Urteil des OLG Hamm vom 05.03.2009

OLG Hamm: ablieferung, fohlen, unternehmer, stute, markt, hof, anhörung, verjährungsfrist, bewirtschaftung, mast

Oberlandesgericht Hamm, 2 U 203/08
Datum:
05.03.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 U 203/08
Vorinstanz:
Landgericht Essen, 2 O 225/07
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagen wird das am 02. September 2008
verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Essen
abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Klägerin werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
1
I.
2
Die Klägerin kaufte vom Beklagten ein Pferd. Sie hat Rückabwicklung des
Kaufvertrages, Ersatz von Einstell-, Hufschmied- und Tierarztkosten sowie die
Feststellung von Annahmeverzug und der Ersatzpflicht des Beklagten für weitere
Einstellkosten verlangt. Das Landgericht hat ihrer Klage stattgegeben. Wegen der dem
zu Grunde liegenden Feststellungen, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der
Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
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Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er unter Wiederholung
und Vertiefung die Auffassung des Landgerichts, er sei als Unternehmer anzusehen und
die Feststellungen des Landgerichts, soweit dieses Mängel festgestellt hat, angreift.
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Er beantragt,
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abändernd die Klage abzuweisen,
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurück zu weisen.
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Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näheren Ausführungen.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze verwiesen.
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II.
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Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.
12
A.
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Dabei kann dahin stehen, ob das Pferd mangelhaft war. Der Wirksamkeit des von der
Klägerin erklärten Rücktritts steht die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede
entgegen, §§ 218, 438 IV, 437 BGB.
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1.
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Nach dem Ergebnis der Erörterungen im Senatstermin hat die Klägerin eine
Ankaufsuntersuchung nicht durchführen lassen. Der zunächst wegen der in § 5 des
Vertrags getroffenen Regelung zur Ankaufsuntersuchung schwebend unwirksame
Kaufvertrag ist deshalb entweder dadurch wirksam geworden, dass die Parteien auf
eine Ankaufsuntersuchung konkludent (die Klägerin dadurch, dass sie eine
Ankaufsuntersuchung nicht hat durchführen lassen, der Beklagte dadurch, dass er sie
dazu und zu der Regelung entsprechender Billigungserklärung nicht aufgefordert hat)
übereinstimmend verzichtet haben oder dadurch, dass die Klägerin eine
Ankaufsuntersuchung innerhalb angemessener Frist nicht hat durchführen lassen und
deshalb diese und die positive Entscheidung der Klägerin danach als erfolgt gelten,
§ 162 BGB.
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Nach § 7 des zwischen den Partein geschlossenen Vertrages verjähren
Mängelansprüche des Käufers in drei Monaten nach Ablieferung - was die Ablieferung
betreffend der gesetzlichen Regelung des § 438 II BGB entspricht - des Pferdes. Daran,
dass die Ablieferung maßgeblich ist, ändert es nichts, dass der Vertrag wegen der
vereinbarten Ankaufsuntersuchung zunächst schwebend unwirksam war und erst zu
einem späteren Zeitpunkt wirksam wurde. Denn in Fällen, in den der Kaufgegenstand
vor Wirksamkeit des Vertrages übergeben wird, ist bei Fehlen besonderer
Vereinbarungen davon aus zu gehen, dass sich im Fall des Wirksamwerdens an den
getroffenen vertraglichen Regelungen nichts ändert, also für den Beginn der Verjährung
auch bei späterem Wirksamwerden des Vertrages die Ablieferung maßgeblich ist.
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Der Beklagte hat der Klägerin das Pferd am 21.03.2006 übergeben. Die vertragliche
Verjährungsfrist lief damit mit dem 21.06.2006 ab. Tatsachen für eine Hemmung oder
einen Neubeginn der Verjährung für die Zeit bis dahin sind weder vorgetragen, noch
sonst ersichtlich. Der Rücktritt ist erst durch das Wandlungsbegehren im
Anwaltscheiben vom 28.09.06 und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist erklärt
worden. Soweit die Klägerin mit beweislosem Vortrag bereits im Juli/August 2006
Rücknahme gefordert haben will, wäre auch das nicht rechtzeitig gewesen.
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2.
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Die Abkürzung der Verjährung ist nicht nach § 475 II BGB unwirksam.
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Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vorschrift ist, dass es sich um einen
Verbrauchsgüterkauf handelt, der Verkäufer also Unternehmer ist und bei dem Verkauf
als solcher tätig wird, § 474 I BGB. Unternehmer ist jede Person, die am Markt
planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet. Der Beklagte ist beim
Verkauf des Pferdes nicht als Unternehmer tätig geworden.
