Urteil des OLG Hamm vom 24.11.2004

OLG Hamm: versicherungsnehmer, treu und glauben, verwaltung, versicherer, leistungsklage, zusammenarbeit, vorbefassung, korrespondenz, bestätigungsschreiben, vergütung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Hamm, 35 U 17/04
24.11.2004
Oberlandesgericht Hamm
35. Zivilsenat
Urteil
35 U 17/04
Landgericht Dortmund, 10 O 73/03
Die Berufung der Klägerin gegen das am 04. Februar 2004 verkündete
Urteil der I. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund wird
zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin ist eine in I geschäftsansässige Versicherungsmaklerin. Auf Veranlassung
des Versicherungsnehmers der Beklagten I3, der hierbei zugleich für seine Ehefrau sowie
die Fa. X GmbH auftrat und der Klägerin in diesem Zusammenhang am 07.12./12.12.2001/
29.01.2002 schriftliche Makleraufträge erteilte (
Anl. K 2
Bl. 24 f GA), führte sie mit der Beklagten Verhandlungen über die Neuordnung der bei ihr
bestehenden privaten und geschäftlichen Versicherungsverträge der Versicherungsnehmer
I sowie der Fa. X. Im Zeitpunkt der Einschaltung der Klägerin wurden die fraglichen
Versicherungsverträge bei der Beklagten dem Bestand der T2 GbR zugeordnet, die für die
Beklagte als Versicherungsvertreter im Sinne eines Ausschließlichkeitsvertreter tätig ist
und die Verträge auch für die Beklagte vermittelt hatte.
Im Zuge der zwischen den Parteien geführten Verhandlungen kam es am
12.03./26.03.2002 zum Abschluss einer schriftlichen "Courtagezusage" (
Anl. K 3
Klageschrift vom 25.03.2003; Bl. 27 GA), in der mit Wirkung ab 01.12.2001
Courtageansprüche der Klägerin wie folgt geregelt wurden:
§ 2 Courtagezahlung
Für die vom Makler vermittelten und von der Continentale Kranken und deren
Abkommens- und Verbundgesellschaften angenommenen Versicherungsverträge besteht
ein Courtageanspruch. Die Höhe der Courtage sowie deren Zahlungs- und
Rückzahlungsverpflichtungen ergeben sich aus den beigefügten Courtagetabelle(n) und -
bedingungen, soweit in dieser Zusage nichts Abweichendes bestimmt ist. Der Makler hat
so lange Anspruch auf laufende Courtagen, wie für die vermittelten Versicherungsverträge
keine anderweitige Maklervereinbarung eingereicht wird und die Versicherungsbeiträge an
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den Versicherer gezahlt werden ....
In der Folgezeit wurde die weitere Korrespondenz betreffend die Versicherungsverträge der
Versicherungsnehmer I sowie der Fa. X GmbH über die Klägerin geführt, die ab Dezember
2001 auch das Beitragsinkasso vornahm, wobei sie vereinnahmte Beiträge zunächst
ungekürzt an die Beklagte weiterleitete. Nachdem die Beklagte der Klägerin trotz
wiederholter Aufforderungen bis dahin keine Courtagen ausgezahlt hatte, änderte die
Klägerin ihr Abrechnungsverhalten und überwies ab Juli oder Oktober 2002 – die Angaben
der Parteien gehen insoweit auseinander - fortan nur noch die um ihren vermeintlichen
Courtageanspruch gekürzten Beitragsanteile an die Beklagte. Diese veranlasste daraufhin
jeweils die Rückbuchung der erhaltenen Beiträge und forderte ihrerseits bei ihren
Versicherungsnehmern direkt die ungekürzte Beitragszahlung an. Im Verlauf des weiteren
vorprozessualen Schriftverkehrs widersprach die Beklagte zudem mit Schreiben vom
07.11.2002 ausdrücklich der von der Klägerin praktizierten Abrechnungsweise.
