Urteil des OLG Hamm vom 04.08.2003
OLG Hamm (kläger, land, einbau, entschädigung, balkon, höhe, passiven, berechnung, betrag, schallschutz)
Oberlandesgericht Hamm, 16 U (Baul) 2/03
Datum:
04.08.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 U (Baul) 2/03
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 65 O (Baul) 9/00
Tenor:
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das am 17.12.2002
verkündete Urteil des Landgerichts Köln - Kammer für Baulandsachen -
teilweise abgeändert.
Das beklagte Land wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger
3.324,84 € nebst 9,5 % Zinsen seit dem 26.11.1997 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des ersten Rechtszuges zu jeweils 39 %,
das beklagte Land zu 22 %.
Außerdem tragen die Kläger jeweils zur Hälfte die durch die Anrufung
des Verwaltungsgerichts Köln entstandenen Mehrkosten.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger jeweils 27,5
% und das beklagte Land 45 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
vollstreckbaren Betrages die Zwangsvollstreckung abwenden, wenn
nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d :
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Die Parteien streiten um die Höhe von Entschädigungsansprüchen wegen
Verkehrslärmeinwirkungen.
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Mit Planfeststellungsbeschluß des Landschaftsverbandes Rheinland vom 05.09.1989
war der Plan für den Neubau der L ### in M festgestellt worden. Gegen diesen
Planfeststellungsbeschluß hatten die Kläger, die Eigentümer zweier Wohnungen im
Erdgeschoß und 1. Obergeschoß des Hauses T-Straße in M sind, geltend gemacht, zu
Unrecht seien ihre Wohnungen im Gegensatz zum 2. Obergeschoß des Hauses nicht in
den Maßnahmenkatalog bezüglich des Anspruchs auf passiven Lärmschutz
aufgenommen worden. Auf den schriftsätzlichen Vorschlag der Kläger vom 07.02.1991
hatten diese und der Landschaftsverband Rheinland folgenden Vergleich geschlossen:
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1. Der Landschaftsverband Rheinland verpflichtet sich, auf seine Kosten nach
Verkehrsfreigabe der L ### eine Lärmmessung bezüglich der Wohnungen der
Kläger T-Straße, Erdgeschoß und 1. Obergeschoß durchführen zu lassen, wobei
diese Lärmmessung frühestens einen Monat nach Verkehrsfreigabe erfolgen darf.
2. Sollte sich herausstellen, daß die gemessenen Werte den Immissionspegel von
55/45 dB (A) überschreiten, verpflichtet sich der Landschaftsverband Rheinland,
einen zusätzlichen passiven Schallschutz bei den Klägern aus-führen zu lassen
und hierfür die Kosten zu tragen. Sollte passiver Schallschutz aus technischen
Gründen nicht möglich sein, verpflichtet sich der Landschaftsverband Rheinland,
eine noch auszuhandelnde Entschädigung zu zahlen. Die Parteien des
Verfahrens gehen davon aus, daß die Wohnungen der Klägerin im sog. nicht
lärmvorbelasteten Gebiet liegen.
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Die Kläger hatten daraufhin die Klage zurückgenommen.
6
Nach Ermittlung des Lärmpegels teilte der Landschaftsverband Rheinland den Klägern
unter dem 28.03.1996 mit, daß die nach der Verkehrsfreigabe ermittelten Lärmpegel
58,5 dB (A) tags und 50,2 dB (A) nachts betrügen. Nachdem es in der Folgezeit über die
Höhe der zu zahlenden Entschädigung zu keiner Einigung kam, haben die Kläger mit
Schriftsatz vom 12.02.1999 beim Verwaltungsgericht Köln im Wege der Teilklage
Verurteilung des Landschaftsverbandes Rheinland zur Zahlung von 30.000,00 DM
erhoben. Durch Beschluß vom 18.05.2000 hat das Verwaltungsgericht den
Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht
Köln, Kammer für Baulandsachen, verwiesen.
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Die Kläger haben geltend gemacht, die Balkone seien wegen der enormen
Lärmbelästigung nicht mehr nutzbar und daher wertlos. Insoweit sei eine
Entschädigungsleistung von 26.880,00 DM (13.743,53 €) angemessen. Weitere Kosten
fielen für den erforderlichen Einbau von Lüftungsautomaten an. Zumindest seien in jeder
Wohnung zwei Räume, nämlich Schlafzimmer und Kinderzimmer, mit jeweils zwei
Lüftern auszustatten, wofür insgesamt 12.000,00 DM (6.135,50 €) erforderlich seien.
