Urteil des OLG Hamm vom 14.08.2008

OLG Hamm: berechnung der frist, beginn der frist, immobilienfonds, insolvenz, emissionsprospekt, abtretung, kapitalanlage, verfügung, verjährungsfrist, anschrift

Oberlandesgericht Hamm, 4 U 83/08
Datum:
14.08.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 U 83/08
Vorinstanz:
Landgericht Bochum, 8 O 564/06
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 6. März 2008 verkündete Urteil
der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der
Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils
beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Gründe:
1
I.
2
Die Klägerin unterzeichnete nach einem Beratungsgespräch mit der Beklagten, die sie
über ihre Tochter kennen gelernt hatte, im Jahre 1994 ein Angebot zur Beteiligung an
dem geschlossenen Immobilienfonds DLF ##/17 – G-KG mit einem Anlagekapital von
170.000,- DM. Zuvor hatten die Parteien eine Beteiligung an dem Vorgängerfonds DLF
##/14 desselben Kapitalsuchenden angestrebt, der aber zwischenzeitlich geschlossen
wurde. Die Gesellschaft nahm das Angebot an und übersandte der Klägerin am 15. Juni
1994 eine Teilhaberbestätigung (Bl.21).
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Die Klägerin veräußerte im Jahre 1997 einen Anteil an ihrer Beteiligung in Höhe von
nominal 30.000 DM zu einem Verkaufspreis von 28.500 DM an die Gesellschaft. Im
Jahre 1998 veräußerte die Klägerin an diese zunächst einen weiteren Anteil von
nominal 15.000 DM für 12.750 DM und einen weiteren gleich großen Anteil bei späterer
Fälligkeit des Kaufpreises für 14.250 DM. Sie erhielt somit für die Gesamtanteile in
Höhe von 60.000 DM insgesamt 55.500 DM. Als Unkosten für Beglaubigungen in
Zusammenhang mit den drei Veräußerungsgeschäften musste die Klägerin insgesamt
93,66 DM aufwenden.
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Der Klägerin wurden bis zum Jahre 2005 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt
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Der Klägerin wurden bis zum Jahre 2005 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt
31.110,43 EUR ausgezahlt. Die Ausschüttungen wurden bis zum Jahre 1998 im
zugesagten Umfang von 7 % geleistet. Im Jahre 1999 meldete die Firma T AG, die
Hauptmieterin der zum Fonds gehörenden Immobilien in T1 war, Insolvenz an und die
Ausschüttungen konnten nicht mehr in der prognostizierten Höhe ausgezahlt werden,
sie sanken 1999 auf 3 %, 2001 auf 2,26 % und in den Jahren danach auf weniger als 1
%. Im Jahre 2000 wurde überhaupt keine Ausschüttung geleistet (Bl.70).
5
Die Gesellschafter wurden mit Rundschreiben vom 24. Juli 1998 (Bl.120) auf Probleme
der Generalmieterin T AG hingewiesen, die ein Stabilisierungskonzept erforderlich
machten. Mit Rundschreiben vom 8. Mai 2000 (Bl.121 ff.) informierte der persönlich
haftende Gesellschafter G die Anleger, dass sich die Generalmieterin im
Insolvenzverfahren befinde und dass sich dadurch gravierende Folgen in
Zusammenhang mit einem drohenden totalen Mietausfall bei diesem Immobilienprojekt
ergeben könnten. Es wurde weiter ausgeführt, dass in einer solchen Situation auch der
Verkauf der Immobilie nicht zu akzeptablen Ergebnissen führen könne, wobei auf solche
Risiken bereits im Emissionsprospekt hingewiesen worden sei. Deshalb wurden die
Gesellschafter aufgefordert, bestimmten Maßnahmen zur Stützung des Fonds
zuzustimmen.
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Die Klägerin hat behauptet, die Beratung sei ausschließlich durch die Beklagte
vorgenommen worden, während ihre Tochter als deren Bürogehilfin nur mit anwesend
gewesen sei. Es sei ausdrücklich zur Sprache gekommen, dass sie an einer
wertbeständigen Kapitalanlage interessiert sei. Als solche sei ihr die Beteiligung am
Fonds DLF ##/14 empfohlen und ihr auch der diesen Fonds betreffende
Emissionsprospekt übergeben worden. Die Beklagte habe die Anlage als sicheren
Immobilienfonds, als attraktive Kapitalanlage und als Anlage ohne jedes Verlustrisiko
beschrieben. Es seien ihr auch Steuervorteile versprochen worden, die sie allerdings
wegen ihrer wirtschaftlichen Situation nicht habe wahrnehmen können. Die Beklagte
habe erklärt, bei einer Laufzeit von fünf Jahren sei ein Ertrag von 25.800 DM zu erzielen.
