Urteil des OLG Hamm vom 05.12.2008

OLG Hamm: treu und glauben, mietvertrag, betriebskosten, ordentliche kündigung, gesellschafter, auflage, feststellungsklage, fälligkeit, nebenkosten, beendigung

Oberlandesgericht Hamm, 30 U 220/07
Datum:
05.12.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
30. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
30 U 220/07
Vorinstanz:
Landgericht Siegen, 8 O 38/07
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. November 2007
verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts
Siegen abge-ändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 70 % und die
Beklagte 30 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung aus diesem
Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Gegner
vor der Vollstreckung Sicher¬heit in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
1
I.
2
Die Klägerin, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts am Rechtsverkehr teilnimmt,
verlangt von der Beklagten Zahlung restlicher Miete und Betriebskosten für das Jahr
2006 nebst Zinsen sowie die Feststellung, dass das Mietverhältnis nicht durch
bestimmte Kündigungserklärungen der Beklagten beendet worden ist. Dem liegt
folgender Sachverhalt zugrunde:
3
Am 20. April/03. Mai 1999 schlossen die Parteien eine "Vereinbarung", wonach die
Klägerin, welche seinerzeit unter der Bezeichnung "GbR C mbH" auftrat, der Beklagten
die ausschließliche Nutzungsmöglichkeit hinsichtlich bestimmter Räume im
Erdgeschoss und im einzigen Obergeschoss des Objekts "C3, U-Straße, ####1 F, für
4
die Zeit vom 01. Mai 1999 bis zum 31. Dezember 2028 einräumte. Es wurde vereinbart,
dass die überlassenen Räumlichkeiten eine Nutzfläche von ca. 30 % der Gesamtfläche
von 1.932 qm = ca. 577 qm haben, ferner dass ein jährliches Entgelt von 52.000,00 DM
zu zahlen ist, das sich aus einem Nutzungsentgelt in Höhe von 38.000,00 DM und
einem festen Betriebskostenzuschuss in Höhe von 14.000,00 DM zusammensetzt. Nach
§ 6 der Vereinbarung kann der Betriebskostenzuschuss u. a. dann angepasst werden,
wenn sich die Energiepreise ändern. Dem Vertrag sind Grundrisspläne des
Erdgeschosses und des Obergeschosses beigefügt (Bl. 14 f. GA). Wegen der weiteren
Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die Anlage zur Klageschrift (Bl. 11 - 15 GA)
verwiesen.
Die Klägerin hatte das Grundstück U, F, im Jahre 1998 erworben. Seinerzeit war es mit
einem ehemaligen Soldatenheim bebaut (Bl. 44; 98; 118 GA). Die Klägerin hatte einen
Teil des Gebäudes U-Straße, F, zum Betrieb einer Gaststätte verpachtet. Die Beklagte
wollte den an sie vermieteten Teil des Mietobjekts u. a. für Veranstaltungen nutzen und
hoffte, dass sie das Mietobjekt für Feierlichkeiten etc. untervermieten und so einen Teil
der Miete refinanzieren konnte (Bl. 17 GA). Dies gelang jedoch nur bis zum Jahre 2003;
im Juli 2003 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit dem Pächter der Gaststätte
"C4" fristlos wegen Zahlungsverzuges (Bl. 67/107 GA). Seitdem wird in dem in Rede
stehenden Gebäude keine Gastronomie mehr betrieben.
5
Mit Schreiben vom 10. August 2005 bat die Beklagte darum, dass die Klägerin einer
Aussetzung der Nutzungsvereinbarung für die Zeit vom 01. Juli bis zum 31. Dezember
2005 zustimmte, was auch geschah (Bl. 4; 16 - 18 GA); außerdem bat sie um Erteilung
der Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2003 und 2004 (Bl. 18 GA). Mit weiterem
Schreiben vom 21. Oktober 2005 bestätigte die Beklagte, dass sie ab dem 01. Januar
2006 wieder in die bis zum 31. Dezember 2005 ausgesetzte Nutzungsvereinbarung
eintreten werde (Bl. 19 GA).
6
Mit Schreiben vom 29. Juni 2006 erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung des
Mietverhältnisses unter Berufung darauf, dass die Schriftform nicht eingehalten sei (Bl.
20 GA). Dieses Kündigungserklärung ging der Klägerin am 30. Juni 2006 zu
(Eingangsstempel Bl. 20 GA; Bl. 61 GA). Mit Anwaltsschreiben vom 05. Juli 2006
widersprach die Klägerin der Kündigung (Bl. 21 ff. GA). Mit Anwaltsschreiben vom 10.
Juli 2006 begründete die Beklagte ihre Auffassung, warum die Schriftform nicht
eingehalten sei (Bl. 25 ff. GA).
7
Am 22. August 2006 schlossen die Parteien, vertreten durch ihre Anwälte, einen
Zwischenvergleich über das Nutzungsentgelt einschließlich der Betriebskosten für das
Jahr 2006. In dem Zwischenvergleich ist u. a. Folgendes geregelt:
8
"Die Gemeinde F [die Beklagte ] zahlt 50 % des von Ihrer Mandantschaft [der Klägerin]
für 2006 mit 19.429,09 EUR berechneten Nutzungsentgelts und 50 % der von Ihrer
Mandantschaft [der Klägerin] für 2006 mit 9.000,00 EUR berechneten
Nebenkostenpauschale. Etwaige Ansprüche auf Zahlung der restlichen 50 % und
etwaige Ansprüche auf Rückzahlung der gemäß dieser Vereinbarung gezahlten 50 %
werden fällig mit Abschluss einer Vereinbarung zu dem strittig gebliebenen Punkt der
Beendigung der Nutzungsvereinbarung zum 31.12.2006 bzw. mit einer gerichtlichen
Klärung zu diesem Punkt."
