Urteil des OLG Hamm vom 15.03.2005

OLG Hamm: garage, absolutes recht, verjährungsfrist, streitverkündung, beweisverfahren, bindungswirkung, unterlassen, verzug, handbuch, zugehör

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Normen:
Leitsätze:
Tenor:
1
2
3
4
5
6
Aktenzeichen:
Oberlandesgericht Hamm, 28 U 161/04
15.03.2005
Oberlandesgericht Hamm
28. Zivilsenat
Urteil
28 U 161/04
Landgericht Bochum, 8 O 175/04
§§ 1004 BGB, 74 Abs. 3, 68 ZPO
1.
Zum Unterlassungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB und dessen
Verjährung.
2.
Mehrfachbegründungen des Urteils im Vorprozess nehmen nicht an der
Interventionswirkung des § 68 ZPO teil und entfalten in dem gegen den
Streitverkündungsempfänger geführten Folgeprozess keine
Bindungswirkung.
Die Berufung der Kläger gegen das am 22.07.2004 verkündete Urteil der
8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
A.
Gem. § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313 a Abs. 1 S. 1 und § 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO wird
von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen abgesehen.
B.
Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet.
Gem. Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB ist das BGB in der vor dem 01.01.2002 geltenden Fassung
anzuwenden, da der in Rede stehende Anwaltsvertrag vor dem 01.01.2002 abgeschlossen
7
8
9
10
11
12
13
worden ist. Der Beklagte zu 1) hat die Vertretung der Kläger im Hinblick auf die von der
klägerischen Garage ausgehenden Störungen auf das Grundstück der WEG G-Straße mit
Schreiben vom 05.04.2001 angezeigt. Das der Vertretungsanzeige zugrunde liegende
Mandat bezog sich ausweislich des Schreibens der Anwälte der WEG vom 10.09.2001
sowohl auf die hier in Rede stehenden Arbeiten an der klägerischen Garage als auch auf
die Übernahme der Kosten des Beweisverfahrens.
Ein Anspruch aus PVV des abgeschlossenen Anwaltsvertrages, der später auf die
Prozeßvertretung in dem Verfahren 4 O 121/02 Landgericht Essen erstreckt worden ist, ist
jedoch nicht gegeben.
I.
Der Anspruch scheitert allerdings nicht bereits an der Pflichtverletzung, diese liegt vor.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist ein Rechtsanwalt kraft des
Anwaltsvertrages verpflichtet, innerhalb der Grenzen auch eines beschränkten Mandates
(vgl. BGH NJW 2002, 1147 ff; VIZ 1998, 571, 572; NJW 1997, 2168, 2169; Zugehör,
Handbuch der Anwaltshaftung, Rdn. 509, 517) die Interessen seines Auftraggebers nach
jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen (BGH NJWRR 2000, 791 ff; NJW 1998,
900, 901; NJW 1988, 486, 487; NJW 1988, 1079, 1080; vgl. auch Borgmann, NJW 2000,
2953, 2955). Er hat zunächst zu klären, welches Ziel der Auftraggeber in seiner
Rechtsangelegenheit verfolgt (vgl. Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, Rdn. 534), der
Anwalt muß dann den ihm vorgetragenen und ggf. durch Nachfragen weiter aufzuklärenden
Sachverhalt dahin prüfen, ob er geeignet ist, den vom Auftraggeber erstrebten Erfolg
herbeizuführen. Dem Auftraggeber hat der Anwalt dann diejenigen Schritte zu empfehlen,
die zu dem erstrebten Ziel führen können. Dabei muß er den Auftraggeber vor Nachteilen
bewahren, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat der Anwalt seinem
Auftraggeber den sichersten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche rechtliche und
auch wirtschaftliche Risiken aufzuklären, damit der Auftraggeber eine sachgerechte
Entscheidung treffen kann; Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlaß gibt, muß
der Anwalt darlegen und mit seinem Auftraggeber erörtern (BGH NJW 1998, 900; NJW
1995, 449 ff; NJW 1993, 1320; NJW 1994, 1211, 1212). Er muß seinen Auftraggeber nicht
nur über das Vorhandensein, sondern auch über das ungefähre, in etwa abschätzbare
Ausmaß des Risikos unterrichten, weil der Auftraggeber in der Regel nur aufgrund einer
Einschätzung auch des Risikoumfangs über sein weiteres Vorgehen sachgerecht
entscheiden kann (BGH NJWRR 2000, 791 ff; NJW 1996, 2648, 2649; NJW 1995, 449,
450; NJW 1992, 195; NJW 1991, 2079; NJWRR 1990, 1241; NJW 1988, 2113; NJW 1988,
563, 566; BGHZ 89, 178, 182 = NJW 1984, 791, 793; BGHZ 97, 372, 376 = NJW 1986,
2043).
