Urteil des OLG Hamm vom 07.02.1996

OLG Hamm (1995, höhe, betrag, berechnung, behauptung, erwerbstätigkeit, trennung, abzug, fahrtkosten, sohn)

Oberlandesgericht Hamm, 5 UF 43/95
Datum:
07.02.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
5. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 UF 43/95
Vorinstanz:
Amtsgericht Hagen, 58 F 282/94
Tenor:
Das am 14. Dezember 1994 verkündete Urteil des Amtsgerichts -
Familiengericht - Hagen wird auf die Berufung der Klägerin und die
Anschlußberufung des Beklagten unter Zurückweisung der
weitergehenden Rechtsmittel beider Parteien hinsichtlich des
ausgeurteilten Trennungsunterhaltes teilweise abgeändert und wie folgt
neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab dem 08.07.1994
folgende Trennungsunterhaltsbeträge zu zahlen:
Für die Zeit vom 08.07. bis zum 31.10.1994 monatlich je 1.350,00 DM,
für die Monate November und Dezember 1994 je 862,00 DM,
für die Monate Januar bis August 1995 je 700,00 DM und
für die Monate September und Oktober 1995 je 500,00 DM
abzüglich hierauf gezahlter
1.065,00 DM für August 1994
1.165,00 DM für September 1994
je 615,00 DM für Oktober und November 1994
1.115,00 DM für Dezember 1994
655,00 DM für Januar 1995
je 720,00 DM für Februar bis April 1995
540,00 DM für Mai 1995
720,00 DM für Juni 1995
je 520,00 DM für Juli und August 1995
je 320,00 DM für September und Oktober 1995.
Die weitergehende Trennungsunterhaltsklage wird abgewiesen.
Die in erster Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits tragen zu
7/10 der Beklagte und zu 3/10 die Klägerin. Die Kosten der Berufung
tragen zu 7/10 die Klägerin und zu 3/10 der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
1
(Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO
abgesehen.)
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Die Berufung der Klägerin und die Anschlußberufung des Beklagten haben beide
teilweise Erfolg. Der sich dem Grunde nach aus § 13 61 BGB ergebende Anspruch der
Klägerin auf Trennungsunterhalt besteht in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe,
womit sich teils zugunsten und teils zu Lasten der Klägerin eine Abweichung von den
erstinstanzlich titulierten Trennungsunterhaltsbeträgen ergibt. Die Bedenken gegen die
Aktivlegitimation der Klägerin sind durch die von ihr vorgelegte Inkassozession
ausgeräumt.
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I.
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Der nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessende Bedarf der Klägerin belief
sich im Jahre 1994 auf monatlich 1.362,00 DM und im Jahre 1995 auf 1.200,00 DM.
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1.
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Für 1994 ist die Bedarfsberechnung im angefochtenen Urteil nur insoweit zu korrigieren,
als statt der dort in Ansatz gebrachten Fahrtkosten von monatlich 31,00 DM unter
Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten im Senatstermin vom 31.05.1995 ein
geschätzter
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Fahrtkostenaufwand von 60,00 DM
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in Abzug zu bringen und als ungeachtet des genauen Zuflußzeitpunktes eine auf das
Gesamtjahr umzulegende Steuererstattung in Höhe von
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monatlich 66,67 DM
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(800,00 DM : 12) hinzuzurechnen ist.
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Unter Berücksichtigung dieser gegenüber der famliengerichtlichen Berechnung
veränderten Positionen ergibt sich ein mit 3/7 des Einkommens des Beklagten zu
bemessender Bedarf der Klägerin in Höhe von 1.362,00 DM.
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(14.506,00 DM : 4 x 13 : 12) entspricht, von dem der belegte
Krankenversicherungsaufwand in Höhe von - 254,00 DM, der geschätzte
Fahrtkostenaufwand von - 60,00 DM, der erstinstanzlich titulierte und nicht
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angefochtene Kindesunterhalt von - 545,00 DM
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sowie der im noch streitigen Zeitraum von Januar bis Oktober 1995 an die Klägerin zum
Ausgleich für deren Krankenversicherungsaufwendungen gezahlte Betrag
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von monatsdurchschnittlich - 200,00 DM
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in Abzug zu bringen ist.
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Hinzuzurechnen ist eine Steuererstattung
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in Vorjahreshöhe, also in Höhe von 66,67 DM.
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Es ergibt sich ein bereinigtes Einkommen von 2.803,00 DM und ein mit 3/7 hiervon,
gerundet also 1.200,00 DM
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anzusetzender Bedarf der Klägerin.
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2.
