Urteil des OLG Hamm vom 31.05.2007

OLG Hamm: unterhalt, rückforderung, ratenzahlung, sozialhilfe, verfügung, hinzurechnung, bedürftigkeit, rente, erwerbsfähigkeit, datum

Oberlandesgericht Hamm, 3 WF 44/07
Datum:
31.05.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
3. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 WF 44/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Herne-Wanne, 3 F 334/02
Tenor:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts -
Familiengericht - Herne-Wanne vom 05.01.2007 dahingehend
abgeändert, dass eine Ratenzahlungsverpflichtung nicht angeordnet
wird.
G r ü n d e :
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I.
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Das Familiengericht hat gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO den bisherigen
Prozesskostenhilfebeschluss vom 10.02.2003 dahingehend abgeändert, dass es
Ratenzahlungen in Höhe von monatlich 60,00 € angeordnet hat. Zur Begründung hat es
ausgeführt, dass zwischenzeitlich sich die wirtschaftlichen Verhältnisse dahingehend
gebessert hätten, dass eine Ratenzahlungsverpflichtung auszusprechen sei. Wegen der
Einzelheiten wird insoweit auf das Schreiben des Familiengerichts vom 13.12.2006 und
die darin aufgeführte Berechnung Bezug genommen.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie geltend macht,
dass der berücksichtigte Unterhaltsbetrag sich zum einen aus 690,00 € laufendem
Unterhalt und zum anderen aus 200,00 € Ratenzahlung auf rückständigen Unterhalt
zusammensetze. Sie vertritt die Auffassung, dass die Ratenzahlung auf den
rückständigen Unterhalt im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nicht zu berücksichtigen
sei.
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Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dies mit begründeten
Beschluss vom 06.02.2007 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
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II.
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Der zulässige und als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsbehelf hat in der
Sache Erfolg.
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Das Familiengericht geht unzutreffend davon aus, dass die Ratenzahlungen auf
rückständigen Unterhalt im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen sind.
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Soweit das Familiengericht insoweit auf die Entscheidung des LSG Schleswig-Holstein,
NZS 2000, 55 ff. Bezug nimmt, liegt bereits eine Vergleichbarkeit nicht vor. Denn in dem
vom Landessozialgericht entschiedenen Fall war die Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit aufgrund eines abgeschlossenen Vergleichs in einer Summe geleistet
worden. Bei der Ermittlung der Bedürftigkeit hat das Gericht diesen Vermögensbetrag
um entsprechende Freibeträge reduziert und dann erst ein einzusetzendes Vermögen
festgestellt. Diese Vorgehensweise scheidet im vorliegenden Fall aus, da die Klägerin
Ratenzahlungen auf den Unterhaltsrückstand erhält, so dass ein entsprechendes
Schonvermögen gar nicht ermittelt werden kann.
Darüber hinaus geht die höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung davon
aus, dass der Einsatz des für eine zurückliegende Zeit zuerkannten Unterhalts für die
Prozesskosten in der Regel unangemessen ist (vgl. dazu BGH FamRZ 1999, 644; OLG
Karlsruhe MDR 2000, 1136). Gegen die uneingeschränkte Rückforderung von
Prozesskostenhilfe aus beigetriebenen Unterhaltsrückständen bestehen nämlich
grundsätzliche Bedenken. Durch derartige Zahlungen tritt keineswegs ausnahmslos
eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage im Sinne des § 120 Abs. 4 ZPO ein.
Insoweit ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Klägerin rund 1 ½ Jahre von
Sozialhilfe gelebt hat, sich also auf den notdürftigen Lebensunterhalt hat beschränken
müssen. In einem solchen Fall erscheint es unangemessen, die hierdurch
aufgelaufenen Unterhaltsrückstände ohne weitere Voraussetzungen als Vermögen oder
zusätzliches verfügbares Einkommen anzusehen und deshalb daraus die
Rückforderung geleisteter Prozesskostenhilfe zu fordern (OLG Hamm FamRZ 1996,
1291). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Klägerin, hätten ihr die Unterhaltsbeträge
regelmäßig zur Verfügung gestanden, Prozesskostenhilfe ohne Raten hätte bewilligt
werden müssen. Durch die Nichtzahlung des Unterhalts kann sich nämlich die
Rechtslage im Sinne des § 115 ZPO nicht ändern (OLG Hamm a.a.O.).
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Auf den Fall übertagen bedeutet dies, dass bei Zugrundelegung der PKH-Erklärung der
Klägerin vom 21.10.2002 sich unter Hinzurechnung des vergleichsweise geregelten
Unterhaltsbetrages von monatlich 730,00 € und unter Berücksichtigung des
Kindergeldes sowie der damals geltenden Abzugspositionen noch ein verbleibendes
einzusetzendes Einkommen von rund 71,00 € verblieb, so dass Monatsraten in Höhe
von 30,00 € zu zahlen gewesen wären. In Abweichung von der zuvor zitierten
Entscheidung des 2. Senats des OLG Hamm ist hier aber zu berücksichtigen, dass der
Rückstandsbetrag nicht als Einmalsumme, wie in dem vom 2. Senat entschiedenen Fall,
sondern in monatlichen Raten à 200,00 € vom Beklagten gezahlt wird.
Dementsprechend kann für die Vergangenheit nicht der vergleichsweise titulierte
monatliche Unterhaltsbetrag eingestellt werden, da die Klägerin über den
Gesamtunterhaltsbetrag gerade nicht zum jetzigen Zeitpunkt verfügen kann.
Dementsprechend ist davon auszugehen, dass bei einer Unterhaltszahlung im Umfang
der jetzt auf den Unterhaltsrückstand erbrachten Raten ein einzusetzendes Einkommen
im Rahmen des § 115 ZPO nicht gegeben gewesen wäre, so dass die Unterhaltsraten
auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht in die Ermittlung des einzusetzenden Einkommens
eingestellt werden können.
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Dementsprechend kommt zum jetzigen Zeitpunkt eine Ratenzahlungsanordnung nicht
in Betracht, weil – ohne Berücksichtigung der Raten auf den Unterhaltsrückstand - ein
einzusetzendes Einkommen der Klägerin nicht verbleibt.
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