Urteil des OLG Hamm vom 09.03.2010

OLG Hamm (bezeichnung, marke, zeichen, medizinische betreuung, verkehr, benutzung, bezug, unternehmen, bildmarke, versorgung)

Oberlandesgericht Hamm, 4 U 166/09
Datum:
09.03.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 U 166/09
Vorinstanz:
Landgericht Bochum, 13 O 234/08
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19. August 2009 verkündete
Ur-teil der 13. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des
Landgerichts Bochum teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-
EUR, ersatzweise der an der Geschäftsführerin der Komplementärin der
GmbH der Beklagten zu vollziehenden Ordnungshaft oder Ordnungshaft
bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die
Bezeichnung „Q“ für ihre Dienstleistungen zu benutzen, wenn dies
geschieht wie mit der früheren Firmierung der Beklagten „Medical W
mbH“ und der jetzigen Firmierung der Beklagten „Medical W GmbH &
Co. KG“.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin ¼ und die
Beklagte ¾.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung die
Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 90.000,- EUR
abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
G r ü n d e
1
A.
2
Die am 01.12.2000 gegründete Klägerin hat gemäß Handelsregisterauszug HRB ####
des Amtsgerichts München zum Gegenstand die Beteiligung als Gesellschafter an
3
Unternehmen, die Kliniken und medizinische Einrichtungen aller Art betreiben,
einschließlich der Tätigkeit als geschäftsleitende Holding solcher Unternehmen. Sie
betreibt unter der Bezeichnung "Q" 7 Kliniken in C, D, Q, Loipl und C2 sowie 3
ambulante Therapiezentren in O, N und G. Ihre Leistungsschwerpunkte liegen in den
Bereichen der Orthopädie, Traumatologie, Sportmedizin, Neurologie, Innere Medizin,
Kardiologie und Psychosomatik.
Die am 27.04.1999 gegründete und am 03.08.1999 in das Handelsregister eingetragene
Beklagte (nach Formwechsel und Umwandlung nunmehr "Medical W GmbH & Co. KG",
HRA 9404 des Amtsgerichts Essen) gehört zu einem Konzernverbund. Sie stellt eine
Dachgesellschaft dar und ist ihrerseits Gesellschafterin verschiedener zum
Konzernverbund gehörender Gesellschaften. Sie hat zum Gegenstand die Beteiligung
an weiteren Gesellschaften im Bereich der sozialen Dienste und Pflege sowie von
Service und Hauswirtschaft für Senioreneinrichtungen, d.h. von Einrichtungen im
Bereich der Gesundheitspflege und die Pflege allgemein sowie die Verwaltung und
kaufmännische Leitung von derartigen Einrichtungen. Der Konzern betreibt
Altenpflegeheime sowie eine Seniorenresidenz, die Betreutes Wohnen für ältere
Mitbürger anbietet. Das für den Betrieb erforderliche Pflegepersonal wird von den H
mbH gestellt. Die Medical Service und E GmbH & Co. KG (die Beklagte in dem
Parallelverfahren 13 0 233/08 LG Bochum = 4 U 176/09) hält für die einzelnen
Seniorenresidenzen das Reinigungs- und Küchenpersonal bereit. Zweck dieser KG war
(gemäß Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Essen HRA 9099) die Erbringung von
Dienstleistungen im Bereich der Bewirtschaftung von Senioreneinrichtungen im Bereich
Küche, Hauswirtschaft und sonstige allgemeine Dienste.
4
Seit dem 05.03.1996 ist beim DPMA für einen Inhaber namens Kritten für die Klassen
10, 37 und 43 (Waren/Dienstleistungen: Medizinische Geräte und Software für
medizinische Zwecke u.a.) unter der Registernummer #### die Wortmarke "Q"
eingetragen.
5
Inhaberin der am 03.09.1997 für Warenklasse 44 (ärztliche Versorgung,
Gesundheitspflege) eingetragene deutschen Wort-/Bildmarke #### "Q":
6
ist – neben weiteren mit der Klageschrift bezeichneten Marken - eine Firma I2 GmbH in
B2, eine Dachgesellschaft, zu der die Klägerin gehört.
7
Eine Wortmarke "N" ist seit dem 09.05.2006 für die Klasse 44 (Durchführung
medizinischer Dienstleistungen in medizinischen Versorungszentren etc.) für einen
Inhaber namens Stoll eingetragen.
8
Mit Schreiben vom 04.06.2007 forderte die Klägerin die Beklagte aufgrund ihrer
Markenrechte und einer vermeintlichen Priorität vom 07.05.1997 zur Unterlassung der
Verwendung der Bezeichnung "Q" auf. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom
18.06.2007 ab. Sie verwies darauf, dass sie seit dem Jahr 1999 unter dem
streitgegenständlichen Firmenkennzeichen im Geschäftsverkehr aufgetreten sei, wovon
die Klägerin auch entsprechende Kenntnis gehabt habe. Etwaige Ansprüche gegen sie
seien jedenfalls verwirkt. Auch sei die Bezeichnung Q nicht schutzfähig. Die Marken der
Klägerin seien auf die eingetragene Form mit stilisiertem Bildelement beschränkt.
9
Unter dem 17.09.2008 meldete die Beklagte beim Österreichischen Patent- und
Markenamt mit Bildanteil eine Marke "Q" u.a. für "Medizinische Dienstleistungen,
10
Gesundheitspflege für Menschen (…)" an, die am 16.03.2009 unter der Registernummer
249861 registriert wurde. Die Klägerin leitete dort unter Berufung auf prioritätsältere
Rechte ein Löschungsverfahren ein.
Mit Anmeldung vom 19.01.2009 meldete die I3 GmbH unter der Registernummer EU
#####/#### eine Marke "Q International T Center" an, und zwar insbesondere auch für
ärztliche Dienstleistungen und Labordienstleistungen.
11
Mit Antrag vom 17.11.2008 beantragte die Beklagte ihrerseits beim DPMA die
Eintragung der Wortmarke "Q" für die Leitklasse und die weiteren Klassen 44, 36 und
43. Das Amt hielt diesbezüglich gemäß Schreiben vom 03.03.2009 und Beschluss vom
24.03.2009 ein absolutes Schutzhindernis für gegeben. Die angemeldete Angabe "Q"
könne wegen ihres direkt beschreibenden Sinngehalts nicht als Marke eingetragen
werden.