9
Wegen des weiteren Inhalts des Zwischenvergleichs wird auf die Anlage K 9 zur
10
Klageschrift (Bl. 38 f. GA) Bezug genommen.
Vor Abschluss des Zwischenvergleichs bestand Streit zum einen über die Höhe des
Nutzungsentgelts und der Nebenkosten für das Jahr 2006 (Bl. 38 GA) und zum anderen
darüber, ob durch die Kündigungserklärung der Beklagten vom 29. Juni 2006 das
Mietverhältnis beendet worden ist. Die Beklagte hatte die Höhe des Nutzungsentgelts
und des Betriebskostenzuschusses mit der Begründung bestritten, sie könne die
Räumlichkeiten nicht mehr ordnungsgemäß nutzen, nachdem der Pächter ausgezogen
sei und auch Mängel jedenfalls an der Toilettenanlage, am Dach und an der
Heizungsanlage aufgetreten seien (Bl. 16 GA).
11
In der Klageerwiderungsschrift vom 27. August 2007, zugegangen den
Beklagtenvertreter am 10. September 2007 (Bl. 75 GA), erklärte die Beklagte erneut die
Kündigung des Mietverhältnisses (Bl. 66/68 GA). Sie berief sich auf einen Wegfall der
Geschäftsgrundlage, weil das Mietobjekt seit Juli 2003 nicht mehr gastronomisch
genutzt werde, sie ihre Miete nicht mehr - zum Teil - durch eine Untervermietung
refinanziere könne (Bl. 66/68 GA) und daher auch der Betriebskostenzuschuss nicht
mehr in der vereinbarten Höhe gerechtfertigt sei (Bl. 130 f. GA).
12
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, durch die Kündigungserklärungen der
Beklagten sei das Mietverhältnis nicht beendet worden. Insbesondere sei die
Kündigungserklärung vom 29. Juni 2006 unwirksam, da der Mietvertrag bis zum
31. Dezember 2028 fest geschlossen worden sei. Ein Verstoß gegen die Schriftform
liege nicht vor.
13
Der Zahlungsanspruch sei fällig; einer Verzinsung des Anspruchs stehe der
Zwischenvergleich vom 22. August 2006 nicht entgegen (Bl. 88 GA).
14
Die Klägerin hat beantragt,
15
die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.214,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Juli 2006 zu zahlen;
16
festzustellen, dass der zwischen den Parteien unter dem 20. April 1999/03. Mai
1999 abgeschlossene Mietvertrag über Räumlichkeiten im "C3, U-Straße,
####1 F, nicht durch die Kündigungserklärung der Beklagten vom 29. Juni 2006
zum 31. Dezember 2006 beendet worden ist, sondern bis zum 31. Dezember
2028 fortbesteht.
17
Die Beklagte hat beantragt,
18
die Klage abzuweisen.
19
Sie hat die Auffassung vertreten, der Feststellungsantrag sei so, wie er gestellt worden
sei, unzulässig. Niemand könne vorhersehen, ob der Mietvertrag bis zum Ende des
Jahres 2028 fortbestehe.
20
Jedenfalls aber sei das Mietverhältnis durch die Kündigungserklärung vom 29. Juni
2006 mit Wirkung zum 31. Dezember 2006 beendet worden. Die Beklagte sei zur
ordentlichen Kündigung berechtigt gewesen, da die Schriftform des Mietvertrages nicht
gewahrt sei. Insbesondere sei die Person des Vermieters nicht hinreichend bestimmbar,
21
weil die Klägerin den Mietvertrag unter der unzulässigen Bezeichnung "GbR C GmbH"
abgeschlossen habe und nicht erkennbar sei, wer sich hinter dieser Bezeichnung
verberge. Zudem habe der Unterzeichner auf Seiten der Klägerin nicht deutlich
gemacht, dass er zugleich im Namen der übrigen Gesellschafter unterzeichnet habe.
Auch die Mieträume seien nicht hinreichend bestimmbar bezeichnet. So ergebe sich
aus dem Vertrag nicht, dass auch der Eingangsbereich und die Toilettenanlagen im
Erdgeschoss sowie das so genannte Großinventar mitvermietet worden seien. Zudem
seien aus anderen Gründen die Schriftform nicht eingehalten; insoweit wird auf die
Klageerwiderungsschrift vom 27. August 2007 (Bl. 54 ff. GA) verwiesen.
Der Zahlungsanspruch sei jedenfalls noch nicht fällig. Nach dem Zwischenvergleich
vom 22. August 2006 trete die Fälligkeit erst ein mit dem Abschluss einer Vereinbarung
über die Beendigung der Nutzungsvereinbarung zum 31. Dezember 2006 oder mit einer
gerichtlichen Klärung zu diesem Punkt. Deshalb seien auch keine Zinsen zu zahlen.
