Urteil des OLG Hamm vom 10.03.1980

OLG Hamm (verteilung, zpo, antragsteller, antrag, sache, scheidung, begehren, zuständigkeit, scheidungsverfahren, bezirk)

Oberlandesgericht Hamm, 1 UF 276/79
Datum:
10.03.1980
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
1. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 UF 276/79
Tenor:
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Das Amtsgericht wird angewiesen, von seinen Bedenken Abstand zu
nehmen, das Familiengericht sei zur Entscheidung der vorliegenden
Sache nicht zuständig.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,- DM festgesetzt.
Gründe:
1
Der Antragsteller ist deutscher Staatsangehöriger. Die Antragsgegnerin ist persische
Staatsangehörige. Die Ehe der Parteien ist am 27. Mai 1977 vor dem Landgericht
Detmold rechtskräftig geschieden worden. Am 17. November 1974 war eine Scheidung
der Ehe nach persischem Recht vorangegangen. Der Antrag des Antragstellers gem.
Art. 7 § 1 des Gesetzes zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher
Vorschriften vom, 11. August 1961 festzustellen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen
für die Anerkennung dieser in Teheran erfolgten Scheidung vorliegen, ist letztlich durch
Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf ... vom 16. Dezember 1975
zurückgewiesen worden.
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Der Antragsteller behauptet, er habe am 1. April 1976 mit der Antragsgegnerin eine
Vereinbarung über die Verteilung des Hausrats getroffen. Dennoch habe die
Antragsgegnerin in der Folgezeit mehrfach darüberhinaus die Herausgabe von
Hausratsgegenständen verlangt. Mit der bei dem Familiengericht erhobenes Klage vom
4. Dezember 1978 begehrt er die Feststellung, daß die Antragsgegnerin ihm gegenüber
keine Ansprüche auf Zuweisung weiterer Hausratsgegenstände habe, als im Vertrag
vom 1. April 1976 festgelegt.
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Die Antragsgegnerin bestreitet ein Übereinkommen mit dem Antragsteller bezüglich der
Verteilung des Hausrats getroffen zu haben.
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Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht den Antrag als unzulässig
zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Familiengericht sei nicht
zuständig, über diesen Antrag zu befinden, da es sich nicht um eine Familiensache
handele.
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Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er vertritt die Auffassung, es
handele sich um eine Familiensache.
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Zutreffend hat das Amtsgericht im vorliegenden Verfahren durch Beschluß entschieden,
obwohl der Antragsteller sein Begehren in Form einer Feststellungsklage bei dem
Familiengericht anhängig gemacht hat. Denn es handelt sich hier, wie auszuführen sein
wird, um eine Familiensache i.S. des § 621 Abs. 1 Ziff. 7 ZPO. Das Verfahren richtet
sich nach § 1 Abs. 2 Hausratsverordnung in Verbindung mit § 621 a ZPO nach den
Vorschriften der Hausratsverordnung in Verbindung mit den Vorschriften des FGG sowie
der §§ 621 ff. ZPO.
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Das gem. § 621 e ZPO, 14 HVO zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des
angefochtenen Beschlusses.
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Das vorliegende Verfahren ist im Zusammenhang mit der Verteilung des Hausrates der
Parteien nach der 1974 geschiedenen Ehe anhängig gemacht worden. Auch insoweit
ist deutsches Recht Anwendbar, wenn das Scheidungsverfahren nach deutschem
Recht durchzuführen ist (vgl. Soergel-Kegel IPR Art. 17 EGBGB Rdnr. 103). Für das
zwischen den Parteien vorangegangene Scheidungsverfahren war das deutsche Recht
anzuwenden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Beschluß des OLG
Düsseldorf vom 27. Juli 1976 verwiesen ..., durch den die Anerkennung der am 17.
November 1974 in Teheran (Iran) vollzogenen und vom Scheidungsnotariat Nr. ... in
Teheran unter Nr. ... eingetragenen Privatscheidung versagt wurde.
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Im Gegensatz zur Auffassung des Amtsgerichts handelte es sich im vorliegenden
Rechtsstreit um eine Familiensache nach § 621 Abs. 1 Ziff. 7 ZPO.
