Urteil des OLG Hamm vom 22.11.2007

OLG Hamm: fristlose kündigung, aufsichtsrat, adäquate gegenleistung, projekt, geschäftsführer, geschäftsführung, genehmigung, kaufpreis, kündigungsfrist, grundstückserwerb

Oberlandesgericht Hamm, 27 U 126/06
Datum:
22.11.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
27. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 U 126/06
Vorinstanz:
Landgericht Bochum, 14 O 150/05
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 27. April 2006 verkündete
Urteil der 14. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des
Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils
beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe:
1
Die Beklagte ist die Konzernmutter eines weltweit operierenden Bau- und
Bergbaukonzerns. Der Kläger war seit dem 27.5.1988 – zunächst stellvertretender –
Geschäftsführer bei der E, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten. Hierüber verhält sich
der Geschäftsführerdienstvertrag (Anlage B 5) vom 25.7.1988, der nach Verschmelzung
der vorgenannten Gesellschaft auf die Beklagte im Jahre 1999 von dieser fortgeführt
wurde. Die Bestellung zum Geschäftsführer wurde mehrfach wiederholt; zuletzt wurde
der Kläger in der Aufsichtsratssitzung vom 6.11.2003 für die Zeit bis zum 31.10.2009
erneut zum Vorsitzenden der Geschäftsführung bestellt. Nach dem
Geschäftsverteilungsplan der Geschäftsführung war er in den Jahren 2000 – 2005 u.a.
für das Ressort Finanzen zuständig.
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Durch Beschluss vom 1.9.2005 entzog die Gesellschafterversammlung der Beklagten
dem Kläger und seinem Mitgeschäftsführer N Vertrauen. Daraufhin wurden beide auf
einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der Beklagten vom 7.9.2005 als
Geschäftsführer abberufen und von ihren Dienstpflichten freigestellt. Auf seiner Sitzung
vom 1.11.2005 beschloss der Aufsichtsrat dann die fristlose Kündigung der
Dienstverträge, was dem Kläger mit Schreiben des Aufsichtsratsvorsitzenden vom
3.11.2005 mitgeteilt wurde. Grund für diese Kündigung waren dem Kläger vorgeworfene
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gravierende Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit einem Staudammprojekt in B
("N Los 1").
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit dieser
Kündigung sowie die Gehaltszahlung für die Monate November und Dezember 2005. Er
hat die Ansicht vertreten, dass es schon an einer wirksamen Kündigungserklärung fehle;
diese könne im Schreiben vom 3.11.2005 nicht erblickt werden. Er habe aber auch
keine vorwerfbaren Pflichtverletzungen begangen, die eine fristlose Kündigung
rechtfertigen könnten.
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Die Beklagte hat zur Rechtfertigung der Kündigung im Wesentlichen geltend gemacht,
dass der Kläger sie verpflichtet habe, ohne die erforderliche vorherige Zustimmung des
Aufsichtsrats einzuholen, dass die gesamte Liquiditäts- und Avals- und insgesamt
finanziell ungeklärte Situation die Verpflichtung nicht zugelassen habe, sowie dass die
Gremien (Aufsichtsrat, Lenkungsausschuss, Mitgeschäftsführer) nicht umfassend
informiert worden seien.
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Im Laufe des Rechtsstreits hat sie sodann mit Schriftsatz vom 10.4.2006 zwei weitere
Kündigungsgründe nachgeschoben, von denen ihr Aufsichtsrat erst nach Ausspruch der
fristlosen Kündigung Kenntnis erhalten habe: Zum einen habe der Kläger zwei
Grundstückskaufverträge über Grundstücke in X bei C ohne ausreichende Finanzierung
abgeschlossen und in diesem Zusammenhang auch nachteilige
Provisionsvereinbarungen getroffen, denen keine adäquate Gegenleistung
gegenüberstand und die den zu erwartenden Gewinn erheblich minderten; die
Berichterstattung gegenüber dem Aufsichtsrat hierzu sei unzureichend und irreführend
erfolgt. Zum anderen habe er eigenmächtig und pflichtwidrig die Tantieme für das Jahr
2004 vorzeitig vereinnahmt.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; es hat die fristlose Kündigung für begründet
gehalten, weil der Kläger durch Beteiligung an der Eingehung eines großvolumigen
Geschäfts, dessen Finanzierung nicht gewährleistet war, eine so schwerwiegende
Verletzung der Interessen der Beklagten begangen habe, dass ihr die
Vertragsfortsetzung mit ihm unzumutbar sei. Die finanziellen Verpflichtungen aus dem
Projekt hätten die Liquiditäts- und Avalsituation der Beklagten bei weitem überstiegen.
Außerdem habe der Kläger seine Mitgeschäftsführer, den Lenkungsausschuss und den
Aufsichtsrat der Beklagten in nicht hinzunehmender Weise mangelhaft informiert.
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Gegen dieses Urteil, auf das wegen der getroffenen Feststellungen, weiterer
Einzelheiten seiner Begründung sowie des Parteivorbringens in erster Instanz
verwiesen wird, richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er die abgewiesenen
Anträge weiterverfolgt, in erster Linie allerdings Aufhebung und Zurückverweisung
begehrt.