Anstelle des schon geschlossenen Fonds DLF ##/14 habe die Beklagte den
Nachfolgefonds DLF ##/17 empfohlen und behauptet, dieser Fonds habe dieselben
Vorzüge wie der geschlossene. Im Hinblick auf diesen Fonds sei ihr kein Prospekt
übergeben worden. Auf diese Empfehlung der Beklagten habe sie, die Klägerin, den
Fonds gezeichnet. Den den früheren Fonds betreffenden Prospekt habe sie nicht zur
Kenntnis genommen. Die Klägerin hat vorsorglich geltend gemacht, dass auch die in
diesem Prospekt enthaltene Risikoaufklärung nicht ausreichend gewesen sei. In der
Zwischenzeit hätten sich die tatsächlich vorliegenden und verschwiegenen Risiken
verwirklicht und es sei ein Wertverlust eingetreten, der dazu geführt habe, dass der
Fonds bei Angeboten und Nachfragen nur noch mit 20 % seines Wertes gehandelt
werde.
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Die Klägerin hat ferner gemeint, der ihr zustehende Zahlungsanspruch sei auch nicht
verjährt, weil sie selbst vor der anwaltlichen Beratung keine Kenntnis davon erhalten
habe, dass bei Beendigung der Gesellschaft oder einer Veräußerung der Anteile nur ein
Betrag gezahlt werde, der weit unterhalb der Beteiligungssumme liege. Die von der
Beklagten vorgelegten Schreiben aus den Jahren 1998 und 2000 habe sie nicht
erhalten. Presseberichte oder Berichte aus dem Internet über die Insolvenz der T AG
seien ihr nicht bekannt geworden. Auch aus dem Ausbleiben der Ausschüttungen habe
sie nicht auf ein Verlustrisiko schließen können. Die Fondsgesellschaft habe ihr
vielmehr jedes Jahr eine kalkulierte Beteiligungssumme mitgeteilt, die der Höhe nach
der nominalen Beteiligungssumme entsprochen habe.
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Die Klägerin hat im Wege des Schadensersatzes von der Beklagten zunächst Zahlung
von 69.440,64 EUR begehrt, und zwar Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche
aus der Beteiligung am Fonds DLF ##/17 G-KG. Mit Schriftsatz vom 11. April 2007 hat
sie die Klageforderung im Rahmen der Rückabwicklung der Beteiligung auf 58.604,35
EUR ermäßigt. Diesen Betrag hat sie errechnet, indem sie von dem eingesetzten
Kapital von 170.000 DM die mit 55.000 DM angegebenen Veräußerungserlöse
abgezogen und die bei den Veräußerungsgeschäften getätigten Aufwendungen in Höhe
von 93,66 DM hinzugezählt hat. Nach einem entsprechenden Hinweis der Kammer hat
die Klägerin schließlich von der zu zahlenden Summe noch die gezahlten
Ausschüttungen in Höhe von 31.110,43 EUR in Abzug gebracht.
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Auf den entsprechend ermäßigten Antrag hat das Landgericht die Beklagte, nachdem im
Termin vom 6. September 2007 für diese niemand erschienen war, mit Versäumnisurteil
zur Zahlung von 27.736,02 EUR, Zug um Zug gegen Abtretung des von der ATC
treuhänderisch verwalteten nominellen Kommanditkapitalanteils von 110.000 DM
(56.242,11 EUR) der Klägerin an der Beteiligung Objekt DLF ##/ 17 G-KG- verurteilt.
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Die Beklagte hat gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt und sich gegen die
Klageforderung verteidigt. Sie hat zunächst geltend gemacht, dass sie von der Klage
und der Terminsladung erst nach Zustellung des Versäumnisurteils an ihre
ladungsfähige Anschrift Kenntnis erhalten habe. Die Schriftstücke seien entsprechend
der Angabe der Klägerin an eine ehemalige Geschäftsanschrift gesandt worden, obwohl
sie das betreffende Geschäft schon im Jahre 2005 aufgegeben und die Klägerin im
Rahmen des vorgerichtlichen Schriftverkehrs auf ihre neue Anschrift hingewiesen habe.
