Urteil des OLG Hamm vom 27.01.2009

OLG Hamm: irreführende werbung, professor, irreführung, verkehr, qualifikation, hochschule, professur, marke, spezialist, gestaltung

Oberlandesgericht Hamm, 4 U 147/08
Datum:
27.01.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 U 147/08
Vorinstanz:
Landgericht Arnsberg, 8 O 12/08
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. Mai 2008 verkündete
Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Arnsberg wird
mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es am Ende des Verbotstenors
zu b) heißt: ''wie geschehen in dem Internetauftritt der Beklagten gemäß
Anlage K 2.''
Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
1
A.
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Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sachverhalts und der beanstandeten
Internetdarstellung wird zunächst gemäß § 540 I ZPO auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils und die Anlage K 2 Bezug genommen.
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Das Landgericht hat die Beklagten (in Bezug auf den ursprünglichen Antrag zu b)) unter
Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verurteilt,
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es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit der
Bezeichnung "Atlasprof" zu werben und/oder werben zu lassen.
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Es hat das Verbot auf §§ 8 III Ziff. 2; 3; 5 II UWG gestützt und zur Begründung
ausgeführt, die Zusatz "Atlasprof." begründe die konkrete Gefahr, dass der
angesprochene Verkehrskreis oder erhebliche Teile davon den Wortteil Prof. als
Professor für Atlas-Wirbel verstehen würden. Prof. sei die allgemein gebräuchliche
Abkürzung für Professor. Diesem Missverständnis stehe nicht entgegen, dass die
Buchstaben Prof. in der beanstandeten Werbung auch Teil des Oberbegriffs
AtlasPROfilax® seien. Die Buchstabenfolge werde in dem letzteren Begriff ersichtlich in
einem anderen Sinne gebraucht, was durch die optische Hervorhebung der Buchstaben
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PRO unterstrichen werde. Dass Atlasprof für Atlasprofessor stehe, werde insbesondere
deutlich, wenn man berücksichtige, dass es vor der Bezeichnung der Beklagten als
Atlasprof. heiße: "Nach René-Claudius Schümperli, Altlasprof.". Das bedeute, dass die
Abkürzung Prof. mit dem Punkt am Ende gebracht werde und damit für den Leser in
diesem Sinne weiter zu der Bezeichnung der Beklagten als Atlasprof im Sinne von
Professor für Atlaswirbel übergeleitet werde. Die allgemeine Auffassung verbinde mit
der Bezeichnung eine besondere Qualifikation des Betreffenden in dem jeweiligen
Gebiet und weiter, dass die Erlangung der Berechtigung zur Bezeichnung als Professor
an die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben gekoppelt sei. Diese Voraussetzungen erfüllten
die Beklagten nicht. Sie könnten sich insoweit auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass
die Atlas Academy® Switzerland in Sierre-Siders sie entsprechend diplomiert habe.
Die Beklagten verfolgen ihren Klageabweisungsantrag mit der von ihnen eingelegten
Berufung weiter. Sie machen geltend, die Entscheidung des Landgerichts verletze sie in
ihrem Recht auf Ausübung der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG, da die Führung der
Berufsbezeichnung "Atlasprof." nicht gegen § 5 II UWG verstoße. Es handele sich
hierbei um eine ungeschützte Berufsbezeichnung, die mit dem akademischen Grad
"Prof." nicht verwechselungsfähig sei. Jeder an der Methode interessierten Person
dränge sich auf, dass es sich bei dem Anwender der "Atlasprofilax" um einen
Spezialisten handeln müsse, also denjenigen, der die Methode sehr gut beherrsche.