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Einen Verfahrensfehler begründet er damit, dass einerseits eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs, andererseits eine Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht
vorliege. Die Beklagte habe mit 67-seitigem Schriftsatz vom 19.4.2006 nebst
umfangreichen, teils fremdsprachigen Anlagen ergänzend zum Projekt N vorgetragen
und dieser umfangreiche Sachvortrag sei im Wesentlichen Grundlage der tatsächlichen
Feststellungen und der Entscheidungsgründe des Landgerichts geworden, obwohl
Verspätung gerügt und Einräumung einer Schriftsatzfrist beantragt worden sei. Dies
habe dazu geführt, dass die weiterhin erforderliche umfangreiche Beweisaufnahme zu
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den angeblich groben Pflichtverletzungen und der Einhaltung der Kündigungsfrist nicht
durchgeführt worden sei. Ferner habe die Kammer nicht – wie zwingend erforderlich –
darauf hingewiesen, dass sie eine weitere Substanziierung seines Vortrags für
erforderlich erachte.
Der Kläger hält das Urteil darüber hinaus mangels von ihm begangener
Pflichtverletzungen auch für materiell unrichtig. Insoweit wiederholt und vertieft er
bezüglich des Projektes N sein erstinstanzliches Vorbringen.
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Zu den nachgeschobenen Kündigungsgründen erwidert er:
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Herr U als bevollmächtigter Mitarbeiter der Fa. D mbH habe Herrn A, der damals als
Mitgeschäftsführer den Unternehmensbereich Bau bei der Beklagten führte, auf die
Möglichkeit zum Grundstückserwerb aufmerksam gemacht und die Herstellung des
Kontakts gegen Vermittlungsprovision bzw. Ersatz von Aufwendungen für die
Vermittlung angeboten. Dies sei in der Geschäftsführung zunächst kritisch diskutiert
worden. Noch in diesem Diskussionsstadium habe Herr Prof. I davon erfahren und um
weitergehende Detailinformationen gebeten. Dies sei Ende Februar / Anfang März 2001
geschehen, auch der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Dr. M sei informiert worden;
dabei sei Herr Prof. I auch darauf hingewiesen worden, dass das Projekt nur unter
finanzieller Beteiligung Dritter umgesetzt werden könne. In einem der vielen
routinemäßig geführten Gespräche in der Folgezeit habe Herr Prof. Dr. I ihm, dem
Kläger, u.a. bestätigt, dass dieser Komplex ihm von Herrn A ausreichend und
ausführlich dargelegt und er über das "Umfeld" informiert worden sei. Auf von ihm
vorgetragene Bedenken gegen das Projekt habe er erwidert, dass er es für eine große
Chance halte und die Angelegenheit deshalb weiterverfolgt werden solle. Letztlich führe
auch Herr A den Baubereich alleinverantwortlich und solle im Hinblick auf seinen erst
wenige Monate zurückliegenden Eintritt in die Geschäftsführung auch nicht durch
Ablehnung eines solchen Projekts verärgert werden.
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Herr Dr. M habe sich das Projekt, seine Bedingungen und "Umfeldvereinbarungen" am
23.8.2001 nochmals ausführlich vorstellen lassen; den Hinweis auf die
"Umfeldvereinbarungen" habe er damit kommentiert, dies sei bei
Grundstücksgeschäften und Projektentwicklungsvorhaben üblich, weitere
Detailinformationen gegenüber Aufsichtsrat und Ausschuss seien nicht notwendig.
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Ein Auftrag an Herrn U, sich um die Grundstücksfinanzierung zu bemühen, sei Herrn
Prof. I auch deshalb sinnvoll erschienen, weil bekannt gewesen sei, dass er gute
Verbindungen zu verschiedenen Finanzierungsinstituten hatte, da er für die Beklagte
schon einmal eine neue Avallinie bei einem amerikanischen
Versicherungsunternehmen vermittelt hatte. Zu keiner Zeit sei dem Aufsichtsrat die
Finanzierung des Grundstückserwerbs als "gesichert" dargestellt worden. Dennoch
habe der Aufsichtsrat dem Vertragsabschluss am 29.8.2001 ohne Auflagen zugestimmt,
und zwar auf Drängen von Herrn Prof. I, nicht auf sein Drängen, da er dem Projekt
kritisch gegenübergestanden habe. Auch Herr Dr. M habe sich gegenüber Herrn A für
das Geschäft ausgesprochen.
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Dass die Finanzierung in der Folgezeit nicht zustande gekommen sei, habe er nicht
beeinflussen können, sondern habe seine Gründe in der Sphäre von Herrn Prof. I. Die
interessierten Bankinstitute hätten eine Finanzierung nach Vorlage der Konzernbilanz
der I1 KG, der damaligen Hauptgesellschafterin der Beklagten, abgelehnt, weil diese
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Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten in Höhe von rd. 45 Mio. DM hatte, die nicht
bedient wurden und durch Nichtzahlung der Zinsen weiter anstiegen. Das habe zu
einem entsprechenden Abzug vom Eigenkapital der Beklagten bei der Risikobewertung
und einem entsprechend schlechteren Rating geführt. Der Gesamtkomplex sei
ausführlich in den Wirtschaftsprüferberichten der Geschäftsjahre 2002 und 2003
dargestellt, einschließlich der nachverhandelten Kaufpreisreduzierung. Spätestens in
der Sitzung vom 14.5.2003 sei der Aufsichtsrat unterrichtet worden. Insgesamt sei ihm
eine Pflichtverletzung nicht anzulasten und andererseits die Frist des § 626 Abs. 2 BGB
lange abgelaufen.
Die beanstandete Auszahlung der Tantiemen sei - wie er im Einzelnen darlegt - nicht
pflichtwidrig gewesen.
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Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, das auch nicht auf Verfahrensfehlern
beruhe. Der Kläger habe seine Pflichten gröblich verletzt, indem er für sie einen
Projektvertrag abgeschlossen habe, dessen Finanzierung in hohem Maße ungewiss
gewesen und dessen Misslingen von Beginn an vorprogrammiert gewesen sei.