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Die Beklagte hat bereits ein Anlagegeschäft der vorgetragenen Art und auch den
Anlagezeitpunkt in Frage gestellt. Sie hat vorsorglich behauptet, die entscheidende
Beratung der Klägerin sei nicht durch sie selbst erfolgt, sondern durch die Tochter der
Klägerin, die vom B im Hinblick auf die Anlage in Dreiländerfonds besonders geschult
worden sei. Auch die Umstellung auf den Fonds DLF ##/17 sei auf Initiative der Tochter
der Klägerin erfolgt. Sie, die Beklagte, habe sich nur formell zur Verfügung gestellt, weil
die Tochter der Klägerin wegen einer Babypause keine eigene Beraternummer gehabt
habe. Nach der Beratung durch die Tochter habe auch sie, die Beklagte, die Klägerin
entsprechend ihrer Kenntnis nochmals belehrt und dafür gesorgt, dass der Klägerin der
entsprechende Emissionsprospekt zur Verfügung gestellt wurde. Sie habe weder der
Tochter der Klägerin noch der Klägerin gegenüber erklärt, der neue Fonds sei genauso
attraktiv und sicher wie der alte. Besondere Risiken dieses Immobilienfonds seien zur
Zeit des Vertragsschlusses noch nicht bekannt gewesen. Zur Schadenshöhe hat die
Beklagte vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Ausschüttungen für 2006 und 2007
noch nicht berücksichtigt worden seien. Außerdem müsse sich die Klägerin eine
Verletzung ihrer Schadensminderungspflicht entgegen halten lassen, weil sie im Jahre
1998 nicht von dem Angebot Gebrauch gemacht hätte, weitere Anteile zu 95 % oder zu
85 % vom Nominalwert zu verkaufen.
12
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Dazu hat sie vorgetragen, dass
der Klägerin spätestens im Jahre 2000 aufgrund von Presseveröffentlichungen und
Internetberichten habe bekannt sein müssen, dass der Fonds in eine Schieflage geraten
sei. Als Gesellschafterin habe sie auch die Rundschreiben der E vom 24. Juli 1998 und
das Schreiben des persönlich haftenden Gesellschafters G vom 8. Mai 2000 mit dem
Hinweis auf die Insolvenz der T AG erhalten. Außerdem sei zu diesem Zeitpunkt schon
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klar gewesen, dass die Ausschüttungen 1999 zunächst auf 3 % zurückgegangen und
dann im Jahre 2000 ganz ausgeblieben seien.
Das Landgericht hat im Verfahren über den Einspruch das Versäumnisurteil aufgehoben
und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein etwaiger
Anspruch wegen mangelhafter Aufklärung im Rahmen einer Anlagenvermittlung verjährt
sei. Da die Beklagte ihre Pflicht zur Information und Aufklärung über das Anlageprodukt
durch die Übergabe des Emissionsprospektes DLF ##/17 erfüllt habe, verbleibe als eine
der Risikoaufklärung in dem Emissionsprospekt zuwider laufende Erklärung auch nach
dem Vortrag der Klägerin nur das Versprechen der Beklagten, es bestünden bei dem
Fonds keinerlei Verlustrisiken. Da die Klägerin aber durch die Teilverkäufe in den
Jahren 1997 und 1998 tatsächliche Verluste erlitten hätte, hätte sie bereits zu diesem
Zeitpunkt Kenntnis davon gehabt, dass dieses Versprechen nicht zutreffend gewesen
sein konnte. Bei Eingang der vorliegenden Klage am 27. Dezember 2006 seien
mögliche Ansprüche der Klägerin deshalb bereits verjährt gewesen. Das Landgericht
hat auch die Kosten der Säumnis nicht den Beklagten auferlegt, weil nicht festzustellen
gewesen sei, dass das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen sei. Die
Beklagte sei an der von der Klägerin angegebenen Anschrift bereits seit dem Jahre
2005 nicht mehr geschäftsansässig gewesen. Die zugestellten Schriftstücke hätten die
Beklagte deshalb nicht erreicht, obwohl die Zustellung aus nicht mehr
nachvollziehbaren Gründen durch Einlage in den Briefkasten ausgeführt worden sei.
