Urteil des OLG Hamm vom 30.04.2008

OLG Hamm: identifizierung, verwandter, vergleich, sachprüfung, seltenheit, augenschein, geschwindigkeitsüberschreitung, aufzählung, fahrverbot, höchstgeschwindigkeit

Oberlandesgericht Hamm, 2 Ss OWi 226/08
Datum:
30.04.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Senat für Bußgeldsachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ss OWi 226/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Lüdenscheid, 80 OWi 764 Js 66/07 (14/07)
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe:
1
I.
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Das Amtsgericht hat den Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil wegen fahrlässiger
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 160,00 €
verurteilt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Gegen dieses Urteil
wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde. Die
Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, diese gem. § 349 Abs. 2 StPO i. V. m. § 79
Abs. 3 StPO zu verwerfen.
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II.
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Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die
Überprüfung des angefochtenen Urteils hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des
Betroffenen ergeben.
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Das Amtsgericht hat zu Identifizierung des Betroffenen als Fahrer des Pkw zum
Vorfallszeitpunkt ausgeführt:
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"Der Betroffene, der zunächst bestritten hat, das Fahrzeug geführt zu haben, hat sich
im Hauptverhandlungstermin am 16.01.2008 nicht mehr zur Sache eingelassen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme insbesondere aufgrund der
Feststellungen der Sachverständigen Dr. L im Gutachten vom 06.10.2007 und dem
mündlich erstatteten Gutachten vom 16.01.2008 steht jedoch nach Überzeugung
des Gerichts fest, dass der Betroffene zur Tatzeit Führer des Fahrzeugs gewesen ist
und es sich bei dem Betroffenen um die auf dem Radarfoto Bl. 1, 2, 33 d. A.
abgebildete Person handelt."
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Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu in ihrer Stellungnahme vom 03. April 2008
ausgeführt:
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"Die Ausführungen des Tatrichters zu seiner Überzeugungsbildung hinsichtlich der
Fahrereigenschaft des Betroffenen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Stützt ein
Tatrichter den Schuldspruch auf ein Sachverständigengutachten, so ist in den
Urteilsgründen eine verständliche und in sich geschlossene Darstellung der dem
Gutachten zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen, der wesentlichen
Befundtatsachen und der das Gutachten tragenden fachlichen Begründung
erforderlich (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21.02.2005 – 1 SsOWi 89/05 – m.
w. N.; Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 71 Rdnr. 43 d m. w. N.). Um dem
Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung der gedanklichen Schlüssigkeit eines
anthropologischen Identitätsgutachtens und seines Beweiswertes zu ermöglichen,
bedarf es dabei über die Aufzählung der mit dem Foto übereinstimmenden
morphologischen Merkmalsausprägungen des Betroffenen hinausgehender
Angaben (zu vgl. Thüringer OLG DAR 2006, 523 ff. m. w. N.).
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Diesen Anforderungen wird das Urteil des Amtsgerichts noch gerecht. Eine
wirksame Bezugnahme auf das Messfoto gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i. V. m. § 71
Abs. 1 OWiG ist erfolgt. Zwar fehlen die – grundsätzlich erforderlichen (zu vgl. BGH
NJW 2000, 1350 ff. m. w. N.) – Angaben zum Verbreitungsgrad der verschiedenen
Merkmalsausprägungen, d. h. zu deren Häufigkeit und Seltenheit, und konkrete
Angaben dazu, auf welche Art und Weise die Sachverständige die
Übereinstimmungen ermittelt hat. Das Amtsgericht teilt jedoch ausführlich und
detailliert mit, auf welche und wie viele übereinstimmende Körpermerkmale die
Sachverständige ihre Beurteilung gestützt hat und welche Schlüsse die Gutachterin
aus den festgestellten Übereinstimmungen gezogen hat. Dabei nimmt es einen ins
Einzelne gehende Vergleich aller festgestellten, übereinstimmenden Merkmale vor
und führt rechtsfehlerfrei aus, dass aufgrund der völligen Identität der festgestellten
Merkmale der Rückschluss auf die Fahrereigenschaft des Betroffenen zu ziehen sei.
Das Amtsgericht hat dabei auch die Möglichkeit, ob einnaher Verwandter als Fahrer
zur Tatzeit in Betracht kommt, nicht außer Acht gelassen. Anhaltspunkte dafür
haben sich ausweislich der Urteilsgründe nicht ergeben."
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Diesen Ausführungen tritt der Senat nach eigener Sachprüfung bei. Zwar handelt es
sich bei dem vom Verkehrsverstoß abgefertigten Lichtbild, das der Senat aufgrund der i.
S. d. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i. V. m. § 71 Abs. 1 OWiG ordnungsgemäßen Bezugnahme
in Augenschein nehmen kann, um ein zumindest nicht gutes Lichtbild, da zumindest
nicht alle Gesichtszüge des Betroffenen zu erkennen sind. Das Lichtbild lässt jedoch
wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, noch eine Identifizierung des Betroffenen
zu. Die insoweit vom Amtsgericht angeführten Merkmale sind ausreichend i. S. d.
obergerichtlichen Rechtsprechung. Dabei handelt es sich insbesondere um individuelle
Merkmale, aufgrund derer der Betroffene intuitiv wiedererkannt werden kann.
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Da auch im Übrigen die amtsgerichtlichen Feststellungen zu der dem Betroffenen zur
Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitung den obergerichtlichen Anforderungen
entsprechen, war das Rechtsmittel mit der sich aus § 473 Abs. 1 i. V. m. § 79 Abs. 3
OWiG ergebenden Kostenfolge zu verwerfen.
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