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Der Landschaftsverband Rheinland ist dem Klagebegehren entgegengetreten und hat
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geltend gemacht, der Außenwohnbereich sei nicht Gegenstand des Vergleichs
gewesen, so daß ein Anspruch wegen der eingeschränkten Nutzbarkeit der Balkone
ausscheide. Zudem errechne sich die Wertminderung pro Balkon lediglich auf
968,00 DM bzw. 940,80 DM. Zudem hätten die Kläger allenfalls Anspruch auf Einbau
der von ihm angebotenen Lüftungsgeräte Sigenia Aeropack Typ 2 und nicht auf die von
den Klägern in erster Linie verlangten teureren Lüftungsautomaten.
Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Einholung zweier
Sachverständigengutachten des Sachverständigen C vom 15.05.2001 mit Nachtrag vom
20.02.2002 und des Sachverständigen N vom 20.06.2001 mit Ergänzung vom
22.01.2002 durch das angefochtene Urteil vom 17.12.2002 unter Abweisung der
weitergehenden Klage den Landschaftsverband Rheinland verurteilt, an die Kläger als
Gesamtgläubiger 6.000,00 € nebst 9,5 % Zinsen seit dem 26.11.1997 zu zahlen. Zur
Begründung hat es ausgeführt, der Entschädigungsanspruch stehen den Klägern dem
Grunde nach aufgrund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geschlossenen
Vergleichs zu. Für die Lärmbeeinträchtigung im Hinblick auf die Balkone seien 4.000,00
€ (2 x 2.000,00 €) und für den Einbau von Schalldämmlüftern an zwei
Schlafzimmerfenstern weitere 2.000,00 € (2 x 1.000,00 €) zu.
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Gegen dieses Urteil hat der Landschaftsverband Rheinland Berufung mit dem Ziel einer
vollständigen Klageabweisung eingelegt. Anstelle des Landschaftsverbandes ist jedoch
aufgrund der zum 01.01.2001 in diesem Bundesland geänderten Bestimmungen über
die Straßenbaulast für Landesstraßen (§ 43 I S. 1 Nr. 1 StrWG NRW) und des im Gesetz
vorgesehenen Rechtsübergangs (§ 10 StrWG NRW) das Land Nordrhein-Westfalen
getreten, so daß das Rubrum insoweit richtiggestellt wurde.
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Das beklagte Land trägt vor, das Landgericht habe bei der Festlegung der
Entschädigungshöhe eine fehlerhafte Beweiswürdigung vorgenommen. Statt des für
jeden Balkon festgelegten Entschädigungsbetrages von 2.000,00 € hätte die
Entschädigung lediglich nach den von dem Sachverständigen C ermittelten Beträgen
von 1.100,00 DM (562,42 €) je Balkon festgesetzt werden dürfen, wie er dort nach
Maßgabe des Planfeststellungsbeschlusses und der darin in Bezug genommenen
Richtlinien zur Erstattung der Aufwendungen für Lärmschutzmaßnahmen an baulichen
Anlagen bei Lärmvorsorge und Lärmsanierung vom 02.10.1987 zutreffenderweise
berechnet worden sei. Die genannten Richtlinien seien seit Jahren als antizipiertes
Sachverständigengutachten zur Berechnung der Entschädigungshöhe für
Lärmbeeinträchtigungen allgemein anerkannt. Die Berechnung des
Entschädigungsbetrages sei ohne weiteres nach diesen Richtlinien exakt vorzunehmen,
wie es auch der Sachverständige getan habe. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die
Berechnung der Entschädigungshöhe sei zudem der Planfeststellungsbeschluß vom
05.09.1989, der auf die fraglichen Richtlinien hinweise.
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Auch die Zuerkennung von 2.000,00 € für den Einbau von Schalldämmlüftern sei
fehlerhaft. Soweit Lüftungselemente überhaupt erforderlich seien, was bestritten werde,
seien die geschätzten Kosten von 1.500,00 DM je Lüfter zu hoch veranschlagt. Soweit
das Landgericht für Folgekosten pro Lüftungselement nochmals einen Betrag von
455,83 DM in Ansatz gebracht habe, sei dies ebenfalls fehlerhaft. Zu den
erstattungsfähigen Kosten gehörten zwar nach der 24.
Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) auch der Einbau von
Lüftungselementen in überwiegend zum Schlafen dienenden Räumen; zu den
erstattungsfähigen Kosten gehören jedoch nicht die Unterhaltungs-, Erneuerungs-,
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Versicherungskosten sowie die Betriebskosten von Lüftern und Rolläden.
Der Beklagte beantragt nunmehr,
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das Urteil des LG Köln vom 17.12.2002, Az.: 65 O (Baul.) 9/00, dahin abzu- ändern,
daß die Klage insgesamt abgewiesen wird.
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Die Kläger beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie treten dem Berufungsvorbringen im einzelnen entgegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung des nunmehr auf der Beklagtenseite stehenden Landes Nordrhein-
Westfalen hat teilweise Erfolg.
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Dem Grunde nach besteht der von den Klägern geltend gemachte
Entschädigungsanspruch aufgrund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren 23 K
4205/89 VG Köln abgeschlossenen Vergleichs, der dadurch zustandegekommen ist,
daß der damals beklagte Landschaftsverband Rheinland mit Schreiben vom 04.03.1991
dem Vergleichsvorschlag im anwaltlichen Schreiben der Kläger vom 29.08.1990
zugestimmt hat. Hierüber besteht im Grundsatz zwischen den Parteien auch kein Streit.
Ferner stimmen die Parteien darin überein, daß eine Überschreitung der für das
Entstehen einer Verpflichtung zu zusätzlichem passiven Schallschutz maßgebenden
Immissionswerte von 55/45 dB(A) vorliegt und insoweit von 58,5 db (A) tags und
50,2 db (A) nachts auszugehen ist
22
1.
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Soweit sich das beklagte Land gegen die Höhe vom Landgericht festgesetzten
Entschädigung für die Lärmbeeinträchtigung im Hinblick auf die Balkone wendet, ist die
Berufung teilweise begründet. Dem Grunde nach akzeptiert das beklagte Land
inzwischen grundsätzlich, daß der in 1990/1991 geschlossene Vergleich sich auch auf
Entschädigungsansprüche wegen der Lärmbelästigung auf den Balkonen bezieht und
nicht lediglich auf die Beeinträchtigung in Bezug auf die Innenräume. Dies steht auch im
Einklang mit den Ausführungen auf S. 7 des Planfeststellungsbeschlusses vom
05.09.1989, in welchem es wörtlich heißt:
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Die Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit der Außenwohnbereiche (z.B.
Balkon, Terrasse), bei denen der Lärmpegel über den entsprechend der Gebietsart
zumutbaren Lärmrichtwerten (Mittelungspegel) für den Tag liegt, ist ebenfalls zu
entschädigen.
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Zu Recht beanstandet das beklagte Land, daß das Landgericht abweichend von der an
den "Richtlinien zur Erstattung der Aufwendungen für Lärmschutzmaßnahmen an
baulichen Anlagen bei Lärmvorsorge und Lärmsanierung im Bereich von
26
Bundesstraßen in der Baulast des Bundes" orientierten Schätzung des
Sachverständigen C von 1.100,00 DM je Balkon einen deutlich höheren Betrag für die
Beeinträchtigung auf den Balkonen festgesetzt hat. Zwar ergibt sich aus dem Text des
abgeschlossenen Vergleichs nicht eine bindende Vereinbarung dahingehend, daß eine
bei entsprechenden Meßwerten zu zahlende Entschädigung nach den genannten
Richtlinien zu erfolgen hatte. Vielmehr ist von der Zahlung einer noch auszuhandelnden
Entschädigung die Rede. Aus diesem Grunde kommt auch dem Umstand, daß in dem
verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Kläger gerügt hatten, zu Unrecht seien ihre
Wohnungen nicht in den Maßnahmenkatalog bezüglich des Anspruchs auf massiven
Lärmschutz aufgenommen worden, keine entscheidende Bedeutung in Richtung auf die
Annahme einer verbindlichen Einigung auf die Anwendung der genannten Richtlinien
im Entschädigungsfalle zu.