12
Mit Eintragung vom 22.02.2010 wurde beim Europäischen Markenamt für die I3 GmbH
die Gemeinschaftsmarke #####/#### "Q" als Wortmarke eingetragen.
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Die Klägerin hat geltend gemacht, sie sei Lizenznehmerin der deutschen Wort-
/Bildmarke 39720832 mit dem Wortbestandteil "Q". Die Firma I2 GmbH habe sie (gemäß
Bestätigung Anl. K 4 zur Klageschrift) zur Durchsetzung der Rechte aus dieser Marke,
auf die die Klage gestützt wird, sowie weiterer deutscher Marken, Gemeinschaftsmarken
und international registrierter Marken befugt. Der Wortbestandteil "Q" sei ungewöhnlich
kreativ und prägend. Die Klägerin biete im Rahmen der stationären Gesundheitspflege
und Betreuung auch umfangreiche Dienstleistungen im Bereich Service und
Hauswirtschaft an. Ebenso fielen im Rahmen des Betriebs der Einrichtungen der
Klägerin üblicherweise entsprechende Tätigkeiten in Bezug auf Verwaltung und
kaufmännische Leitung an. Die Beklagte biete im Rahmen der
Seniorenbetreuungseinrichtungen, die sie direkt oder durch Beteiligung an
Drittunternehmen betreibe, nicht nur sämtliche Leistungen im Bereich der
Gesundheitspflege, sondern in gewissem Umfang auch eine ärztliche Betreuung und
Versorgung an. Die Tätigkeitsbereiche der Parteien seien identisch bzw. zumindest
hochgradig ähnlich. Die Beklagte verwende die Marken geschäftsmäßig, da sie
zumindest auf Geschäftsbriefen und in Firmenverzeichnissen unter der Bezeichnung
"Q" auftrete. Die Beklagte verletze damit die prioritätsälteren Markenrechte ihrer
Lizenzgeberin. Es bestehe nicht nur eine unmittelbare Verwechselungsgefahr, sondern
auch die Gefahr, dass der angesprochene Verbraucher annehme, es bestünden
zwischen den Parteien Zusammenhänge. Der Klägerin stünden
Unterlassungsansprüche aus § 14 MarkenG wie auch unter dem Aspekt der
Rufausbeutung aus Wettbewerbsrecht, §§ 8, 3, 4 Nr. 9 UWG, zu. Die Klägerin sei
deutschlandweit tätig und werde ihren Betrieb über Bayern hinaus weiter ausweiten.
14
Die Klägerin hat beantragt,
15
I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds bis zu 250.000,00 EUR,
ersatzweise der an der Geschäftsführerin zu vollziehenden Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, unter der Bezeichnung "Q"
Dienstleistungen im Bereich der Bewirtschaftung von Senioreneinrichtungen
anzubieten.
16
II. (…)
17
III. (…)
18
Die Beklagte hat beantragt,
19
die Klage abzuweisen.
20
Sie hat vorgetragen, weder sie noch die Tochtergesellschaften des Konzerns erbrächten
medizinische Leistungen zur Vorsorge oder Leistung zur medizinischen Rehabilitation.
Sie seien hierzu auch aus gesetzlichen Gründen nicht befugt. Sie verwende die
Bezeichnung "Q" ausschließlich als Firmenbezeichnung, nicht jedoch markenmäßig.
Alle Seniorenresidenzen träten nach außen unter den einzelnen individuellen
Bezeichnungen auf. Eine Verwechselungsgefahr bestehe nicht. Es liege kein
Berührungspunkt bei den Verkehrskreisen vor. Es bestehe auch keine
Dienstleistungsähnlichkeit. Eine Verwechselungsgefahr im weiteren Sinne könne schon
deshalb nicht vorliegen, da die Klägerin lediglich in Bayern tätig sei. Der
Wortbestandteil "Q" sei direkt beschreibend und nicht eintragungsfähig. Die
Gesamtmarke, auf die sich die Klägerin stütze, sei daher heranzuziehen. Diese sei nicht
verwechselungsfähig. Im Übrigen könne sich die Beklagte analog § 986 BGB auf die
älteren Rechte der I GmbH berufen, die gemäß Eintragung vom 25.02.2998 (s.
Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Hannover HRB 50507)prioritätsälter sei und
der Beklagten die Benutzung der Bezeichnung "Q" gemäß Vereinbarung vom
26.03.2009 gestattet habe.
21
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der
Klägerin stünden keine markenrechtlichen Ansprüche aus § 14 MarkenG zu. Eine
markenverletztende Handlung der Beklagten liege nicht vor, da die Beklagte die
Bezeichnung "Q" lediglich als Firmenname, nicht jedoch markenmäßig benutzt habe.
Die Beklagte habe im Einzelnen dargelegt, dass sie im Konzernverbund vorwiegend
eine Verwaltungsfunktion wahrnehme. Darüber hinaus habe sie unwidersprochen
vorgetragen, dass die Seniorenresidenzen, die vom Konzernverbund betrieben würden,
nach außen hin unter den eigenen Bezeichnungen aufträten. Allein der Umstand, dass
die Beklagte die Firmenbezeichnung "Q" auf Bögen benutze, sei für eine
markenrechtliche Benutzung nicht ausreichend. Darüber hinaus sei eine
Verwechselungsgefahr zu verneinen. Die Wort-/Bildmarke "Q", auf die sich die Klägerin
stütze, sei stark durch das über den Wortbestandteil platzierte grafische
Gestaltungsmerkmal geprägt. Der Auffassung der Klägerin, bei der Wortschöpfung "Q"
handele es sich um eine ungewöhnliche Kombination für medizinische
Dienstleistungen, könne nicht gefolgt werden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass
der Bestandteil "Park" sich inzwischen für jegliche Dienstleistungen in Deutschland
durchgesetzt habe. Folgerichtig verstehe der Verbraucher unter der Bezeichnung "Q"
einen Standort, an dem medizinische Leistungen angeboten würden. Für sich allein sei
dieser Bestandteil nicht eintragungsfähig. Eintragungsfähigkeit ergebe sich erst
zusammen mit der grafischen Gestaltung der Wort-/Bildmarke. Insofern sei die Wort-
/Bildmarke, auf die sich die Klägerin stütze, mit der von der Beklagten benutzten
Bezeichnung "Q" zu vergleichen. Angesichts der stark prägenden Funktion des
grafischen Merkmals scheide eine Verwechselungsfähigkeit aus. Auch eine indirekte
Verwechselungsgefahr bezüglich einer Zugehörigkeit der Parteien komme angesichts
der unterschiedlichen Betätigungsfelder nicht in Betracht. Auch sonstige Ansprüche,
insbesondere aus Wettbewerbsrecht, seien nicht gegeben. Angesichts der nur
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firmenmäßigen Verwendung des Begriffs "Q" durch die Beklagte und angesichts des
unterschiedlichen Tätigkeitsbereichs der Parteien sei ein Anhängen der Beklagten an
den Ruf der Klägerin fernliegend.