Daher habe der Erfinder der Methode diejenige Abkürzung gewählt, die ein Teil des
Wortes "Atlasprofilax" sei. Wenn es dem Anwender darum gehen würde, den Teil des
Wortes "Prof" zu betonen, würde er eher alle Buchstaben des Wortteils "PROF" groß
schreiben. Dies sei aber gerade nicht die Intention des Erfinders gewesen. Die Absicht
sei vielmehr gewesen, den Schwerpunkt auf das Wort "Prophylaxe" und "professionell"
zu setzen. Eine Verbindung zum akademischen Titel könne durch die Führung der
Berufsbezeichnung "Atlasprof" keineswegs hergestellt werden. Auch in vollkommen
ungebildeten Kreisen sei bekannt, dass die Abkürzung für den akademischen
Professorgrad einzigartig sei. Das Wort "Prof." komme niemals in Kombination mit
anderen Worten vor. Für die Frage der Verwechselungsgefahr sei maßgebend, dass die
Wortanfänge stärker betrachtet würden als nachfolgende Wortteile. Hier komme gerade
dem Wort "Atlas" die maßgebliche Unterscheidungskraft zu. Der akademische Grad
"Prof." werde als Teil des Namens eines Menschen als akademischer Ehrengrad
vorangestellt und nicht als selbständige Berufsbezeichnung. Es gebe keinen Professor,
dem die Bezeichnung seines Berufs an den Anfang der Abkürzung des akademischen
Titels oder am Anfang des Wortes "Prof." vorangestellt werde. Es gebe lediglich eine
Art, den akademischen "Prof." zu schreiben, und zwar ohne vorangestellte und ohne
hinten angehängte Zusätze. Der Titel "Prof." stehe immer selbständig. Daher könne
auch keine Verwechselungsgefahr mit dem Ehrengrad "Prof." vorliegen. Das
Voranstellen des Wortes Atlas spreche vielmehr dafür, dass Prof. im Sinne der
Profession (Beruf) verwendet werde oder im Sinne der besonderen Befähigung, also
professionell. Die Bezeichnung "Prof." sei in der Schweiz im Zusammenhang mit einem
anderen Wort lediglich der Ausdruck für eine besondere Professionalität oder für die
Ausübung eines bestimmten Berufs. Die Anwender der "Atlasprofilax" seien von Beruf
Atlasprofs, da sie beruflich die Massage im Bereich des Atlas ausübten. Durch das
Voranstellen des Wortes Atlas sei eindeutig, dass es sich um eine Berufsbezeichnung
und nicht um einen Ehrengrad handele. Auch die Tatsache, dass die Buchstaben
"PRO" groß geschrieben würden, spreche dafür, dass die "Atlaspofilax"-Anwendung
dem Vorbeugen und dem Schutz der Menschen vor Krankheiten, unter anderem auch
im Bereich des Atlas dienen solle. Proyhylaxe sei gleichbedeutend mit dem Wort
Schutz, Vorbeugung.
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Die Berufsbezeichnung sei den Beklagten von der Atlas-PROfilax Academy Switzerland
als eine ausbildende und zur Verleihung der Berufsbezeichnungen autorisierte Stelle in
der Schweiz verliehen worden. Durch diese Berufsbezeichnung würden sie natürlich
ihre besondere Professionalität in ihrer Tätigkeit betonen. Die Betonung der
Professionalität begründe nicht gleichzeitig eine Verwechselung mit dem Titel
"Professor".
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Überdies sei die Berufsbezeichnung "Atlasprof." seit dem 13.08.2004 aufgrund des
Madrider Abkommens wettbewerbsrechtlich unter der Registernummer 832635 als
Marke registriert und somit geschützt. Das streitgegenständliche Verbot des Führens der
Berufsbezeichnung würde zu einer Kollision zu dem markenrechtlichen Schutz der
Berufsbezeichnung führen.
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In der Vergangenheit hätten sich bereits verschiedene Gerichte mit der Problematik der
Führung der Berufsbezeichnung "Atlasprof" beschäftigt. Weder das LG Frankfurt (Az.
312 O 20/06) noch das LG Hanau (9 O 210/07) sei zu dem Ergebnis gekommen, dass
die Führung der Berufsbezeichnung "Atlasprof" gegen die Vorschriften des UWG
verstoße.