1.
Vor dem Hintergrund der vorstehenden Erörterungen ist es auch die Pflicht des Anwaltes,
die gegen den Mandanten geltend gemachten Ansprüche im Hinblick auf evtl. eingetretene
Verjährung zu überprüfen, den Mandanten entsprechend zu belehren, um ihm je nach
Ergebnis seiner Prüfung zu raten, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Hier
hingegen haben die Beklagten eine Verjährung der geltend gemachten Ansprüche
überhaupt nicht in Erwägung gezogen.
2.
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
Soweit die Kläger eine weitere Pflichtverletzung darin sehen, dass die Voreigentümer und
Verkäufer des klägerischen Grundstückes nicht wegen evtl. gegen diese gerichteter
Regreßansprüche aus Sachmängelhaftung in den Vergleich mit einbezogen worden sind,
ist der Vortrag – worauf in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen
worden ist – unerheblich. Denn die Kläger legen an keiner Stelle dar, was bei insoweit
pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten geschehen wäre. Dass die Voreigentümer den im
Hinblick auf die eigene Verpflichtung der Kläger gegenüber den Wohnungseigentümern
abgeschlossenen Vergleich in irgendeiner Weise mitgetragen hätten oder sich zu
irgendeiner Zeit zum Schadensersatz bereit erklärt hätten, ist angesichts des
Prozessverhaltens der Voreigentümer in dem später gegen sie geführten Rechtsstreit (5 C
142/02 LG Essen) nicht ersichtlich. In diesem Rechtsstreit nämlich haben sich die
Voreigentümer des klägerischen Grundstücks vehement gegen eine Zahlungsverpflichtung
zur Wehr gesetzt.
3.
Auch waren die Voreigentümer des klägerischen Grundstücks nicht Verrichtungsgehilfen
der Kläger, da diese nicht durch die Kläger zur Ausführung einer Verrichtung bestellt
worden sind (vgl. hierzu Palandt-Sprau, 64. Aufl., Rdn. 6). Aus diesem Grunde haben es
die Beklagten auch nicht pflichtwidrig unterlassen, gegenüber den Wohnungseigentümern
den Entlastungsbeweis nach § 831 BGB hinsichtlich der durch die Voreigentümer
durchgeführten Baumaßnahmen geltend zu machen.
II.
Den Klägern ist aus der oben dargelegten Pflichtverletzung - Unterlassen der
Verjährungsprüfung - indes kein kausaler Schaden entstanden.
Zur Beantwortung der Frage, welchen Schaden eine Pflichtverletzung zur Folge hat, ist zu
prüfen, welchen Verlauf das Geschehen bei pflichtgemäßem Verhalten des Anwalts
genommen hätte und wie die Vermögenslage des Betroffenen sein würde, wenn der
Anwalt die Pflichtverletzung nicht begangen, sondern pflichtgemäß gehandelt hätte. Dabei
ist auf den hypothetischen Tatsachenverlauf abzustellen (BGH NJW 1990, 2128, 2129;
NJW 1996, 2501; MDR 2000, 297, 298; Fischer in Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung,
Rdn. 1039).
Diese Prüfung führt hier zur Verneinung eines Schadens, da auch bei Prüfung der
Verjährungsproblematik durch die Beklagten die Vermögensminderung auf Seiten der
Kläger eingetreten wäre. Die Ansprüche der Wohnungseigentümer waren nämlich nicht
verjährt.
1.