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Zu den nachgeschobenen Kündigungsgründen führt sie unter Wiederholung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens aus:
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Die Grundstückskaufverträge habe der Kläger abgeschlossen, ohne eine zuverlässige
Finanzierung vorweisen zu können. Zu dem Vorvertrag mit Herrn U vom 12.2.2001, der
diesem eine Gewinnbeteiligung von 50 % aus der späteren Weiterveräußerung sicherte,
sei die Zustimmung des Aufsichtsrats nicht eingeholt worden. Dass mit dem notariellen
Nachweis- und Vermittlungsvertrag vom 7.8.2001 dann Herr U durch die D GmbH
ersetzt worden sei, habe allein auf dessen mangelnder Kreditwürdigkeit beruht.
Zugleich seien die Grundstückskaufverträge geschlossen worden, die am 29.8.2001 in
inzwischen geänderter Fassung von ihrem Genehmigungsausschuss am 29.8.2001
genehmigt und in der Aufsichtsratssitzung vom 29.10.2001 einstimmig zur Kenntnis
genommen worden seien, wobei es in dem Genehmigungsantrag geheißen habe: "Der
Kaufpreis für die Grundstücke wird zu 100 % finanziert und in den Grundstücken selbst
abgesichert." Da in der Folgezeit weder Herr U noch die D GmbH eine
Finanzierungsvermittlung für die Kaufpreise zustande gebracht hätten, habe es
zahlreiche Stundungsvereinbarungen und Nachträge mit den Grundstücksverkäufern
gegeben. Von alledem habe der Aufsichtsrat nichts erfahren. Deshalb seien schließlich
die Grundstückskaufverträge einverständlich aufgehoben und unter geänderten
Zahlungsbedingungen neu abgeschlossen worden. Der ursprüngliche
Quadratmeterpreis habe sich dabei erhöht, ein Rücktrittsrecht zugunsten der Beklagten
sei nicht mehr vereinbart worden. Der Kläger habe die Bonität der Vertragspartner nicht
geprüft, diese mehr als sorgfaltswidrig ausgewählt und eine Finanzierungsalternative
selbst dann nicht beschafft, als klar gewesen sei, dass eine Vermittlung durch die D
GmbH nicht zustande kommt. Die Weigerung der Banken, die Finanzierung zu
übernehmen, habe mit den Modalitäten der Konzernfinanzierung nicht das Geringste zu
tun gehabt.
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Von den Nebenvereinbarungen, die den ursprünglich erwarteten Gewinn mindern
würden (Provisions- und Honorarvereinbarungen), habe der Aufsichtsrat keine Kenntnis
erhalten. Insoweit seien Forderungen gegen sie geltend gemacht worden und z.T. auch
Zahlungen geflossen, ohne dass dem eine adäquate Gegenleistung gegenüber
gestanden habe. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, warum der D GmbH und der
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B1 GmbH Gewinnbeteiligungsansprüche aus den Grundstücksgeschäften eingeräumt
worden seien. Der B1 GmbH, die eines der Grundstück bereits zuvor gekauft hatte, sei
für die Aufhebung dieses Vertrags zunächst 1 Mio. DM, später 1 Mio. € zzgl. 5 %
Gewinnbeteiligung zugesagt worden. Sowohl diese Vereinbarung als auch die
Provisionsvereinbarung mit Herrn U sei dem Aufsichtsrat genauso verschwiegen
worden wie später die Tatsache der nicht zustande gekommenen Finanzierung und der
fehlenden Finanzierungsalternative.
Auch Herr Dr. M habe in der Besprechung vom 23.8.2001 von der Halbierung des zu
erwartenden Veräußerungsgewinns, der Erhöhung des Kaufpreises aufgrund der
Forderung der B1 GmbH oder zusätzlichen Provisionsvereinbarungen sowie der nicht
annähernd gesicherten Kaufpreisfinanzierung nichts erfahren. Auch Herrn Prof. I und
dem gesamten Aufsichtsrat seien diese Probleme nicht bekannt gewesen. Eine
Kenntnis des Aufsichtsrats lasse sich auch nicht aus der auszugsweisen Vorlage der
WP-Berichte für die Jahre 2002-2004 konstruieren.
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Inzwischen sei sie von beiden Grundstückskaufverträgen zurückgetreten, weil sie zur
Aufbringung der Kaufpreise nicht in der Lage gewesen sei; infolge dieses Rücktritts -
den der Kläger nicht bestreitet, aber für nicht notwendig und unverständlich hält - habe
sie pauschalen Schadensersatz in Höhe von über 4,3 Mio. € zu leisten.
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Zur Tantiemezahlung wiederholt sie ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens in zweiter Instanz wird auf den
Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
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Der Senat hat den Kläger und die Aufsichtsratsmitglieder der Beklagten Prof. Dr. Dr. I,
Dr. M und X1 gemäß § 141 ZPO persönlich gehört und Beweis erhoben gemäß
Beweisbeschluss vom 22.3.2007 (Bl. 1229 f. GA) durch uneidliche Vernehmung der
Zeugen X2, K und A. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der
Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Berichterstattervermerke zu den mündlichen
Verhandlungen vom 8.3.2007 (Bl. 1220 ff. GA) und 9.10.2007 (Bl. 1471 ff. GA) Bezug
genommen.
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B. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die fristlose Kündigung der Beklagten vom
3.11.2005 ist berechtigt und hat das Anstellungsverhältnis des Klägers mit sofortiger
Wirkung beendet.
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I. Eine hinreichend eindeutige Kündigungserklärung liegt mit dem Schreiben vom
3.11.2005 vor. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des Landgerichts an.
