Urteil des OLG Hamm vom 22.03.1999

OLG Hamm (verfügung, einstweilige verfügung, zpo, zeitpunkt, antrag, zustellung, eigentum, räumung, inventar, teil)

Oberlandesgericht Hamm, 30 W 25/99
Datum:
22.03.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
30. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
30 W 25/99
Vorinstanz:
Landgericht Essen, 16 O 85/99
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Verfügungsbeklagte
nach einem Gegenstandswert bis zu 5.000,00 DM.
G r ü n d e :
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Die gemäß §§ 91 a Abs. 2 Satz 1, 567 ff., 577 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist
nicht begründet. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes
entspricht es billigem Ermessen, daß die Verfügungsbeklagte die Kosten des
Rechtsstreits zu tragen hat (§ 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es ist nämlich davon
auszugehen, daß die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 12.02.1999, die am
13.02.1999 durch Zustellung im Parteibetrieb vollzogen worden ist, gemäß §§ 935, 936,
940, 924, 925 ZPO - ggfls. unter Konkretisierung des Verfügungstenors -
aufrechterhalten worden wäre, sofern nicht die Verfügungsbeklagte durch vollständige
Räumung des angemieteten Ladenlokals die Erledigung des Rechtsstreits in der
Hauptsache herbeigeführt hätte.
2
I.
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Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten rechtfertigen Bedenken gegen die
hinreichende Bestimmtheit des Verfügungsantrags und des Verfügungstenors es nicht,
den Verfügungsklägern die Kosten insgesamt oder zum Teil aufzuerlegen. Die Kammer
hat entsprechend dem gestellten Antrag angeordnet:
4
"1.
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Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen, Einrichtungsgegenstände, die dem
Vermieterpfandrecht wegen einer Forderung von 31.264,40 DM unterliegen, aus
den Geschäftsräumen Ladenlokal 1 und 2 im Eckbereich der Q Passage im Hause
H-Straße 38/S-straße 8 in 45355 F2 zu entfernen oder durch Dritte entfernen zu
lassen.
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2.
7
...".
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Grundsätzlich muß der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ebenso wie ein
Klageantrag dazu geeignet sein, die erforderliche Klarheit über den Umfang und die
Reichweite der begehrten gerichtlichen Entscheidung zu verschaffen. In
Unterlassungsanträgen ist deshalb die beanstandete Verletzungshandlung zu
benennen, welche als Kern des erstrebten gerichtlichen Verbots zur Grundlage einer
Unterlassungsvollstreckung gemäß § 890 ZPO gemacht werden kann. Hierbei ist aber
eine gewisse Verallgemeinerung zulässig, wenn dabei das charakteristische der
Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt und der Kern des Verbots unberührt bleibt
(vgl. BGH NJW 1991, 296 m.w.N.).
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Da der Vermieter die dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Sachen mangels
Kenntnis in der Regel nicht konkret beschreiben kann, sind nach herrschender Meinung
in Literatur und Rechtsprechung an Glaubhaftmachung und Bestimmtheit des
Vermieterpfandrechts im Verfügungsantrag, -ausspruch und -urteil keine zu hohen
Anforderungen zu stellen (vgl. OLG Stuttgart NJW-RR 1987, 521; OLG Celle NJW-RR
1987, 447; OLG Köln ZIP 1984, 89; von Martius in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts-
und Wohnraummiete, 3. Aufl., III A Rdn. 895; Staudinger/Emmerich, BGB, 13. B. (1995),
§ 561 Rdn. 6).
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Hier haben die Verfügungskläger in ihrem Antrag das Ladenlokal, in welchem sich die
streitgegenständlichen Einrichtungsgegenstände befinden, konkret beschrieben. Die
Benennung der einzelnen Einrichtungsgegenstände, auf welche sich das
Vermieterpfandrecht bezieht, war hingegen nicht erforderlich. Für die
Verfügungsbeklagte war klar erkennbar, daß sich das Unterlassungsgebot auf das in die
Räume zum Betrieb des Eiscafes eingebrachte Inventar erstrecken sollte. Ob die dem
Antrag und dem Verfügungsausspruch zu entnehmende Einschränkung "...
Einrichtungsgegenstände, die dem Vermieterpfandrecht wegen einer Forderung von
41.364,40 DM unterliegen, ..." Zweifel an der Bestimmtheit begründen kann, kann für die
Entscheidung über die Kosten dahingestellt bleiben. Sofern solche Zweifel für
begründet erachtet werden, hätte nämlich das Gericht bei seiner Entscheidung über den
Antrag und auch nachträglich im Verfahren über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen
Verfügung gemäß § 938 Abs. 1 BGB nach freiem Ermessen eine Klarstellung
vornehmen können und müssen, etwa dahin, daß die eingebrachten Gegenstände, die
im Eigentum der Verfügungsbeklagten stehen oder an denen sie ein Anwartschaftsrecht
innehat und die infolgedessen dem Vermieterpfandrecht unterliegen, von dem
Unterlassungsgebot erfaßt werden sollen. Eine so konkretisierte Anordnung hätte dem
Bestimmtheitsgebot genügt (so auch OLG Stuttgart a.a.O.; von Martius in: Bub/Treier
a.a.O.). Sie hätte sich auch im Rahmen des gestellten Antrags gehalten, aus welchem
ersichtlich ist, daß das in die Mieträume eingebrachte Inventar, soweit es dem
Vermieterpfandrecht unterlag, gemeint war. Kostennachteile wären für den
Verfügungskläger nicht entstanden.