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Die Klägerin greift das Urteil mit der Berufung an. Sie wendet sich zunächst dagegen,
dass das Landgericht die etwaige Schadensersatzforderung für verjährt gehalten habe.
So treffe es nicht zu, dass sie in Zusammenhang mit der Veräußerung von Anteilen in
den Jahren 1997 und 1998 eine hinreichende Kenntnis von einem Verlustrisiko in
Bezug auf die gesamte Anlage erhalten habe. Zwar habe sie bei den Verkäufen der
Anteile von 30.000 DM und je 15.000 DM erkennbar eine gewisse Einbuße erlitten.
Diese Einbuße von insgesamt 4.500 DM bei den Anteilen im Wert von 60.000 DM
besage aber nicht, dass der Wert der Beteiligung niedriger eingestuft worden sei als
zum Ausgabezeitpunkt. Diesen geringen Wertverlust habe sie vielmehr als einen
Verlust ansehen können, wie er allgemein bei vorzeitiger Beendigung von
Vertragsverhältnissen eintreten könne wie etwa auch bei der Kündigung von
Lebensversicherungsverträgen. Das habe sie tatsächlich auch so gesehen.
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Die Klägerin legt in der Sache mit näheren Ausführungen dar, dass hier zwischen den
Parteien ein Beratungsvertrag geschlossen worden sei. Es sei für die Frage, ob die
Beklagte ihre Beratungspflichten erfüllt habe, auch nicht der Inhalt eines überreichten
Emissionsprospektes entscheidend, sondern es komme auf die Informationen und
Ratschläge an, die sie als Beraterin tatsächlich gegeben habe. Hier gelte das in
besonderem Maße, weil ein Prospekt übergeben worden sei, der sich gar nicht auf die
konkrete Anlage, sondern auf den bereits geschlossenen Fonds DLF ##/14 bezogen
habe. Entscheidend sei deshalb, dass die Beklagte den Fonds zu Unrecht als sicheren
Immobilienfonds, attraktive Kapitalanlage und insbesondere als Anlage ohne jede
Verlustmöglichkeit bezeichnet habe. Das habe sie, die Klägerin, ebenso unter Beweis
gestellt wie die Tatsache, dass die Pflichtverletzung der Beklagten für die Zeichnung der
Anlage ursächlich gewesen sei.
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Die Klägerin beantragt,
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das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
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an die Klägerin 27,736,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
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Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu
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Zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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II.
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Die Berufung ist unbegründet, weil der nach dem Vortrag der Klägerin mögliche
Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Beratungspflichten verjährt wäre.
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1) Nach den von der Klägerseite nicht angegriffenen Ausführungen des Landgerichts zu
den Kosten der Säumnis ist die Klage nicht wirksam zugestellt worden. Damit ist auf
diesem Wege kein Prozessrechtsverhältnis und keine Rechtshängigkeit der Klage
begründet worden. Die Beklagte hat aber nach Einlegung des Einspruchs im Termin
vom 6. März 2008 rügelos verhandelt. Es ist daher davon auszugehen, dass zu diesem
Zeitpunkt ein Prozessrechtsverhältnis begründet worden ist.
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2) Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte könnte sich nach
deren Vortrag dem Grunde nach aus einer positiven Vertragsverletzung in
Zusammenhang mit einem Anlageberatungsvertrag ergeben. Auf das danach im Jahre
1994 und somit vor dem 1. Januar 2002 begründete Schuldverhältnis wäre dabei nach
Art. 229 EGBGB § 5 noch das alte Schuldrecht anzuwenden.
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a) Durch den an die als Chefin ihrer Tochter bekannte Beklagte herangetragenen
Beratungswunsch der Klägerin und die daraufhin von der Beklagten aufgenommene
Beratungstätigkeit ist zwischen der Klägerin und der Beklagten vor der Zeichnung der
Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds DLF ##/17 ein Vertrag mit
Haftungsfolgen zustande gekommen. Nach ihrem weiteren Vorbringen ist die Klägerin
nicht nur voll Vertrauen in die Fähigkeiten der Beklagten, sondern auch besonders
beratungsbedürftig gewesen. Sie wollte sich auf die Empfehlung der Beklagten
verlassen, die diese in Kenntnis ihres Anlageziels abgeben würde. Es spricht deshalb
viel dafür, dass unter solchen Voraussetzungen ein Beratungsvertrag mit besonderen
Pflichten abgeschlossen worden ist. Auch wenn die Stellung und die Aufgaben eines
Anlagevermittlers und eines Anlageberaters unterschiedlich sind und ihre
Pflichtenkreise sich nicht decken, bedarf das hier keiner abschließenden Entscheidung.