Die Klägerin erklärte ihrerseits mit ihr vermeintlich zustehenden Ansprüchen auf
Courtagezahlung die Aufrechnung gegenüber (etwaigen) Ansprüchen der Beklagten auf
Auskehrung restlicher vereinnahmter Versicherungsbeiträge der Versicherungsnehmers I
sowie der Fa. X GmbH.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr als betreuender
Versicherungsmaklerin aufgrund der Betreuung näher bezeichneter Versicherungsverträge
gegen die Beklagte Courtageansprüche zustehen.
Die Klägerin hat gemeint, sie habe wegen der von ihr wahrgenommenen Betreuung der
Versicherungsverträge I sowohl aufgrund der mit der Beklagten getroffenen
Courtagevereinbarung als auch - davon losgelöst - nach § 354 HGB Anspruch auf
Courtagezahlung. Bereits die in der Courtagezusage vom 12.03./26.03.2002
vorgenommene Rückdatierung auf den 01.12.2001 sei als Ausdruck der Zustimmung der
Beklagten zur Übernahme der in Rede stehenden Versicherungsverträge in ihren - der
Klägerin - Bestand mit der Folge einer Verpflichtung der Beklagten zur Courtagezahlung zu
werten und so auch gemeint gewesen. Die Zahlungsverpflichtung der Beklagte folge
daneben auch aus dem Umstand, dass sie die ihr angezeigte Betreuung der
Versicherungsverträge ihrer Versicherungsnehmers durch sie - die Klägerin - akzeptiert
habe.
Die Beklagte ist dem entgegen getreten. Sie hat eine Zahlungsverpflichtung im Verhältnis
zur Klägerin bestritten und darauf hingewiesen, dass die in Rede stehenden
Versicherungsverträge ungeachtet der Beauftragung der Klägerin durch die
Versicherungsnehmer bei ihr weiterhin dem Bestand der T2 GbR zugeordnet (gewesen)
seien, die sich auf Anfrage - insoweit unstreitig - geweigert habe, die Verträge ohne
Ausgleich zugunsten der Klägerin frei zu geben. Aus diesem Grund habe keine Zuordnung
der Verträge in den Bestand der Klägerin erfolgen können und sei auch tatsächlich nicht
erfolgt. Die Klägerin sei danach lediglich als sogenannter Korrespondenzmakler tätig
gewesen und habe als solcher gegen sie -die Beklagten - keinen Anspruch auf
Courtagezahlung. Auch aus der Courtagezusage vom 12.03./26.03.2002 lasse sich ein
solcher Anspruch der Klägerin nicht herleiten, da sich diese allein auf neu vermittelte
Verträge beziehe, nicht dagegen auf den hier streitigen Fall einer Übernahme bereits
vermittelter Verträge aus dem Bestand eines anderen Versicherungsvertreters. Die
Klägerin sei zudem ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass eine Courtagezahlung
erst dann in Betracht komme, wenn die fraglichen Versicherungsverträge ihrem Bestand
zugeordnet seien. Die bloße Betreuungstätigkeit der Klägerin habe noch keinen
eigenständigen Courtageanspruch begründet.
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Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme durch das angefochtene Urteil als
unbegründet abgewiesen. Es hat das Bestehen von Provisionsansprüche sowohl aufgrund
der Courtagezusage vom 12.03./26.03.2002 als auch nach § 354 HGB unter näherer
Darlegung verneint.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch unter
weitgehender Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens in vollem
Umfang weiter. Sie führt ergänzend aus, bereits nach § 354 HGB stehe ihr ein
Courtageanspruch gegen die Beklagte zu, die hierfür erforderliche Geschäftsbeziehung sei
mit Vorlage der ihr - der Klägerin - erteilten Maklervollmacht der Versicherungsnehmer I
zustande gekommen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass ihr die
Courtageansprüche für die Versicherungsverträge der Versicherungsnehmerin X
Werbeagentur I3 GmbH und für die Privatversicherungsverträge des Herrn I3 und der Frau
I2 bei der Beklagten seit dem 01.01.2002 zustehen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt unter näher Darlegung und weitgehender Wiederholung und
Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen
Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Feststellungen des
Landgerichts in seinem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
1.