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Nach § 1 HVO findet ein Hausratsverteilungsverfahren dann statt, wenn sich die
Ehegatten anläßlich der Ehescheidung nicht darüber einigen können, wer von ihnen die
Ehewohnung künftig bewohnen und wem der Hausrat bzw. zu welchen Teilen zufallen
soll. Die Durchführung eines Hausratsverteilungsverfahrens setzt voraus, daß zwischen
den Ehegatten die Verteilung des Hausrats noch offen ist. Liegt bereits eine Einigung
vor, so ist dem Gericht die ihm durch § 1 HVO gegebene Befugnis, seinerseits die
Rechtsverhältnisse an Wohnung und Hausrat rechtsgestaltend zu regeln, genommen.
Das bedeutet jedoch nicht, daß das Begehren einer der Parteien, diese Einigung
gerichtlich feststellen zu lassen, unzulässig ist. Ist zwischen den Parteien streitig, ob
eine Einigung stattgefunden hat oder nicht, so muß diese Frage vorweg geklärt werden
können. Zuständig ist der Richter des Hausratsverteilungsverfahrens bzw. heute das
Familiengericht und nicht das Prozeßgericht. Das ist jedenfalls dann anerkannt, wenn
die Frage, ob eine Einigung vorliegt oder nicht, in einem Hausratsverfahren als Vorfrage
zu klären ist, weil eine der Parteien eine von der angeblichen Einigung abweichende
Verteilung des Hausrats begehrt (OLG Bremen FamRZ 63/366 m.w.N.). Kommt der
Richter zu dem Ergebnis, eine Einigung sei erfolgt, so ist diese Entscheidung in die
Form eines Feststellungsausspruchs zu kleiden. Nichts anderes kann gelten, wenn, wie
hier, die Antragsgegnerin die von dem Antragsteller behauptete Einigung lediglich
bestreitet und wenigstens zur Zeit keine anderweitige Verteilung des Hausrates
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anstrebt. § 1 Abs. 2 HVO i.V.m. § 621 Abs. 1 ZPO weisen gerichtliche Entscheidungen
über die Verteilung des Hausrats der ausschließlichen Zuständigkeit des
Familiengerichts zu § 18 HVO bestätigt diesen Vorrang des Familiengerichts, in dem er
die Abgabe einer Sache an das Familiengericht vorschreibt, soweit in einem
Rechtsstreit vor dem Prozeßgericht Ansprüche hinsichtlich der Ehewohnung und des
Hausrats geltend gemacht werden. Diese ausschließliche Zuständigkeit würde in Frage
gestellt, wenn man die Entscheidung über einen Antrag auf Feststellung einer Einigung
der Parteien über die Verteilung des Hausrats dem Prozeßgericht zuweisen würde.
Denn auch bei einer solchen Feststellung wird in der Sache über die Verteilung des
Hausrats entschieden.
Verfahrensrechtliche Bedenken dagegen, im Rahmen eines Verfahrens nach Maßgabe
des FGG eine feststellende Entscheidung zu treffen bestehen nicht (vgl. OLG Bremen
a.a.O., m.w.N.). Das rechtliche Interesse des Antragstellers an der Feststellung der von
ihm behaupteten Einigung steht angesichts des Bestreitens der Antragsgegnerin nicht in
Frage.
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Läßt sich in einem Verfahren, in dem eine Partei die Einigung, wie hier, lediglich
bestreitet, eine Einigung nicht feststellen, so ist der Feststellungsanspruch als
unbegründet und nicht als unzulässig zurückzuweisen.
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Da es sich, wie dargelegt, vorliegend um eine Familiensache nach § 1 HVO i.V.m. § 621
Abs. 1 ZPO handelt, ist das Familiengericht Lemgo auch örtlich zuständig. Nach § 11
Abs. 1 HVO ist für das Hausratsverteilungsverfahren das Gericht der Ehesache des
ersten Rechtszuges (Familiengericht) zuständig. Das Gericht der Ehesache war vor
Einrichtung der Familiengerichte das Landgericht Detmold, heute also das für den
Wohnsitz des Antragstellers zuständige Familiengericht Lemgo. Denn gem. § 606 Abs.
2 ZPO ist für das Verfahren auf Scheidung der Ehe der Parteien das Familiengericht
zuständig, in dessen Bezirk die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen Aufenthalt hatten,
wenn einer der Ehegatten im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit dieses Verfahrens im
Bezirk dieses Gerichts seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der letzte gemeinsame
Aufenthaltsort der Parteien war ...
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 20 HVO, 16 Kostenordnung.
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