Urteil des OLG Hamm vom 23.07.2007

OLG Hamm: öffentliche urkunde, vollstreckung, bestimmbarkeit, bestimmtheit, abtretung, offenkundig, original, rechtsnachfolger, beweiskraft, vergleich

Oberlandesgericht Hamm, 31 W 10/07
Datum:
23.07.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
31. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
31 W 10/07
Vorinstanz:
Landgericht Essen, 16 (8 O 130/96)
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Das Landgericht wird angewiesen, den Antrag der Antragstellerin vom
24.1.2006 auf Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Gründe:
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Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft
und auch im Übrigen zulässig.
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Sie hat auch begründet.
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Die Rechtspflegerin des Landgerichts hätte die Erteilung der beantragten
Vollstreckungsklausel mit der gegebenen Begründung nicht ablehnen dürfen. Nach §
727 Abs. 1 ZPO kann eine vollstreckbare Ausfertigung für den Rechtsnachfolger des in
dem Urteil bezeichneten Gläubigers erteilt werden, wenn die Rechtsnachfolge bei dem
Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden
nachgewiesen wird.
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Zutreffend ist der Ausgangspunkt, dass es aufgrund der Veröffentlichung der Urkunde
des Notars N aus C vom 16.1.2003 (UR-Nr. ##/####) im Bundesanzeiger vom
30.3.2005 (Nr. 59 S. 4717) offenkundig ist, dass die Klägerin alle Forderungen an die
Antragstellerin abgetreten hat, die ab 1.1.1991 durch die Partnergesellschaft N1 &
Partner oder ihre Rechtsvorgängerinnen, Frau Rechtsanwältin N2 bzw. die
Partnergesellschaft Rechtsanwälte N3 & Partner, unter den Aktennummern #########
bis ##########im Namen der Klägerin oder ihrer Rechtsvorgängerinnen geltend
gemacht wurden.
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Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die abgetretenen Forderungen
hierdurch hinreichend bestimmt worden. Durch die Abtretung ist ein genau bezeichneter
Kreis von Forderungen angesprochen, der durch die Bevollmächtigten der Klägerin und
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deren Aktennummern eindeutig eingegrenzt ist. Geltend gemacht worden ist eine
Forderung durch die Partnergesellschaft N1 & Partner oder deren
Rechtsvorgängerinnen, sofern die Rechtsanwälte vorgerichtlich, gerichtlich oder im
Rahmen der Vollstreckung für die Klägerin oder deren Rechtsvorgängerinnen zur
Durchsetzung der Forderung tätig geworden sind. Ob eine bestimmte Forderung unter
die Abtretung fällt, lässt sich demnach durch einen Vergleich der verwendeten
Aktennummer mit den in der Abtretungsvereinbarung genannten Aktennummern jeweils
zweifelsfrei feststellen.
Dieser Beurteilung steht der vom Landgericht angeführte Beschluss der 5. Zivilkammer
des Landgerichts Münster vom 18.11.2001 (5 T 918/01) nicht entgegen. In dem dieser
Entscheidung zugrunde liegenden Fall war die Bestimmtheit und Bestimmbarkeit der
abgetretenen Forderungen zu verneinen, weil aus der im Bundesanzeiger
veröffentlichten Abtretungsvereinbarung – anders als hier – nicht hervorging, dass die
dort angeführten Aktennummern diejenigen der Bevollmächtigten der Klägerin waren
und auch sonst in der Abtretungsvereinbarung jeder Hinweis auf die Bevollmächtigten
fehlte.
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Von der Frage der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderungen ist
die Frage zu trennen, ob die im Urteil des Landgerichts Essen vom 4.7.1996 (8 O
130/96) und im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3.12.1996 (8 O 130/96) titulierten
Forderungen von der unter dem 16.1.2003 notariell beglaubigten
Abtretungsvereinbarung erfasst werden und ob dies – wie nach § 727 Abs. 1 ZPO
erforderlich – durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen ist.
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Diese Voraussetzungen sind indessen ebenfalls zu bejahen. Aus dem von der
Antragstellerin auf den Hinweis des Senats vom 14.3.2007 im Original eingereichten
Schreiben des Gerichtsvollziehers Klein vom 27.11.1997, dem eine Abschrift des
Vollstreckungsprotokolls vom gleichen Tag anlag und das eine Kostenrechnung nach
dem Gerichtsvollzieherkostengesetz (GvKostG) beinhaltete, geht hervor, dass die
Rechtsanwältin N2 die Forderungen aus dem Titel des Landgerichts Essen vom
4.7.1996 (8 O 130/96) und aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3.12.1996
jedenfalls im Rahmen einer Vollstreckung unter dem Aktenzeichen ########### im
Namen der Klägerin geltend gemacht hat. Dieses Aktenzeichen fällt unter diejenigen,
die in der Abtretungsvereinbarung angeführt sind. Das eine Kostenrechnung
beinhaltende Schreiben des Gerichtsvollziehers L ist ferner eine öffentliche Urkunde im
Sinne von §§ 417, 418 ZPO, deren Beweiskraft sich auch auf das Aktenzeichen der
Bevollmächtigten der Klägerin erstreckt. Denn dessen Übernahme in das Schreiben des
Gerichtsvollziehers und die Kostenrechnung beruhte auf der eigenen Wahrnehmung
des Gerichtsvollziehers (vgl. § 418 Abs. 3 ZPO).
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Das Landgericht wird den Antrag vom 24.1.2006 nunmehr unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden und die begehrte
Rechtsnachfolgeklausel, sofern sonstige Versagungsgründe nicht bestehen, zu erteilen
haben.
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