Die Berufung scheitert allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bereits an
der fehlenden Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage. Die Klägerin muss sich nicht
auf die Möglichkeit einer Leistungsklage verweisen lassen.
a)
Zwar entfällt das für eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO zu fordernde rechtliche
Interesse (sog. Feststellungsinteresse) regelmäßig dann, wenn das Klagebegehren auch
im Wege einer Leistungsklage verfolgt werden kann. Ist eine Klage auf Leistung möglich
und zumutbar, wird im Interesse der endgültigen Klärung des Streitstoffs in einem Prozess
das abstrakte Feststellungsinteresse regelmäßig fehlen (Zöller-Greger, ZPO, 24. Aufl., §
256 ZPO Rz. 7a). Nach anerkannter und auch vom Senat geteilter Auffassung ist die
Erhebung einer Leistungsklage aber dann nicht zumutbar, wenn der Kläger seinen
Anspruch noch nicht abschließend oder nicht ohne Durchführung einer aufwendigen
Begutachtung beziffern kann (Zöller-Greger, aaO.; OLG Naumburg OLGR 2003, 113
m.w.N.; Zivilprozessordnung, OLG Hamm OLGR 1995, 201). So liegt der Fall hier. Auch
wenn ein Teil der in Betracht kommenden Courtageansprüche für die Klägerin ohne
weiteres bezifferbar sein mag, wie ihre erstinstanzlich vorgelegten Berechnungen (Bl. 80 ff
GA) zeigen, betrifft dies doch allein etwaige in der Vergangenheit erworbene Ansprüche,
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nicht dagegen solche, die sich aufgrund des - bislang nicht beendeten - Maklerauftrages
der Klägerin bei fortbestehenden Versicherungsverträgen der Versicherungsnehmer I in
Zukunft noch ergeben können (OLG Köln OLGR 2004, 143 ff,145; OLG Zweibrücken,
OLGR 2004, 37).
b)
Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Verfolgung
eines Schadensersatzanspruchs kein Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage
erforderlich ist, falls der Schaden im Verlauf des Rechtsstreits bezifferbar geworden sein
sollte (vgl. nur BGH MDR 2003, 1354; MDR 1983, 1018 = NJW 1984, 1552, ff, 1554; MDR
1996, 959 = NJW 1996, 2725 f, 2726) und zudem ein Feststellungsinteresse für den
gesamten Anspruch selbst dann bejaht wird, wenn dieser von Anfang an teilweise
bezifferbar ist (BGH NJW 1978, 210; MDR 1989, 59 = NJW 1988, 3268; VersR 1991, 788
f.). Ein Übergang zur Leistungsklage wird dem Kläger dann nur ausnahmsweise
zugemutet, wenn lange vor Beendigung der ersten Instanz die Schadensentwicklung
abgeschlossen ist, der Beklagte deshalb den Übergang zur Leistungsklage anregt und
dieser die Entscheidung nicht verzögert (BGH BMR 2003, 1354 unter Hinweis auf BGH,
Urt. v. 31.1.1952 - III ZR 131/51, LM ZPO § 256 Nr. 5). Diese letztgenannten
Voraussetzungen sind im Streitfall ersichtlich nicht gegeben.
2.
In der Sache hat das Landgericht indes zu Recht und aus zutreffenden Erwägungen eine
Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Maklercourtagen an die Klägerin -sei es aus
Vertrag, sei es nach dem Gesetz oder aufgrund eines Handelsbrauchs- verneint und
dementsprechend die Klage als unbegründet abgewiesen. Die hiergegen mit der Berufung
vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.
a)
Ein Courtageanspruch der Klägerin ergibt sich insbesondere nicht aus der
Courtagezusage
f GA), die zwar ab dem 01.12.2001 gelten sollte, der Klägerin aber allein für von ihr
vermittelte Versicherungsverträge - zu denen die in Rede stehenden Verträge der
Versicherungsnehmer I unstreitig nicht zähl(t)en - einen Courtageanspruch gegen die
Beklagte zusprach.