Indem der Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten dem Kläger darin unter Beifügung
eines Protokollauszugs bekannt gab, dass der Aufsichtsrat die fristlose Kündigung des
Dienstvertrags beschlossen habe und er ermächtigt sei, dem Kläger diesen Beschluss
zur Kenntnis zu bringen, übermittelte er unzweifelhaft und auch vom Empfängerhorizont
unmissverständlich als Bote die vom Aufsichtsrat beschlossene und erklärte Kündigung
an den Kläger übermittelt.
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II. Es kann dahinstehen, ob dem Kläger Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem
Projekt "N Los 1" vorzuwerfen sind, die geeignet wären, eine fristlose Kündigung zu
tragen, und ob insoweit die Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten ist.
Gleiches gilt für den Vorwurf ungerechtfertigter Tantiemezahlung.
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III. Denn nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme liegen
jedenfalls im Zusammenhang mit dem Grundstücksgeschäft in X so schwerwiegende
Pflichtverletzungen des Klägers vor, dass allein diese die fristlose Kündigung
rechtfertigen.
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1. Dieser Kündigungsgrund ist zulässig im Laufe des Rechtsstreits nachgeschoben
worden.
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a) Neue Gründe zur Rechtfertigung der Kündigung, auf die diese zunächst nicht gestützt
worden ist, dürfen im Laufe des Rechtsstreits dann nachgeschoben werden, wenn sie
bei Ausspruch der Kündigung bereits vorgelegen haben und das für den Ausspruch der
Kündigung zuständige Organ das Geltendmachen auch dieser Gründe beschlossen hat.
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Des Weiteren darf der Kündigende von den zur Rechtfertigung der Kündigung
nachgeschobenen Umständen nicht schon früher als zwei Wochen vor Ausspruch der
Kündigung Kenntnis gehabt haben, weil die Kündigung dann hinsichtlich dieser Gründe
bereits im Zeitpunkt ihres Ausspruchs verfristet wäre. Dagegen ist der Ausspruch einer
neuen Kündigung unter Beachtung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB oder auch nur das
Nachschieben der Gründe innerhalb dieser Frist – entgegen der Auffassung des
Klägers - nicht erforderlich, weil der bereits fristlos Gekündigte damit rechnen muss,
dass bei Ausspruch der Kündigung noch nicht entdeckte Kündigungsgründe
nachgeschoben werden (BGH, Urt. v. 01.12.2003 - II ZR 161/02 -; Urt. v. 20.06.2005 - II
ZR 18/03 - ) und der Kündigende mit der Geltendmachung eines später entdeckten
Kündigungsgrunds sogar bewusst abwarten darf, um diesen nur "im Notfall"
heranzuziehen (vgl. BGH Urt. v. 01.12.2003 - II ZR 161/02 -).
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Dabei kommt es grundsätzlich auf die Kenntnis des gesamten für den Ausspruch der
Kündigung zuständigen Organs an. Die Kenntnis alleine des Aufsichtsratsvorsitzenden
ist nur dann von Bedeutung, wenn er nicht alsbald eine Sitzung zur Entscheidung über
die Kündigung einberufen hat. Denn wenn die Einberufung des für die Kündigung
zuständigen Organs von seinen einberufungsberechtigten Mitgliedern nach
Kenntniserlangung von dem Kündigungssachverhalt unangemessen verzögert wird, so
muss sich die Gesellschaft so behandeln lassen, als wäre das Organ mit der
billigerweise zumutbaren Beschleunigung einberufen worden (BGH Urt. v. 15.6.1998 – II
ZR 318/96 -).
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b) Nach diesen Grundsätzen kann der Kündigungsgrund geltend gemacht werden. Er
liegt zeitlich vor dem Ausspruch der Kündigung, der Aufsichtsrat der Beklagten hat seine
Geltendmachung beschlossen und der gesamte Aufsichtsrat der Beklagten als Organ
hat jedenfalls nicht vor dem Vermerk vom 4.11.2005 (Anlage BE 22) von den
nachstehend erörterten Gründen erfahren. Diese Darstellung der Beklagten hat der
Kläger nicht substanziiert bestritten. Er macht lediglich geltend, der
Aufsichtsratsvorsitzende Prof. I habe "unmittelbar vor der Beschlussfassung am
01.11.2005" erstmalig von Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das Projekt C-X
gesprochen, Herr S habe jedenfalls vor dem 7.11.2005 gegenüber
Aufsichtsratsmitgliedern hiervon gesprochen und eine entsprechende Vorlage sei
diesen unmittelbar vor Weihnachten zugeleitet worden.
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Auch nach dieser Darstellung des Klägers waren die Kündigungsgründe somit dem
Aufsichtsrat vor seiner Beschlussfassung vom 1.11.2005 noch nicht länger als zwei
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Wochen bekannt.
Von einer verzögerten Einberufung des Aufsichtsrats kann ebenfalls keine Rede sein.
Das ist auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil der jetzige
Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Dr. Dr. I in einer Gesellschafterversammlung vom
12.5.2004 an einer Beschlussfassung über die Befreiung der Geschäftsführer A und Dr.
I1 von den Beschränkungen des § 181 BGB im Hinblick auf die Vertragsänderungen
von 2002 (Aufhebung und Neuabschluss der Verträge) mitgewirkt hat, wie der Kläger
nunmehr mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 2.11.2007 geltend macht. Eine
Kenntnis von Prof. I über den nachstehend dargelegten Kündigungsgrund der
unzureichenden Information des für die Genehmigung zuständigen Ausschusses im
August 2001 folgt aus dieser formalen Beschlussfassung nicht. Das Vorbringen gibt
deshalb auch keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
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2. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Dienstverhältnis aus wichtigem Grund ohne
Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen,
aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung
des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden
kann. Das ist hier der Fall.
