Urteil des OLG Hamm vom 16.08.2007

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Oberlandesgericht Hamm, 24 U 153/05
Datum:
16.08.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
24 U 153/05
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 10 O 108/03
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26.10.2005 verkündete Urteil
der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.700 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
24.11.2002 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 7,5% und
der Beklagte zu 92,5%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
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I.
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Die Parteien schlossen unter dem 18.10.2001 einen schriftlichen Bauvertrag, wonach
sich die Klägerin verpflichtete, für den Beklagten die Rohbauarbeiten für ein 6 Familien-
Haus in C zu errichten. Der Beklagte hat inzwischen das streitgegenständliche Haus
verkauft. Dieses ist bezogen und wird bewohnt, ohne dass von den Eigentümern
Mängelbeanstandungen erhoben wurden. Die Klägerin macht mit ihrer Klage einen
Restwerklohnanspruch in Höhe von 20.228,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.11.2002 geltend.
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Durch Urteil vom 26.10.2005, auf dessen Tatbestand hinsichtlich des erstinstanzlichen
Sachvortrags der Parteien verwiesen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Es ist davon ausgegangen, dass der Beklagte das streitgegenständliche Bauvorhaben
abgenommen habe, die Restwerklohnforderung der Klägerin sei jedoch infolge der
Aufrechnung des Beklagten mit einer Schadensersatzforderung wegen der notwendigen
Erneuerung der Fugen des Hauses erloschen. Hinsichtlich der Einzelheiten der
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Begründung dieses Ergebnisses wird auf die Entscheidungsgründe des
erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Gegen das landgerichtliche Urteil richtet sich die in formeller Hinsicht bedenkenfreie
Berufung der Klägerin, mit der sie den von ihr geltend gemachten Anspruch weiter
verfolgt. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von mündlichen Gutachten der
Sachverständigen Dipl.-Ing. F und Dipl.-Ing. L. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf die Berichterstattervermerke zu den Protokollen vom
20.6.2006 und vom 5.9.2006 Bezug genommen. Wegen der einander
widersprechenden Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. F und Dipl.-Ing. L wollte
der Senat ein weiteres Gutachten, und zwar des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. P,
einholen. Die Einholung des Gutachtens scheiterte daran, dass der Beklagte trotz
Fristsetzung den angeforderten Auslagenvorschuss nicht eingezahlt hat.
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II.
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Die Klage ist in Höhe von 18.700 € nebst Zinsen begründet. Die restliche
Werklohnforderung der Klägerin beträgt unstreitig 20.228,98 €. Dieser
Werklohnanspruch ist fällig, da der Beklagte die Bauleistung der Klägerin abgenommen
hat, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Das wird von dem Beklagten
zu Recht auch nicht mehr in Frage gestellt.
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Der Beklagte hat mit folgenden Schadensersatzansprüchen, die er mit entsprechenden
Mängelbeseitigungskosten begründet, wirksam gem. §§ 398, 635 BGB a.F. die
Aufrechnung gegen die Restwerklohnforderung in Höhe von 20.228,98 €
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erklärt:
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Kosten für die Beseitigung des Risses 300,00 €
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Kosten für die Beseitigung der Fehlstellen der Wärmedämmung 1.000,00 €
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Kosten für die Nachbearbeitung der Fugen 220,00 €
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18.708,98 €,
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gerundet 18.700,00 €.
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Die Kosten für die Beseitigung des Risses in der Gebäudetrennwand im Raum der
Heizungsanlage hat der Sachverständige F auf 300 € geschätzt (Gutachten vom
17.12.2004). Der Senat folgt dieser Schätzung.