aa)
Vor dem Hintergrund, dass die fraglichen Versicherungsverträge durch einen (anderen)
Versicherungsvertreter der Beklagten, die T2 GbR, vermittelt und bis dahin betreut worden
waren, was im Zweifel auf der Grundlage des bestehenden Agenturvertrages der T2 GbR
(Bl. 226 f GA) geschehen war und eine entsprechende Provisionszahlungsverpflichtung der
Beklagten zur Folge hatte, kann ohne gesonderte Vereinbarung nicht davon ausgegangen
werden, dass die Beklagte durch den mit der Klägerin geschlossenen Vertrag eine
zusätzliche Courtageverpflichtung eingehen wollte.
bb)
Die Darlegungen der Klägerin zur Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen einer
Vermittlungs- und einer Betreuungscourtage helfen im Streitfall angesichts der
Vorbefassung eines Dritten mit der Betreuung der von ihr "übernommenen"
Versicherungsverträge nicht weiter, während die vor dem Landgericht durchgeführte
Beweisaufnahme für den Abschluss einer gesonderten Vereinbarung über die Vergütung
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der von der Klägerin entfalteten Tätigkeit im Versicherungsbestand I keinen Anhalt ergeben
hat.
(1)
Zwar entspricht es anerkannter Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum - und wird
insoweit auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt -, dass der Versicherungsmakler im
Regelfall aufgrund seines mit dem Versicherungsnehmer geschlossenen Maklervertrages
durch die Vermittlung, Verwaltung und Betreuung eines Versicherungsvertrages einen
Courtageanspruch nicht gegen den Versicherungsnehmer, sondern allein gegen die
Versicherung erwirbt (BGHZ 94, 359 = VersR 1985, 930; OLG Hamm VersR 1995, 658;
OLG Frankfurt, VersR 1995, 92 mit Bestätigung durch BGH aaO.; Prölss/Martin/Kollhosser,
VVG, 27. Aufl. Anh. zu §§ 43 - 48, Rdnrn. 20 f, 28).
(2)
Eine Einschränkung ergibt sich jedoch dann, wenn - wie im Streitfall - die Vermittlung der in
Rede stehenden Vertragsverhältnisse durch einen Dritten erfolgte, der den Vertrag auch
weiterhin betreut. In diesem Fall erwirbt der Makler durch die Verwaltung und Betreuung
des ihm durch den Maklervertrag "übertragenen" Versicherungsbestandes nur dann einen
Courtageanspruch gegen den Versicherer, wenn dieser der courtagepflichtigen Tätigkeit
als Ganzer zustimmt (OLG Frankfurt/M. aaO. unter Hinweis auf Prölss/Martin, VVG, 25. Aufl.
Anh. zu § 48 Anm. 1 B und C; vgl. auch OLG Hamm, aaO.).
(a)
Dass eine solche Zustimmung seitens der Beklagten erklärt worden ist, legt die Klägerin
nicht dar. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Agenturvertrag der Beklagten mit der T2
GbR nach ihren insoweit unbestrittenen Darlegungen im Senatstermin vom 24.11.2004
ungekündigt fortbesteht, so das diesem Versicherungsvertreter auf der Grundlage des
geschlossenen Vertrages für die von ihm vermittelten Verträge der Versicherungsnehmer I
nach wie vor Provisionsansprüche zustehen. Gerade dies war im übrigen auch Hintergrund
der unter Beteiligung der Klägerin geführten Korrespondenz und Verhandlungen über eine
Herauslösung der fraglichen Versicherungen aus dem Bestand der T2 GbR und deren
Übertragung auf die Klägerin, über die kein Einvernehmen erzielt werden konnte, was die
Beklagte letztlich dazu veranlasst hat, die Klägerin lediglich als sog.
Korrespondenzmaklerin zu führen.
(b)
Allein die faktische Übernahme der Verwaltung und Betreuung der Versicherungsverträge I
durch die Klägerin konnte dagegen unter den gegebenen Umständen keine
Courtageverpflichtung der Beklagten begründen, die andernfalls einer doppelten
Zahlungsverpflichtung ausgesetzt wäre, ohne sich hiergegen wehren zu können.