Die Klägerin wehrt sich hiergegen mit der von ihr eingelegten Berufung. Sie meint, das
Landgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass von der Beklagten unter der Bezeichnung
"Q" keine medizinischen oder gesundheitspflegerischen Dienstleistungen angeboten
würden. Die Annahme, die Beklagte habe nur eine Verwaltungsfunktion inne, sei
aufgrund der dargestellten tatsächlichen Umstände unzutreffend. Die Schlussfolgerung,
die Bezeichnung "Q" würde nur firmenmäßig benutzt, sei deshalb ebenfalls
unzutreffend. Die Beklagte selbst habe die Marke "Q" in Deutschland mit den
Dienstleistungen der Klasse 44 "medizinische Dienstleistungen" angemeldet. Ebenso
habe die Beklagte in Österreich eine Marke "Q" für entsprechende Dienstleistungen
angemeldet. Hieraus werde deutlich, dass die Beklagte unter der Marke "Q" eben nicht
nur auf dem Gebiet der Unternehmensverwaltung tätig sei, sondern darüber hinaus auch
medizinische Dienstleistungen anbieten wolle. Durch die Identität der angemeldeten
Marken würden insofern eindeutig ihre Interessen beeinträchtigt. Sie, die Klägerin,
besitze, die älteren Rechte an dieser Kennzeichnung. Selbst wenn man in der
Anmeldung der Marke noch keine markenmäßige Benutzung sehen würde, werde
hiermit in jedem Fall eine kennzeichenmäßige Gebrauchsabsicht belegt, welche eine
den vorbeugenden Unterlassungsanspruch nach § 14 V MarkenG begründende
Begehungsgefahr auslöse. Ferner habe sie vorgetragen, dass ihre Firma "Q AG" laute.
Die Wortfolge "Q" werde von ihr nicht nur als Marke, sondern auch als Firma und
Firmenschlagwort benutzt. Insofern würden sich nicht nur die Marken der Parteien,
sondern auch deren Firmen kollisionsbegründend gegenüberstehen. Auch deshalb
griffen die geltend gemachten Verbietungsansprüche aus ihren älteren Rechten durch.
Im Rahmen der vorgetragenen Kennzeichenkollisionen habe das Landgericht die
näheren Umstände des Falles falsch gewürdigt. In der heutigen Zeit sei es üblich, sich
über das Internet Informationen über Anbieter am Markt zu beschaffen. Würden solche
Informationen zu den Pflegeeinrichtungen der Beklagten von interessierten Dritten
recherchiert, so erschienen bei den Ergebnissen stets auch die Beklagte mit der
Bezeichnung "Q" und nicht die einzelnen Bezeichnungen ihrer Häuser. Damit bestehe
eine direkte Verwechslungsgefahr zwischen den sich hier gegenüberstehenden
Bezeichnungen. Entsprechend sei von einer markenrechtlichen Verwendung der hier
streitgegenständlichen Bezeichnung auszugehen. Es sei höchstwahrscheinlich, dass
ein unvoreingenommener Verbraucher bzw. Kunde und Patient, der die Marke "Q" der
Klägerin kenne und nun das Zeichen "Q" der Beklagten in Bezug auf
Pflegeeinrichtungen und entsprechende Dienstleistungen wahrnehme, aufgrund der
Identität der Bezeichnung davon ausgehe, dass es sich hierbei um ein mit der Klägerin
verbundenes Unternehmen handele oder diese zu einem Dritten, hier der Beklagten,
eine besondere wirtschaftliche Beziehung habe, die der Beklagten die Benutzung des
Zeichens "Q" erlaube. Es liege insofern jedenfalls ein klassischer Fall der
Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne vor, bei der die angesprochenen
Verkehrskreise unter Umständen zwar die Unterschiede in der Markenbildung
(unterschiedliche Bildbestandteile) erkennen würden, diese Unterschiede jedoch in der
irrigen Annahme einer wirtschaftlichen Verbindung der Anbieter der Dienstleistungen
missachtend hinnähmen. Nach den Grundsätzen der Entscheidung EuGH, Urt. v.
11.09.2007, C-17/06 – Celine, sei auch ein Bezug zu den unter "Q" erbrachten
Dienstleistungen feststellbar. Auch eine firmenmäßige Benutzung der fremden Marke
sei als rechtsverletzende Benutzungshandlung anzusehen.
23
Das Gericht sei fälschlicherweise der Auffassung, der Wortbestandteil "Q" sei nicht
schutzfähig, so dass die Kennzeichnungskraft allein aus der grafischen Gestaltung
resultiere. Hierbei sei nicht berücksichtigt die Vielzahl der möglichen Bedeutungen der
Bezeichnung "Q". "Park" habe sich nicht allgemein für Dienstleistungen durchgesetzt,
sondern beinhalte, wie von der Klägerin näher ausgeführt wird, vollkommen
gegenläufige Bedeutungsinterpretationen. Die Bezeichnung eines Ortes, an dem
medizinische Dienstleistungen angeboten würden, als "Park" sei ungewöhnlich und
kreativ, zumal sich die Wortfolge "Q" aus zwei unterschiedlichen Sprachen
zusammensetze. Während das erste Wort der englischen Sprache entnommen sei,
stamme das zweite Wort aus der deutschen Sprache. Auch in diesem Zusammenhang
fehle jegliche Auseinandersetzung des Landgerichts mit dem Umstand, dass die
geltend gemachten Ansprüche nicht nur auf die Marken der Klägerin, sondern auch auf
das Firmenschlagwort bzw. die Firma der Klägerin gestützt seien. Die Firma der
Klägerin "Q AG" setze sich aus dem Firmenschlagwort "Q" und aus nichts weiterem als
die Rechtsformbezeichnung "AG" zusammen. Gleiches gelte für die Firma der
Beklagten. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass das Landgericht Bochum in einem ganz
ähnlich gelagerten Fall – gegen die Fa. B GmbH im Verfahren 14 O 179/08 - ohne
weiteres von einer eigenen Kennzeichnungskraft, die der Bezeichnung "Q" innewohne,
ausgegangen sei.