11
II.
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Erstmals mit der Beschwerdeschrift läßt die Verfügungsbeklagte vortragen, die
Einrichtung des Eiscafes habe ausschließlich im Eigentum ihres Ehemannes
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gestanden, so daß keine Gegenstände vorhanden gewesen seien, an denen ein
Vermieterpfandrecht bestanden habe. Grundsätzlich ist jedoch der Sach- und
Streitstand zum Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung für die
Kostenverteilung maßgeblich (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 91 a Rdn. 25,
26). In der Widerspruchsschrift vom 19.02.1999 hatte die Verfügungsbeklagte aber
vorgetragen, daß der "Großteil", der "überwiegende Teil" des Inventars bzw. "das
wesentliche Inventar" im Eigentum des Ehemannes gestanden habe. Nur dieser Vortrag
ist auch durch die eidesstattlichen Versicherungen der Verfügungsbeklagten und ihres
Ehemannes vom 19.02.1999 glaubhaft gemacht.
Hiernach ist für die Kostenverteilung davon auszugehen, daß jedenfalls auch solches
Inventar in den Räumen vorhanden war, welches im Eigentum der Verfügungsbeklagten
stand und deshalb dem Vermieterpfandrecht unterlag. Das Vorbringen wäre daher nicht
dazu geeignet gewesen, eine Aufhebung oder Abänderung der einstweiligen Verfügung
zu rechtfertigen. Daß im Eigentum Dritter stehende Einrichtungsgegenstände nicht von
dem Unterlassungsgebot erfaßt werden sollten, folgt aus der - ggfls. klarzustellenden
(siehe hierzu oben unter I) - entsprechenden Einschränkung des
Verfügungsausspruchs.
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III.
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Soweit die Verfügungsbeklagte vorträgt, zum Zeitpunkt des Erlasses und der Zustellung
der einstweiligen Verfügung sei das Ladenlokal bereits vollständig geräumt gewesen,
ist davon auszugehen, daß die Verfügungskläger ihre gegenteilige Behauptung mit
einem hinreichenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab glaubhaft gemacht haben, was
gemäß §§ 920 Abs. 2, 936, 294 ZPO ausreichend ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß
die Verfügungsbeklagte mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 12.01.1999 die
Räumung zum 15.02.1999 und nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt angekündigt
hat, obwohl sie der Auffassung war, am 03.12.1998 sei die sofortige Aufhebung des
Mietvertrages vereinbart worden. Ferner waren nach der eidesstattlichen Versicherung
des Rechtsanwalts X vom 04. März 1999 am 13.02.1999 noch ca. 1 Stunde vor
Zustellung der einstweiligen Verfügung Personen im Laden mit Räumarbeiten
beschäftigt, Umzugkartons im Ladenlokal vorhanden und der Transporter eines
Mietwagenunternehmens in der Einfahrt geparkt. Der Auszug soll noch in vollem Gange
gewesen sein. Demgegenüber ist das Vorbringen der Verfügungsbeklagten - wie bereits
das Landgericht ausgeführt hat - unsubstantiiert. Die Umstände, der Ablauf und
insbesondere der genaue Zeitpunkt der Räumung sind nicht angegeben. Die
Verfügungsbeklagte oder ein präsenter Zeuge, die das Tatsachenvorbringen - ggf. nach
gerichtlichem Hinweis - hätten ergänzen können, waren in der Sitzung nicht anwesend.
Selbst in der Beschwerdeschrift hat die Verfügungsbeklagte keine näheren Angaben
zum Ablauf und genauen Zeitpunkt der Räumung sowie zu den Feststellungen
gemacht, die Rechtsanwalt X ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung am
13.02.1999 getroffen hat. Sie beschränkt sich auf allgemeine Erwägungen, teilt aber
zum konkreten Ablauf des Umzugs an dem fraglichen Tag oder den Tagen vorher und
zu der konkreten Situation im Zeitpunkt der Feststellungen von Rechtsanwalt X und der
Zustellung der einstweiligen Verfügung keine Tatsachen mit. Es ist deshalb jedenfalls
als glaubhaft gemacht anzusehen, daß zum Zeitpunkt der Zustellung der einstweiligen
Verfügung noch Einrichtungsgegenstände in dem Ladenlokal vorhanden waren, auf
welche sich das Vermieterpfandrecht erstreckte.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Verfügungbeklagten in der Widerspruchsschrift
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wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen der
angefochtenen Entscheidung, die durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet
werden, verwiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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