Wie der Senat bereits mit Schreiben des Vorsitzenden vom 19.11.2004 in Vorbereitung des
Senatstermins vom 24.11.2004 dargelegt hat, gilt im Falle eines hier in Rede stehenden
sog. "Maklereinbruchs", d.h. dem Einbruch eines Versicherungsmaklers in den
Versicherungsbestand eines Versicherungsvertreters, Folgendes:
(aa)
Wird dem Versicherer bezüglich eines Versicherungsvertrages, der von einem seiner
Versicherungsvertreter vermittelt wurde und seitdem von diesem betreut wird, ein
Maklerauftrag vorgelegt, führt dies allein noch nicht dazu, dass er die fraglichen Verträge
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fortan der Betreuung durch den Makler überlassen muss. Der Versicherer behält vielmehr
weiterhin die Entscheidungsfreiheit darüber, wen er mit der Verwaltung und Betreuung der
bestehenden Versicherungsverträge betrauen will, muss dabei allerdings sowohl auf die
Interessen des Versicherungsnehmers als auch auf die seines Versicherungsvertreters
Rücksicht nehmen. Entscheidet er sich dafür, die Verwaltung und Betreuung nicht dem
Makler zu übertragen, sondern weiterhin bei seinem Versicherungsvertreter zu belassen,
so hat er jedenfalls dem Wunsch des Kunden dadurch Rechnung zu tragen, dass alle
Korrespondenz mit diesem fortan nur noch über den (vom Versicherungsnehmer
beauftragten) Makler zu führen ist. Damit akzeptiert der Versicherer den Makler aber nur als
Vertreter seines Versicherungsnehmers, ohne ihn gleichzeitig - mit der Folge einer eigenen
Courtageverpflichtung - als eigenen Verwalter der betroffenen Versicherungsverträge
einzusetzen (vgl. hierzu auch Müller, VersR 1990, 561).
(bb)
Gibt der Versicherer den Vertragsbestand nicht frei und hält der Versicherungsnehmer
andererseits an dem erteilten Maklerauftrag fest, besteht allerdings für den
Versicherungsnehmer die Möglichkeit, über seinen Makler die bestehenden
Versicherungsverträge kündigen und umdecken zu lassen, wie es zwischenzeitlich nach
Vortrag der Klägerin auch in der Mehrzahl der von den Versicherungsnehmern I bei der
Beklagten unterhaltenen Versicherungsverträge erfolgt ist.
cc)
Dass ein Kaufmann - wie die Klägerin geltend macht - nach allgemeiner Lebenserfahrung
"nichts umsonst tut", mag als richtig unterstellt werden, reicht allein aber nicht zur
Begründung eines Courtageanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte. Üblicherweise
werden Courtageansprüche durch schriftliche Vereinbarungen geregelt, die dabei in aller
Regel nach Versicherungssparten gegliedert unterschiedlich hohe Courtagen vorsehen.
Erst wenn derartige Vereinbarungen nicht existieren, hat eine Auslegung des
Versicherungsvertrages unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben
sowie etwaiger Handelsbräuche zu erfolgen. Auch hierbei ist indes zu beachten, dass der
Versicherer für die Verwaltung und Betreuung des bei ihm unterhaltenen
Vertragsbestandes nur einmal zur Zahlung verpflichtet ist und eine vertragliche
Vereinbarung - gleich ob mündlich oder schriftlich -, die einen Courtageanspruch der
Klägerin für nur betreute, nicht aber von ihr vermittelte Verträge, nicht zustande gekommen
ist.
(1)
Tatsächlich sieht die zwischen den Parteien geschlossene Courtagevereinbarung vom
12.03./26.03.2002 eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Courtagen allein für
von der Klägerin vermittelte Verträge vor. Hieraus wie auch aus den langwierigen
Verhandlungen der Parteien über eine Übertragung der Versicherungsverträge I aus dem
Bestand der T2 GbR in den der Klägerin kann im Umkehrschluss gefolgert werden, dass
eine Courtage für bloße Verwaltungs- und Bereuungstätigkeit der Klägerin im
Vertragsbestand I nicht vereinbart war bzw. ist, was allein auch den dargelegten
wirtschaftlichen Interessen der Beklagten entspricht.