24
Zudem habe das Gericht in keiner Weise wettbewerbsrechtliche Ansprüche unter dem
Aspekt der Rufausbeutung aus §§ 8 I; 3; 4 Nr. 9 UWG gewürdigt.
25
Die Klägerin beantragt – nach zunächst teilweise abweichenden Berufungsanträgen
gemäß Berufungsbegründungsschrift vom 11.11.2009 und teilweiser Klagerücknahme
auch in Bezug auf die vormaligen Anträge zu II und III – nunmehr,
26
abändernd die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000, EUR,
ersatzweise der an der Geschäftsführerin der Komplementärin der GmbH der
Beklagten zu vollziehenden Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,
zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "Q" für ihre
Dienstleistungen zu benutzen, wenn dies geschieht wie mit der früheren
Firmierung der Beklagten "Medical W mbH" und der jetzigen Firmierung der
Beklagten "Medical W GmbH & Co. KG".
27
Die Beklagte beantragt,
28
die Berufung zurückzuweisen.
29
Sie meint, das Landgericht habe im Ergebnis zu Recht eine Verwechselungsgefahr
zwischen den beiden sich gegenüberstehenden Zeichen verneint, weil die
Kennzeichnungskraft der Klagemarke allein aus der Kombination der grafischen
Gestaltung mit dem Wortbestandteil resultiere. Für das Landgericht habe nicht die
Notwendigkeit bestanden, zur Vielzahl der möglichen Bedeutungen der Bezeichnung Q
Stellung zu nehmen; denn die Mehrdeutigkeit einer beschreibenden Angabe beseitige
nicht das Schutzhindernis des § 8 II 2 Nr. 2 MarkenG. Der mangelnden Schutzfähigkeit
des Wortzeichens Q stehe auch nicht entgegen, dass die Wortfolge angeblich aus zwei
unterschiedlichen Sprachen zusammengesetzt sei. Da es wegen der mangelnden
Schutzfähigkeit schon nicht zu einer markenrechtlich relevanten Verwechselungsgefahr
kommen könne, komme es auch auf die anderweitigen Markenanmeldungen, die sie
30
vorgenommen habe, nicht mehr an. Vorsorglich führt die Beklagte weiter aus, dass das
Urteil des Landgerichts auch bei einer unterstellten Verwechselungsgefahr im Ergebnis
nicht anders hätte ausfallen können. Aus ihrem Unternehmenskennzeichen gehe die
Klägerin ausdrücklich nicht vor, da sie die Klage allein auf ihre deutsche Wort-Bildmarke
Q gestützt habe. Zudem sei das Unternehmenskennzeichen der Klägerin auch
prioritätsjünger als ihres. Ein markenrechtlicher Anspruch scheitere daran, dass sie das
Zeichen Q nicht markenmäßig benutzt habe. Dazu wiederholt und vertieft die Beklagte
ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie meint, die Klägerin könne sich nicht auf die mit der
Anlage K13 vorgelegten Internetausdrucke stützen, da nicht ersichtlich sei, welche
rechtsverletzende Handlung ihr, der Beklagten, zugerechnet werden solle. Ein
klassischer Fall der Verwechselung im weiteren Sine liege nicht vor. Die Marke der
Klägerin sei kein im Verkehr bekanntes Unternehmenskennzeichen. Ihr, der Beklagten,
könne ein markenmäßiger Gebrauch auch nicht deshalb vorgehalten werden, weil sie
die Wortmarke Q aus prozesstaktischen Gründen angemeldet habe, um einen
zurückweisenden Beschluss des DPMA zu bekommen. Insoweit verweist die Beklagte
auf die BGH-Entscheidung "Metrosex". Ferner legt sie dar, warum ihrer Meinung nach
der Klägerin auch kein vorbeugender Unterlassungsanspruch zusteht. Die Beklagte
meint ferner, dass das Landgericht, falls das Wettbewerbsrecht neben dem Markenrecht
zur Anwendung kommen könne, zu Recht einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch
aufgrund der unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche der Parteien verneint habe. Zudem
fehle es an einer Rufausbeutung. Die Kennzeichnung Q sei nicht geeignet, auf die
betriebliche Herkunft der Dienstleistungen hinzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
31
B.
32
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet und führt teilweise, soweit nicht eine
Rücknahme der Anträge erfolgt ist, zur Abänderung des landgerichtlichen Urteils.
33
Die Klägerin kann von der Beklagten aus Markenrecht, § 14 II Nr. 2 MarkenG, die
Unterlassung der Benutzung der Kennzeichnung "Q" für ihre Dienstleistungen
verlangen, so wie dies im Rahmen der früheren Firmierung der Beklagten "Medical W
mbH" und der jetzigen Firmierung der Beklagten "Medical W GmbH & Co. KG"
geschehen ist.
34
Die von der Klägerin weiter geltend gemachten Ansprüche aus der
Firmenkennzeichnung, §§ 5, 15 MarkenG, oder aus Wettbewerbsrecht, §§ 8 I, III Nr. 1; 3;
4 Nr. 9 UWG, können insofern dahinstehen.
35
I.