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Die Beklagten beantragen,
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das erstinstanzliche Urteil bezüglich des Antrags zu b) abzuändern und die Klage
insoweit abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen, mit der Maßgabe, dass es am Ende des Verbotstenors
zu b) heißt: ''wie geschehen in dem Internetauftritt der Beklagten gemäß Anlage K 2.''
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Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt dazu vor: Der Verkehr verbinde
insbesondere in der Arznei- und Heilmittelwerbung mit dem Begriff Professor oder der
Abkürzung Prof., dass der betreffenden Person der Titel durch eine Hochschule
verliehen worden sei oder dass zumindest ein Teil der herkömmlichen Merkmale eines
Professorentitels erfüllt sei. Eine solche Verleihung habe es aber bei den Beklagten
nicht gegeben. Bei ihnen seien auch sonst keine Merkmale wie z. B. eine Habilitation
erfüllt. Der unzulässige Gebrauch akademischer Grade verstoße gegen § 5 UWG. Mit
näheren Ausführungen legt der Kläger dann dar, dass die Beklagten die
Entscheidungsgründe des Landgerichts stark verkürzt und unrichtig wiedergegeben
hätten. Zu Recht habe das Landgericht in der Wendung Prof. die allgemein
gebräuchliche Abkürzung für Professor gesehen und gemeint, dass ein erheblicher Teil
der angesprochenen Verkehrskreise den Wortteil Prof. in der Wendung Atlasprof. in
diesem Sinne verstünden. Atlasprof werde in der Werbung der Beklagten auch
keineswegs als Abkürzung für Prophylaxe oder professionell verwendet. Mit dem
Professorentitel verbinde der Verkehr eine besondere Qualifikation und die
Berechtigung zu dieser Bezeichnung aufgrund erfüllter gesetzlicher Vorgaben. Der
Kläger bestreitet, dass die Wendung Prof einzigartig sei und dass sie nicht in
Kombination mit anderen Worten vorkomme. Unter Hinweis auf die bereits in erster
Instanz vorgelegten Unterlagen wendet sich der Kläger gegen die Annahme der
Beklagten, Atlasprof werde hinter dem Namen und deshalb nicht als Namensattribut
geführt. Er hält schließlich den Hinweis der Beklagten auf Art. 12 GG für unzutreffend, da
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das Grundrecht keine irreführende Werbung gestatte.
B.
16
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
17
Der Kläger kann von ihnen aus §§ 8 I, III Nr. 3; 5 II UWG die Unterlassung verlangen, die
Bezeichnung "Atlasprof." - wie in ihrem Internetauftritt gemäß Anlage K 2 geschehen -
werblich zu nutzen.
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Der Unterlassungsantrag ist begründet nach bisherigem Recht zum Zeitpunkt der
Verletzungshandlung wie auch in die Zukunft wirkend nach dem neuen, im
Bundesgesetzblatt I v. 29.12.2008, S. 2949 ff., verkündeten Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb. Streitgegenständlich ist eine irreführende Werbung, die nach
neuem Recht als eine ebenso irreführende geschäftliche Handlung anzusehen ist, die
zur Täuschung geeignete Angaben enthält über die Person und den Status der
Beklagten im Sinne von § 5 I Nr. 3 UWG n.F.
19
I.
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Soweit der Antrag im Hinblick auf § 253 II Nr. 2 ZPO und darauf, dass es maßgeblich auf
die konkrete Gestaltung der Internetpräsentation und der Nutzung des Wortes
"Atlasprof." im Gesamtzusammenhang ankommt, um den Maßgabezusatz "wie
geschehen ..." ergänzt worden ist, handelt es sich lediglich um eine Klarstellung des
Verbotsgegenstands, die auch kostenunschädlich ist. Der Verbotsgegenstand hat sich
hierdurch nicht geändert.
21
II.
22
Der Kläger ist klagebefugt nach § 8 III Nr. 2 UWG.
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Die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen nach dem UWG, insbesondere ein
Handeln im Wettbewerb, sind gegeben.
24
III.