22
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, wobei es hinsichtlich der
Feststellungsklage ausgesprochen hat, dass der Mietvertrag nicht durch die
Kündigungserklärungen der Beklagten vom 29. Juni 2006 oder 27. August 2007
beendet worden ist, sondern fortbesteht. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
Folgendes ausgeführt:
23
Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von
Nutzungsentgelt für das Jahr 2006 in Höhe von 14.214,50 EUR nebst Zinsen aus dem
Zwischenvergleich vom 22. August 2006. Danach hätten die Parteien vereinbart, dass
die Beklagte die restlichen 50 % des Nutzungsentgelts für das Jahr 2006 nach einer
abschließenden Einigung der Parteien oder einer gerichtlichen Klärung zahle. In der
Vereinbarung sei keine Stundung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung zu sehen; in
dem Zwischenvergleich sei die Zahlung der restlichen Nebenkosten lediglich von einer
gerichtlichen Klärung der Fortsetzung der Nutzungsvereinbarung abhängig gemacht
worden, die in diesem Prozess erfolge.
24
Die Feststellungsklage sei zulässig und begründet. Der Feststellungsantrag sei
lediglich darauf gerichtet, festzustellen, ob durch die beiden Kündigungserklärungen der
Beklagten das Vertragsverhältnis beendet worden sei. Das sei aber nicht der Fall. Die
ordentliche Kündigung vom 29. Juni 2006 sei unwirksam, weil die
Nutzungsvereinbarung vom 20. April 1999/03. Mai 1999 formwirksam, nämlich in
Schriftform, für die Dauer bis zum 31. Dezember 2028 geschlossen worden sei. Die
Kündigungserklärung vom 27. August 2007 wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage
greife ebenfalls nicht durch.
25
Wegen der weiteren Urteilsbegründung und der weiteren Einzelheiten des Sach- und
Streitstands in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 152 ff. GA) verwiesen.
26
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung unter Wiederholung und
Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie macht geltend:
27
Der Feststellungsantrag sei, so wie er gestellt worden sei, unzulässig. Das Landgericht
habe den letzten Teilsatz - "sondern bis zum 31. Dezember 2028 fortbesteht" - schlicht
fallen gelassen, ohne dass zuvor ein geänderter Feststellungsantrag gestellt worden
sei. Zudem habe das Landgericht unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO festgestellt,
dass das Mietverhältnis auch nicht durch die Kündigungserklärung vom 27. August
28
2008 beendet worden sei.
Der Feststellungsantrag sei aber auch unbegründet. Die Schriftform des § 550 BGB sei
nicht gewahrt, und zwar insbesondere deshalb nicht, weil nur ein Gesellschafter der
Klägerin den Mietvertrag unterschrieben habe, und zwar ohne dass zum Ausdruck
gekommen sei, dass er zugleich für den anderen Gesellschafter tätig geworden sei.
Ferner sei das Mietobjekt nicht hinreichend bestimmbar bezeichnet worden. Zudem
seien die Betriebskosten seit Beginn des Vertragsverhältnisses entgegen der
Vereinbarung vom 20. April/03. Mai 1999 abgerechnet worden.
29
Jedenfalls sei durch die Kündigungserklärung vom 27. August 2007, die auf einen
Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützt worden sei, das Mietverhältnis mittlerweile
beendet worden.
30
Schließlich sei der Zahlungsanspruch zurzeit noch nicht fällig. Das Landgericht habe
den Zwischenvergleich vom 23. August 2006 fehlerhaft ausgelegt. Zweck des
Zwischenvergleichs sei gewesen, dass die Frage, ob und in welcher Höhe ein
Nutzungsentgelt, insbesondere der darin enthaltene Betriebskostenzuschuss, noch zu
zahlen sei, erst dann habe geklärt werden sollen, wenn über den (fehlenden)
Fortbestand des Mietvertrages Gewissheit bestehe; bis dahin habe der etwaige
Restbetrag gestundet werden sollen (Bl. 186 f. GA).
31
Nachdem die Klägerin in zweiter Instanz den auf die Nebenkosten rechnerisch noch
offen stehenden Betrag in Höhe von insgesamt 14.214,50 EUR in Teilbeträgen von
9.714,54 EUR und 4.500,00 EUR am 29. Oktober 2008 (Bl. 332/333 GA) und am
24. November 2008 (354 GA) gezahlt hat, haben die Parteien den Rechtsstreit in der
Hauptsache in Höhe von insgesamt 14.214,50 EUR übereinstimmend für erledigt erklärt
(Bl. 356 f./332 f./354/345 GA).
32
Im Übrigen beantragt die Beklagte,
33
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Siegen vom 27. November 2007
die Klage abzuweisen.
34
Die Klägerin beantragt im Übrigen,
35
die Berufung zurückzuweisen.
36
Sie verteidigt das Urteil mit näheren Ausführungen.
37
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in dieser Instanz wird auf
die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen; diese sind Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gewesen.
38
Der Senat hat zu Informationszwecken die Akten 8 O 44/08 LG Siegen beigezogen;
diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewesen.
39
II.
40
Die zulässige Berufung des Beklagten ist, soweit über sie nach den übereinstimmenden
Teilerledigterklärungen noch zu entscheiden ist, begründet.
41
A.
42
Feststellungsklage
43
Die Feststellungsklage ist zulässig, aber unbegründet.
44
I.
45
Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) zu klären, ob durch die
Kündigungserklärungen vom 29. Juni 2006 oder 27. August 2007 das Vertragsverhältnis
beendet worden ist.
46
1.