36
In Bezug auf die Anträge ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin die ursprünglichen
Klageanträge zu II und III (gerichtet auf Auskunftserteilung und
Schadenersatzfeststellung) und einen weiteren Berufungsantrag (der sich auch auf
medizinische Dienstleistungen bezog) wieder zurückgenommen hat. Soweit der Antrag
im Übrigen teilweise neu formuliert worden ist, handelt es sich im Hinblick auf § 253 II
Nr. 2 ZPO nur um eine auch kostenunschädliche Konkretisierung, die den
Streitgegenstand insoweit nicht ändert. Der Beklagten sollte auch bereits gemäß
Klageantrag in erster Instanz die Bezeichnung "Q" für ihre Dienstleistungen im
37
Zusammenhang mit der Bewirtschaftung von Senioreneinrichtungen und durch die
Firmierung als "Medical W mbH" bzw. nunmehr "Medical W GmbH & Co. KG" verboten
werden. Die Klägerin hat insoweit markenmäßige wie firmenmäßige Nutzungen
angegriffen. Es sollte nicht nur die Bezeichnung der Firma als "Medical W …" verboten
werden, sondern ebenfalls die isolierte Verwendung der Bezeichnung "Q". So enthielt
der allgemein gefasste Teil des Verbotsantrags als Minus auch die konkrete
Verletzungsform, die die Beklagte in ihrer Firmenbezeichnung verwendet.
II.
38
Es besteht im Hinblick hierauf ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 14 II Nr. 2
MarkenG. Danach es ist Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im
geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Ähnlichkeit des
Zeichens mit der Marke und der Ähnlichkeit der hiervon erfassten Waren oder
Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht. Das ist
vorliegend der Fall. Die Beklagte benutzt ein mit der Wort-/Bildmarke "Q", an der der
Klägerin eine Lizenz eingeräumt worden ist, mit der auch auf ihre Dienstleistungen
bezogenen Firmierung im geschäftlichen Verkehr ein verwechslungsfähiges Zeichen
ohne deren Zustimmung.
39
1.
40
Zugunsten der Klägerin besteht Markenschutz. Sie ist gemäß der vorgelegten
Bestätigung der I2 GmbH als Lizenznehmerin Berechtigte hinsichtlich der deutschen
Wort-/Bildmarke 39720832 "Q".
41
Die Klagebefugnis steht der Klägerin für den Fall der Übertragung einer dinglichen
Markenlizenz durch die Markeninhaberin im Sinne des § 30 MarkenG aus eigenem
Recht zu. Ist die Übertragung der Markenlizenz nur schuldrechtlich erfolgt, so kann der
Lizenznehmer nur im Fall der Ermächtigung durch den Rechteinhaber im Wege der
Prozessstandschaft selbst klagen (Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 30 Rn. 34). In beiden
Fällen ist zur klageweisen Durchsetzung nach § 30 III MarkenG die Zustimmung des
Markeninhabers erforderlich. Die Bestätigung der I2 GmbH gemäß Anl. K 4 beinhaltet
die Befugnis zur Durchsetzung der Rechte aus der Marke. Diese dürfte der Klägerin
insofern eine dingliche Lizenz eingeräumt haben, sie hat jedenfalls der Durchsetzung
der Rechte aus der Marke im Klagewege zustimmt. Die Beklagte hat dies im Fortgang
des Verfahrens auch nicht mehr beanstandet.
42
Die bereits am 03.09.1997 geschützte Marke "Q" hat Priorität gegenüber der Nutzung
des Zeichens durch die erst in 1999 gegründete Beklagte. Diese Priorität ist zunächst
nicht beeinträchtigt durch eine von der Beklagten geltend gemachte Gestattung durch
die ältere I GmbH. Der wegen Markenverletzung in Anspruch genommene Verletzter
kann dem Kläger ältere Rechte anderer Inhaber grundsätzlich nicht entgegenhalten,
denn diese entfalten ihre Vorrangwirkung nur zugunsten ihrer Inhaber (Ingerl/Rohnke,
MarkenG, 2. Aufl. 2003, § 14 Rn. 26 m.w.N.). Die Rechtsprechung lässt in
entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus § 986 I BGB lediglich die
Einrede aus einem prioritätsälteren Recht eines Dritten dann zu, wenn der Beklagte
aufgrund schuldrechtlicher, insbesondere vertraglicher Gestattung zur Benutzung des
älteren Rechts des Dritten berechtigt ist und der Dritte vom Kläger wiederum auch
Unterlassung verlangen könnte (dazu unten Ziff. II 4 a).
43
2.
44
Eine Markenverletzung durch die Beklagte ist gegeben. Die Beklagte hat die
Bezeichnung "Q" im geschäftlichen Verkehr auch zur Kennzeichnung von
Dienstleistungen im Bereich des Betreibens und der Bewirtschaftung von
Seniorenheimen benutzt.
45
a)
46
Die Beklagte hat das angegriffene Zeichen im Rahmen ihrer Geschäftsbezeichnung, die
auch begrifflich auf medizinische Serviceleistungen bezogen ist, markenmäßig benutzt.
Dies ist nicht deshalb zu verneinen, weil die Beklagte die Bezeichnung "Q" in ihrem
Firmennamen zuvörderst firmenmäßig nutzt. Jedenfalls ist hierdurch auch eine
markenmäßige Nutzung erfolgt. Mit dieser Bezeichnung wird ebenfalls ein
Herkunftshinweis auf die im Zusammenhang mit dem Betreiben der Seniorenheimen
angebotenen Dienstleistungen verbunden.
47
In diesem Zusammenhang ist zunächst davon auszugehen, dass der ausschließlich
firmenmäßige Gebrauch eines Zeichens vom Schutzbereich der Marke ausgenommen
ist. So hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Schuhpark", NJW-RR 2009, 536,
ausgeführt, dass markenrechtliche Ansprüche gegen die dort maßgebliche Verwendung
der Bezeichnung "jello Schuhpark” nicht schon deshalb ausgeschlossen sind, weil ein
rein firmenmäßiger Gebrauch keine Benutzungshandlung i.S.v. § 14 II Nr. 1 u. 2
MarkenG darstellt. Eine Benutzung "für Waren oder Dienstleistungen” i.S. von Art. 5 I der
MarkenRL ist nicht gegeben, wenn ein Firmenzeichen nur für die Bezeichnung eines
Geschäfts verwendet wird (vgl. EuGH, GRUR 2005, 153 – Anheuser Busch; GRUR
2007, 971 – Céline; BGH GRUR 2008, 254 – The Home Store). Mit dem
Unterlassungsbegehren wandte sich die Klägerin dort aber ebenfalls nicht gegen rein
firmenmäßige Benutzungshandlungen, bei denen es an einer Verbindung zwischen
dem firmenmäßig genutzten Zeichen und den von der Beklagten vertriebenen Waren
fehlte. Die Klägerin hatte das Verbot nur im Zusammenhang mit der Verwendung der
angegriffenen Bezeichnung für Schuhwaren begehrt. Zu beachten ist ferner, dass ein
nur firmenmäßiger Gebrauch selten ist. In der tatsächlichen Benutzung gehen firmen-
und markenmäßiger Gebrauch in aller Regel ineinander über (Hacker, in
Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 14 Rn. 141; s.a. früher Ingerl/Rohnke, a.a.O.,
§ 14 Rn. 110).