Jedoch hat das Landgericht seine Entscheidung, abweichend von dem vom
Sachverständigen C ermittelten Entschädigungsbetrag von 1.100,00 DM (562,42 €) je
Balkon 3.911,66 DM (2.000,00 €) pro Balkon als Entschädigungsbetrag festzusetzen,
nicht nachvollziehbar begründet. Während die vom Sachverständigen
zugrundegelegten Anknüpfungsgrundlagen als zutreffend genannt werden, nimmt das
Landgericht dann jedoch eine Wertung dahin vor, daß eine deutliche
Lärmmehrbelastung vorliege und die Nutzbarkeit der Balkone in nicht unerheblichem
Maße eingeschränkt werde, so daß eine höhere Entschädigung erforderlich sei.
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Dieser Wertung des Landgerichts kann allerdings nicht gefolgt werden. Gemessen an
dem im Vergleich vereinbarten oberen Immissionspegel von 55 dB (A) tagsüber (für die
Balkonnutzung kann nur der Tages- und nicht der Nachtwert maßgebend sein) liegt eine
lediglich geringe Überschreitung von 3,5 dB (A) vor. In den von dem Sachverständigen
C zugrundegelegten Richtlinien und dem dazugehörigen Tabellenwerk sind für die
gemessenen Mittelungspegel abgestufte Lästigkeitsfaktoren und Vervielfältiger
vorgesehen, die jedenfalls für die üblichen Fälle eine angemessene Ermittlung des in
Frage kommenden Entschädigungsbetrages ermöglichen. Soweit diese in der Praxis
angewandte Berechnungsmethode in Teilbereichen kritisiert wird (vgl. Kuschnerus,
Schutz vor unzumutbarem Straßenverkehrslärm, DVBL 1986, 429, 439), bezieht sich
diese Kritik nur auf die Anwendung der Richtlinien bei Einwirken von deutlich höheren
Mittelungspegeln von 70 dB (A) und darüber, da bei solchen Geräuschpegeln eine
adäquate Nutzung von Außenwohnflächen im Dauergeräuschmillieu nicht möglich sei.
Grundsätzlich sei jedoch, um die Wertminderung der beeinträchtigten
Außenwohnbereichsflächen als solche zu greifen, ein System nach den Grundsätzen
der Verwaltungspraxis durchaus sachgerecht. Im Einklang hiermit hält auch der Senat
bei der hier festgestellten lediglich geringen Überschreitung der die
Entschädigungspflicht auslösenden Immissionspegelwerte die Berechnung der
Entschädigungshöhe anhand der vom Sachverständigen zugrundegelegten Richtlinien
für durchaus ausreichend und angemessen, zumal der Aufenthalt auf den Balkonen
durch die gemessenen Lärmpegelwerte nicht grundlegend beeinträchtigt wird.
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2.
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Kosten für den Einbau von je zwei Schalldämmlüftern:
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Soweit sich das beklagte Land insoweit gegen den zuerkannten Betrag von 2.000,00 €
(3.911,66 DM) wendet, bleibt die Berufung erfolglos. Dem Grunde nach ist die
Entschädigungspflicht bezüglich der Kosten derartiger Lüftungselemente nicht
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zweifelhaft. Denn in dem fraglichen Vergleich hat sich der Landschaftsverband
Rheinland, in dessen Rechte und Pflichten das beklagte Land eingetreten ist,
verpflichtet, einen zusätzlichen passiven Schallschutz bei den Klägern ausführen zu
lassen und hierfür die Kosten zu tragen. Im Verwaltungsverfahren hat der
Landschaftsverband sogar den Einbau von Schalldämmlüftungseinrichtungen
angeboten, die für die Lüftungsbedürfnisse der klägerischen Wohnung angemessen und
zumutbar seien.
Zudem ist dem Gutachten des Sachverständigen N zu folgen, wonach für das
Schlafzimmer, damit das dortige Fenster auch nachts geschlossen bleiben könne, ein
schallgedämmter Lüfter vorzusehen sei, was die klassische Lösung in solchen Fällen
darstelle. Die Kosten eines Schalldämmlüfters hat der Sachverständige auf
1.500,00 DM je Stück geschätzt. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.01.2002
ist er von 550,00 DM je Stück zzgl. 8 Stunden á 75,00 DM Einbaukosten + 100,00 DM
für Kleinteile und Nebenkosten zzgl. Mehrwertsteuer ausgegangen. Konkrete
Einwendungen gegen die Richtigkeit dieser Schätzung hat das beklagte Land nicht
erhoben. Im Hinblick darauf, daß der Landschaftsverband Rheinland bereits in einem
Schreiben vom 25.11.1997 (Bl. 107 der Verwaltungsvorgänge) von einem Preisangebot
von 708,00 DM + 15 % MwSt. ausgegangen ist, sind die vom Sachverständigen
geschätzten Kosten von jeweils 1.500,00 DM (inklusive Einbau) nicht zu beanstanden.