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b) Selbst wenn die Klägerin wegen der Unterstützung durch ihre fachlich geschulte
Tochter im Wesentlichen nur die erforderlichen Auskünfte erwartet haben sollte, um über
die Eignung der betreffenden Anlage für ihre Zwecke nach einer Prüfung selbst zu
entscheiden, ist hier jedenfalls von einem stillschweigend geschlossenen
Auskunftsvertrag mit der Beklagten im Rahmen einer Anlagenvermittlung auszugehen.
Auch dieser Vertrag verpflichtete die Beklagte, die Klägerin über alle diejenigen
tatsächlichen Umstände richtig und vollständig zu informieren, die erkennbar für sie als
Anlageinteressentin für ihre Anlageentscheidung von besonderer Bedeutung waren und
die insbesondere den Vertragszweck vereiteln konnten. Dazu gehörten angesichts der
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gewünschten sicheren Anlage jedenfalls Hinweise auf die speziellen Risiken des
geschlossenen Immobilienfonds an sich und dieses speziellen Fonds. Nach dem
weiteren Klägervorbringen ist die Beklagte dieser Informationspflicht nicht gerecht
geworden. Dafür genügte schon nicht die Übergabe des Emissionsprospektes in Bezug
auf den Vorgängerfonds. Denn der konnte allenfalls auf die allgemeinen Risiken, nicht
aber die speziellen Risiken dieses Fonds mit der wichtigen Generalmieterin T AG
hinweisen. Es kommt hinzu, dass die Beklagte auch die Risikohinweise nicht dadurch
relativieren durfte, dass sie den Fonds als besonders attraktiv und (in Wirklichkeit) völlig
risikolos darstellte. Das besondere Risiko des Totalausfalls und der Abhängigkeit des
Fonds von den einzelnen Mieterträgen trat dadurch in den Hintergrund.
3) Eine solche Pflichtverletzung in Form einer unzureichenden Risikoaufklärung wäre
nach dem weiteren Klägervortrag auch kausal für die Anlageentscheidung der Klägerin
geworden. Dafür spricht im Übrigen bei erheblichen Aufklärungsmängeln auch schon
die Lebenserfahrung. Es reicht insoweit jedenfalls aus, dass die Klägerin
nachvollziehbar dargelegt hat, dass es ihr auch auf die Sicherheit der Anlage besonders
angekommen sei. Nach ihrem Vortrag war auch gerade die Beratung durch die Beklagte
entscheidend und nicht etwa ein Kontrollgespräch mit der Tochter, die das von der
Beklagten behauptete Fachwissen über DLF-Fonds überhaupt nicht besessen haben
soll.
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4) Bereits durch die Pflichtverletzung ist der Klägerin dann auch ein Schaden
entstanden, wenn man weiterhin ihren Vortrag zugrundelegt. Der Schaden besteht
schon darin, dass die Klägerin gerade wegen der fehlerhaften Beratung die für sie
nachteilige –weil zu riskante- Beteiligung gezeichnet und dafür das Kapital in Höhe von
170.000 DM eingesetzt hat. Ein Schaden ist der Klägerin wie immer in solchen Fällen in
Form des negativen Interesses entstanden, das darauf gerichtet ist, dass sie so gestellt
werden muss, als hätte sie die Anlage nicht gezeichnet. Sie kann also ihr Anlagekapital
zurückerstattet verlangen, und zwar Zug um Zug gegen Übertragung oder Abtretung
dessen, was sie aus dem Anlagegeschäft erlangt hat. Vorteile der Anlage wie die
Ausschüttungen muss sie sich anrechnen lassen. Dementsprechend hat die Klägerin
auf Hinweis des Landgerichts zuletzt schon selbst die bis 2005 erfolgten
Ausschüttungen in Abzug gebracht. Dazu kämen allenfalls noch etwaige in 2006 und
2007 gezahlte Beträge. Die Klägerin hat jedenfalls auch schlüssig vorgetragen, dass
Steuerersparnisse für sie nicht in Betracht gekommen seien.