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Die Werbung der Beklagten mit der Nutzung der Bezeichnung "Atlasprof." in der
konkreten Gestaltung ihrer Darstellung ist irreführend und mithin unlauter. Es wird in
unzulässiger Weise der Eindruck vermittelt, bei ihnen könnte es sich um Professoren mit
entsprechendem Amtstitel handeln, wobei per Definitionem zu beachten ist, dass
"Professor" die Amtsbezeichnung für den Inhaber einer Professur ist und kein
akademischer Grad wie zum Beispiel der Doktor.
26
1.
27
Eine Angabe ist dann irreführend, wenn sie den angesprochenen Verkehrskreisen
einen unrichtigen Eindruck vermittelt. Dabei genügt es, dass die Werbung zur
Irreführung und Beeinflussung geeignet ist. Auf eine tatsächliche Irreführung kommt es
nicht an (BGH GRUR 1988, 829 – Verkaufsfahrten II; 2000, 239, 241 – Last-Minute-
Reise). Im Falle einer Mehrdeutigkeit muss der Werbende auch die verschiedenen
Bedeutungen gegen sich gelten lassen (st. Rspr.; u.a. BGH GRUR 1957, 128 -
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Steinhäger; GRUR 1960, 567, 569 – Kunstglas; GRUR 2000, 436 – Ehemalige
Herstellerpreisempfehlung; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl. 2008, § 5 Rn.
2.111 m.w.N.). Zudem reicht es, wenn ein erheblicher Teil der angesprochenen
Verkehrskreise irregeführt wird (vgl. Bornkamm a.a.O., § 5 Rn. 2.106). Gegen § 5 UWG
verstößt in diesem Sinne, wer für sich Bezeichnungen verwendet, namentlich
akademische Grade, Titel, Berufsbezeichnungen, Prüfungszeugnisse, die das
Vertrauen der Verbraucher gewinnen und ihre Nachfrageentscheidung anregen sollen
(vgl. BGH GRUR 1989, 516 – Vermögensberater). Die Führung des Professorentitels
setzt konkret eine Verleihung durch eine Hochschule voraus, und ist irreführend, wenn
eine solche Verleihung nicht vorliegt oder nicht dargetan werden kann (Bornkamm,
a.a.O., § 5 Rn. 5.136). Bei den Beklagten hat eine Verleihung unstreitig nicht
stattgefunden.
2.
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Das Landgericht hat hinsichtlich der Beurteilung der streitgegenständlichen Werbung zu
Recht entschieden, dass die Nutzung des Zusatzes "Atlasprof" die konkrete Gefahr
begründet, dass der angesprochene Verkehrskreis oder erhebliche Teile davon den
Wortbestandteil als Professor für Atlas(Wirbel) verstehen. Auch wenn es einen solchen
Atlasprof. nach den Hochschulgesetzen und Universitätsordnungen nicht gibt, wird
durch die Nutzung dieses Zusatzes doch bei erheblichen Verkehrskreisen,
insbesondere solchen, die die maßgeblichen Amtsbezeichnungen im Detail nicht
kennen, der Eindruck erweckt, es handele sich um einen in entsprechender Materie
berufenen Professor mit entsprechender Amtsverleihung. Gerade auch in dem weiteren
Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens, um den es hier geht, sind
"Professoren", anders als die Beklagten es meinen, im Bereich der Forschung und auch
Behandlung keineswegs untypisch.