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Der Kläger hat gegen seine Pflichten verstoßen, indem er dem Aufsichtsrat und dem für
die Genehmigung des Grundstücksgeschäfts zuständigen Genehmigungsausschuss vor
dessen Entscheidung wichtige Informationen im Zusammenhang mit dem
Grundstückserwerb in X verschwieg.
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Der Grundstückserwerb war unstreitig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 der Geschäftsordnung
wegen der Höhe des Kaufpreises zustimmungsbedürftig. Sind die Geschäftsführer
jedoch in ihrer Geschäftsführung dahingehend beschränkt, dass bestimmte Geschäfte
der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen, so versteht es sich von selbst, dass die
Geschäftsführer dann auch zur umfassenden Information über alle wesentlichen
Umstände verpflichtet sind, um dem Aufsichtsrat bzw. hier dem an seiner Stelle
handelnden Genehmigungsausschuss ("Eilausschuss") eine sachgerechte
Entscheidung zu ermöglichen. Dies gilt erst recht, wenn die Kaufpreise wie hier ca. 23,2
Mio. DM und ca. 8,5 Mio. DM und damit mehr als das 100fache bzw. mehr als das
40fache der die Zustimmungspflicht auslösenden Wertgrenze von 200.000 DM
betragen. Zu diesen wesentlichen Umständen gehören jedenfalls die beabsichtigte
Finanzierung des Erwerbs und dessen Sicherstellung sowie der Inhalt wesentlicher im
Zusammenhang mit dem zur Genehmigung vorgelegten Vertrag stehender weiterer
Vereinbarungen, die sich nicht aus der Vertragsurkunde selbst ergeben.
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a) Vorliegend war die vom Kläger gemeinsam mit Herrn A ins Auge gefasste
Finanzierung des Grundstückserwerbs durch Vermittlung des Herrn U zum Zeitpunkt
des Genehmigungsantrags nicht gesichert. Das hat der Zeuge A, der im Übrigen
sichtlich bemüht war, die Durchführung des Geschäfts als vertretbar und vom Risiko
überschaubar darzustellen, ausdrücklich eingeräumt und der Kläger selbst nicht in
Abrede gestellt.
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Diese Tatsache war schon deshalb von ganz erheblicher Bedeutung, weil nach den
Grundstückskaufverträgen Bl. 356 ff. und Bl. 383 ff. GA eine zweite Kaufpreisrate - nach
einer ersten Anzahlung von je 100.000 DM - in Höhe von 4,5 Mio. DM bzw. 1,4 Mio. DM
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relativ kurzfristig fällig werden konnte, nämlich nach Vorliegen bestimmter
herbeizuführender Erklärungen und Eintragungen, frühestens allerdings am 15.10.2001,
wobei diese Festlegung aber ebenfalls belegt, dass mit kurzfristigem Eingang der
Erklärungen gerechnet wurde. D.h. die Beklagte, die ständig am Rande der Liquidität
operierte und die auch nach Darstellung des Klägers bei ihren bisherigen Hausbanken
eine Finanzierung für dieses Projekt nicht bekam, musste damit rechnen, innerhalb
weniger Wochen einen Betrag von nahezu 6 Mio. DM aufbringen zu müssen.
Schon deshalb wäre es in jedem Falle erforderlich gewesen, dem Aufsichtsrat bzw. dem
für die Genehmigung zuständigen Ausschuss deutlich zu machen, dass die
Finanzierung noch nicht gesichert war, und zwar schon unabhängig davon, ob der
Kläger selbst zuversichtlich war, dass Herr U es schaffen würde, die Finanzierung zu
besorgen.
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Dies gilt allerdings umso mehr als diese (zu seinen Gunsten unterstellte) Zuversicht des
Klägers jedenfalls auf sehr vager Grundlage ruhte, weil dieses Vertrauen letztlich nur
darauf gründete, dass es Herrn U früher bereits einmal gelungen war, eine zusätzliche
Kreditlinie von 30 Millionen DM für Avale zu vermitteln. Alleine dieser Umstand
rechtfertigte aber kaum die sichere Annahme, dass er erneut erfolgreich sein würde, weil
es offensichtlich ist, dass auch die Beschaffung zusätzlicher Kredite, die von eigenen
Hausbanken bereits nicht mehr gewährt werden, irgendwo begrenzt ist.
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Der Senat ist davon überzeugt, dass die gebotene Aufklärung über die ungesicherte
Finanzierung nicht erfolgt ist.
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Der Zeuge K hat ausdrücklich bekundet, dass nach der Finanzierung gefragt worden
war und er aus der Ausschusssitzung mit dem sicheren Verständnis herausgegangen
sei, dass die Angelegenheit "durchfinanziert" sei. Zwar handelt es sich hierbei um eine
sehr pauschale und nicht sehr detaillierte Erinnerung des Zeugen. Gleichwohl ist sie
glaubhaft. Denn sie deckt sich nicht nur mit den Erklärungen der Aufsichtsratsmitglieder
Dr. M und X1 bei deren Parteianhörung, sondern wird auch durch schriftliche Unterlagen
bestätigt.
