Urteil des OLG Hamm vom 02.11.1999

OLG Hamm: geldstrafe, haushalt, erfüllung, hausfrau, rüge, einkünfte, unterhalt, scheidung, alter, datum

Oberlandesgericht Hamm, 2 Ss 699/99
Datum:
02.11.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ss 699/99
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird in den Rechtsfolgenaus-sprü-chen, soweit
die Höhe der Tagessätze auf 30,- DM bezüglich der Angeklagten u und
auf 60,- DM be-züglich des Angeklagten U2 festgesetzt worden sind, mit
den insoweit zugrundeliegenden Feststel-lungen aufgeho-ben.
In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Ent-
scheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an eine andere
Abteilung des Amtsgerichts Herne-Wanne zurück-verwie-sen.
Im übrigen wird die Revision der Angeklagten U verworfen.
G r ü n d e :
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Durch das angefochtene Urteil ist die Angeklagte U wegen Vortäuschens einer Straftat
zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30,- DM und der Angeklagte U2 wegen
vorsätzlichen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 30
Tagessätzen zu je 60,- DM verurteilt worden.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Angeklagten u in vollem Umfang und
die des Angeklagten U2 lediglich im Umfang der Festsetzung der Höhe eines
Tagessatzes.
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Insoweit ergibt sich die Beschränkung der Revision in eindeutiger Weise aufgrund der
sich allein mit dieser Frage befassenden Revisionsbegründung.
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Zur Person der Angeklagten hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:
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"Die Angeklagte U ist mit dem Mitangeklagten U2 verheiratet. Die Angeklagte ist
Hausfrau. Im Haushalt leben noch zwei Kinder im Alter von 13 bzw. 15 Jahren aus
der 1. Ehe der Angeklagten.
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Der Angeklagte U2 arbeitet als Staplerfahrer. Angaben zu seinem Einkommen
macht er nicht."
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Den Rechtsfolgenausspruch bezüglich der Tagessatzhöhen hat das Amtsgericht wie
folgt begründet:
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"Bei der Bemessung der Höhe der Tagessätze ist das Gericht bei der Angeklagten
u einem entsprechenden Unterhaltsanspruch, bei dem Angeklagten U2 dem ihm
verbleibenden Einkommen nach Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtung
gegenüber seiner Ehefrau ausgegangen. Das Gericht hat insoweit geschätzt."
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Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten u war gemäß § 349 Abs. 2
StPO hinsichtlich des Schuldspruchs sowie hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs
bezüglich der Höhe der Geldstrafe (Anzahl der Tagessätze) als offensichtlich
unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der
Revisionsrechtfertigung insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten
ergeben hat.
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Hingegen kann der Rechtsfolgenausspruch bezüglich der Tagessatzhöhe bei beiden
Angeklagten keinen Bestand haben. In diesem Umfang führen die auf die Rüge der
Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils.
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Das Amtsgericht hat die Einkünfte des Angeklagten U2 gemäß § 40 Abs. 3 StGB
geschätzt. Bei einer solchen Schätzung hat das Tatgericht in den Urteilsgründen
darzulegen, warum eine Schätzung erfolgt ist, auf welchen Einzelumständen sie beruht
(Schätzungsgrundlage), und welche Maßstäbe ihr zugrunde liegen. Die Darlegung hat
in einem solchen Umfang zu
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erfolgen, dass sie einer Überprüfung durch das Revisions-
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gericht zugänglich ist (vgl. OLG Düsseldorf StV 1997, 460; Tröndle/Fischer, StGB, 49.
Aufl., § 40 Rdnr. 26 a m.w.N.).
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Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil hinsichtlich beider Angeklagten in
vollem Umfang nicht gerecht.
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Es teilt lediglich mit, der Angeklagte, der keine Angaben zu seinen
Einkommensverhältnissen gemacht habe, sei Staplerfahrer, die Angeklagte sei
Hausfrau und habe noch zwei Kinder aus erster Ehe im Haushalt. Wie das Tatgericht
konkret zu der Tagessatzhöhe von 60,- DM bei dem Angeklagten und von 30,- DM bei
der Angeklagten gelangt, auf welchen - in der Hauptverhandlung wegen der Gewährung
rechtlichen Gehörs zu erörternden - Grundlagen es diese Schätzungen vorgenommen
hat, wird nicht mitgeteilt. Allein die formelhafte Begründung, das Gericht sei von dem
"entsprechenden Unterhaltsanspruch der Angeklagten" und bei dem Angeklagten von
"dem ihm verbleibenden Einkommen nach Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtungen
gegenüber seiner Ehefrau" ausgegangen, ist keine zuverlässige Grundlage für eine
Schätzung, die dem Senat eine Überprüfung ermöglichte. Erörterungs- und
mitteilungsbedürftig wäre etwa auch gewesen, ob die Angeklagte für ihre beiden Kinder
aus erster Ehe noch Unterhalt von anderer Seite bezieht und, falls dies nicht der Fall
oder nicht aufklärbar war, ob dann nicht der Angeklagte insoweit jedenfalls moralisch
auch teilunterhaltsverpflichtet wäre, was insoweit die Tagessatzhöhe beeinflussen
könnte.
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Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil hinsichtlich der Tagessatzhöhe.
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Der Senat kann nicht ausschließen, dass eine den Anforderungen des § 40 Abs. 3 StGB
entsprechende Schätzung zu einem für die Angeklagten günstigeren Ergebnis geführt
hätte.
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Im genannten Umfang war daher das angefochtene Urteil mit den insoweit
zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache an eine andere
Abteilung des Amtsgerichts Herne-Wanne
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(§ 354 Abs. 2 StPO) zurückzuverweisen.
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