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Soweit das Landgericht darüber hinaus zur Abgeltung von Folgekosten den
Entschädigungsbetrag für die Schalldämmlüfter auf je 1.000,00 € (1.955,83 DM) erhöht
hat, also um 455,83 DM je Gerät, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar beruft
sich das beklagte Land auf die "Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an
Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes", in denen es unter C VI 16 Nr. 2 wie folgt
heißt:
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(2.) Zu den erstattungsfähigen Kosten zählen ... ferner nicht die Unterhaltungs-,
Erneuerungs-, Versicherungskosten sowie Betriebskosten von Lüftern und
Rolläden.
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Die genannten Richtlinien sind jedoch für die Gerichte bei der Festlegung der
Entschädigungshöhe nicht verbindlich. Insbesondere ist auch nicht aus der 24.
BImSchV eine verbindliche Festlegung dahin zu entnehmen, daß zu den
erstattungsfähigen Kosten nicht die Unterhaltungs-, Erneuerungs- sowie die
Betriebskosten von u.a. Lüftern zählen. Nach § 2 Abs. 1 S. 2 der genannten Verordnung
gehören zu den Schallschutzmaßnahmen auch der Einbau von Lüftungseinrichtungen
in Räumen, die überwiegend zum Schlafen benutzt werden, und in schutzbedürftigen
Räumen mit sauerstoffverbrauchender Energiequelle. Daß lediglich die Kosten des
Einbaus und nicht die Unterhaltung derartiger Lüftungseinrichtungen in die
Entschädigungsregelung einzubeziehen sind, ergibt sich aus der Verordnung nicht.
Denn die einmalige Erstattung der Kosten passiven Lärmschutzes darf nicht dazu
führen, daß der betroffene damit auf immer mit einem oft erheblichen höheren
Unterhaltungsaufwand und Ersatzbedarf belastet wird und daß sämtliche Risiken (wie
z.B. Undichtwerden der Fenster und Funktionsbeeinträchtigungen der Lüftung) auf ihn
abgewälzt werden, während Maßnahmen aktiven Lärmschutzes vom Träger der
Straßenbaulast auf Dauer zu unterhalten sind (vgl. Kuschnerus, a.a.O., S. 439).
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Vorliegend ist zu berücksichtigen, daß nach der ergänzenden Stellungnahme des
Sachverständigen N vom 22.01.2002 Wartungs- und Instandhaltungskosten in seiner
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Kostenaufstellung nicht berücksichtigt sind. Es fallen jährliche Filterkosten von 25,00
DM (12,78 €) sowie Energiekosten von 5,00 DM (2,56 €) je Lüftungsgerät an. Ferner ist
von einer Lebenserwartung der Lüfter von etwa 10 Jahren auszugehen, wobei bei
einem Austausch dann etwa nur die Hälfte der für die Neuinstallation ausgewiesenen
Kosten anfallen.
Bei einer fiktiven Restnutzungsdauer des Gebäudes von 70 Jahren (Bl. 13 des
Gutachtens Borchert) und einer in Zukunft mehr oder weniger regelmäßig anfallenden
Erneuerungsbedürftigkeit der Geräte erscheint der vom Landgericht für Folgekosten
angesetzte Betrag von 455,83 DM je Lüftungsgerät keineswegs als übersetzt.
37
3.
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Im Ergebnis ist daher folgender Entschädigungsbetrag gerechtfertigt:
39
1.124,84 € Entschädigung für Lärmbelästigung auf den Balkonen (2 x 1.100,00 DM)
40
+ 2.000,00 € Kosten Schallschutzlüfter
41
3.124,84 €
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Die darüber hinausgehende Klage war abzuweisen.
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Soweit das beklagte Land einen noch geringeren Entschädigungsbetrag zahlen will, ist
seine Berufung zurückzuweisen.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 I, 100 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO, 17 b II GVG.
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