(2)
Auch die vor dem Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme hat zu keinen anderen
Ergebnis geführt. Hiernach soll Hintergrund der getroffenen Courtagevereinbarung vom
12.03./26.03.2002 nicht etwa allein die beabsichtigte "Übernahme" der
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Versicherungsverträge I in den Bestand der Klägerin gewesen sein, vielmehr soll - so der
Zeuge T (Bl. 109 GA) - beabsichtigt gewesen sein, durch die Vereinbarung darüber
hinausgehend die Grundlage für eine umfassende Zusammenarbeit mit der Klägerin zu
schaffen, von der man sich - so der Zeuge weiter - auf Seiten der Beklagten in größerem
Umfang die Vermittlung neuer Vertragsverhältnisse erhoffte.
Dass die Courtagevereinbarung rückwirkend zum 01.12.2001 getroffen wurde, kann allein
nicht als Beleg dafür angesehen werden, dass die Klägerin vereinbarungsgemäß
hinsichtlich der Versicherungsverträge I auch ohne Vermittlungstätigkeit bereits für deren
bloße Verwaltung und Betreuung eine Courtage von der Beklagten sollte Beanspruchen
können. Nach Aussage des Zeugen T (Bl. 110 GA) sollte durch die Rückdatierung allein
die Möglichkeit eröffnet werden, bereit vor Vertragsschluss vermittelte
Versicherungsverträge mit Wirkung ab dem 01.12.2001 nach Maßgabe der
Courtagevereinbarung abrechnen zu können. Auch aus dem Schreiben der Beklagten vom
11.01.2002 (
Anl. K 26
der Auffassung der Klägerin keine Rückschlüsse auf einen abweichenden
Vereinbarungsinhalt herleiten. Die dort gemachte Aussage "Bei uns ist es üblich, die
Courtagezusage erst nach Erhalt des ersten Antrags auszuhändigen" besagt letztlich nichts
über den tatsächlichen Vereinbarungsinhalt und muss zudem im Zusammenhang mit der
Einleitung des Schreibens gesehen werden, in der die Beklagte auf geführte "Gespräche ...
über die Möglichkeiten unserer zukünftigen Zusammenarbeit" bezug nahm, in denen die
Klägerin "über interessante Produkte und über die Höhe der Konditionen informiert"
worden sei. Gerade diese Ausführungen sprechen dafür, dass die Verhandlungen der
Parteien seinerzeit eine über die Verträge der Versicherungsnehmer I hinausgehende
Zusammenarbeit ins Auge gefasst hatten. Hinzu kommt, dass nach Aussage der Zeugin K
die Übernahme des Vertragsbestandes der Versicherungsnehmer I durch die Klägerin im
Januar/Februar 2002 - und damit noch vor Unterzeichnung der Courtagevereinbarung vom
12.03./26.03.2002 - seitens der Beklagten abgelehnt worden sein soll, was zu einer
erheblichen Verärgerung auf Seiten der Klägerin geführt haben soll (Bl. 113). Hiernach
fehlte erst recht jede Grundlage für die Annahme einer - von der Klägerin zu beweisenden -
Einigung der Parteien darüber, dass die Courtagevereinbarung vom 12.03./26.03.2002 wie
von der Klägerin behauptet lediglich die Basis für die Vergütung der Klägerin im
Zusammenhang mit der Betreuung der Versicherungsverträge I sein sollte.
