Urteil des OLG Hamm vom 09.10.2007

OLG Hamm: anfechtbarkeit, beschränkung, gerichtsbarkeit, unterbrechung, stillstand, rechtsnachfolger, analogie, bauer, beendigung, nachlass

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 333/07
Datum:
09.10.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 333/07
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 5 T 868/06
Tenor:
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,00
Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Das Landgericht ist mit einer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des
Amtsgerichts vom 10.08.2005 befasst, durch den der Beteiligte zu 5) als
Testamentsvollstrecker für den Nachlass der verstorbenen Frau T ernannt worden ist.
Beschwerdeführer ist der Ehemann der Verstorbenen y, der während des
Beschwerdeverfahrens am 10.10.2006 nachverstorben ist; die Erbfolge nach ihm ist
derzeit ebenfalls ungeklärt und Gegenstand eines bei dem Amtsgericht Coesfeld
anhängigen Erbscheinverfahrens. Durch den angefochtenen Beschluss hat das
Landgericht festgestellt, dass das Verfahren bis zu dessen Aufnahme durch die
Rechtsnachfolger des verstorbenen Herrn y unterbrochen ist.
2
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 3) vom 22.08.2007, mit der er
hilfsweise gem. § 239 Abs. 2 ZPO beantragt, den Beteiligten zu 2) als Rechtsnachfolger
des verstorbenen Herrn y laden.
3
Die Beschwerde des Beteiligten zu 3) ist unzulässig.
4
Bei der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts handelt es sich nicht um eine
instanzabschließende, sondern eine während des in der Hauptsache noch anhängigen
Beschwerdeverfahrens ergangene Zwischenentscheidung. Die Statthaftigkeit des
hiergegen gerichteten Rechtsmittels beurteilt sich hier aus den nachstehenden Gründen
ausnahmsweise nicht nach § 19 FGG, sondern nach den einschlägigen Vorschriften der
ZPO.
5
Hätte das Landgericht eine gleichlautende Entscheidung innerhalb eines Berufungs-
oder Beschwerdeverfahrens der ZPO getroffen, wäre seine Entscheidung nicht
6
anfechtbar. Nach den §§ 252, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (in der seit dem 01.01.2002
geltenden Fassung durch das ZPO-RG) findet zwar gegen die im ersten Rechtszug
ergangene Entscheidung, durch die die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder
abgelehnt wird, die sofortige Beschwerde statt. Die Vorschrift gilt nach anerkannter
Auffassung über ihren Wortlaut hinaus für alle sonstigen den Stillstand des Verfahrens
herbeiführenden Entscheidungen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 252, Rdnr. 1),
damit auch für eine Entscheidung, durch die gegen den Widerspruch einer Partei die
eingetretene Unterbrechung des Verfahrens festgestellt wird (OLG München NJW-RR
1996, 228, 229; OLG Schleswig FGPrax 2006, 67). Gegen eine Entscheidung des
Beschwerdegerichts ist nach § 574 Abs. 1 ZPO nur die Rechtsbeschwerde statthaft,
wenn dies entweder im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (Nr. 1) oder sie von dem
Beschwerdegericht zugelassen worden ist (Nr. 2). Diese Vorschrift bezieht sich nicht
lediglich auf instanzabschließende Entscheidungen des Beschwerdegerichts, sondern
auch auf Nebenentscheidungen. Denn aus dem systematischen Zusammenhang der
§§ 567 Abs. 1 und 574 Abs. 1 ZPO ergibt sich, dass der Gesetzgeber die eine zweite
Tatsacheninstanz eröffnende sofortige Beschwerde ausschließlich gegen im ersten
Rechtszug ergangene Entscheidungen zulassen wollte, während Entscheidungen des
Beschwerdegerichts gleich welcher Art nur mit der unter den einschränkenden
Voraussetzungen der §§ 574 ff. ZPO zulässigen und gem. § 576 ZPO auf eine
Überprüfung der Verletzung des Rechts beschränkten Rechtsbeschwerde sollen
angefochten werden können (Zöller/Gummer, a.a.O., § 574, Rdnr. 3; Musielak/Ball, ZPO,
4. Aufl., § 574, Rdnr. 3).
Diese Beschränkung der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde findet nach gefestigter
Rechtsprechung entsprechende Anwendung, soweit es sich um Entscheidungen
handelt, für die das FGG ausdrücklich auf Vorschriften der ZPO verweist. In diesen
Fällen richtet sich die Statthaftigkeit des Rechtsmittels nach der ZPO, während für das
Rechtsmittelverfahren im Übrigen die Vorschriften des FGG gelten (so etwa BGH NJW-
RR 2004, 726 = MDR 2004, 645, BayObLG NJW 2002, 3262 für Entscheidungen im
Richterablehnungsverfahren; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2002, 1507 betr. die
Ablehnung eines Sachverständigen; BGH FGPrax 2004, 142 = NJW-RR 2004, 1077,
Senat FGPrax 2002, 227 = NJW-RR 2002, 1375 betr. die Versagung von
Prozesskostenhilfe). Diese Beschränkung wird in der Rechtsprechung auch in
denjenigen Fällen angewandt, in denen die Anfechtbarkeit der Entscheidung erst durch
eine Heranziehung des Rechtsgedankens von Vorschriften der ZPO entwickelt worden
ist. So wird insbesondere die Anfechtbarkeit einer im Verfahren der freiwilligen
Gerichtsbarkeit getroffenen Entscheidung über einen Stillstand des Verfahrens in
Analogie zu § 252 ZPO bejaht (vgl. Senat FGPrax 2007, 36 = NJW-RR 2007, 333). In
diesem Fall sind dann auch die Beschränkungen der Statthaftigkeit des Rechtsmittels
gegen eine Entscheidung des Beschwerdegerichts nach § 574 ZPO anwendbar (OLG
Düsseldorf FGPrax 2003, 283; OLG Schleswig a.a.O.; Demharter NZM 2002, 233, 236;
Budde in Bauer/v. Oefele, GBO, 2. Aufl., § 78, Rdnr. 3). Dieser Auffassung schließt sich
der Senat an. Für diese Beurteilung spricht, dass infolge der Einführung der
Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) durch das ZPO-RG die Rechtsmittel der ZPO nunmehr
strukturell mit denjenigen des FGG übereinstimmen. Deshalb erschiene es nicht
überzeugend, im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine weitergehende
Anfechtbarkeit von Zwischenentscheidungen des Beschwerdegerichts zu eröffnen als
sie im Verfahren nach der ZPO besteht.
7
Das Rechtsmittel ist deshalb hier nicht statthaft, weil die erforderliche Zulassung in der
Entscheidung des Landgerichts fehlt. Im Hinblick auf die Unzulässigkeit des
8
Rechtsmittels ist dem Senat auch eine Entscheidung über den Hilfsantrag des
Beteiligten zu 3) versagt, zumal dieser im systematischen Gefüge des § 239 ZPO
gerade eine bestehende Unterbrechung des Verfahrens voraussetzt, deren Beendigung
durch den Antrag herbeigeführt werden soll. Über diesen Antrag wird deshalb das
Landgericht zu entscheiden haben.
Die Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30
Abs. 1 KostO.
9