Urteil des OLG Hamm vom 27.05.2008

OLG Hamm: anrechnung der untersuchungshaft, bedingte entlassung, unterbringung, vollstreckung, behandlung, bewährung, auskunft, mittelwert, vollziehung, datum

Oberlandesgericht Hamm, 4 Ws 111/08
Datum:
27.05.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 Ws 111/08
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 18 StVK 260/08
Tenor:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Der Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts
Münster vom 19. Dezember 2007 (11 KLs 290 Js 295/07 - 27/07) endet
am 30. Juni 2008. Ab dem 1. Juli 2008 ist die Maßregel der
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu vollziehen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Landeskasse
auferlegt, die auch die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers
zu tragen hat.
G r ü n d e :
1
I.
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Das Landgericht Münster hat den Beschwerdeführer am 19. Dezember 2007 wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 10 Fällen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und zugleich seine
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet mit der Maßgabe, dass die
Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen ist, bis 1 Jahr 6 Monate der
Freiheitsstrafe vollstreckt sind. Dieses Urteil ist rechtskräftig seit dem 31. Januar 2008.
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Der Verurteilte begehrt mit Antrag vom 6. Februar 2008 die Herabsetzung des
Vorwegvollzuges auf sechs Monate und führt zur Begründung aus, nach Auskunft der
Fachklinik "I" dauern die Behandlungszeiten im Maßregelvollzug zwischen 12 und 24
Monaten, im Mittelwert also ein Jahr und sechs Monate. Mit Beschluss vom 26. März
2008 hat die Strafvollstreckungskammer diesen Antrag zurückgewiesen. Hiergegen
richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten, mit der er sein ursprüngliches
Begehren weiterverfolgt.
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Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt die Verwerfung der Beschwerde als
unbegründet.
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II.
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Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
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Gemäß § 67 Abs. 1 S. 1 StGB kann das Gericht die nach § 67 Abs. 2 StGB festgelegte
Reihenfolge der Vollstreckung ändern, wenn Umstände in der Person des Verurteilten
es angezeigt erscheinen lassen. Nach § 67 Abs. 2 S. 2 u. 3 StGB soll das Gericht bei
Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen
Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der
Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner
Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach § 67
Abs. 5 S. 1 StGB möglich ist. Danach kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes
unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 StGB zur Bewährung aussetzen,
wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Die Anwendung dieser Maßstäbe führt aus
folgenden Erwägungen zur Abänderung der Entscheidung: Die Hälfte der vierjährigen
Freiheitsstrafe ist unter Anrechnung der Untersuchungshaft (§ 51 StGB) am 19. Juni
2009 vollstreckt. Die Dauer der Suchtbehandlung bis zur Erzielung eines
Behandlungserfolges liegt in der Praxis bei ca. einem Jahr (vgl. Fischer, StGB, 55. Aufl.,
§ 67 Rdnr. 11), so dass eine bedingte Entlassung zum Halbstrafenzeitpunkt dann
möglich und zu erwarten ist, wenn der Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe Mitte des
Jahres 2008 endet. Die in den Urteilsgründen wiedergegebene Auffassung des
Sachverständigen, die Behandlung werde etwa drei bis sechs Monate dauern, steht im
Gegensatz zu den in der Praxis gewonnenen Erfahrungswerten und legt auch nicht dar,
weshalb bei dem Verurteilten ausnahmsweise der Behandlungserfolg schon nach
sechs Monaten eintreten soll.
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III.
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Die Kosten- und Auslagenentscheidung trägt dem Erfolg des Rechtsmittels Rechnung.
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