Der Anspruch WEG gegen die Kläger auf Unterfangung der Garage und Beseitigung der L-
Steine basierte nicht auf § 823 Abs. 1 BGB, da die Kläger die schädigenden Arbeiten an
der Garage weder selbst durchgeführt hatten, noch durch Verrichtungsgehilfen hatten
ausführen lassen.
Auch eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der Verletzung eines Schutzgesetzes war
nicht gegeben, da eine Schutzgesetzverletzung weder dargetan noch ersichtlich ist.
Als Anspruchsgrundlage war hingegen § 1004 BGB heranzuziehen. Dieser regelt in
seinem Abs. 1 S. 1 einen Anspruch auf Beseitigung einer Eigentumsbeeinträchtigung, S. 2
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
der zitierten Norm stellt dem Berechtigten einen Unterlassungsanspruch zur Seite.
Während der Beseitigungsanspruch sich dabei auf die Abstellung der Beeinträchtigung für
die Zukunft richtet, zielt der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger
Beeinträchtigungen ab. Um letzteres ging es hier.
a)
Eine Beeinträchtigung eines durch § 1004 BGB geschützten absoluten Rechts der
Wohnungseigentümer durch die hier in Rede stehende Garage der Kläger lag vor. Den
Wohnungseigentümern G-Straße stand hinsichtlich der in Rede stehenden Winkelsteine
ein geschütztes absolutes Recht i.S.d. § 1004 BGB zu. Da sich nämlich die senkrechten
Teile der Winkel auf der Grundstücksgrenze zu der WEG G-Straße befanden und die
beiden Nachbarstücke voneinander trennen sowie die Höhenunterschiede zwischen
beiden Grundstücken abfangen sollten, handelt es sich bei den im Jahr 1985 mit
Zustimmung der Voreigentümer des klägerischen Grundstückes errichteten LT um eine
Grenzeinrichtung. Hiervon geht auch, ohne daß dies bestritten worden ist, die Klageschrift
aus, die von einer Grenzwand spricht, deren Nutzung beiden Nachbarn gemeinschaftlich
zusteht, § 922 BGB. Dieses Nutzungsrecht besteht aber nur im Rahmen der Beschaffenheit
(Palandt-Bassenge, 64. Aufl., § 922, Rdn. 2). Die über die Stützkapazität der LSteine
hinausgehende Nutzung als Stütze für die Garage und der damit auf die LSteine ausgeübte
Druck, geht hingegen über die Beschaffenheit der Grenzeinrichtung hinaus. Insoweit steht
dem Nachbarn ein Anspruch aus § 1004 zu (vgl. für den Fall der Beeinträchtigung des
Mitbenutzungsrechtes: Palandt-Bassenge, 64. Aufl., § 922, Rdn. 2).
b)
Die hier vorliegende Verletzung der Rechte der Wohnungseigentümer ist den Klägern auch
als Zustandsstörer zuzuordnen. Denn sie sind Eigentümer des Grundstücks, von dem die
Beeinträchtigung ausging, wobei die Aufrechterhaltung der Störung auch auf ihren Willen
zurückging, sie insbesondere der Pflicht zur Störungsbeseitigung nicht nachgekommen
sind (vgl. zum Begriff des Zustandsstörers Palandt-Bassenge, 64. Aufl., § 1004, Rdn. 19 ff).
c)
Im Rahmen des negatorischen Unterlassungsanspruches i.S.d. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB
konnten die Wohnungseigentümer von den Klägern die hier in Rede stehenden Arbeiten,
nämlich die Unterfangung der Garage und die Beseitigung der schadhaften LSteine
verlangen.
aa)
Denn vom Unterlassungsanspruch ist nicht bloß das reine Unterlassen erfaßt, sondern
auch die Beseitigung eines in ein Recht im Sinne des § 1004 BGB eingreifenden
gegenwärtigen Bedrohungs- oder Gefährdungszustandes (vgl. Staudinger-Gursky,
12. Aufl., § 1004, Rdn. 208; vgl. auch BGH NJW 2004, 1035, 1036). Insoweit ging es der
Wohnungseigentümergemeinschaft darum, künftige weitere Störungen an der
Grenzeinrichtung in Gestalt weiterer Druckausübung auf die LSteine durch die klägerische
Garage abzuwenden. Hierfür gibt das Gesetz den Unterlassungsanspruch gem. § 1004
Abs. 1 S. 2 BGB (BGH, NJW 2004, 1035, 1036).
bb)
Gleiches gilt für die Entfernung der schadhaften Winkelsteinwand. Insoweit handelt es sich
35
36
37
38
vorliegend nicht um einen nicht von § 1004 BGB gedeckten Ersatz von Folgeschäden (vgl.