47
Der Streit darüber, ob eine bestimmte Kündigung ein Mietverhältnis beendet hat,
begründet ein ausreichendes Interesse an der umfassenden Feststellung, dass das
Mietverhältnis noch besteht (vgl. nur BGH NJW 2000, 354, 365; Musielak/ Forste, ZPO,
6. Auflage 2008, § 256 Rn. 27). So war der Feststellungsantrag auch gemeint; dies hat
die Klägerin in der Berufungsinstanz klar gestellt (vgl. auch Seite 2 f. der
Berufungserwiderung vom 25. März 2008, Bl. 203/204 GA).
48
2.
49
Soweit die Beklagte beanstandet, dass das Landgericht auch festgestellt hat, dass das
Vertragsverhältnis auch nicht durch die Kündigungserklärung vom 27. August 2008
beendet worden ist, und es damit mehr als beantragt zugesprochen hat (§ 308 Abs. 1
ZPO), hat die Klägerin sich diese Klageerweiterung jedenfalls durch den Antrag auf
Zurückweisung der Berufung zu eigen gemacht (vgl. dazu nur Zöller/
50
Vollkommer, ZPO, 26. Auflage 2007, § 308 Rn. 7 m. w. N.).
51
II.
52
Die Feststellungsklage ist auch begründet.
53
Durch die Kündigungserklärung vom 29. Juni 2006, der Beklagten zugegangen am 30.
Juni 2006, ist das Mietverhältnis zwischen den Parteien mit Wirkung zum 31. Dezember
2006 beendet worden. Die Beklagte konnte das Mietverhältnis ordentlich mit Wirkung
zum 31. Dezember 2006 (§ 580 a Abs. 2 BGB) kündigen, weil der Mietvertrag nicht der
Schriftform (§ 126 BGB) genügt und mithin als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt (§§
578, 550 BGB). Dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Vertrag (Bl. 11 ff. GA) um
einen Mietvertrag im Sinne der §§ 535 ff. BGB handelt, ziehen beide Parteien - zu Recht
- nicht in Zweifel.
54
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Schriftform im Sinne von §§
126, 550 BGB nur gewahrt, wenn sich alle wesentliche Vertragsbedingungen,
insbesondere Mietgegenstand, Höhe der Miete, Dauer und Parteien des
Mietverhältnisses aus der Urkunde ergeben (vgl. nur BGH NJW 2008, 2178, 2179; BGH
NJW 2006, 140; Lindner-Figura, in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann,
Geschäftsraummiete, 2. Auflage 2008, Kap. 6 Rn. 22 ff.).
55
§ 550 BGB will nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung in erster Linie sicher
stellen, dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des
Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt (§ 566
Abs. 1 BGB), dessen Bedingungen aus dem schriftlichen Vertrag ersehen kann (vgl.
BGH NJW 2008, 2178; BGH NJW 2003, 1248, 1249; BGH NJW 1998, 58, 61). Zudem
dient die Schriftform des § 550 BGB dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch
zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien sicherzustellen und diese vor der
unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schätzen (vgl. nur BGH NJW 2008,
2178, 2179 m. w. N.).
56
1.
57
Gemessen an diesen Grundsätzen ist nach Auffassung des Senats die Schriftform des
Mietvertrages nicht gewahrt, weil sich aus der Vertragsurkunde der Mietgegenstand
nicht hinreichend bestimmbar ergibt.
58
In § 1 des Mietvertrages sind bestimmte Räume im Erdgeschoss ("Festsaal mit Bühne,
Requisitenlager, Umkleideräume") und der Projektraum im ersten und einzigen
Obergeschoss des Mietobjekts (vgl. Bl. 242 GA) vermietet worden. Diese Räume haben,
wie unstreitig geblieben ist und sich auch aus den dem Mietvertrag anliegenden Plänen
ergibt (vgl. die Vergrößerung des Planes betr. das Erdgeschoss, Anlage B 10, Bl. 297
GA), eine Gesamtgröße von rund 370 qm, maximal 374 qm (Seite 4 des Schriftsatzes
der Beklagtenvertreter vom 24. Oktober 2008, Bl. 279 GA, nebst Anlage B 10, Bl. 297
GA). Im Mietvertrag ist indessen angegeben, dass diese Räume rund 30 % der
Gesamtfläche des Mietobjekts von 1.923 qm (= 576,9 qm) ausmachen und mithin eine
Größe von insgesamt ca. 577 qm aufweisen.
59
Hiernach ist es - auch unter Hinzuziehung der im Mietvertrag erwähnten "beiliegenden
Pläne" (Bl. 14 f. GA) - für einen potentiellen Grundstückserwerber nicht hinreichend
sicher bestimmbar, welche einzelnen Räume (mit-) vermietet worden sind. Dies betrifft
insbesondere solche Räume wie das "Requisitenlager" und die - zahlenmäßig nicht
bezifferten - "Umkleideräume" (Bl. 11 GA), die anders als die Bühne und womöglich
auch der Projektraum nicht ohne weiteres aufgrund ihrer Anordnung, Ausgestaltung
oder Lage hinreichend deutlich von den anderen Räumen unterscheidbar sind.
Vorliegend handelt es sich auch nicht lediglich um einen offensichtlichen Rechenfehler
(mit ganz geringen Auswirkungen) oder um einen "Zahlendreher" bei der Ermittlung der
Gesamtfläche, so dass auch ein potentieller Erwerber aufgrund des Mietvertrages (nebst
anliegenden) Plänen unschwer erkennen könnte, welche konkreten Räume (mit-)
vermietet worden sind. Hiernach stellt sich für einen potentiellen Erwerber insbesondere
die Frage, ob bestimmte Gemeinschaftsflächen wie Foyer oder Toilettenanlagen
mitvermietet und daher bei der Berechnung der gemieteten Nutzfläche mitberücksichtigt
worden sind.