31
5) Am fehlenden Verschulden der Beklagten könnte ein Anspruch auch nicht scheitern.
Im Hinblick auf die unvollständige Risikoaufklärung hätte die Beklagte jedenfalls
fahrlässig gehandelt, selbst wenn sie wegen der bislang guten Erfahrungen mit solchen
Anlagen an ein geringes Risiko geglaubt hätte.
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6) Die Klägerin trifft nach ihrem Vortrag auch kein Mitverschulden. Sie war insbesondere
nicht verpflichtet, bereits im Jahre 1998 weitere Anteile mit Verlust zu verkaufen, um den
Schaden geringer zu halten. Ein sicheres Wissen, dass es ohne diese zusätzlichen
Verkäufe zu weit höheren Schäden kommen würde, hatte die Klägerin damals nicht.
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7) Der Klägervortrag ist allerdings ganz überwiegend streitig. Die Beklagte hat
insbesondere die Rolle der Tochter der Klägerin ganz anders dargestellt und bestritten,
den schließlich gezeichneten Fonds als völlig ohne Verlustrisiko bezeichnet zu haben.
Eine weitere Sachverhaltsaufklärung ist jedoch hier nicht erforderlich, weil der denkbare
Schadenersatzanspruch
verjährt
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a) Zur Beantwortung der Frage, welche Verjährungsfrist hier gilt, ist das neue Recht
anzuwenden. Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB finden die Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuchs in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung auf die an diesem Tag
bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Hier war eine
Verjährung des aus dem alten Schuldverhältnis der Parteien hergeleiteten Anspruchs
der Klägerin zum Stichtag noch nicht eingetreten, sondern die dreißigjährige
Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. lief am 1. Januar 2002 noch.
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b) Die Frist hatte nach § 198 BGB a.F. mit der Entstehung des Anspruchs zu laufen
begonnen. Der auf das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch der
Klägerin ist hier schon mit der Beteiligung an dem Immobilienfonds im Jahre 1994
entstanden. Denn sogar bei einer unterstellten objektiven Werthaltigkeit von Leistung
und Gegenleistung ist der Klägerin als Anlegerin schon dadurch ein
Vermögensschaden entstanden, dass die Leistung für die Zwecke des Anlegers nicht
voll brauchbar ist (BGH WM 2005, 929, 930). Die Beklagte schuldete jedenfalls eine
vollständige und richtige Auskunft. Wenn sie ihren diesbezüglichen Pflichten nicht
nachkam und die Klägerin nur deshalb die Anlage zeichnete, erscheint auch bei
objektiver Betrachtung schon der Vertragsschluss als ihren konkreten
Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig. Dem entspricht es
auch, dass die Klägerin von diesem Zeitpunkt an die Möglichkeit hatte, Klage zu
erheben, also vom Berater zu verlangen, dass er Zug um Zug gegen Übertragung oder
Abtretung des Gesellschaftsanteils das Anlagekapital zurückgewährt.
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c) Die regelmäßige Verjährungsfrist, die nach neuem Recht für einen solchen Anspruch
gilt, ist hier kürzer als die seit 1994 laufende Frist von 30 Jahren. § 195 BGB n.F. regelt,
dass die jetzt maßgebliche Frist drei Jahre beträgt. Deshalb kommt für die Berechnung
der Frist Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB zur Anwendung. Die kürzere Dreijahresfrist wird ab
dem 1. Januar 2002 berechnet. Sie steht dem Anspruchsberechtigten voll zur
Verfügung. Das heißt aber noch nicht, dass die laufende Frist dann immer am 31.
Dezember 2004 abläuft. Die Verjährung tritt zu diesem Zeitpunkt vielmehr nur dann ein,
wenn bis zum 1. Januar 2002 auch die subjektiven Voraussetzungen des
Verjährungsbeginns des § 195 BGB n.F. vorgelegen haben, nämlich Kenntnis oder grob
fahrlässige Unkenntnis von den Anspruchsvoraussetzungen. Der Fristbeginn für die
Verjährung hängt auch bei sog. Altansprüchen von der subjektiven Kenntnis des
Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen ab (vgl. BGH, BGHZ 171, 1 =
NJW 2007, 1584).