48
Im Streitfall nimmt die Beklagte in ihrem Verwaltungsverbund zwar vorwiegend eine
Verwaltungsfunktion wahr. Auch werden die Seniorenresidenzen, die vom
Konzernverbund betrieben werden, nach außen hin unter verschiedenen anderen
Bezeichnungen geführt. Gleichwohl ist anzunehmen, dass der Verkehr, der das Zeichen
"Q" in der Firmierung der Beklagten wahrnimmt, dieses auch den Dienstleistungen des
Unternehmens zuordnet. Die Firmierung nämlich deutet bereits auf die Dienstleistungen
der Beklagten hin. Das Wort "medical" erfasst im Ansatz auch bereits den Gegenstand
der Leistungen, die jedenfalls im weitesten Sinne im Gesundheitsbereich angesiedelt
sind. Die Beklagte bietet im Rahmen ihrer Senioreneinrichtungen, die sie direkt oder
durch Beteiligung betreibt, Leistungen im Bereich der Betreuung und der
Gesundheitspflege in einem weiteren Sinne an, wie dies mitunter übergreifend auch bei
ihren Dienstleistungsgesellschaften, wie "Q Soziale Dienste Haus …", geschieht. Die
eigenen Dienstleistungen werden insofern unverkennbar auch mit dem
Markenbestandteil "Q" verknüpft und hierauf bezogen. Eine vollumfängliche Trennung
49
zur Firmierung kann der Verkehr insofern nicht vornehmen, insbesondere auch dann
nicht, wenn er nach den Dienstleistungen der Beklagten per Internet sucht und so über
den Begriff "Q" unmittelbar gerade auch zu den Dienstleistungen der Beklagten geführt
wird. Von daher sind die von der Beklagten erbrachten Dienstleistungen mit
angesprochen, ohne dass es noch darauf ankommt, dass die Beklagte in Deutschland
versucht hat, das Wortzeichen "Q" als Marke anzumelden, und in Österreich die Wort-
/Bildmarke sogar hat eintragen lassen.
b)
50
Bereits durch die Benennung des Unternehmens der Beklagten als "Medical W
Verwaltungsges. mbH" und dem Auftreten mit dieser Bezeichnung im geschäftlichen
Verkehr besteht die Gefahr der Verwechslung mit der Wort- und Bildmarke der Klägerin
"Q".
51
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S.v. § 14 II Nr. 2 MarkenG ist unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine
Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der
Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren
oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein
geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren
Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der
älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2008, –
Interconnect/T-InterConnect; NJW-RR 2009, 536 - Schuhpark). Bei dieser umfassenden
Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen
Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und
dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH GRUR 2007, 700 –
Limoncello).
52
aa)
53
Die Unterscheidungskraft der älteren Marke "Q" mit dem dargestellten Emblem stellt
sich zunächst als durchschnittlich dar. Dem Landgericht ist insofern nicht darin zu
folgen, dass die Marke stark durch das über den Wortbestandteil platzierte
Gestaltungsmerkmal geprägt ist und dass der Wortbestandteil letztlich nur
beschreibender Natur ist.
54
Der Wortbestand "Q", der auch verhältnismäßig größer und in Großbuchstaben
dargestellt ist und wegen seiner Griffigkeit gut in Erinnerung bleibt, hat insofern, auch
wenn beschreibende Elemente mit darin enthalten sind, einen mehrdeutigen Inhalt, so
dass sich daraus nicht unmittelbar auf die damit geschützten Dienstleistungen der
ärztlichen Versorgung und der Gesundheitspflege schließen lässt. Aus zwei mehr oder
weniger beschreibenden Begriffen ist hier ein einprägsamer Kombinationsbegriff
entstanden, der als solcher auch eine individuelle Eigenart aufweist. Diesem kommt
damit aus Sicht des Verkehrs ausreichende Unterscheidungskraft im Hinblick auf die
Herkunft der geschützten Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen zu (vgl.
BGH GRUR 2008, 1108, 1111 –Haus & Grund III). Der Wortbestandteil "Q" ist hier auch
nicht rein beschreibend wie "Urlaub direkt" (vgl. BGH WRP 2004, 1173). Die
Kombination der Begriffe ist jedenfalls noch als ungewöhnlich und neuartig zu werten.
Unter "Park" wird in diesem Zusammenhang vornehmlich ein Standort verstanden, an
dem bestimmte medizinische Dienstleistungen angeboten werden. Beim dem Begriff
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"Schuhpark" war in dem genannten BGH-Urteil teilweise vergleichbar ein größerer
Geschäftsbetrieb angesprochen, in dem Schuhe erhältlich sind. Bei der Klagemarke "Q"
handelt es sich demgegenüber noch unbestimmter um ein irgendwie geartetes
Medizinangebot. Diese Kombination ist insofern keineswegs ausschließlich
beschreibend, auch wenn das Markenamt in Bezug auf den Antrag auf Eintragung einer
reinen Wortmarke insoweit nur einen direkt beschreibenden Sinngehalt gesehen hat,
weil nämlich die Angabe "Q" im Zusammenhang mit angemeldeten Dienstleistungen
lediglich als Hinweis auf ein umfassendes Angebot zur medizinischen Betreuung zu
sehen sei. Demgegenüber kann eine medizinische Betreuung an einem konzentrierten
Standort gegenständlich wiederum auch unterschiedlichste Ausprägungen haben. So
gibt es Forschungen im medizinischen Bereich (gewerblich oder im Bereich der
Hochschule), entsprechenden Technik- und Gerätebau oder auch Leistungen im
Rahmen der humanmedizinischen Behandlung. Von daher ergibt diese
Wortkombination eine jedenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Der
Bildbestandteil wirkt dagegen wie ein bedeutungsloser Zierat, der als solcher nicht
selbständig benannt wird. Der Bildbestandteil hat keine selbständig kennzeichnende
Stellung, wie es beim Malteserkreuz oder beim Puma Panther der Fall ist. Es handelt es
sich auch der Größe nach um eine nicht besonders prägende Abstraktion, die bei
normal-flüchtigem Betrachten nicht oder nur kaum in Erinnerung bleibt. Jedenfalls ist der
Bildteil insoweit überaus zurückhaltend und nur wenig unterscheidungskräftig. Der
Verkehr orientiert sich beim entscheidenden Gesamteindruck des zusammen gesetzten
Zeichens vielmehr an dem Wortbestandteil "Q", mit dem er die Marke und auch das
Unternehmen, das unter dieser Bezeichnung Dienstleistungen erbringt, benennen kann.