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Sowohl Herr Dr. M als auch Herr X1 haben in gut nachvollziehbarer Weise geschildert,
dass der Kläger und Herr A in der Ausschusssitzung gesagt hätten, dass der Kaufpreis
in den Grundstücken abgesichert sei. Dies kann bei unbefangener Interpretation der
Aussage nur so verstanden werden, dass eine entsprechende Beleihung der
Grundstücke gesichert ist. Dies ist vor allem deshalb glaubhaft, weil es inhaltlich ebenso
in der Tischvorlage (Bl. 433 ff. GA, dort S. 3) niedergelegt ist, die der Kläger ausweislich
des Protokolls der Sitzung (Bl .429 ff. GA) zur Erläuterung vorgelegt hat. Gerade weil
diese Angabe ohne jeden Zusatz unter der "Chancen- und Risikoabschätzung"
vorgenommen wurde, kann sie nur so verstanden werden, dass die Finanzierung des
Objekts bereits gesichert war.
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Demgegenüber ist die Aussage des Zeugen A dazu, was in der Sitzung bezüglich der
Finanzierung gesagt worden ist, auffallend unergiebig. Sie steht deshalb der
Feststellung, dass von ihm und dem Kläger in der Sitzung unzureichende Angaben zur
Finanzierung gemacht worden sind, nicht entgegen.
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Der Inhalt des vom Kläger und Herrn A mit dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Dr.
M geführten Vorgesprächs ist dagegen nicht unmittelbar entscheidend. Jedenfalls kann
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sein feststellbarer Inhalt die nachfolgende unzureichende Information in der
Ausschusssitzung nicht rechtfertigen.
Der Senat hat erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Aussage des Zeugen A, wonach
er und der Kläger Herrn Dr. M darüber aufgeklärt hätten, dass sie davon ausgingen, das
über Herrn U "hinzubekommen" mit der Finanzierung. Es ist schon wenig nahe liegend,
dass Herr Dr. M, der zu Beginn des Gesprächs unstreitig gegen das Geschäft war, sich
mit einer derart unsicheren Hoffnung hätte umstimmen lassen. Zudem war die Aussage
des Zeugen A in allen Punkten, in denen er inhaltlich eine Aufklärung von Herrn Dr. M
erklären wollte, ausgesprochen pauschal und substanzlos. Die Substanz seiner
Aussage korrespondierte in keiner Weise mit seinem Redefluss. Auch unter
Berücksichtigung des hohen Eigeninteresses des Zeugen an einer Entlastung des
Klägers, weil er in gleicher Weise von der Beklagten anderweitig wegen der
behaupteten Pflichtverletzungen in Regress genommen wird, vermag der Senat dieser
Aussage des Zeugen daher nicht zu folgen.
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Es kommt hinzu, dass der Kläger sich mit einer Unterrichtung des Herrn Dr. M in dem
fraglichen Vorgespräch ohnehin nicht hätte begnügen dürfen. Seine Aufgabe war es,
den gesamten Genehmigungsausschuss zu unterrichten, da dieser mit Mehrheit und
nicht der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. M allein zu entscheiden hatte. Soweit in der
Sitzung - wie vorstehend festgestellt - ausdrücklich abweichende oder objektiv anders
zu verstehende Erklärungen abgegeben wurden, durfte der Kläger nicht davon
ausgehen, dass die übrigen Ausschussmitglieder aufgrund von Vorinformationen ein
abweichendes Verständnis hatten. Erst recht konnte er sich nicht darauf verlassen, dass
diese ihre eigenverantwortlich vorzunehmende Beurteilung auch aufgrund von
Vorinformationen an Herrn Dr. M vornehmen würden, nachdem dieser in der Sitzung
ausweislich des Protokolls erklärte (Bl. 431 GA), dass er wegen eines möglichen
Interessenkonfliktes aufgrund eines anderen Aufsichtsratsmandats an der Abstimmung
nicht teilnehmen und sich der Stimme enthalten werde (Bl. 431 GA).
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b) Zu der gebotenen umfassenden Information über das zu genehmigende Geschäft
hätten des Weiteren Angaben zumindest über diejenigen weiteren Vereinbarungen
gehört, die unmittelbaren Einfluss auf die wirtschaftliche Verwertung der zu
erwerbenden Grundstücke hatten. Auch insoweit war die Unterrichtung des
Genehmigungsausschusses unvollständig.
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Denn zu dieser Zeit war bereits der Nachweis- und Vermittlungsvertrag mit der D GmbH
vom 7.8.2001 (Bl. 341 ff. GA) geschlossen, der eine 50%ige Gewinnbeteiligung der D
GmbH (an der nach Abzug näher definierter Aufwendungen und Kosten verbleibenden
Differenz von Ankaufs- und Verkaufspreis) vorsah.
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Eine derartige Vereinbarung ist für die Abwägung der Chancen und Risiken des
vorzunehmenden Geschäfts erkennbar von Bedeutung. Es handelt sich hierbei um eine
für die Vermittlung eines Grundstückskaufs ganz ungewöhnliche Regelung. Das wird
auch aus der besonders hervorgehobenen Rechtfertigung dieser Vereinbarung in Ziff.
6.1. des Vertrags (Bl. 347 GA) deutlich. Dabei erscheint die dort angeführte Begründung
überdies höchst fragwürdig. Denn die Fa. D GmbH war bis dahin nach außen nicht in
Erscheinung getreten, der als ihr Vertreter auftretende Herr U hatte eine Finanzierung
bis dahin tatsächlich noch nicht zustande gebracht, und der angeblich außergewöhnlich
günstige Ankaufspreis ist in keiner Weise ersichtlich: Nicht nur dem ausgewiesenen
Immobilienfachmann Dr. M war der Grundstückskaufpreis nach genauer Kenntnis der
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Grundstückslage zunächst zu hoch erschienen, wie er bei seiner Anhörung vor dem
Senat bekundete, sondern der zusammen mit dem Kläger dieses Projekt betreibende
Mitgeschäftsführer A hatte nur wenige Monate zuvor zu Beginn der Verhandlungen mit
Herrn U den Erwerb der Gesamtfläche für 20 Mo. DM ins Auge gefasst, wovon lediglich
12 Mio. DM an die Verkäufer fließen und 8 Mio. DM für die Projektentwicklung genutzt
werden sollten (Schreiben vom 13.12.2000, Bl. 329 GA). Warum nur wenige Monate
später ein an die Verkäufer zu zahlender Kaufpreis von ca. 32 Mio. DM
"außergewöhnlich gering" und "auf das Verhandlungsgeschick von D" zurückzuführen
sein soll, erschließt sich nicht.