60
Angesichts dessen ist der schriftliche Mietvertrag (nebst beiliegenden Plänen) auch
nicht geeignet, sicher zu beweisen, was Mietgegenstand ist, insbesondere ob weitere
Räume, die bei der Ermittlung der Gesamtfläche in bestimmter Weise berücksichtigt
worden sind, mitvermietet worden sind. Dies belegt auch der erstinstanzliche Streit der
Parteien darüber, ob die Toilettenanlagen mitvermietet worden sind.
61
Hiernach ist der Senat der Auffassung, dass der Mietgegenstand anhand der Urkunde
62
nicht sicher bestimmbar ist.
2.
63
Letztlich kann aber offen bleiben, ob sich aus der Vertragsurkunde der Mietgegenstand
hinreichend bestimmbar ergibt. Die Schriftform des Mietvertrages (§§ 578, 550 BGB) ist
jedenfalls deshalb nicht gewahrt, weil die Parteien hinsichtlich des geschuldeten
Betriebskosten mündlich eine von §§ 4, 6 des Mietvertrages abweichende Vereinbarung
getroffen haben. Auch bei der Änderung oder Ergänzung eines Mietvertrages ist die
Schriftform des § 550 BGB grundsätzlich genauso einzuhalten wie beim ursprünglichen
Vertragsschluss. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Änderungen oder
Ergänzungen für die Parteien wesentliche Punkte betreffen (vgl. nur Lindner-Figura, in:
Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, a. a. O., Kap. 6 Rn. 63). Ist hinsichtlich solcher
wesentlicher Änderungen oder Ergänzungen die Schriftform nicht gewahrt, sind auch
sämtliche vorangegangenen Vereinbarungen formunwirksam (vgl. Lindner-Figura, in:
Lindner-Figura/Oprée/ Stellmann, a. a. O., Kap. 6 Rn. 76 m. w. N.). Ein etwaiger
Schriftformmangel ist von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. nur OLG Düsseldorf
NZM 2005, 823).
64
Nach §§ 4, 6 des Mietvertrages vom 20. April 1999/03. Mai 1999 ist, wie die
Klägervertreter auf Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 17. November 2008 eingeräumt
haben (Bl. 335 GA) und die Gesellschafter X und X2 im zweiten Senatstermin auch nicht
in Abrede gestellt haben, ein fester Betriebskostenzuschuss vereinbart worden. Dieser
feste Betriebskostenzuschuss sollte nur unter bestimmten Bedingungen, z.B. bei einer
Änderung der Energiepreise, angepasst werden, und zwar in der Weise, dass weiterhin
ein fester Betriebskostenzuschuss geschuldet ist, und zwar unabhängig von dem
Verbrauch (vgl. §§ 4, 6 des Mietvertrages). Diese Vereinbarung haben die Parteien
mündlich abgeändert. Dies ergibt sich aus Folgendem:
65
Aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 1999 bis einschließlich 2006
(Bl. 288 ff. GA; vgl. ferner Bl. 28; 36 GA), die unstreitig von der Klägerin stammen und
deren Inhalt ebenfalls unstreitig ist, ergibt sich, dass die Parteien abweichend von §§ 4,
6 des Mietvertrages entweder sofort bei Beginn des Mietverhältnisses oder kurze Zeit
später jedenfalls konkludent vereinbart haben, dass die Betriebskosten fortan konkret
unter Berücksichtigung der von der Beklagten angemieteten Fläche abzurechnen sind
und der im Vertrag genannte Betriebskostenzuschuss nunmehr nur noch eine
Vorauszahlung sein soll. Dies hat die Klägerin auch in dem Schriftsatz vom 17.
November 2008 (Bl. 336; 338; 339; 340 GA) auch mit der Einschränkung eingeräumt,
dies sei erst "nach einigen Jahre der Handhabung des vereinbarten
Abrechnungssystems bezüglich des Nutzungsentgelts und des
Betriebskostenzuschusses" geschehen, und zwar weil die Beklagte eine solche
Abrechnungsweise als gerechter angesehen habe (Bl. 336 GA). Letzteres ist aber
ausweislich der unstreitigen Betriebskostenabrechnungen, die von der Klägerin selbst
stammen, widerlegt; danach sind die Betriebskosten bereits mit Wirkung ab dem Jahr
1999 konkret unter Berücksichtigung der von der Beklagten angemieteten Fläche
abgerechnet worden.
66
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt hiernach eine zumindest konkludente
Vertragsänderung vor mit der Folge, dass die Klägerin ohne erneute
Abänderungsvereinbarung mit der Beklagten, zu der es aber nicht gekommen ist, nicht
wieder zur alten Abrechnungsweise gemäß §§ 4, 6 des Mietvertrages übergehen darf.
67
Die geänderte Abrechnung der Betriebskosten betrifft auch den wesentlichen
Vertragsinhalt. Es liegt auf der Hand, dass der Wechsel von einem festen
Betriebskostenzuschuss zu einer konkreten Berechnung unter Berücksichtigung der
Mietfläche erhebliche Auswirkungen auf die Höhe der Gesamtmiete haben kann und
daher jedenfalls für eine der Vertragsparteien mit einer erheblichen Belastung
verbunden sein.
