Urteil des OLG Hamm vom 09.11.2010

OLG Hamm (häusliche gemeinschaft, zpo, beschwerde, kind, beziehung, sache, antrag, haushalt, halbbruder, umstand)

Oberlandesgericht Hamm, II-2 WF 201/10
Datum:
09.11.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
II-2 WF 201/10
Vorinstanz:
Amtsgericht Marl, 15 F 246/10
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 30.07.2010 gegen
den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht - Marl vom
24.06.2010 wird zurückgewiesen.
Gründe:
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I.
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Die Antragstellerin begehrt die Gewährung von Umgangskontakten mit der 4-jährigen
Tochter ihres getrennt lebenden Ehemannes aus erster Ehe. Die Antragsgegnerin ist die
Mutter des betroffenen Kindes B.
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Durch den angegriffenen Beschluss vom 24.06.2010 hat das Amtsgericht den Antrag
der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender
Erfolgsaussicht in der Sache zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige
Beschwerde der Antragstellerin vom 30.07.2010, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.
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II.
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A. Das Rechtsmittel der Antragstellerin vom 30.07.2010 ist als sofortige Beschwerde
nach §§ 76 II FamFG, 127 II S. 2 ZPO statthaft.
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Es ist zulässig, insbesondere fristgerecht gemäß §§ 76 II FamFG, 127 II S. 3 ZPO
eingelegt worden.
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In der Sache ist die sofortige Beschwerde allerdings nicht begründet.
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Zu Recht hat das Amtsgericht den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragstellerin vom
10.06.2010 zurückgewiesen. Eine hinreichende Erfolgsaussicht für den angekündigten
Antrag auf Einräumung von Umgangskontakten zwischen der Antragstellerin und der
Minderjährigen B im Sinne der §§ 76 I FamFG, 114 S. 1 ZPO besteht nicht.
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1. Es mag sein, dass sich zwischen der Antragstellerin und dem betroffenen Kind im
Rahmen der Wochenendkontakte zwischen B und ihrem Vater seit dem Jahr 2008 eine
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enge und intensive emotionale Verbindung herausgebildet hat.
Eine sozial-familiäre Beziehung zwischen ihnen würde nach dem Wortlaut in § 1685 II
S. 1 BGB jedoch weiterhin voraussetzen, dass die Antragstellerin tatsächlich
Verantwortung für B tragen würde oder getragen hätte. Hieraus müsste sich eine
tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und B
entwickelt haben, welche die Qualität einer Familie im Sinne von Art. 6 I GG erreichen
müsste (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.2003, Az: 1 BvR 1493/96, FamRZ 2003, 816,
Juris, Rdnr. 89).
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2. Eine derart verfestigte soziale Beziehung zwischen der Antragstellerin und dem
betroffenen Kind ist anlässlich der Wochenendkontakte in der Vergangenheit allerdings
nicht entstanden.
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a) Die Antragstellerin selbst trägt vor, sie habe sich im Hinblick auf die Belange des
Kindes stets mit der Antragsgegnerin abgesprochen.
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Dadurch hat sie gerade beachtet und respektiert, dass die Verantwortung für B auch in
der Vergangenheit zu jeder Zeit allein bei der Kindesmutter gelegen hat.
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b) Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass sich B im Mai 2010 eine ganze Woche
im Haushalt der Antragstellerin aufgehalten hat.
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Um Familienqualität zu erreichen, hätte diese häusliche Gemeinschaft nach § 1685 II S.
2 BGB grundsätzlich längere Zeit bestehen müssen (vgl. Palandt-Diederichsen,
Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Auflage, § 1685, Rdnr. 6). Anhaltspunkte dafür, dass
ausnahmsweise bereits ein kürzeres Zusammenleben zwischen der Antragstellerin und
B die erforderliche soziale Verfestigung zwischen ihnen hervorgerufen hätte, ergeben
sich nach den bisherigen Ermittlungen nicht.
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3. Die von der Antragstellerin gewünschte Aufrechterhaltung der Integration von B in
den weiträumigen Familienverband des Kindesvaters unterfällt dem Schutzzweck von §
1685 BGB nicht. Hiernach sind lediglich bestimmte Verwandte (§ 1685 I BGB) oder
enge Bezugspersonen (§ 1685 II BGB) umgangsberechtigt.
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Sollten die Großeltern väterlicherseits oder der jüngste Sohn der Antragstellerin als
Halbbruder von B Umgangskontakte mit ihr wünschen, mögen sie selbst an die
Kindesmutter herantreten.
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B. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf §§ 76 II FamFG, 127 IV ZPO nicht
veranlasst.
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