Es liegt auf der Hand, dass es für die durch den Genehmigungsvorbehalt gerade dem
Aufsichtsrat bzw. dem von ihm eingesetzten Ausschuss übertragene Abwägung von
Chancen und Risiken des Geschäfts eine zentrale Rolle spielt, ob der nur mögliche und
der Höhe nach nicht feststehende Gewinn aus einer Projektentwicklung der Beklagten
ganz oder überwiegend verblieb oder zur Hälfte an einen Dritten abgeführt werden
musste. Gerade wegen der Ungewöhnlichkeit der Regelung musste deshalb zwingend
hierauf hingewiesen werden, insbesondere weil die Ungewöhnlichkeit einer solchen
Vereinbarung auch die Überprüfung nahe legt, ob ggf. eine Verquickung persönlicher
Interessen der handelnden Personen gegeben sein könnte.
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Des Weiteren war der für den Erwerb der Grundstücke aufzubringende Betrag auch
noch insofern unvollständig angegeben, als der Kläger damals bereits wusste, dass das
Grundstück U1 bereits an einen anderen Interessenten veräußert worden war und allein
für die Aufhebung dieses Kaufvertrags ein weiterer Betrag von 1 Mio. DM aufgebracht
werden musste, der mit der ersten Kaufpreisrate zu hinterlegen war (Schreiben von
Rechtsanwalt Dr. C1, Bl. 553 GA). Auch wenn es sich hierbei nicht um einen an den
Verkäufer zu zahlenden Kaufpreis handelte, waren dies unzweifelhaft Erwerbskosten,
die dem für die Genehmigung zuständigen Gremium offen zu legen waren, weil sie in
gleicher Weise wie ein Kaufpreis notwendig aufzubringen waren.
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Das Zurückhalten der vorstehend genannten Informationen war nicht aufgrund des
Inhalts des vom Kläger und Herrn A geführten Vorgesprächs mit dem
Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. M gerechtfertigt.
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Soweit der Zeuge A bekundet hat, dass mit Herrn Dr. M auch über die Vereinbarungen
mit Herrn U und die Abreden mit B1-Plan gesprochen worden sei, vermag der Senat
dem aus den bereits oben genannten Gründen nicht zu folgen. Insbesondere in diesem
Punkt waren seine Angaben auch äußerst unbestimmt. Dagegen geht der Senat
entsprechend der Schilderung von Herrn Dr. M davon aus, dass Herr A am fraglichen
Unterredung in zumindest allgemeiner Form erwähnte, dass hohe Provisionen zu
zahlen seien, und er daraufhin erklärte, solche Details seien für den Aufsichtsrat nicht
wichtig, es komme auf die Gesamtsumme an.
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Selbst wenn man annimmt, dass Herr A und der Kläger sich im Rahmen der Information
des Genehmigungsausschusses hieran orientieren durften, so war die Pflicht zur
Offenlegung der Gewinnteilungsvereinbarung davon erkennbar nicht berührt. Für die
Ausschussmitglieder kam es darauf an, einerseits den Umfang der notwendigen
Aufwendungen für den Grundstückserwerb zu kennen, wobei es nicht entscheidend
sein mag, wie sich dieser im Einzelnen zusammensetzte, um andererseits diesen
Aufwand gegen die Gewinnchancen aufgrund der beabsichtigten Projektentwicklung
abwägen zu können. Dafür war es aber wichtig zu wissen, ob dieser erhoffte Gewinn
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durch eine Gewinnteilungsabrede der vorliegenden Art ganz erheblich geschmälert
würde. Dies hat mit Provisionen, die zum Gesamtpaket der notwendigen Aufwendungen
gehören, ersichtlich nichts zu tun. Ebenso konnte eine Erklärung, es komme nicht auf
die Details, sondern auf die Gesamtsumme an, es nicht rechtfertigen, erkennbar
notwendige Zusatzaufwendungen wie hier 1 Mio. DM für die Aufhebung der vorher
erfolgten Veräußerung an einen Dritten unter den Tisch fallen zu lassen, weil dies die
Darstellung des notwendigen Erwerbsaufwands schlicht verfälschte.
Schließlich ist es unerheblich, ob Herr Dr. M nach der Entscheidung des
Genehmigungsausschusses seine Zustimmung zu den Grundstückskaufverträgen in
notarieller Form erklärte, wovon allerdings auch ohne die erst nach Schluss der
mündlichen Verhandlung vorgelegte Zustimmungserklärung Bl. 1487 GA schon
aufgrund des entsprechenden Genehmigungsvorbehalts in den Verträgen auszugehen
ist. Aber selbst wenn man diese Erklärung zugrunde legt, besagt deren Abgabe nicht
zuverlässig, dass Herr Dr. M den Vertragstext tatsächlich vollständig zur Kenntnis nahm
und die Unvollständigkeit der Tischvorlage und der Berichterstattung durch die
Geschäftsführer erkannte. Erst recht gilt dies für die Abstimmungsentscheidung der
übrigen Ausschussmitglieder und den dadurch zustande gekommenen Beschluss, der
durch die Zustimmung von Herrn Dr. M lediglich umgesetzt wurde.