BGH, NJW 2004, 1035, 1036; NJW 1996, 845, 846; BGHZ 135, 235 ff = NJW 1997,
2234 ff). Denn die Entfernung der schadhaften Steine stellt lediglich ein notwendiges
Durchgangsstadium dar, da die erforderliche Unterfangung der Garage nicht ohne die
Entfernung der schadhaften LSteine vonstatten gehen konnte. In diesem Fall, in dem eine
isolierte Entfernung der vorhandenen Schadensursache technisch nicht durchführbar ist,
muß sich der Beseitigungsanspruch auch auf die weitere erforderliche Maßnahme, hier die
Entfernung der LSteine, erstrecken (vgl. BGH NJW 1996, 845 = BB 1996, 610 = MDR 1996,
359; BGHZ 18, 253, 266 = NJW 1956, 17; RGZ 127, 29, 35).
d)
Dieser Anspruch war zum Zeitpunkt der Vornahme der Arbeiten durch die Kläger im Jahre
2001 auch nicht verjährt. Auch hierfür ist das BGB in der Fassung maßgebend, die vor dem
01.01.2002 galt. Nach der Rechtsprechung des BGH unterfielen dabei die
Abwehransprüche aus § 1004 BGB der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F.
(BGHZ 60, 235, 238 = NJW 1973, 703; BGHZ 125, 56, 63 = NJW 1994, 999; speziell zum
Unterlassungsanspruch: BGH NJW 2004, 1035 ff, 1036; Palandt-Bassenge, 61. Aufl., 1004,
Rdn. 45). Ob dabei für den Unterlassungsanspruch eine Verjährung schlechthin zu
verneinen ist (vgl. hierzu z. B. Bamberger/Roth Fritzsche § 1004, Rdn. 114), kann
vorliegend dahinstehen, da die 30-jährige Verjährungsfrist nicht ansatzweise abgelaufen
war, als die Kläger durch die Wohnungseigentümergemeinschaft in Anspruch genommen
wurden. § 852 BGB a. F. mit der hier geregelten 3jährigen Verjährungsfrist kann hingegen
im vorliegenden Fall nicht analog angewendet werden. Die analoge Anwendung dieser
Norm ist lediglich im Rahmen der quasinegatorischen Beseitigungsansprüche, welche von
den negatorischen Unterlassungsansprüchen abzugrenzen sind, und auch dort nur dann
angenommen worden, wenn zusätzlich deliktische Ansprüche, speziell aus § 823 Abs. 2
BGB i.V.m. einer Schutzgesetzverletzung in Rede standen (vgl. BGH NJW 1969, 463 zum
Widerruf einer ehrverletzenden Äußerung; BayObLGZ 2000, 355 ff; Münchener Kommentar
- Medicus, 3. Aufl., § 1004 Rdn. 70; RGRK Kreft , 12. Aufl., § 852, Rdn. 9; a.A. auch für den
Unterlassungsanspruch Soergel-Mühl, § 1004, Rdn. 186). Da es hier weder um den
quasinegatorischen Beseitigungsanspruch, noch um einen konkurrierenden deliktischen
Schadensersatzanspruch geht, ist nach Vorstehendem im vorliegenden Fall von der 30-
jährigen Verjährungsfrist auszugehen. Hierauf hatte der Senat bereits im Termin zur
mündlichen Verhandlung vom 15.03.2005 hingewiesen.