Die Marke wird insofern entscheidend durch den Wortbestandteil geprägt. Gerade in
klanglicher Hinsicht kommt es ganz entscheidend auf den gleichlautenden
Wortbestandteil an. Der Verkehr verwechselt insoweit den Wortbestandteil "Q" mit dem
identischen prägenden Bestandteil "Q" im Zeichen der Beklagten. Das reicht aus, auch
wenn in bildlicher Hinsicht ein Unterschied besteht. Der Bildbestandteil der Marke der
Klägerin überwiegt im Rahmen des Gesamteindrucks jedenfalls nicht in einer solchen
Weise, dass ihn sich der Verkehr allein oder jedenfalls in erster Linie einprägt, ohne
besonders auf den identischen Wortbestandteil zu achten.
bb)
56
Weiter ist von einer ausreichenden Dienstleistungsähnlichkeit auszugehen. Zweck der
beiderseitigen Dienstleistungen ist die jedenfalls auch gesundheitliche Versorgung der
Patienten und Kunden. Die Dienstleistungen medizinische Versorgung und
Seniorenpflege betreffen zwar im Kern unterschiedliche Geschäftsfelder, sie
überschneiden sich dabei jedoch in relevanter Weise. So gibt es im medizinischen
Bereich ebenfalls in Bezug auf ältere Menschen Betreuungsleistungen. Im Bereich der
Seniorenpflege ist umgekehrt auch eine gewisse medizinische Betreuung, wenn
mitunter auch mit Hilfe Dritter, durchzuführen, unabhängig davon, ob die Beklagte – was
der Verkehr im Detail nicht weiß - nach § 111 SGB V für Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation einschließlich der Anschlussheilbehandlung einen Versorgungsvertrag
mit den Krankenkassen unterhält oder nicht. Auch im Bereich der Seniorenpflege kann
im Hinblick auf die Personen, die sich nicht mehr selbst versorgen können, eine
ärztliche Versorgung erforderlich werden. Diese können und müssen zeitweise ebenso
in Therapieeinrichtungen oder Kliniken betreut werden, wie die Patienten der Kliniken
der Klägerin nach der Behandlung wiederum in ein Seniorenheim wechseln. Beide
Dienstleister erbringen Leistungen im übergeordneten Bereich der
Gesundheitsvorsorge. Letztlich umfasst auch bereits das Berufsbild des Altenpflegers
57
die Durchführung von Behandlungspflege nach ärztlicher Verordnung, die Hilfe bei der
Rehabilitation, das Zusammenstellen und Verabreichen von Medikamenten, die
Durchführung spezieller Pflegemaßnahmen wie z.B. Einläufe, Spülungen und
Injektionen sowie die Hilfe bei therapeutischen Maßnahmen, etwa
krankengymnastischen Übungen. Die Behandlungspflege umfasst demnach im
übergreifenden Sinne auch eine medizinisch mit geprägte Versorgung sowie die
Gesundheitspflege.
cc)
58
Die Zeichenähnlichkeit ist alsdann groß.
59
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der jeweilige Gesamteindruck der sich
gegenüberstehenden Zeichen zu berücksichtigen. Das schließt nicht aus, dass unter
Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die
Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen
Gesamteindruck prägend sein können (EuGH GRUR 2005, 1042 – Thomson Life; BGH
GRUR 2005, 326 – il Padrone/Il Portone). Weiter ist nicht ausgeschlossen, dass ein
Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe
Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung
behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder
komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (EuGH a.a.O.; BGH GRUR 2005, 1042
– Thomson Life; BGH GRUR 2002, 171 - Marlboro-Dach; GRUR 2004, 865 – Mustang;
NJW-RR 2009, 536 – Schuhpark).
60
Vorliegend sind die beiderseitigen Zeichen auch unter Berücksichtigung des Bildanteils
bei der Klagemarke und der Zusätze in der Firmierung der Beklagten nahezu identisch.
Der Bildanteil in der Klagemarke erscheint eher als eine relativ unbedeutende Zutat in
der Marke. Die Marke wird überwiegend durch den Wortbestandteil "Q" geprägt, der vor
allem in Erinnerung bleibt und insofern auf das klägerische Unternehmen eine
einprägsame Namensfunktion hat. Dieser prägende Bestandteil, der wie ein
Firmenschlagwort dominiert, ist bei dem Verletzerzeichen identisch. Alsdann verfügt die
Firmierung der Beklagten zwar noch über die Zusätze "… Holding Verwaltunsgges.
mbH". Diese Zusätze sind aber wiederum sehr unterscheidungsschwach insofern, als
es sich insoweit nur um eine strukturelle Abgrenzung handelt und gerade eben
wirtschaftliche Verflechtungen zwischen den Parteien nicht ausgeschlossen werden.
Solche erscheinen nach wie vor möglich.
61
d)
62
Bei der vorliegenden Identität oder Ähnlichkeit des selbstständig kennzeichnenden
Bestandteils "Q" der eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang ist das Vorliegen von
Verwechslungsgefahr zu bejahen, weil dadurch bei den angesprochenen
Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder
Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen
stammen.