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c) Bei der Gesamtwürdigung aller Einzelumstände fällt nach alledem zu Lasten des
Klägers ins Gewicht, dass er dem Aufsichtsrat bzw. dem an seiner Stelle
entscheidenden Genehmigungsausschuss in ganz erheblichem Umfange wesentliche,
für eine sachgerechte Beurteilung von Chancen und Risiken des Grundstücksgeschäfts
notwendige Informationen vorenthielt. Dabei durfte die Beklagte insbesondere deshalb
auf eine umfassende Information ihres zuständigen Entscheidungsorgans vertrauen,
weil es sich nicht nur um ein Geschäft mit einem Volumen von mehr als 30 Mio. DM
handelte, sondern auch um eines mit ersichtlich spekulativem Charakter, weil die
erhoffte Wertschöpfung erkennbar von der weiteren Entwicklung des Großflughafens C-
T abhängig war. Selbst der das Projekt aktiv betreibende und nachhaltig befürwortende
Zeuge A hat dieses in seiner Vernehmung nicht etwa als "sichere Bank", sondern als
"vom Risiko überschaubar" charakterisiert. Genau diese Entscheidung stand aber nach
der gesellschaftsinternen Kompetenzverteilung bei Geschäften dieser Größenordnung
nicht der Geschäftsführung alleine zu, sondern unter dem Genehmigungsvorbehalt des
Aufsichtsrats. Wenn ein Geschäftsführer in einer solchen Lage den Aufsichtsrat in nicht
unbedeutendem Maße unvollständig informiert, setzt er sich damit über diese
Kompetenzverteilung hinweg und lässt jedenfalls mangelnde Offenheit und auch eine
Form der Missachtung von Entscheidungsvorbehalten im Verhältnis zum Aufsichtsrat
erkennen. Bereits dieses spricht dafür, dass für die Beklagte eine weitere
vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kläger bis zur regulären Beendigung seines
Anstellungsvertrags nicht mehr möglich ist.
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Nicht unberücksichtigt bleiben kann bei der Abwägung ferner die weitere tatsächliche
Entwicklung des Geschäfts, insbesondere dass die als sicher dargestellte Finanzierung
ausblieb, was u.a. zu Stundungsvereinbarungen und Vertragsänderungen führte, wobei
die geänderten Verträge zumindest in einzelnen Punkten (Wegfall des Rücktrittsrechts)
auch nachteilig für die Beklagte waren. Dabei kann es dahinstehen, ob und in welchem
Umfang diese Änderungen einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern zur Kenntnis gelangten.
Eine gezielte Information des Aufsichtsrats durch die Geschäftsführer ist unstreitig nicht
erfolgt und für die Frage des Vertrauensverlustes stellt es einen erheblichen
Unterschied dar, ob der Aufsichtsrat mehr oder wenig beiläufig von der negativen
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Entwicklung eines Geschäfts erfährt, das er selbst zu verantworten hat, weil er es auf
umfassender Informationsgrundlage genehmigt hat, oder ob ein Projekt "aus dem Ruder
läuft", das er aufgrund unzureichender Information durch die Geschäftsführer gebilligt
hat. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass - auch aufgrund späterer, isoliert nicht
genehmigungsbedürftiger Verträge und Vereinbarungen - erhebliche Beträge an Dritte
geflossen sind, für die adäquate Gegenleistungen nicht ohne weiteres nachzuvollziehen
sind. Auch derartige Nebenabreden erscheinen in völlig anderem Licht, wenn sich
nachträglich herausstellt, dass bereits bei Abschluss des Grundgeschäfts unvollständig
informiert wurde und bereits hier Gewinnbeteiligungen Dritter verschwiegen wurden.
Schließlich spricht für die Unzumutbarkeit weiterer Zusammenarbeit, dass das auf der
unzureichenden Informationsgrundlage gebilligte Projekt zu einem beträchtlichen
finanziellen Schaden bei der Beklagten geführt hat, weil sie nach dem wegen
mangelnder Liquidität erklärten Vertragsrücktritt pauschalen Schadensersatz in
Millionenhöhe leisten muss. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, dass
dieser Rücktritt nicht notwendig gewesen sei. Dass es sich hierbei um eine
unternehmerische Fehlentscheidung gehandelt hätte, weil eine weitere
gewinnbringende Vermarktung der Grundstücke in jedem Falle durchführbar gewesen
wäre, ist nicht ausreichend dargelegt.
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Zugunsten des Klägers ist bei der Gesamtabwägung seine lange Betriebszugehörigkeit
und bis dahin beanstandungsfreie Tätigkeit in der Geschäftsführung zu berücksichtigen.
Angesichts des gravierenden Ausmaßes der Pflichtverletzung und seiner Folgen genügt
dieser Umstand jedoch nicht, der Beklagten die weitere Vertragserfüllung für weitere 4
Jahre zuzumuten. Auch die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung außerhalb der
Erfüllung der Pflichten als Organ der Gesellschaft ist nicht ersichtlich.
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Auf etwaige weitere Pflichtverletzungen des Klägers im Zusammenhang mit dem
Grundstücksgeschäft durch die unterlassene Mitteilung späterer Vertragsänderungen
und weiterer zusätzlicher Vereinbarungen kommt es alledem nicht mehr an.
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IV. Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten weiteren Schriftsätze
des Klägers vom 24.10.2007, 2.11.2007, 13.11.2007 und 15.11.2007 sowie der
Beklagten vom 25.10.2007 und 8.11.2007 geben unter keinem Gesichtspunkt Anlass
zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die
Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.
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