30
a)
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"Prof." ist die allgemein gebräuchliche Abkürzung für Professor. Den jeweiligen Namen,
so bei dem Begründer Schümerpli (nach einem Komma angehängt) und den Beklagten
(vorangestellt) ist ohne weitere Erklärung der Zusatz "Atlasprof" beigefügt. Da eine
andere Ausbildung und Befähigung in diesem Zusammenhang konkret nicht mitgeteilt
ist und sich der "Prof." ersichtlich auch auf die jeweiligen Personen bezieht, ist die
Annahme gerechtfertigt, dass sich das Wort "Altlasprof." zumindest auch auf die
Ausbildung bzw. eine Verleihung des Professorentitels beziehen kann. Dafür spricht
gerade auch die gleichförmige Nutzung bei den Beklagten und dem Erfinder der
Methode "Schümperli", bei dem es ausgehend von der Werbung nicht erkennbar ist, ob
es sich möglicherweise um einen Professor der Medizin handeln könnte oder nicht. Die
Einzigartigkeit der Heilbehandlung, die nach der Werbeaussage geeignet sei, die
Luxation des Atlas (den ausgerenkten Atlas) gefahrlos und endgültig, mit einer einzigen
Anwendung, zu beseitigen, lässt die Vermutung zu, es könne sich bei ihm um einen
entsprechenden Fachmann handeln, der Professor im Zusammenhang mit
Beeinträchtigungen der Wirbelsäule oder konkret des "Atlas" war. Die Bezeichnung
"Atlasprof." wird sodann im folgenden Kontext auf die Beklagten übertragen, so dass
auch ihnen diese Suggestion zuteil wird. Dies gilt umso mehr, als es bei Titeln,
akademischen Graden etc. gerade auch üblich ist, diese den Namen voranzustellen,
wie es bei den Beklagten erfolgt ist. Die Bezeichnung wird gerade nicht im
Zusammenhang mit der Behandlungsmethode eingesetzt, sondern so, dass der Bezug
konkret auch zum jeweiligen Namen und zu dessen beruflicher Qualifikation hergestellt
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wird. Eine sonstige, freie Berufsbezeichnung "Atlasprof.", bei der ersichtlich ist, dass
keine Professur zugrunde liegt, ist demgegenüber nicht bekannt. Anders als etwa bei
einem "Computer- oder Autodoktor", bei dem offenkundig kein Doktortitel aufgrund
entsprechend abgeschlossener Hochschulausbildung zugrunde liegt, weil diese
Begriffe im Zusammenhang mit der Reparatur der in Bezug genommenen
Gegenständlichkeiten stehen, bleibt der akademische Hintergrund im Streitfall für den
Betrachter virulent. Dabei ist letztlich auch völlig unmaßgeblich, ob "Prof." klein oder
groß geschrieben ist, zumal gerade auch die Kleinschreibung des nachfolgenden
Wortbestandteils "prof." keineswegs ungewöhnlich erscheint. Die Argumentation der
Berufung, dass Prof. niemals in Kombination mit anderen Worten, nämlich in
entsprechender Nachstellung, vorkomme, ist demgegenüber unzutreffend. Es gibt
Universitätsprofessoren, Stiftungsprofessoren, Honorarprofessoren, Gastprofessoren,
Juniorprofessuren usw. Auch eine Abkürzung in Verbindung mit dem zugehörigen
Fachgebiet ist nicht ungewöhnlich, so wie ein Professor der Mathematik oder der
Jurisprudenz zumindest umgangssprachlich auch als "Matheprof." oder "Juraprof."
bezeichnet wird. Dafür, dass hiermit vorliegend lediglich eine "prophylaktische"
Behandlung oder die berufliche "Professionalität" der Anwender zum Ausdruck gebracht
werden sollte, mag zwar parallel daraus hergeleitet werden können, dass einerseits von
einer "natürlichen" Behandlungsmethode die Rede ist und dass andererseits der
Wortbestandteil "Prof." auch Gegenstand der so bezeichneten Behandlungsmethode
"AtlasPROfilax" ist. Diese Sicht, dass man in "professioneller" Weise Spezialist für eine
Atlasbehandlung sei, mag in diesem Zusammenhang zwar auch in Betracht kommen.
Durchschlagend bei einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrskreises ist
jedoch die gegenteilige Sicht. Durch die Hervorhebung des "PRO" in "AtlasPROfilax"
gerät der Wortbestandteil "Prof." im Zusammenhang mit der Behandlungsmethode völlig
in den Hintergrund. Auf "PROfilax" bezieht sich lediglich das "PRO". Die
Behandlungsmethode wird nicht durch den Zusatz "Prof" gekennzeichnet. Die
Zuordnung erfolgt zu den Namen, die mit dem Zusatz "Prof." geschmückt sind. So bleibt
zumindest ein Fall der Mehrdeutigkeit. Einem erheblichen Teil des angesprochenen
Verkehrs wird suggeriert, dass man nicht nur professionell behandele, sondern eben
auch eine entsprechend qualifizierte Stellung als Professor innehat.