b)
Die Klägerin kann sich weiterhin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die unterbliebene
Nutzung vertraglicher Kündigungsmöglichkeiten des Versicherungsnehmers, die sie - die
Klägerin - aufgrund der ihr erteilten Maklervollmacht hätte aussprechen können, sei mit
Wirkung zum jeweiligen (frühestmöglichen) Kündigungstermin der (Neu-)Vermittlung der
fraglichen Verträge im Sinne der getroffenen Courtagevereinbarung gleichzusetzen und
habe daher eine Courtageverpflichtung der Beklagten ausgelöst. Dass ein entsprechender
Handelsbrauch bei Vorbefassung eines Versicherungsvertreters - nicht:
Versicherungsmaklers - mit der Betreuung bestehender Versicherungsverträge besteht, legt
die Klägerin nicht nachvollziehbar dar, während der eindeutige Wortlaut der getroffenen
Courtagevereinbarung wie auch der Verlauf der zugrunde liegenden
Vertragsverhandlungen, wie ihn die Zeugen T, K und T3 bei ihrer Vernehmung vor dem
Landgericht glaubhaft beschrieben haben, für die Klägerin keinen Zweifel daran lassen
konnte, dass sie für die aufgrund des ihr erteilten Maklerauftrags übernommene Betreuung
der Versicherungsverträge I allein dann von der Beklagten Courtage sollte beanspruchen
können, wenn und soweit die Verträge aus dem Bestand der T2 GbR herausgelöst werden
konnten. Hierbei handelte es sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht etwa nur um
ein buchhalterisches Problem, entscheidend war - auch für die Klägerin erkennbar - das
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dahinter stehende, berechtigte Interesse der Beklagten daran, nicht neben der Klägerin
auch ihren Versicherungsvertretern T weiterhin zur Zahlung verpflichtet zu sein. In den
vorgelegten Schreiben der Beklagten vom 15.01.2002 und 11.02.2002 (
Anl. K 23 f,
f GA) wurde dies zudem noch vor Abschluss der Courtagevereinbarung vom
12.03./26.03.2002 deutlich zum Ausdruck gebracht.
c)
Dass die Beklagte die ihr mitgeteilte Maklertätigkeit der Klägerin im Zusammenhang mit
den Verträgen ihrer Versicherungsnehmer I nicht unverzüglich zurückgewiesen hat, vermag
gleichfalls allein keine Verpflichtung zur Courtagezahlung zu begründen.
aa)
Die Überlegung der Klägerin, die erfolgte Übersendung ihrer Maklervollmacht sei
vorliegend einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben gleichzusetzen, dessen
unterbliebene Zurückweisung die Beklagte binde und insbesondere zur Zahlung der
verlangten Courtage für die Betreuung der Vertragsverhältnisse I verpflichte, entbehrt jeder
rechtlichen Grundlage. Grundlegende Voraussetzung für die Anwendung der von der
Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben
(vgl. hierzu nur Baumbach/Hopt, HGB, 31. Auf. § 346 Rz. 16 ff m.w.N.) ist im Regelfall, dass
zwischen den Parteien Vertragsverhandlungen vorangegangen sind, die durch das
Bestätigungsschreiben entsprechend dem Verständnis des Verfassers festgehalten
werden. Bereits hieran fehlt es im Streitfall. Dass und mit welchem Inhalt zwischen den
Parteien vor Übersendung der Maklervollmacht(en) der Klägerin Gespräche über eine
künftige Zusammenarbeit geführt worden sind, ist weder dargetan noch erkennbar, die
Beklagte stellt derartige Gespräche ausdrücklich in Abrede.
bb)
Ein Courtageanspruch der Klägerin ergibt sich aufgrund der Besonderheiten des Streitfalls
- auf die obigen Ausführungen zur rechtlichen Behandlung des sog. Maklereinbruchs sei
verwiesen - weiterhin auch nicht aus
§ 354 HGB
Maklertätigkeiten im Rahmen der bei der Beklagten unterhaltenen Versicherungsverträge
der Versicherungsnehmer I pp.
cc)
Soweit die Klägerin ihren Vergütungsanspruch dagegen aus dem Gesichtspunkt der
Geschäftsbesorgung nach
§ 675 BGB
Erfolg zu verhelfen. Dass und weshalb sich die Verwaltung und Betreuung der
Versicherungsverträge I durch die Klägerin hier als Geschäftsbesorgung für die Beklagte
darstellen soll, erschließt sich schon mit Blick auf die -zumal provisionspflichtige-
"Vorbefassung" der T2 GbR mit diesen Aufgaben nicht.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat
noch aus Gründen der Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich ist, § 543 II ZPO.