollen Einsatz des linken Arms bedingt, wenn z.B. pflegebedürftige Patienten zu
heben oder umzulagern sind. Sie wird im übrigen auch von dem erstinstanzlichen
Gutachter Dr. C geteilt, der lediglich - aus chirurgischer Sicht - einen kausalen
Zusammenhang mit dem Unfall nicht herzustellen vermochte.
Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, der als Arzt für
Neurologie und Psychiatrie sowie Arzt für psychotherapeutische Medizin und Leitender
Arzt einer neurologischen Fachklinik sehr erfahren ist. Das von den Beklagten
demgegenüber vorgelegte Privatgutachten Dr. C2 ist nach dem Ergebnis der ergänzenden
Anhörung des Sachverständigen Dr. E nicht geeignet, dessen Beurteilung zu erschüttern.
Auch Dr. C2 hält eine konversionsneurotische Störung ausdrücklich für möglich. Soweit er
auch andere aus seiner Sicht denkbare auslösende Faktoren wie den Hörsturz, die
Schulteroperation und die Ohnmachts-anfälle anspricht, hat der Sachverständige Dr. E
nachvollziehbar darauf hingewiesen, daß Faktoren, die aus dem Körper selbst herrühren,
nicht ein solcher psychischer Bedeutungsgehalt zukommt, wie denjenigen, die von außen
auf den Patienten einwirken. Nur gegenüber Letzteren greife ein besonderes Gefühl der
Ohnmacht und der fehlenden Einwirkungsmöglichkeiten ein. Soweit Dr. C2 den Verdacht
auf eine Aggravation und Simulation geäußert hat, ist dem entgegenzuhalten, daß Dr. E
durchaus gewisse Verdeutlichungsmechanismen berücksichtigt hat. Er hat jedoch hierzu
überzeugend angegeben, daß es sich nicht um ein bewußtes Geschehen handele,
sondern um ein unbewußtes Zeigen der inneren Symptomatik, ein für neurotische
Störungen geradezu typisches Phänomen. Für ein simulatives Darstellen des
Beschwerdebildes hat der Sachverständige keinerlei Hinweise gefunden.
Für eine Begehrensneurose liegen ebenfalls keine Anhaltspunkte vor. Der
Sachverständige Dr. E hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Klägerin sich gerade
nicht in ihr Leiden hat fallen lassen, sondern inzwischen die mittlere Reife nachgeholt und
eine Umschulung zur Altentherapeutin absolviert hat. Schließlich waren das Unfallereignis
und die hierbei erlittenen Primärverletzungen ersichtlich auch nicht ein Bagatellfall, der
eine haftungsrechtliche Zurechnung psychischer Folgeschäden ausnahmsweise entfallen
lassen könnte (vgl. dazu BGH, VersR 1998, 200, 201).
2.
Nachdem die Beklagten somit auch für die seelisch bedingten Folgeschäden der Klägerin
einzustehen haben, hält der Senat unter Berücksichtigung aller Umstände ein
Schmerzensgeld von 15.000,00 DM für erforderlich, aber auch ausreichend. Da die
Klägerin sich die vorprozessual gezahlten 1.000,00 DM auf das Schmerzensgeld
anrechnen läßt, waren insoweit noch 14.000,00 DM (= 7.158,00 Euro) zuzusprechen.
Zu berücksichtigen war einerseits der lange Zeitraum, über den sich das chronische
Schmerzsyndrom erstreckt. Auch wenn nunmehr eine psychotherapeutische Behandlung
eingeleitet wird, die der Sachverständige Dr. E für geboten erachtet, wird bis zu einem
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möglicherweise erfolgreichen Therapieende noch ein Zeitraum von 1 bis 2 Jahren
vergehen. Daß eine derartige Behandlung bislang nicht eingeleitet worden ist, kann der
Klägerin nach der Bewertung des Sachverständigen Dr. E, der der Senat folgt, nicht
angelastet werden. Erst durch die Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen ist der
Klägerin die psychotherapeutische Behandlungs-bedürftigkeit vor Augen geführt worden.
Andererseits war und ist der Schmerzzustand nicht durchgängig von gleicher Heftigkeit.
Der Sachverständige hat hier von einer fluktuierenden Symptomatik gesprochen. Die
Klägerin selbst hat berichtet, daß die Schmerzen sich nur gelegentlich verstärken.
Zu berücksichtigen war weiter, daß bei der Klägerin auch unfallunabhängige Beschwerden
vorliegen. Zu verweisen ist hier auf die degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule,
die die erstinstanzlich tätigen Sachverständigen Prof. Dr. D und Dr. C herausgestellt haben
und die bei dem Beschwerdebild mitwirken, sowie auf die vorhandenen
unfallunabhängigen Ohrgeräusche. Zu beachten war auch, daß die psychische
Veranlagung der Klägerin für den eingetretenen Folgeschaden mitursächlich geworden ist.