21
a.
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Dafür, dass der Beklagte mit Pferden handelt, indem er Pferde einkauft und verkauft, ist
nichts ersichtlich. Insbesondere ergibt sich dafür nichts daraus, dass der Beklagte zur
Zeit des Verkaufs zwei Stuten, ein älteres Pferd und zwei Fohlen der beiden Stuten, von
denen eines das an die Klägerin verkaufte war, auf seinem Hof stehen hatte. Als
unternehmerische Tätigkeit kommt - was den Verkauf von Pferden an sich betrifft -
allenfalls in Betracht, dass der Beklagte Pferde züchtet und verkauft. Nach dem
unwidersprochenen Ergebnis seiner Anhörung im Senatstermin zieht er - neben dem
von der Stute seiner Lebensgefährtin stammenden und an die Klägerin verkauften Pferd
- mit seiner Stute "hier und da" Fohlen und hat neben dem Verkauf an die Klägerin und
dem Verkauf des von seiner Stute stammenden Fohlens in 2005 und 2008 jeweils ein
Fohlen verkauft. Unterm Strich hat der Beklagte damit in den Jahren 2005 - 2008 vier
Fohlen gezogen und verkauft. Das geht über einen gelegentlichen Verkauf von
gezogenen Pferden nicht hinaus und reicht deshalb für die Annahme eines
planmäßigen und dauerhaften Anbietens von Leistungen am Markt als Pferdezüchter
nicht aus.
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b.
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Der Verkauf des Pferdes an die Klägerin ist entgegen der von ihr mit dem Landgericht
vertretenen Auffassung auch nicht der unternehmerischen Tätigkeit des Beklagten als
Landwirt zuzuordnen. Zwar zählen auch sogenannte branchenfremde Nebengeschäfte
zur unternehmerischen Tätigkeit. Für die Annahme eines branchenfremden
Nebengeschäftes bedarf es indessen zumindest irgendeines inneren Zusammenhangs
zwischen dem Nebengeschäft und der unternehmerischen Tätigkeit.
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Ein solcher Zusammenhang ergibt sich - was dem Landgericht wohl vorgeschwebt hat -
nicht bereits daraus, dass sich Pferde auf dem Hof des Beklagten befanden und der
Verkauf an Hofesstelle stattfand. Die vom Landgericht angenommene enge Beziehung
des Verkaufs von Pferden zum landwirtschaftlichen Betrieb lässt sich daraus nicht
herleiten. Im Gegenteil, der landwirtschaftliche Betrieb des Beklagten hat nicht nur keine
Beziehung - schon gar keine enge - zum Verkauf von Pferden, sondern einen anderen
Gegenstand. Gegenstand des landwirtschaftlichen Unternehmens des Beklagten sind
nach seinen (den schriftsätzlichen Vortrag lediglich klarstellenden) Angaben im
Senatstermin Bullenmast, Schweinezucht und - mast sowie die Bewirtschaftung
landwirtschaftlicher Flächen.
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Ein Zusammenhang des Pferdeverkaufs mit der unternehmerischen Tätigkeit des
Beklagten lässt sich auch nicht aus anderen Überlegungen herleiten. Dass die Pferde
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für den landwirtschaftlichen Betrieb des Beklagten irgendeine Funktion hätten, ist nicht
ersichtlich. Dafür reicht es nicht aus, dass die Pferde nach dem - bis zur mündlichen
Verhandlung vor dem Senat unwidersprochenen Vortrag der Klägerin - im
Betriebsvermögen stehen sollen, weil diese steuerliche Zuordnung für die Frage, ob die
Pferde für den landwirtschaftlichen Betrieb im tatsächlichen irgendeine Funktion haben,
nichts hergibt.
3.
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Auf einen Verstoß gegen § 309 Ziff. 7 BGB, der in der Verkürzung der Verjährung liegt,
weil in der Regelung des § 7 des Vertrages die in der Vorschrift genannten
Schadenersatzansprüche von der Verkürzung der Verjährung nicht ausgenommen
werden, kann sich die Klägerin nicht berufen. Denn sie ist Verwenderin der
Vertragsbedingungen, weil nach dem unstreitigen Ergebnis der Anhörung der Parteien
im Senatstermin sie das Formular zum Zwecke des Abschlusses des Kaufvertrages
mitgebracht und damit die dort enthaltenen Bedingungen gestellt hat.
29
B.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus
§§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO. Die Zulassung der Revision, § 543 II ZPO, ist nicht veranlasst.
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