e)
Die Verjährung des Anspruchs der WEG gegen die Kläger ist gegenüber den Beklagten
auch nicht durch die in dem Verfahren 5 C 142/04 AG Hattingen in der Berufungsinstanz
erfolgte Streitverkündung bindend festgestellt worden. Zwar scheitert die Wirksamkeit der
Streitverkündung nicht an dem gem. § 72 ZPO erforderlichen Alternativverhältnis (vgl. dazu
Zöller-Vollkommer- 25. Aufl., § 72, Rdn. 7), denn auch hier geht der Regreßanspruch gegen
den Rechtsanwalt teilweise auf Ersatz des Schadens, den der Prozeßverlust für den
Streitverkünder zur Folge hatte. Der Kläger fürchtete zum Zeitpunkt seiner Streitverkündung
den gegen die Grundstücksverkäufer geführten Regressprozeß wegen des Einwandes des
§ 254 Abs. 2 BGB zu verlieren, da gegenüber den Wohnungseigentümern die Einrede der
Verjährung nicht erhoben worden war. Für diesen Fall wäre bei bindender Feststellung
einer Verjährung des Anspruchs der Wohnungseigentümer gegen die Kläger statt des
Anspruchs gegen die Verkäufer ein solcher gegen die Beklagten gegeben, so dass das für
die Streitverkündung erforderliche Alternativverhältnis vorliegt.
39
40
41
42
43
44
Dahinstehen kann, ob die Streitverkündung wegen fehlerhafter Mitteilung des
Anspruchsinhaltes gegen die Beklagten unwirksam ist (vgl. hierzu BGH NJW 2002, 1414
ff).
Denn der Bindungswirkung steht vorliegend entgegen, dass das in diesem Rechtsstreit
ergangene Urteil der Berufungskammer des Landgerichts Essen in seiner Begründung
nicht nur auf den Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 BGB
wegen Verjährung abgestellt hat, sondern zusätzlich darauf, dass die Ursächlichkeit der
behaupteten Aufklärungspflichtverletzung für den Abschluss des Kaufvertrages zwischen
den Klägern und den Voreigentümern nicht feststehe. Mehrfachbegründungen entfalten
keine Bindungswirkung (vgl. Zöller-Vollkommer, 25. Aufl., § 68, Rdn. 10), und zwar deshalb
nicht, weil der Nebenintervenient oder Streitverkündete praktisch gehindert ist, allein die
ihn belastende Zusatzbegründung mit Erfolg anzugreifen (Zöller-Vollkommer a.a.O.;
Wieczorek/Schütze, 3. Auflage, § 68, Rn. 102, 103). Die Anfechtung des Ersturteils – oder
wie hier eine Beteiligung daran - allein wegen des ihn belastenden Teils der kumulativen
Begründung ist ihm einerseits nicht möglich und würde andererseits dem Streitverkünder
nicht helfen, da der andere Teil der Kumulativbegründung verbliebe. Eine Beteiligung des
Streitverkündeten ist in diesen Fällen einer dem Streitverkünder nachteiligen
Mehrfachbegründung, von der nur ein Teil Grundlage für einen Rückgriff gegen den
Streitverkündeten bilden kann (hier: Bejahung einer Verjährung des Anspruchs der WEG
gegen die Kläger analog § 852 BGB a. F.) auch aus einem weiteren Grunde unzumutbar,
so dass auch deshalb eine Bindungswirkung zu seinem Nachteil entfällt. Denn selbst wenn
der Streitverkündete durch seine Beteiligung an dem Rechtsstreit es hätte erreichen
können, dass das den Vorprozess abschließend entscheidende Gericht die
Verjährungsfrage anders und richtig beurteilt hätte, wäre die unterstützte Partei wegen des
verbleibenden anderen Teils der Urteilsbegründung (hier: fehlende Kausalität für den
Abschluss des Kaufvertrages) genauso unterlegen und der Streitverkündete hätte als ihr
Streithelfer seine Kosten nach §§ 74 Abs. 1, 101 ZPO selbst tragen müssen, obwohl er
nach der – richtig beurteilten – Rechtslage nicht regresspflichtig und daher bei direkter
Inanspruchnahme auch nicht kostenpflichtig ist.
f)
Da der Anspruch der Wohnungseigentümer gegen die Kläger auf Unterfangung der Garage
und Beseitigung der LSteine damit nicht verjährt war, beruht der von den Klägern insoweit
geltend gemachte Beseitigungsaufwand nicht auf der Pflichtverletzung der Beklagten.
