Urteil des OLG Hamm vom 09.12.2004

OLG Hamm: wiedereinsetzung in den vorigen stand, form, wiedergabe, aufklärungspflicht, verkündung, schweigepflicht, befreiung, zwangsvollstreckung, halle, bewährung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Hamm, 3 Ss 498/04
09.12.2004
Oberlandesgericht Hamm
3. Strafsenat
Beschluss
3 Ss 498/04
Landgericht Bielefeld, 14 Ns 41 Js 94/02 - R 4/03 XiV
Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten als unzulässig
verworfen.
G r ü n d e :
I.
Das Amtsgericht Halle (Westf.) hatte den Angeklagten durch Urteil vom 17. Januar 2003
unter Freisprechung im Übrigen wegen Betruges in sechs Fällen in Tatmehrheit mit
Vereiteln der Zwangsvollstreckung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten
verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Bielefeld durch
Urteil vom 29. April 2004 gemäß § 329 StPO verworfen. In den Urteilsgründen hat die
Kammer u.a. Folgendes ausgeführt:
"Das vorgelegte ärztliche Attest reicht zur Entschuldigung nicht aus. Denn es enthält
nicht die vom Verteidiger angekündigten Angaben über Notwendigkeit und
Unaufschiebbarkeit des vorzunehmenden Eingriffs. Auch eine Nachfrage des Vorsitzenden
bei dem das Attest ausstellenden Arzt hat hierzu keine Kenntnisse erbracht. Aufgrund
dessen ausweichender Antwort und des Verweises auf Dr. S ist die Kammer vielmehr
davon überzeugt, daß der Krankenhausaufenthalt ohne weiteres hätte verschoben werden
können. Eine weitere Nachfrage bei Dr. S erschien deshalb nicht erforderlich, zumal auch
insoweit eine Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht nicht vorliegt."
Mit Schreiben seines Verteidigers vom 14. Mai 2004 legte der Angeklagte gegen das Urteil
Rechtsmittel ein und beantragte zugleich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Den Wiedereinsetzungsantrag hat die XIV. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld durch
Beschluss vom 08.07.2004 rechtskräftig als unbegründet verworfen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat keinen Antrag gestellt.
II.
Die Revision des Angeklagten war gemäß § 349 Abs. 1 StPO bereits als unzulässig zu
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verwerfen. Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 329 Abs. 1 StPO ist nämlich nicht in
einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Form erhoben worden;
die Sachrüge ist ebenfalls unzulässig.
Wird mit der Revision gegen ein gemäß § 329 Abs. 1 StPO ergangenes Verwerfungsurteil
geltend gemacht, dieses gehe zu Unrecht davon aus, dass der Angeklagte nicht genügend
entschuldigt gewesen sei, setzt die Überprüfung der vom Landgericht vorgenommenen
Wertung die Erhebung einer der Vorschrift des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden
Verfahrensrüge voraus (vgl. OLG Hamm VRS 98, 203, 204 m.w.N.; Pfeiffer, StPO, 4. Aufl.,
Rdnr. 12 zu § 329). Diesen Anforderungen wird das Revisionsvorbringen des Angeklagten
nicht gerecht. Zwar ist die Wiedergabe des Urteilsinhalts dann nicht erforderlich, wenn sich
aus dem Verwerfungsurteil selbst ergibt, dass der Angeklagte Entschuldigungsgründe
vorgebracht hatte. Da der Angeklagte vorliegend jedoch offenbar beanstanden will, das
Gericht habe von Amts wegen seiner Aufklärungspflicht entsprechend den Sachverhalt
durch weitere Nachfragen beim Betroffenen oder beim Arzt weiter aufklären müssen, hätte
er im Einzelnen darlegen müssen, aufgrund welcher Anhaltspunkte das Gericht sich weiter
zur Aufklärung hätte gedrängt sehen müssen und mit welchen Beweismitteln welche
Tatsachen aufzuklären waren und insbesondere, welches konkrete Ergebnis die
Bemühungen gehabt hätten. Dem Vorbringen des Angeklagten ist indes nicht zu
entnehmen, dass er sich zum Terminszeitpunkt überhaupt unaufschiebbar einem
stationären Krankenhausaufenthalt unterziehen musste und wie das Gericht diesen
Umstand hätte ermitteln und aufklären können. Die zugrunde liegenden
Verfahrenstatsachen teilt die Revision hierzu nicht mit. Die Revision enthält lediglich die
Wertung des Verteidigers, die Verwerfung der Berufung durch das Landgericht sei
rechtsfehlerhaft gewesen, sowie Ausführungen zur Begründung dieser Wertung.
Soweit dem Revisionsvorbringen auch die Sachrüge zu entnehmen ist, ist diese ebenfalls
unzulässig. Die Sachrüge führt bei einem Verwerfungsurteil nach § 329 StPO lediglich zur
Prüfung, ob Verfahrenshindernisse vorliegen (vgl. Pfeiffer, a.a.O. m.w.N.). Da weder mit der
Sachrüge behauptet wird, das Amtsgericht habe ein Verfahrenshindernis mißachtet, das
bei der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils vorgelegen habe, noch sonst
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ver-fahrenshindernisses bestehen, ist die Sachrüge
ebenfalls unzulässig.
Das Rechtsmittel war mithin gemäß § 349 Abs. 1 StPO zu verwerfen; die Kostenfolge
beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.