68
Den Klägervertretern ist auf ihren Antrag (Bl. 357 GA) keine Schriftsatzfrist dazu
gewähren, ob die Beklagte in Übereinstimmungen mit den von der Klägerin
stammenden Betriebskostenabrechnungen ab dem Jahre 1999 auch tatsächlich die
geforderten Nachzahlungsbeträge für die Jahre 1999, 2000, 2001, 2004, 2005 und 2006
geleistet hat und ob Erstattungen für die Jahre 2002 und 2003 erfolgt sind (vgl. Bl. 288 ff.
GA). Die diesbezügliche Behauptung des Klägervertreters, es sei weiterhin nur der im
Mietvertrag genannte feste Betriebskostenzuschuss gezahlt worden, die in den
Betriebskostenabrechnungen ausgewiesenen Nachzahlungsbeträge und
Guthabenbeträge seien ohne jede Bedeutung, ist jedenfalls durch die späteren
Erklärungen der Gesellschafter der Klägerin im letzten Senatstermin überholt. Diese
haben bei ihrer persönlichen Anhörung nämlich Folgendes angegeben:
69
Der Gesellschafter Heiko X hat zunächst erklärt, die Betriebskostenabrechnungen seien
quasi nur pro forma erstellt worden, nämlich um der Beklagten die Höhe der
Betriebskosten transparent zu machen. Später hat der Gesellschafter X2 erklärt, es sei
richtig, dass in den ersten drei Jahren der Mietzeit ein fester Betriebskostenzuschuss
gezahlt worden sei, dieser feste Betriebskostenzuschuss sei aber nach Ablauf der
ersten drei Jahre allein im Hinblick auf die Anpassungsklausel in § 6 des Mietvertrages
(Bl. 12 GA) geändert worden. Die Betriebskostenabrechnungen für die weiteren Jahre
würden allein darauf beruhen, dass nach § 6 des Mietvertrages die Anpassung an die
geänderte Verhältnisse vollzogen worden sei. Nur deshalb hätten sich die Änderungen
ergeben. Dem hat sich der Gesellschafter X dann angeschlossen.
70
Hiernach sind die Betriebskosten auf der Grundlage der eigenen
Betriebskostenabrechnungen der Klägerin (Bl. 288 ff. GA und Bl. 40 ff. Beiakte 8 O
44/08 LG Siegen) abgerechnet worden. Daraus folgt weiterhin, dass gerade keine
Anpassung des Betriebskostenzuschusses nach § 6 des Mietvertrages (Bl. 12 GA) in
der Weise erfolgt ist, dass ab einer bestimmten Änderung z. B. der Energiepreise der
feste Betriebskostenzuschuss um einen bestimmten Betrag erhöht wird und weiterhin
ein fester Betriebskostenzuschuss geschuldet ist. Vielmehr ergibt sich aus den eigenen
Betriebskostenabrechnungen der Klägerin (Bl. 288 ff. GA und Bl. 40 ff. Beiakte
8 O 44/08 LG Siegen), dass die Betriebskosten ab dem Jahre 1999 durchgehend
konkret unter Berücksichtigung der von der Beklagten angemieteten Fläche berechnet
worden sind. Hinzu kommt, dass auch ist im letzten Senatstermin unstreitig geblieben
ist, dass die Beklagte zu keiner Zeit Anschreiben erhalten hat, in denen dargelegt
worden ist, dass sich z. B. die Energiepreise in bestimmter Höhe geändert haben und
deshalb der Betriebskostenzuschuss auf einen bestimmten neuen festen Betrag
anzupassen ist. Zudem haben die Gesellschafter X und X2 nicht erklären können,
warum die Klägerin noch in dem Rechtsstreit 8 O 44/08 LG Siegen die Betriebskosten
für die Jahre 2006 und 2007 konkret unter Berücksichtigung der von der Beklagten
angemieteten Fläche abgerechnet hat.
71
Nach alledem stellt sich nicht mehr die Frage, ob die erstmals im letzten Senatstermin
72
aufgestellte Behauptung, es sei entgegen den eigenen Betriebskostenabrechnungen
der Klägerin keine Abänderung der vertraglichen Vereinbarung erfolgt und weiterhin nur
eine feste Pauschale geleistet worden, verspätet und mithin nicht zuzulassen ist.
3.
73
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt in der Aussetzungsvereinbarung aus dem
Jahre 2005 keine formwirksame Neuvornahme des Mietvertrages im Sinne von § 141
BGB.
74
§ 141 BGB greift hier schon deshalb nicht ein, weil die fehlende Schriftform nicht zur
Unwirksamkeit des Mietvertrages führt, sondern lediglich dazu, dass der Mietvertrag auf
unbestimmte Zeit abgeschlossen ist (vgl. nur BGH NJW 2007, 3203 - freilich zur
salvatorischen Klausel). Zudem muss auch bei der Neuvornahme die vorgeschriebene
Form (hier: § 126 BGB) gewahrt sein (vgl. nur Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Auflage
2008, § 141 Rn. 4); das ist hier aber nicht der Fall.
75
4.