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Die Kosten für die Beseitigung der Fehlstellen in der Wärmedämmung hat der Senat
entsprechend seinen Ausführungen in dem Vergleichsvorschlag vom 10.10.2006 auf
1.000 € geschätzt. Dieser Sanierungsaufwand ist nach der Überzeugung des Senats
unter Berücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. F vom
17.12.2004 zumindest erforderlich. Mangels einer Fortsetzung der Beweisaufnahme
konnte der Senat lediglich von der Erforderlichkeit der Beseitigung von zwei direkt
nebeneinander liegenden Fehlstellen ausgehen. Die Kosten der Beseitigung dieses
Mangels schätzt der Senat auf rund 1.000 €. Höhere Mangelbeseitigungskosten, die der
Sachverständige Dipl.-Ing. F für möglich gehalten hat, vermochte der Senat mangels
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ausreichender Anhaltspunkte für diese nicht festzustellen.
Bezüglich der Fugen vermochte der Senat aufgrund der einander widersprechenden
Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. L und Dipl.-Ing. F nur einen Schaden in
Höhe von 220,00 € festzustellen. Der Sachverständige Dipl.-Ing. L hat überzeugend
ausgeführt, dass die Klinkerfuge nicht erneuert werden müsse und auch keine
Hydrophobierung benötige. Die Überprüfung der Fugenfestigkeit mit einem Ritzgerät
habe gezeigt, dass eine ausgezeichnete Härte vorliege und keine Fugenschädigung
eingetreten sei. Die Zementfuge erodiere nicht und könne auch nicht durch Frost
geschädigt werden, weil das Wasser nach unten ablaufe. Lediglich ca. 10 Stellen
müssten nachgearbeitet werden, wozu ein Maurer ca. vier bis fünf Stunden benötige.
Die entsprechenden Kosten schätzt der Senat auf 220 €.
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Der Sachverständige Dipl.-Ing. F ist zwar bei seiner Auffassung geblieben, die bereits
im erstinstanzlichen Urteil ausführlich dargestellt worden ist, sie allein vermochte den
Senat jedoch nicht von der Unrichtigkeit des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-
Ing. L, den der Senat wegen seiner hohen und zuverlässigen Sachkunde schätzt, zu
überzeugen. Der Senat war bereit, ein weiteres Gutachten des Sachverständigen Prof.
Dr.-Ing. P einzuholen. Der nach der Abnahme der Bauleistung für das Vorhandensein
von Mängeln beweispflichtige Beklagte hat jedoch den von ihm angeforderten
Auslagenvorschuss trotz Fristsetzung nicht eingezahlt, so dass ihm der Beweis, dass
die Fugen erneuert werden müssen, nicht gelungen ist.
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Bezüglich des ihm zuerkannten Anspruchs ist es unerheblich, dass der Beklagte das
Objekt bereits veräußert hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH besteht die
Forderung aus § 635 BGB a.F. auch dann fort, wenn der Besteller das Werk veräußert
(BGH NJW 1987,645,647; NZBau 2004, 610; Werner-Pastor, Der Bauprozess 11. Aufl.
Rn. 1679).
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Weitere Schadensersatzansprüche stehen dem Beklagten nicht zu. Aus der vom
Beklagten gerügten Feuchtigkeit im Sockelbereich kann dieser keinen Anspruch
herleiten. Dieser Mangel ist nicht dem Werk der Klägerin zuzuordnen. Der
Sachverständige Dipl.-Ing. F hat ausgeführt, dass die Feuchtigkeit aus dem Kiesbett
stammen könne, das die Klägerin nicht verlegt hat. Das Wasser staue sich an einer
schwarzen Folie, die dort nicht hingehöre. Die angebliche Feuchtigkeit in der Wohnung
eines Mieters hat der Sachverständige Dipl.-Ing. F nicht festgestellt. Der Behauptung
des Beklagten, der Abstand zwischen Verblendmauerwerk und der Dämmung sei zu
groß, konnte nicht nachgegangen werden, weil die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2
S. 1 Nr. 3 ZPO nicht dargetan sind. Der Beklagte hat nicht einmal vorgetragen, dass ihm
dieser Mangel erstmals in zweiter Instanz bewusst geworden sei.
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Der Zinsanspruch ist gem. den §§ 288 Abs. 1, 284 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. i.V.m. Art. 229 §
5 S. 1 EGBGB begründet.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92,97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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