Denn das Ergebnis einer pflichtgemäß durchgeführten Prüfung der Verjährungsfrage wäre
gewesen, so wie tatsächlich geschehen, den Rat zur Durchführung der notwendigen
Arbeiten zu erteilen.
2.
Auch hinsichtlich der Erstattung der in dem Beweisverfahren 6 H 8/98 Amtsgericht
Hattingen a. d. Ruhr entstandenen Kosten ist ein kausaler Schaden nicht eingetreten. Auch
diesem Anspruch hätte die Verjährung nicht entgegengestanden. Denn der Anspruch der
Wohnungseigentümer bezog sich nachdem die Klage im Hinblick auf weitere
Mangelbeseitigungskosten zurückgenommen war auf die Übernahme der Kosten, die der
WEG in dem Beweisverfahren entstanden waren. Insoweit handelte es sich um einen
materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch auf Ersatz von Prozeßkosten, der hier auf
Verzug gem. § 286 BGB a.F. gegründet war (vgl. hierzu Zöller-Herget, 25. Aufl., vor § 91,
Rdn. 11). Die in Rede stehenden Kosten aus dem selbständigen Beweisverfahren waren
Kosten zur Vorbereitung eines Rechtsstreites, zu dem es in der Folge nicht mehr
45
46
47
48
gekommen ist, weil die Kläger die Beseitigung des störenden Zustandes gegenüber der
WEG vorgenommen haben und damit ein Prozeß in der Hauptsache entbehrlich wurde. In
diesem Falle ist streitig, ob im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine
Kostenentscheidung i.S.d. § 91 a ZPO erfolgen kann (vgl. Zöller-Herget, 25. Aufl., § 91,
Rdn. 13, Stichwort "Selbständiges Beweisverfahren"). Da eine solche Entscheidung
vorliegend durch das Amtsgericht Hattingen abgelehnt worden ist und die WEG den
entsprechenden Antrag gem. § 91 a ZPO in der Folge zurückgenommen hat, waren die
Wohnungseigentümer befugt, die Kosten in einer gesonderten Klage geltend zu machen
(vgl. zum Wahlrecht bei Vorbereitungskosten: Zöller-Herget, 25. Aufl., vor § 91, Rdn. 12).
Da sich der Anspruch der Wohnungseigentümer darauf stützte, dass sich die Kläger mit der
Erfüllung des gegen sie gerichteten Unterlasungsanspruchs in Verzug befanden, war
Anspruchsgrundlage § 286 BGB a.F. Für den Schadensersatz wegen Verzuges spielt die
Verjährung der Hauptforderung, deren fehlende Überprüfung den Beklagten hier
vorgeworfen wird, im Rahmen der Verzugsprüfung selbst eine Rolle. Denn der Verzug
endet dann, wenn die zugrundeliegende Hauptforderung hier auf Beseitigung des
gefahrbringenden Zustandes der Garage verjährt ist (vgl. Palandt-Heinrichs, 61. Aufl.,
§ 284, Rdn. 39 m.w.N.). Da insoweit aber nach Vorstehendem die 30-jährige
Verjährungsfrist gilt, scheitert die Annahme des Verzuges selbst hier nicht an der
Verjährung der Hauptforderung. Auch die Verzugsforderung selbst war nicht verjährt. Für
§ 286 Abs. 1 BGB gilt die Verjährungsfrist des Hauptanspruchs; die Verjährung beginnt
dabei mit der Entstehung des Schadens (BGH LM Nr. 3; WM 73, 489; Palandt-Heinrichs,
61. Aufl., § 286, Rdn. 4). Da die 30-jährige Verjährungsfrist im Hinblick auf den
Unterlassungsanspruch nicht ansatzweise abgelaufen war, ist für die Verzugsforderung die
Verjährung ebenfalls nicht ersichtlich.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
IV
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlaßt, § 543 ZPO. Die Rechtssache hat weder
grundsätzliche Bedeutung, noch fordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Denn die
dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegende Konstellation betrifft einen Einzelfall.
Dieser ist anhand der geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung gelöst worden. Bisher
nicht oder anders entschiedene Rechtsauffassungen sind nicht vertreten worden.