76
Die Berufung auf den Schriftformmangel verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben (§
242 BGB).
77
Grundsätzlich darf sich jede Vertragspartei auch noch Jahre nach Abschluss des
Mietvertrages darauf berufen, dass die für den langfristigen Mietvertrag vorgesehene
Form nicht eingehalten ist. Dies gilt selbst dann, wenn sich die betreffende
Vertragspartei - wie hier - nur von einem lästig gewordenen Mietvertrag lösen möchte;
ein solches Verhalten ist in der Regel weder treuwidrig noch arglistig. Nur ganz
besondere Umstände können im Einzelfall den Einwand unzulässiger Rechtsausübung
begründen mit der Folge, dass die Kündigung des Mietvertrages unzulässig ist; dies gilt
etwa dann, wenn die andere Vertragspartei die Nachholung der Schriftform verlangen
kann oder die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses zu einem schlechthin
untragbaren Ergebnis führen würde, z.B. zu einer Existenzgefährdung des
Vertragspartners (vgl. Lindner-Figura, in: Lindner-Figura/ Oprée/Stellmann, a. a. O., Kap.
6 Rn. 97 f.). Hiernach gilt im Streitfall Folgendes:
78
a)
79
Aus der salvatorischen Klausel in § 8 des Mietvertrages, wonach die Unwirksamkeit
einer Bestimmung die Wirksamkeit der Vereinbarung im Übrigen nicht berührt, hat die
Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Nachholung der Schriftform. Die
salvatorische Klausel erfasst den Fall der fehlenden Schriftform des Mietvertrages nicht.
Es bedarf von vornherein keiner Erhaltung eines von der Unwirksamkeit gemäß § 139
BGB bedrohten Restvertrages, weil die fehlende Schriftform nicht zur Unwirksamkeit
des Mietvertrages führt, sondern lediglich dazu, dass der Mietvertrag für unbestimmte
Zeit abgeschlossen ist (vgl. zu alledem nur BGH NJW 2007, 3203). Ferner knüpft eine
Ersetzungsklausel – wie sie hier in § 8 Satz 2 des Mietvertrages formuliert ist – an die
Fälle an, in denen eine Klausel endgültig unwirksam ist und deshalb durch eine gültige
sinngemäße Klausel ersetzt werden soll.
80
Auch ist bislang nichts dafür vorgetragen und auch ansonsten nichts dafür ersichtlich,
dass die Parteien bei Abschluss des ersten Mietvertrages vereinbart haben, dass eine
81
Pflicht zur Einhaltung der Schriftform besteht (vgl. Palandt//Weidenkaff, BGB, 67.
Auflage 2008, § 550 Rn. 9, 12). Schließlich ergibt sich auch aus ergänzender
Vertragsauslegung (§§ 133, 157, 242 BGB) kein Anspruch der Klägerin auf Nachholung
der Schriftform; dafür lassen sich dem Mietvertrag keine hinreichenden Anhaltspunkte
entnehmen.
b)
82
Ein Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) würde auch dann nicht vorliegen,
wenn die Beklagte aus Gründen der Gerechtigkeit andere Abrechnungsweise
gewünscht haben sollte, wie die Klägerin in dem Schriftsatz vom 17. November 2008
behauptet hat. Zugunsten der Klägerin kann diese Behauptung als wahr unterstellt
werden.
83
Allerdings liegt es nahe, dass - unterstellt man diese Behauptung als wahr - die
Beklagte diese Regelung seinerzeit gewollt haben mag, weil sie geglaubt hat, eine
solche Abrechnung sei für sie günstiger als ein fester Betriebskostenzuschuss in Höhe
von 14.000,00 DM. Jedoch ist es im Streitfall so, dass sich diese Abänderung nicht nur
zu ihrem Vorteil, sondern - jedenfalls auch - zu ihrem Nachteil ausgewirkt hat.
Ausweislich der Betriebskostenabrechnungen ab dem Jahre 1999 musste die Beklagte
in den Jahren 1999, 2000, 2001, 2004, 2005 und 2006 sogar Nachzahlungen erbringen
(Bl. 288 ff. GA). Hiernach liegt mithin gerade nicht der Fall vor, dass die abgeänderte
Regelung zur Zahlung der Betriebskosten einseitig zum Vorteil der Vertragspartei war,
die sich später auf den Formmangel berufen hat (vgl. OLG Düsseldorf ZMR 2005, 705;
Lindner-Figura, in: Lindner-Figura/ Oprée/Stellmann, a. a. O., Kap. 6 Rn. 97). Zudem war
bei Äußerung des - unterstellten - Wunsches der Beklagten keineswegs gewiss, zu
wessen Lasten sich die geänderte Abrechnung der Betriebskosten auswirken würde.
84
Soweit zum Teil vertreten wird, es sei schon dann treuwidrig, sich auf den Schriftform zu
berufen, wenn der Kündigende ohne schuldhaftes Handeln objektiv den
Schriftformmangel herbeigeführt hat (vgl. OLG Köln OLG-Report 2005, 55; OLG Köln
GuT 2005, 153; a. A. BGH NJW 1977, 2072), folgt der Senat dem nicht. Dies steht nicht
in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 1977, 2072 - freilich für
notarielle Urkunden). Zudem hätte im Streitfall die geschäftlich erfahrene Klägerin, die
gewerblich vermietet (vgl. Bl. 143 ff. GA), jedenfalls auf eine schriftliche Fixierung der
Abänderungsvereinbarung drängen müssen.