Dem steht auch nicht entgegen, dass den Beklagten nach ihrer Darstellung von der
Atlas-PROfilax Academy Switzerland als eine ausbildende und zur Verleihung der
Berufsbezeichnungen autorisierte Stelle in der Schweiz eine entsprechende
"Berufsbezeichnung" verliehen worden ist. Zum einen wird in dem konkreten
Zusammenhang nicht nur, wie ausgeführt, die besondere Professionalität in ihrer
Tätigkeit betont. Zum anderen kommt es maßgeblich auch auf die Sicht des in
Deutschland angesprochenen Verkehrs an, wo die Domain abrufbar ist und wo die
Beklagten auch tätig sind. Diesem wird dabei eben nicht klar vermittelt, dass es sich
lediglich um eine entsprechende Spezialisierung in der Berufsausübung handelt und
sich die Bezeichnung "Atlasprof." lediglich auf das Methodische beziehen soll.
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b)
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Die Beklagten können demgegenüber auch nicht einwenden, die Berufsbezeichnung
"Atlasprof." sei seit dem 13.08.2004 als Marke registriert. Denn der angesprochene
Verbraucher kennt die Schutzrechtseintragung als solche nicht. Vor allem bezieht sich
der konkrete Einsatz der Bezeichnung unmittelbar auf die Beklagten und nicht
erkennbar auf die in Rede stehenden Dienstleistungen, die Gegenstand des
Markenschutzes sind. Die Irreführung ist letztlich völlig losgelöst von der
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markenrechtlichen Eintragung, so dass insoweit auch keine Rechtekollision besteht.
c)
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Alsdann trifft es auch keineswegs zu, dass das LG Frankfurt oder das LG Hanau, wie die
Beklagten angeben, die Bezeichnung "Atlasprof" geprüft und diesbezüglich einen
UWG-Verstoß verneint hätten. Das LG Frankfurt hat in seinem Teilurteil vom 22.09.2006
(Az. 3-12 O 20/06; WRP 2007, 109) eine Irreführung wegen der Verwendung des
"Diploms" in den Bezeichnungen "diplomierter Atlas-Spezialist" und "diplomierter …
prof®" bejaht. Der Streitgegenstand ist insofern nicht deckungsgleich. Überdies war die
dortige Klage auch erfolgreich. Eine Nichtbeanstandung des Begriffes "Altlas-Prof." geht
hieraus nicht hervor. Bei der Sache LG Hanau 9 O 210/07 verhält es sich wenig anders.
Abgesehen davon, dass dort teilweise abweichend die Verwendung der Bezeichnung
als "Dipl. Atlasprof." beanstandet war (s. Flyer BA Bl. 6 R), wurde der Rechtsstreit durch
Vergleich vom 05.03.2007 beendet. Danach sollte der streitgegenständliche Flyer nicht
mehr verwendet werden, ferner sollten die Worte Vertebralarterien, Lymphbahnen und
Spinalnerven nicht mehr verwendet werden. Soweit dennoch ein Urteil vom 27.06.2007
ergangen ist, ging es nur noch um die Wirksamkeit des Vergleichs. Irgendeine
abweichende Beurteilung ergibt sich hieraus nicht.
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3.
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Ein unzulässiger Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG wird durch das
Verbot nicht geschaffen. Eine Einschränkung ist gerechtfertigt, wenn die Maßnahme
durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und ihr Einsatz
verhältnismäßig ist (Bornkamm, a.a.O., § 5 Rn. 1.62 m.w.N.). Das ist durch die
Beeinträchtigung der Verbraucherrechte infolge der hier in Rede stehenden Irreführung
der Fall.
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4.
40
Es besteht Wiederholungsgefahr. Diese ist nicht durch die Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung ausgeräumt.
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IV.
42
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10 ZPO.
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Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, § 543 ZPO.
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