Urteil des OLG Hamm vom 17.01.2007

OLG Hamm (unparteilichkeit, zweifel, umstände, sache, grund, beschwerde, kind, arbeitsstelle, notwendigkeit, abschlusszeugnis)

Oberlandesgericht Hamm, 11 WF 1/07
Datum:
17.01.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
11. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
11 WF 1/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Unna, 12 F 481/03
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 15. Dezember
2006 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Unna vom
8. Dezember 2006 aufgehoben.
Das Ablehnungsgesuch des Antragsgegners vom 20. Oktober 2006
gegen Richter am Amtsgericht H wird für begründet erklärt.
Gründe:
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Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
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Die Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit findet gemäß § 42 Abs. 2 ZPO
dann statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen
Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dabei muss es sich um einen objektiven Grund
handeln, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus die Befürchtung erwecken kann,
der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch
gegenüber. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge
scheiden als Ablehnungsgrund aus. Entscheidend ist, ob ein Prozessbeteiligter bei
vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unparteilichkeit eines
Richters zu zweifeln (Zöller § 42, Rdnr. 9, BGH NJW-RR 2003, 1220 m.w.N.).
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Dabei ist in Zweifelsfällen i.S. einer Stattgabe des Ablehnungsgesuchs zu entscheiden
(Zöller, a.a.O., Rdnr. 10).
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Jedenfalls ein solcher Zweifelsfall liegt hier vor.
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Der Antragsgegner hat, als Partei angehört, in der mündlichen Verhandlung dargelegt,
aufgrund welcher Umstände er Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Angaben der
Antragstellerin zu seiner Vaterschaft hat. Dabei hat er u.a. Rückschlüsse aus dem
Umstand gezogen, dass sie unstreitig unwahre Angaben zu ihrer Berufsausbildung
sowie deren Abschluss gemacht hat und, dass für sie ohne die Schwangerschaft die
Notwendigkeit bestanden hätte, sich mit dem gefälschten Abschlusszeugnis eine
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Arbeitsstelle zu suchen.
Er hat die Vermutung geäußert, das Kind sei ihm "untergeschoben" worden und dabei
auf Schätzungen zum Anteil von "Kuckuckskindern" Bezug genommen.
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Weder dem Protokoll noch der dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters ist zu
entnehmen, dass der Antragsgegner dabei heftig geworden ist oder sich sonst im Ton
vergriffen hat. Allein die verwendeten Begriffe stellen im Kontext eines behaupteten
Eheaufhebungsgrundes oder einer Ehelichkeitsanfechtungsklage keine Entgleisung
oder Beleidigung dar.
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Aufgrund dieses Vortrages des Antragsgegners hat der abgelehnte Richter ihm den
Hinweis erteilt, das Verfahren sei sachlich und ohne Beleidigungen zu führen. Er hat
dem Antragsgegner unter Androhung von Ordnungsmitteln auferlegt, zukünftige
unsachliche und beleidigende Äußerungen zu unterlassen.
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Auch, wenn der Richter die vom Antragsgegner aufgrund der Fälschung des
Zeugnisses gezogenen Schlüsse zum Wahrheitsgehalt anderer Angaben der
Antragstellerin nicht zieht, liegt darin eine Wertung des Sachvortrages des
Antragsgegners, die aus dessen Sicht geeignet ist, Zweifel an der Unparteilichkeit zu
begründen.
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