85
d)
86
Dafür, dass die Beklagte die Klägerin gleichsam arglistig von der Wahrung der
Schriftform abgehalten hat, hat die Beklagte, wie im letzten Senatstermin erörtert, keine
konkreten Tatsachen vorgetragen und ist auch ansonsten nichts ersichtlich.
87
Hier ist es vielmehr so, dass beide Parteien schlicht die Fixierung der mündlichen
Abänderungsvereinbarung hinsichtlich der Betriebskosten vergessen haben.
88
e)
89
Ferner ist die Berufung auf den Formmangel auch nicht deshalb treuwidrig, weil die
Klägerin sich im Jahr 2005 mit der Aussetzung des Mietvertrages für eine halbes Jahr
bereit erklärt hat (Bl. 19 GA).
90
f)
91
Schließlich verstößt die Berufung auf den Formmangel auch nicht deshalb gegen Treu
und Glauben, weil der Erwerb der Immobilie durch die Klägerin womöglich auch im
Interesse der Beklagten war (vgl. das Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 05.
November 1997, Bl. 113 GA). Wie in beiden Senatsterminen erörtert, ist nichts dafür
vorgetragen und auch ansonsten nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin gerade im
Hinblick auf das Mietverhältnis mit der Beklagten erhebliche kostenträchtige
Aufwendungen vorgenommen haben und deshalb in eine existenzgefährdende Lage
geraten ist. So haben die Gesellschafter der Klägerin auf Nachfrage im letzten
Senatstermin erklärt, dass die in der Projektstudie (Bl. 298 ff. GA) genannten
Maßnahmen - z. B. die Erneuerung der Heizungsanlage - jedenfalls so nicht ausgeführt
worden seien.
92
5.
93
Auf die Wirksamkeit der Kündigungserklärung vom 27. August 2007 (Bl. 66/68 GA)
kommt es nicht mehr an; das Mietverhältnis ist bereits durch die Kündigungserklärung
vom 29. Juni 2006 mit Wirkung zum 31. Dezember 2006 beendet worden.
94
B.
95
Zahlungsklage
96
Nachdem die Beklagte den Hauptsachebetrag in voller Höhe gezahlt hat und die
Parteien insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit übereinstimmend für
erledigt erklärt haben, ist hinsichtlich des Zahlungsantrages nur noch darüber zu
entscheiden, ob der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen
ab dem 01. Juli 2006 zusteht. Dies ist aber nicht der Fall.
97
Allerdings haben die Parteien in § 4 des Mietvertrages vom 20. April 1999/03. Mai 1999
vereinbart, dass das Nutzungsentgelt einschließlich des Betriebskostenzuschusses bis
zum 30. Juni eines jeden Jahres zu zahlen ist (Bl. 12 GA). Jedoch ist diese
Vereinbarung durch den Zwischenvergleich vom 22. August 2006 (Bl. 38 f. GA)
abgeändert worden. Darin haben die Parteien, vertreten durch ihre Anwälte, vereinbart,
dass der Anspruch auf Zahlung des restlichen Nutzungsentgelts für das Jahr 2006 erst
"fällig wird mit Abschluss einer Vereinbarung zu dem strittig gebliebenen Punkt der
Beendigung der Nutzungsvereinbarung zum 31.12.2006 bzw. mit einer gerichtlichen
Klärung zu diesem Punkt" (Bl. 39 GA). Hiernach ist die Fälligkeit in der Weise
hinausgeschoben worden, dass das restliche Nutzungsentgelt (einschließlich
Nebenkosten) für das Jahr 2006 frühestens mit einer entsprechenden Vereinbarung der
Parteien oder mit einer Entscheidung des Senats, wenn nicht sogar erst mit Rechtskraft
einer gerichtlichen Entscheidung, zu zahlen ist.
98
Sieht man in der - vollständigen - Zahlung des Restbetrages eine solche Vereinbarung,
ist der restliche Zahlungsanspruch zeitgleich mit dem Eintritt der Fälligkeit erloschen;
Zinsen sind mithin nicht geschuldet. Aber auch wenn annimmt, dass Fälligkeit
frühestens mit der Entscheidung des Senats eingetreten ist, besteht kein Anspruch auf
Zahlung von Zinsen, auch nicht auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen (vgl. § 291
Satz 1, 2. Halbsatz BGB).
99
III.
100
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
101
Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt
erklärt haben, hat der Senat bei der insoweit nach § 91 a Abs. 1 ZPO zu treffenden
Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Fälligkeit des Anspruchs auf Zahlung des
restlichen Nutzungsentgelts (ohne Betriebskosten) mit der vollständigen Zahlung
eingetreten ist und die Beklagte sich freiwillig in die Position der Unterlegenen begeben
hat. Ferner hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin nach der Regelung zur
Zahlung des Betriebskostenzuschusses in §§ 4, 6 des Mietvertrages in Verbindung mit
der mündlichen Abänderungsvereinbarung sowie in Verbindung mit dem
Zwischenvergleich vom 22. August 2006 bis zur Zahlung des Betrages in Höhe von
4.500,00 EUR durch die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlicher
Betriebskosten(vorauszahlung) nur in Höhe von restlichen 3.579,04 EUR schlüssig
vorgetragen hatte (vgl. insoweit den Hinweisbeschluss des Senats vom 01. Oktober
2008, Bl. 256 GA).
102
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin wegen des
Feststellungsantrages unterlegen ist, sind der Klägerin 70 % und der Beklagten 30 %
der Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
103
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
104
Die Revision ist nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne
grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§
543 Abs. 2 ZPO).
105