37
Denn wenn es auf die Verjährungsfristen nach neuem Recht ankommt, gelten nach Art.
229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB zugleich auch immer dessen Vorschriften über den
Beginn der Frist wie § 199 BGB. Die entschuldbare Unkenntnis des Gläubigers stellt
somit einen Fall der anfänglichen Hemmung der ab dem 1. Januar 2002 laufenden
kürzeren Verjährung dar (vgl. Staudinger/Frank Peters, BGB, Ausgabe Oktober 2003, §
199 Rdn. 52). Sie beginnt erst zu laufen, wenn auch die subjektiven Voraussetzungen
des § 199 Abs. 1 BGB vorliegen.
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d) Hier bedeuten die Übergangsregelungen, dass die nun geltende kürzere Frist von
drei Jahren schon seit dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat, weil zu diesem
Zeitpunkt bei der Klägerin die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB
schon vorgelegen haben. Es fehlte nämlich an ihrer entschuldbaren Unkenntnis von den
maßgeblichen Anspruchsvoraussetzungen. In jedem Fall hat die 3-Jahresfrist aber
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spätestens am 1. Januar 2003 zu laufen begonnen, so dass mit Ablauf des 31.
Dezember 2005 in jedem Fall Verjährung eingetreten ist.
aa) Die maßgeblichen Anspruchsvoraussetzungen sind hier darin zu sehen, dass es
sich bei diesem Fonds der Einschätzung der Klägerin zuwider nicht um eine völlig von
Verlustrisiken freie Anlage gehandelt hat, die durch eine hohe und gleichbleibende
Rendite die ungeschmälerte Rückzahlung des Anlagekapitals sicherte. Die Klägerin
brauchte nur diese Umstände zu kennen, sie brauchte nicht zu wissen, dass diese für
sich schon den Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte rechtfertigten. Man kann
in der Tat fragen, ob der Klägerin eine solche ausreichende Kenntnis schon im Rahmen
ihrer Verkäufe von Anteilen an der Beteiligung in den Jahren 1997 und 1998 verschafft
wurde. Richtig an der Einschätzung des Landgerichts ist es ohne Frage, dass hier
erkennbare Nominalkapitalverluste aufgetreten waren, die allein schon das
Versprechen, es bestünden keinerlei Verlustrisiken, als unrichtig ausweisen können.
Sieht man diese Verluste von 5 % und in einem Fall sogar 15 % aber in ihren gesamten
Umfeld könnte man noch zweifeln, ob diese Tatsachen für sich schon eine
erfolgversprechende Klage gegen die Beklagte möglich machten. Denn gerade bis
1998 waren die Ausschüttungen noch im prognostizierten Umfang von 7 % erfolgt und
auch die Abschreibungen auf das Nominalkapital könnten sich noch in einem nicht
unüblichen Rahmen für vertraglich nicht vorgesehene Rückforderungen von
Anlagekapital gehalten haben, die im Hinblick auf die Gesamtanlage noch nicht
unbedingt stutzig machen mussten.
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bb) Ob allein diese Kenntnis ausgereicht hätte, kann aber dahinstehen. Denn im
Rahmen der Gesamtschau ist auch die weitere Entwicklung zu berücksichtigen. Zu den
bis 1998 erlittenen Nominalkapitalverlusten kamen ab 1999 die Insolvenz der T AG und
die damit in Zusammenhang stehenden in jedem Jahr erfolgten ganz erheblichen
Kürzungen der Ausschüttungen hinzu. Im Jahre 2000 wurde in Zusammenhang mit
dieser Insolvenz des Hauptmieters sogar überhaupt keine Ausschüttung mehr gezahlt.