63
Bei der Bestimmung des Gesamteindrucks in Bezug auf die Zeichennutzung durch die
Beklagte wirkt sich vor allem aus, dass jedenfalls ähnliche und sich überschneidende
Dienstleistungen mit einer letztlich identischen Bezeichnung versehen sind. Dies führt
dazu, dass - wenn nicht schon eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den
64
Kollisionszeichen anzunehmen ist - jedenfalls eine Verwechslungsgefahr im weiteren
Sinn gegeben ist, weil nämlich bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck
hervorgerufen wird, dass die fraglichen Dienstleistungen aus vertraglich, organisatorisch
oder zumindest wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl.
hierzu BGH GRUR 2008, 1108, 1111 – Haus & Grund III), ohne dass erkannt werden
kann, wie die Unternehmen im Einzelnen miteinander in Verbindung stehen. So
erscheint möglich, dass unter einem übergeordneten Dach sowohl medizinische als
auch pflegerische Dienstleistungen, wenn auch im Rahmen der Altenpflege, angeboten
werden. Angesichts der Serie von Kliniken und Therapiezentren der Klägerin mit der
Bezeichnung "Q", die durch Verbindung zu anderen Gesundheitsbereichen und zum
Sport eine gewisse Bekanntheit erreicht haben mag, kann beim Verkehr, der deren
Leistungsspektrum kennt, jedenfalls der Eindruck entstehen, die mit "Q"
gekennzeichneten Dienstleistungen der Beklagten stammten aus einem mit der
Klägerin in solcher Art wirtschaftlich verflochtenen Unternehmen. Dabei ist in der
heutigen Zeit mit zu berücksichtigen, dass ein Interessent sich Informationen über die
Anbieter über das Internet verschafft. So wird er bei der Eingabe der Suchfunktion "Q"
auf beide Unternehmungen der Parteien geführt und – gemäß Anlage K 13 - nicht nur
auf die jeweils unterschiedlich bezeichneten Häuser der Beklagten.
3.
65
Durch die Verletzungshandlung besteht in Bezug auf die Zeichennutzung im
Zusammenhang mit dem Betrieb von Senioreneinrichtungen und den sozialen Diensten
und der Pflege Wiederholungsgefahr. Diese Bereiche sind Gegenstand der mit "Medical
W Verwaltungsges. mbH" bezeichneten Verwaltungsgesellschaft und der nunmehrigen
"Medical W GmbH & Co. KG".
66
4. a)
67
Die Beklagte kann sich nicht in entsprechender Anwendung des § 986 I BGB auf die
älteren Rechte der "I GmbH" berufen, die diese Firmierung nach Eintragung ins
Handelsregister bereits seit 1988 benutzt. Es kann als Voraussetzung hierfür (vgl.
Ströbele/Hacker, a.a.O. § 15 Rdn. 13; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 26 m.w.N.) nicht
zugrunde gelegt werden, dass I GmbH von der Klägerin die Unterlassung der
Benutzung verlangen könnte und der Beklagten das Recht zur Nutzung eingeräumt hat.
68
Ein Anspruch der I GmbH gegen die Klägerin auf Unterlassung kann schon deshalb
nicht erkannt werden, weil der Name insoweit erkennbar für dieses
Forschungsunternehmen einen abgrenzenden örtlichen Bezug hat und den Standort
konkret benennt. Eine Verwechslungsgefahr ist zu verneinen. Die Ortsangabe "I" ist in
Bezug zur Medizinischen Hochschule mitprägend. Jedenfalls ist der Beklagten das
Zeichenrecht nicht im Sinne einer Lizensierung eingeräumt. Es ist überhaupt nicht
ersichtlich, dass I GmbH den isolierten Zeichenbestandteil "Q" für sich beansprucht und
über entsprechende Rechte hierüber verfügt, so dass sie diese an die Beklagte
übertragen hat und hätte übertragen können. I GmbH müsste gerade gegenüber der
Klägerin berechtigt gewesen sein, ihr älteres Zeichenrecht dieser gegenüber
durchzusetzen. Im älteren Zeichen ist aber nicht nur die Ortsbezeichnung I mitprägend,
vielmehr kommt hinzu, dass auch die Branchenähnlichkeit gering ist. I GmbH betreibt
keine Kliniken im Rahmen der ärztlichen Versorgung und Gesundheitsvorsorge,
sondern einen Gewerbe- und Forschungspark unter Einbeziehung der Medizinischen
Hochschule I. Soweit die Gestattungsvereinbarung vom 26.03.2009 vorgelegt ist,
69
beinhaltet diese auch keine wirkliche Lizensierung. Vielmehr handelt es sich insoweit
um eine bloße Abgrenzungsvereinbarung gegenüber der Beklagten, wie sich auch
daraus ergibt, dass die Beklagte das Zeichen Q danach nicht in der Stadt I und dem
Raum I für medizinische Einrichtungen oder Altenpflegeheime benutzen darf. Im
Rahmen dieser bloßen Abgrenzung ist I GmbH mit der Benutzung des Zeichens Q
durch die Beklagte sowie deren verbundenen Unternehmen einverstanden. Es gibt
letztlich auch keinen Anhalt dafür, dass I GmbH ansonsten der Beklagten die Nutzung
hätte verbieten können oder zuvor verboten hat.
b)
70
Ebenso wenig stehen den streitgegenständlichen Ansprüchen § 23 Nr. 1 und 2
MarkenG entgegen, da es sich bei der Klagemarke nicht nur um bloße Namen oder nur,
wie ausgeführt, um beschreibende Angaben handelt.
71
c)
72
Verwirkung des Klageanspruchs gemäß § 21 II MarkenG ist nicht eingetreten.
Insbesondere ist nicht konkret vorgetragen und feststellbar, dass die Klägerin seit mehr
als fünf aufeinander folgenden Jahren Kenntnis von der Benutzung des Zeichens der
Beklagten hatte und die Benutzung geduldet hat. Entsprechendes gilt für eine etwaige
Verwirkung gemäß § 242 BGB, weil insoweit auch das sog. Umstandsmoment nicht
ausgefüllt ist.
73
III.
74
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 269 III, 516 III, 92 I, 708
Nr. 10, 711 ZPO.
75
Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, § 543 ZPO.
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