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Soweit die Klägerin bei ihrer Berechnung als Fahrtkosten des Beklagten nur 30,00 DM
monatlich in Ansatz bringt, weil nach ihrer Behauptung diesem für seine Fahrten
zwischen den verschiedenen Einsatzorten ein Dienstfahrzeug zur Verfügung steht, folgt
der Senat dem nicht. Die für ihren Bedarf beweispflichtige Klägerin hat für diese
Behauptung keinen Beweis angetreten. Der vom Senat angesetzte Betrag von 60,00
DM erscheint unter Berücksichtigung der Angaben des Beklagten zu diesen Fahrten
angemessen.
23
3.
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Wegen fehlender substantiierter Darlegung eines höheren Betrages und eines
Beweisantrittes für .diesen höheren Betrag ist auch nur die vom Beklagten
zugestandene Steuererstattung von 800,00 DM in Ansatz zu bringen. Angesichts der in
den Jahren 1993 und 1994 noch erfolgten gemeinschaftlichen Veranlagung der
Parteien hätte die Klägerin die für einen substantiierten Vortrag erforderlichen
Informationen entweder dem Steuerbescheid entnehmen oder, falls dieser ihr nicht
(mehr) vorliegen sollte, durch Nachfrage beim Finanzamt beschaffen können.
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4.
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Nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen sind die vom Beklagten als
trennungsbedingter Mehraufwand geltend gemachten Kreditkosten.
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Die von ihm unter Vorlage der Kaufbelege im einzelnen vorgetragenen
Neuanschaffungen summieren sich unter Einschluß der Aufwendungen für die
Neuanschaffung eines Fernsehers und von Renovierungskosten auf ca. 4.000,00 DM.
Unstreitig belief sich der Anteil des Beklagten an einem bei der Trennung geteilten
Sparguthaben der Parteien auf ca. 3.500,00 DM. Die Notwendigkeit einer
Kreditaufnahme ist bei dieser Sachlage nicht zu erkennen. Der durch Ersparnisse nicht
gedeckte Betrag ist gering und hält sich im Rahmen dessen, was als üblicher Aufwand
für den Ersatz von verbrauchtem Hausrat und gelegentliche Renovierungsarbeiten aus
dem Selbstbehalt aufzubringen ist.
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5.
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Fiktive Erwerbseinkünfte sind auf den Bedarf der Klägerin nicht anzurechnen.
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a)
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Für den Zeitraum bis zum Ablauf des Trennungsjahres, also bis einschließlich Juni
1995, ist eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin ungeachtet des Umfangs der
Betreuungsbedürftigkeit des gemeinsamen Sohnes der Parteien zu verneinen.
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Jedenfalls bei - wie hier - durchschnittlichen Einkommensverhältnissen kann der bis
dahin nicht erwerbstätige Ehegatte regelmäßig nicht darauf verwiesen werden, alsbald
nach einer Trennung eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Eine solche
Erwerbsobliegenheit setzt in aller Regel erst mit dem durch den Ablauf des
Trennungsjahres indizierten endgültigen Scheitern der Ehe ein.
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Zu einer abweichenden Beurteilung sieht der Senat im vorliegenden Fall keinen Anlaß,
zumal hier während des Trennungsjahres der verhaltensgestörte Sohn der Parteien von
der Klägerin zu betreuen war.
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b)
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Nach dem von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Attest sowie dem Bescheid des
Versorgungsamtes geht der Senat auch
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davon aus, daß dieser Sohn ständiger Beaufsichtigung bedurfte, so daß auch für die
Zeit nach Ablauf des Trennungsjahres bis zur Heimunterbringung des Kindes Ende
August 1995 eine Erwerbspflicht der Klägerin zu verneinen ist.
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c)
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Für den Folgezeitraum bis einschließlich Oktober 1995 spricht schon der Umstand, daß
tatsächlich am 01.11.1995 von der Klägerin eine Erwerbstätigkeit aufgenommen wurde,
dafür, daß diese sich mit der gebotenen Intensität um Arbeit bemüht hat.
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6.
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Anzurechnen sind auf den Bedarf der Klägerin für die Zeit ab November 1994
Versorgungsleistungen für den Zeugen
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Dieser Zeuge hat bekundet, daß er sich seither etwa dreimal pro Woche und auch an
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den meisten Wochenenden bei der Klägerin aufhält, dort auch regelmäßig übernachtet
und einen eigenen Schlüssel zu deren Wohnung hat.
Angesichts dieses zugestandenen Umfangs der gemeinsam verbrachten Zeit sind die
weiteren Bekundungen des Zeugen zu den ihm
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