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cc) Jedenfalls ab Ende 2002 lag ein Fall einer grob fahrlässigen Unkenntnis der
Klägerin im Hinblick auf die völlige Risikofreiheit der Anlage vor. Grob fahrlässig handelt
ein Anspruchsteller, wenn seine Unkenntnis der Anspruchsvoraussetzungen auf einer
besonders schweren Vernachlässigung der im Verkehr und in eigenen
Angelegenheiten erforderlichen Sorgfalt beruht. Das ist der Fall, wenn sich der
Betreffende die Kenntnis ohne nennenswerte Mühe und Kosten verschaffen kann, er
aber dennoch die Ermittlungen nicht anstellt, die auf der Hand liegen und deren
Notwendigkeit jedem einleuchten. Verschließt er sich dadurch einer sich objektiv
aufdrängenden Kenntnis der Anspruchsvoraussetzungen, kann er sich auf eine
Unkenntnis nicht berufen (BGH NJW 1999, 2808; NJW 1999, 423; NJW 2000, 953; NJW
2001, 1721; NJW 1994, 3092 –Warenterminoptionen). Hier hat sich die Klägerin in
dieser Weise der Kenntnis der erforderlichen Tatsachen verschlossen. Nachdem die
Klägerin Gesellschaftsanteile bereits 1997 und 1998 nur mit einem Verlust verkaufen
konnte, musste sich ihr allein dadurch, dass die bis dahin zuverlässig erfolgten
Ausschüttungen in Höhe von mehr als 6.000 EUR jährlich innerhalb zweier Jahre um
mehr als die Hälfte auf 3 % absanken und dann in 2000 ganz ausblieben, zwingend der
Schluss aufdrängen, dass sich diese Anlage nicht den Vorstellungen und Prognosen
entsprechend entwickelt hatte. Es musste etwas Unvorhergesehenes eingetreten sein,
das allein wegen der fehlenden Ausschüttungen ein Verlustrisiko deutlich machte, und
zwar auch für die Klägerin als Laien. Gerade für sie ohne Kenntnis der
Zusammenhänge stellte sich die Tatsache der stark geschmälerten und ganz
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ausgebliebenen Ausschüttungen so ähnlich dar, als wenn die regelmäßige Zinszahlung
einer Bank zunächst teilweise, dann ganz und nach dem Jahr 2000 dann wieder ganz
überwiegend ausfiele. Die Klägerin musste, auch wenn sie die erläuternden
Mitteilungen nicht erhalten haben sollte, zumindest jetzt eigene Nachforschungen
anstellen. Eine Nachfrage bei der Treuhandgesellschaft oder der Fondsgesellschaft
selbst hätte dann dazu geführt, dass sie Kenntnis von der Insolvenz der T AG und der
damit verbundenen Auswirkungen auf die Mieterträge des Immobilienfonds erhielt und
dadurch erfuhr, dass sich ein Risiko verwirklicht hatte, das es nach der Beratung durch
die Beklagte nicht geben konnte und sollte. Sie hätte dann schon damals darauf
reagieren und die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung auf Schadensersatz in
Anspruch nehmen können. Jedenfalls im Jahre 2002 musste ihr ganz deutlich werden,
dass angesichts der nun jahrelangen unzureichenden Ausschüttungen ein
grundlegendes Problem bei der Anlage bestehen musste. Wenn sich die Klägerin diese
für sie nach ihrem eigenen Vortrag so wichtige Frage der Sicherheit der Anlage aber
nicht stellte und stattdessen den "Kopf in den Sand steckte", geschah das auf ihr Risiko
(vgl. Staudinger/Frank Peters, a.a.O. § 199 Rdn. 50). Sie verstieß damit grob gegen die
Sorgfalt in ihren Angelegenheiten, wenn sie trotz der bedenklichen Faktoren keine
Nachforschungen veranlasste, sondern mit der Aufforderung zur Rückzahlung des
Kapitals bis Mitte 2006 wartete. Die Klägerin hatte nicht den geringsten objektiven
Anhaltspunkt dafür, trotz dieser Fehlentwicklung ohne Rückfrage weiter darauf vertrauen
zu können, dass es zu keinerlei Verlusten für sie kommen könnte.
e) Die vorliegende Klage ist am 27. Dezember 2006 bei Gericht eingegangen und damit
zu einem Zeitpunkt, in dem die Verjährung schon eingetreten war. Stellt man mangels
wirksamer Zustellung der Klage auf den Tag, an dem das Prozessrechtsverhältnis
begründet worden ist, also den 6. März 2008 ab, gilt das erst recht. In diesem Fall würde
es der Klägerin sogar schaden, wenn sich ihre grob fahrlässige Unkenntnis erst aus den
Vorgängen bis zum Jahre 2004 ergeben würde.
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Die sich aus § 543 Abs. 2 ZPO ergebenden Voraussetzungen für die Zulassung der
Revision liegen nicht vor.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.
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