Urteil des OLG Hamm vom 22.05.2003

OLG Hamm: fristlose kündigung, mietzins, mieter, minderungsrecht, wohnraummiete, handbuch, bereicherungsklage, gewährleistung, geschäftsbetrieb, ermessen

Oberlandesgericht Hamm, 7 W 25/02
Datum:
22.05.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 W 25/02
Vorinstanz:
Landgericht Dortmund, 6 O 299/02
Tenor:
Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer
des Landgerichts Dortmund vom 31.10.2002 wird auf ihre Kosten nach
einem Be-schwerdewert von 4.500,00 € zurückgewiesen.
Gründe:
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Die gem. § 91 a Abs. 2 Satz 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat in
der Sache keinen Erfolg.
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Vorliegend sind die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 a Abs. 1 ZPO nach billigem
Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes der
Beklagten aufzuerlegen. Ohne die Räumung der Beklagten und die übereinstimmende
Erledigung wäre der Rechtsstreit zugunsten des Klägers zu entscheiden gewesen, denn
dem Kläger stand ein Anspruch auf Herausgabe der Mietsache gem. § 546 Abs. 1 BGB
gegen die Beklagte zu.
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Das Mietverhältnis zwischen den Parteien wurde durch die fristlose Kündigung des
Klägers vom 07.06.2002 wirksam beendet. Wegen des Zahlungsverzuges mit zwei
Monatsmieten bestand ein Kündigungsgrund gem. §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a) BGB.
Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg auf eine Minderung
des Mietzinses berufen, da das Minderungsrecht gem. § 8 Zif. 1 des Mietvertrages vom
29.08.1996 beschränkt ist und nicht durch Abzug vom Mietzins verwirklicht werden
kann. Diese Einschränkung des Minderungsrechtes stellt keine unangemessene
Benachteiligung der Beklagten im Sinne von § 9 Abs. 1, 2 Nr. 1 AGBG a. F. (§ 307 Abs.
1, 2 Nr. 1 BGB) dar.
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1. Der Vertrag vom 29.08.1996 unterliegt als Formularvertrag der Inhaltskontrolle nach
dem AGBG. Diese beschränkt sich hier im wesentlichen auf die Voraussetzungen des §
9 AGBG, weil der Vertrag gegenüber einer Unternehmerin abgeschlossen worden ist, §
24 AGBG. Die Beklagte vereinbarte mit dem Kläger die Anmietung der Räume, um dort
ihre gewerbliche Tätigkeit – das Betreiben eines Fitnessstudios – ausüben zu können.
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2. Eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten im Sinne von § 9 AGBG kann
in der Beschränkung der gesetzlichen Gewährleistungspflicht des Vermieters nicht
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gesehen werden. Bei Geschäftsraummietverträgen ist es zulässig, den Mieter wegen
des Minderungsrechts auf eine gesonderte Klage auf der Grundlage von § 812 BGB zu
verweisen (vgl. BGH NJW-RR 1993, 519; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und
Wohnraummiete, II Rdnr. 518). Damit wird dem geschäftlich Erfahrenen nichts
Unbilliges zugemutet und auch eine alsbaldige Klärung der Mängelfrage gefördert.
Deswegen konnte die Beklagte aufgrund eines Minderungsrechts die Zahlung des
Mietzinses für Mai und Juni 2002 nicht verweigern, sondern war darauf beschränkt, die
geltend gemachten Mängel zum Gegenstand eines Rechtsstreits gegen den Kläger zu
machen.
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3. Durch die Vertragsbestimmung werden die gesetzlichen Rechte des Mieters aufgrund
von Mängeln des Mietobjekts nicht vollständig ausgeschlossen, sondern nur
beschränkt. Das Minderungsrecht (§ 536 Abs. 1 BGB) soll nach § 8 Zif. 1 des Vertrages
zwar nicht durch Abzug vom Mietzins durchgesetzt werden können, aber dem Mieter
bleibt es nach der Klausel unbenommen, insoweit eine gesonderte Klage aufgrund von
§ 812 BGB zu erheben. Ist er damit rechtskräftig durchgedrungen, ist es ihm aufgrund
der Regelung der Klausel auch gestattet, gegen den Mietzins aufzurechnen oder das
Zurückbehaltungsrecht aus § 320 BGB geltend zu machen. Schon die verbleibende
Möglichkeit einer Bereicherungsklage steht der Annahme eines umfassenden
Ausschlusses der Gewährleistung entgegen (vgl. BGH a. a. O.).
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4. Außerdem hat die Beklagte eine Gebrauchsbeeinträchtigung nicht in ausreichendem
Umfang dargelegt.
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Für die Berechnung der Minderung ist bei gewerblichen Räumen primär auf die
konkrete Störung der Betriebsausübung abzustellen (Bub/Treier, a. a. O., III Rdnr. 1366).
Hierfür erforderlich ist eine substantiierte Darstellung, inwieweit sich die angegebenen
Mängel auf den Geschäftsbetrieb des Fitnessstudios ausgewirkt haben sollen. Die
Beklagte hat indes nur vorgetragen, zum Teil seien laufende Verträge gekündigt
worden, ohne aber konkret darzulegen, in welchem Umfang ein Umsatzrückgang oder
entsprechende Kündigungen erfolgt seien. Auch zu den Auswirkungen auf den Betrieb
des Fitnessstudios fehlt es an entsprechenden Tatsachendarlegungen.
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5. Der Kostenausspruch beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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