Urteil des OLG Hamm vom 05.01.2010

OLG Hamm (anspruch auf rechtliches gehör, rechtliches gehör, sache, hauptverhandlung, verfahrensmangel, ablehnung, begründung, verletzung, zulassung, stpo)

Oberlandesgericht Hamm, (4) 6 Ss OWi 958/09 (469)
Datum:
05.01.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Senat für Bußgeldsachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
(4) 6 Ss OWi 958/09 (469)
Vorinstanz:
Amtsgericht Münster, 51 OWi 69 Js 1345/09 (440/09)
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde wird wegen Versagung des rechtlichen Gehörs
zuge-lassen.
Das angefochtene Urteil wird mit den getroffenen Feststellungen
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Münster
zurückverwiesen.
G r ü n d e :
1
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift an den Senat wie folgt ausgeführt:
2
"I.
3
Mit Bußgeldbescheid vom 02.04.2009 ist durch den Oberbürgermeister der Stadt N
gegen den Betroffenen wegen Überschreitens der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 30 km/h gem.
den §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, § 24 StVG, 11.3.5 BKat eine Geldbuße von 120,00
EUR festgesetzt worden (BI. 1 f. d.A.). Das Amtsgericht Münster hat durch Urteil
vom 07.09.2009 den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid vom
02.04.2009 verworfen (BI. 55 d.A., Leseabschrift BI. 94,
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94 R d.A.). Gegen dieses seinen Verteidigern am 25.09.2009 zugestellte
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(BI. 61 d.A.) Urteil wendet sich der Betroffene mit dem am 10.09.2009 auf dem
Telefaxweg bei dem Amtsgericht Münster eingegangenen Antrag auf Zulassung
der Rechtsbeschwerde vom selben Tag (BI. 52 d.A.), der mit am 23.10.2009 auf
dem Telefaxweg bei dem Amtsgericht Münster eingegangenem Schriftsatz seines
Verteidigers vom 22.10.2009 begründet worden ist (BI. 65 ff. d.A.).
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II.
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Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und form-
und fristgerecht begründet worden. In der Sache ist ihm ein zumindest vorläufiger
Erfolg nicht zu versagen.
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Da das Amtsgericht Münster den Betroffenen zu einer Geldbuße von mehr als
100,00 EUR und nicht mehr als 250,00 EUR verurteilt hat, ist die
Rechtsbeschwerde gem. § 80 Abs. 1 OWiG zuzulassen, wenn es geboten ist, die
Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung
rechtlichen Gehörs aufzuheben.
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Mit der Beschwerdebegründung wird ausdrücklich die Verletzung rechtlichen
Gehörs gerügt, da die Verwerfung des Einspruchs gem. § 74 Abs. 2 OWiG auf einer
rechtswidrigen Ablehnung des Entbindungsantrags des Betroffenen beruhe. Die
Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist mit der Verfahrensrüge geltend zu
machen (vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 80 Rdnr. 16 a). Gem. § 80 Abs. 3 S. 3, 79
Abs. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO muss demnach die
Beschwerdebegründung die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen
angeben, und zwar ohne Bezugnahmen und Verweisungen, so dass das Gericht
nur aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob für den Fall, dass das
Beschwerdevorbringen zutrifft, ein Verfahrensmangel vorliegt (Meyer-Goßner,
StPO, 52. Aufl., § 344, Rdnr. 20, 21).
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Die vorliegende Beschwerdebegründung entspricht diesen Anforderungen.
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In ihr wird der gegen den Betroffenen erhobene Vorwurf sowie die Höhe der
verhängten Geldbuße angegeben und darüber hinaus dargelegt, dass und mit
welchen Gründen dreimal, nämlich mit Schreiben vom 31.07.2009 (BI. 31 d.A.),
17.08.2009 (BI. 39 d.A.) und 31.08.2009 (BI. 47 f. d.A.), beantragt wurde, den
Betroffenen gem. § 73 Abs. 2 OWiG vom persönlichen Erscheinen in der
Hauptverhandlung am 07.09.2009 zu entbinden. Auch die Begründung der diese
Anträge zurückweisenden Beschlüsse des Gerichts vom 04.08.2009 (BI. 32 d.A.),
28.08.2009 (BI. 43 d.A.) und 07.09.2009 (BI. 56 d.A.) sind der
Beschwerdebegründung zu entnehmen, ebenso der Tenor und die Begründung
des angefochtenen Urteils. Darüber hinaus wird in der Beschwerdebegründung
ausgeführt, was für den Fall der Durchführung der Hauptverhandlung ohne den
Betroffenen für diesen vorgetragen worden wäre (BI. 91 d.A.) und dass die
Verteidiger über eine Vollmacht zur Stellung des Entbindungsantrages verfügte (BI.
70 d.A.).
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Die Nichtentbindung des Betroffenen vom Erscheinen in der Hauptverhandlung
erfolgte daher zu Unrecht, weil die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 OWiG
vorlagen. Im Rahmen der Anträge seines Verteidigers wurde jeweils ausgeführt,
dass die Fahrereigenschaft durch den Betroffenen zugestanden wird und er sich im
Übrigen nicht weiter zur Sache äußern werde. Darüber hinaus sei die Verteidigung
befugt, selbständig zur Sache vorzutragen.
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Somit hätte der Betroffene auf seine entsprechenden Anträge hin gem. § 73 Abs. 2
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OWiG von seiner Erscheinungspflicht in der Hauptverhandlung entbunden werden
müssen. Durch die Ablehnung seines Entbindungsantrags ist der Betroffene zudem
in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Die Rechtsbeschwerde ist daher zuzulassen und das angefochtene Urteil
aufzuheben."
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Diesen zutreffenden Ausführungen ist nichts hinzuzufügen. Für die Zurückverweisung
an eine andere Abteilung des Amtsgerichts besteht kein Anlaß.
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