Dies spielt zwar für die grundsätzliche Haftung der Beklagten keine Rolle, ist jedoch bei der
Schmerzensgeldbemessung nicht ohne Bedeutung, da insoweit gemäß § 847 BGB gerade
Billigkeitsgesichtspunkte maßgeblich sind.
Bei Abwägung aller Umstände erschien hier ein Schmerzensgeldbetrag von 15.000,00 DM
als angemessen.
3.
An Erwerbsschaden kann die Klägerin für den vom bezifferten Klageantrag umfaßten
Zeitraum bis einschließlich Juli 1999 insgesamt 43.260,40 DM beanspruchen.
Das Landgericht hat für die ersten drei Monate nach dem Unfallereignis einen
Verdienstausfall von 1.836,45 DM zugesprochen. Dieser Betrag ist nicht angegriffen und
deshalb auch weiterhin zu berücksichtigen.
Für die nächsten drei Monate hat das Landgericht erneut einen Betrag von 1.836,45 DM
zuerkannt, obwohl für diesen Zeitraum nur eine Erwerbsminderungsquote von 50 %
zugrundegelegt worden ist. Es liegt insoweit ein offensichtlicher Rechenfehler des
Landgerichts vor, der von Amts wegen auch in der Rechtsmittelinstanz berichtigt werden
kann. 50 % von 1.836,45 DM sind tatsächlich nur 918,23 DM. Einen höheren
Verdienstausfall hat die Klägerin hier nicht dargelegt. Da sie nach eigener Angabe
zwischenzeitlich einige Zeit gearbeitet hat, ist davon auszugehen, daß sie Lohnfortzahlung
erhalten und für diesen Zeitraum letztlich einen darüber hinaus gehenden Schaden nicht
erlitten hat.
Für den dann noch verbleibenden Zeitraum des Jahres 1995 ab 10.09. ist die Berechnung
des Landgerichts wiederum durch einen Rechenfehler beeinflußt. Die Klägerin hat belegt,
daß ihr durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen vor dem Unfall 2.781,54 DM
betragen hat. Erhalten hat sie nunmehr ein tägliches Krankengeld von 74,69 DM netto, was
einem Monatsbetrag von 2.240,70 DM entspricht. Für die verbleibenden zwei Monate und
21 Tage des Jahres 1995 errechnet sich danach ein Mindereinkommen von 1.460,27 DM.
Für 1996 hat die Klägerin eine Einkommenseinbuße von 4.718,18 DM substantiiert
dargelegt.
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Für 1997 ergibt sich entsprechend der zutreffenden Berechnung der Klägerin ein Ausfall
von 11.451,86 DM.
Für 1998 ist eine Verdiensteinbuße von 15.246,39 DM belegt.
Für Januar bis Juli 1999 errechnet sich ein Erwerbsschaden von 7.629,02 DM. Insoweit
war abweichend von der Berechnung der Klägerin aufgrund des vorgelegten
Bewilligungsbescheids des Arbeitsamts S vom 05.02.1999 von monatlichen Leistungen in
Höhe von 1.740,53 DM auszugehen. Gegenüber dem belegten Arbeitseinkommen von
2.830,39 DM ergibt sich eine monatliche Differenz von 1.089,86 DM.
4.
An Zuzahlungs- und Fahrtkosten können nicht mehr als die bereits vom Landgericht
zuerkannten 870,00 DM zugesprochen werden. Der größte Einzelposten, nämlich
25malige Fahrtkosten nach J zu Dr. P ist hinsichtlich der Anzahl der Fahrten nicht näher
belegt. Außerdem ist bei Dr. P die Schulteroperation durchgeführt worden, die nach den
überzeugenden Ausführungen des erstinstanzlich tätigen Sachver-ständigen Prof. Dr. D
eine unfallunabhängige Erkrankung betrifft. Bei dieser Sachlage ist eine höhere Schätzung
als vom Landgericht vorgenommen nicht möglich.
Der gesamte materielle Schaden der Klägerin bis Juli 1999 beträgt somit insgesamt
44.130,40 DM = 22.563,52 Euro.
5.
Der Feststellungsantrag ist begründet.
Zur Zeit dauern die unfallbedingten Beschwerden der Klägerin noch an. Ob sie durch die
vom Sachverständigen Dr. E für geboten erachtete psychotherapeutische Behandlung
dauerhaft beseitigt werden können und ob die Klägerin wieder berufstätig wird, ist derzeit
letztlich noch offen. Daher ist das Feststellungsbegehren gerechtfertigt.
Der Zinsausspruch beruht auf §§ 288, 291 BGB a.F.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Die
Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 541 Abs. 2 Satz 1 ZPO n.F.) liegen
nicht vor.