Urteil des OLG Hamm vom 20.12.2005
OLG Hamm: neues vorbringen, innenverhältnis, saldo, kontokorrent, abrechnung, betrug, kaufpreis, anlagevermögen, abrede, kaufvertrag
Oberlandesgericht Hamm, 19 U 88/05
Datum:
20.12.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 U 88/05
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 21 O 253/04
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Mai 2005 verkündete
Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Münster
abgeändert.
Die Beklagte bleibt verurteilt, an die Klägerin 64.460,27 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag
von 576.422,13 € vom 1.12.2001 bis 4.12.2001
von 574.654,96 € vom 5.12.2001 bis 12.12.2001
von 554.203,28 € vom 13.12.2001 bis 19.12.2001
von 155.876,24 € vom 20.12.2001 bis 2.1.2002
von 154.109,07 € vom 3.1.2002 bis zum 18.3.2002
von 154.556,27 € vom 19.3.2002 bis 9.7.2002
von 85.546,27 € vom 10.7.2002 bis 30.8.2002
von 72.706,27 € vom 31.8.2002 bis 28.7.2003
von 71.596,27 € vom 29.7.2003 bis 28.4.2004
von 69.985,27 € vom 29.4.2004 bis zum 31.12.2004
von 64.460,27 € seit dem 1.1.2005
zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites werden der Klägerin zu 15% und der
Beklagten zu 85% auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien dürfen die Vollstreckung abwenden durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
G r ü n d e
1
I.
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Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
3
Die Beklagte hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, in das Verrechnungskonto sei zu
ihren Gunsten ein Anspruch in Höhe von 663.948,57 DM (= 339.471,51 €) einzustellen.
Zu dessen Begründung nahm sie auf das Schreiben ihrer Steuerberaterin vom 3.1.2002
Bezug (Anlage K 3 = Bl. 21 d.A.). Sie habe Umsatzsteuer gezahlt, die auf Umsätze bei
der E entfallen sei. Steuerschuldnerin sei aber die Klägerin als Organträgerin gewesen.
Ihr, der Beklagten, stehe ein Ausgleichsanspruch aus §§ 267, 812 BGB oder aus § 670
BGB zu. Eine tatsächliche buchungstechnische Handhabung im Organkreis sei
rechtlich nicht verbindlich. Eine ausdrückliche Vereinbarung hat sie mit Nichtwissen
bestritten.
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Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Anspruch der
Klägerin ergebe sich als Kontokorrentforderung. Zwischen den Parteien sei vereinbart
worden, den Kaufpreisanspruch über das Verrechnungskonto zu berechnen, das zuvor
als Kontokorrentkonto geführt worden sei. Daher habe die Kontokorrentabrede
fortgegolten. Den Saldo zum 2.1.2002 in Höhe von 156.191,90 € habe die Beklagte
durch Schreiben ihrer Steuerberaterin vom 3.1.2002 anerkannt. Die weitere
Fortentwicklung habe die Klägerin schlüssig dargelegt. Durch Klageerhebung habe die
Klägerin das Kontokorrent konkludent gekündigt.
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Der Zinsanspruch sei ebenfalls begründet, da die Beklagte mit der Bezahlung des
Kaufpreisanspruches seit dem 31.12.2001 in Verzug gewesen sei. Das
Zinseszinsverbot gelte nicht.
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Der Beklagten stehe keine Gegenforderung wegen der Umsatzsteuerzahlungen zu. Ein
Anspruch aus § 670 BGB scheitere, weil sie kein Geschäft der Klägerin, sondern ein
Geschäft der E geführt habe. Diese habe im Innenverhältnis zu der Klägerin die auf ihre
Umsätze entfallende Umsatzsteuer zu tragen gehabt. Dementsprechend sei ein
Ausgleich auch zuvor nur zwischen der Beklagten und der E erfolgt.
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Auch aus § 426 Abs. 2 S. 1 BGB ergebe sich kein Erstattungsanspruch. Denn die
Klägerin habe im Innenverhältnis keine Umsatzsteuer tragen sollen.
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Ein Anspruch aus § 812 BGB scheide aus, da ein Rechtsgrund für die Zahlung der
Beklagten bestanden habe. Nach dem Innenverhältnis habe die Klägerin keine
Umsatzsteuer tragen sollen.
9
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie meint, das Landgericht
habe verkannt, dass sich die Entscheidung des BGH vom 22.10.1992 (BGHZ 120, 50)
nur auf einen Anspruch der Organträgerin gegen die Organgesellschaft beziehe. Hier
habe sie als Dritte eine Schuld der Klägerin beglichen. Sie habe nicht für
Umsatzsteuerverbindlichkeiten der E gehaftet. Die Inanspruchnahme eines Haftenden
setze im übrigen eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörden voraus. Zu einem
Haftungsbescheid sei es nie gekommen. Daher habe kein Gesamtschuldverhältnis mit
der E bestanden.
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Ihre Ansprüche ergäben sich aus § 670 BGB oder aus §§ 267, 812 BGB. Im Verhältnis
zwischen den Parteien sei ein Rechtsgrund für die Zahlung nicht gegeben. Das
Landgericht stelle zu Unrecht auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und der E ab.
Selbst wenn man unterstelle, dass ein Ausgleich über § 426 Abs. 1 BGB zu erfolgen
hätte, müsse die Klägerin zumindest die Hälfte der Steuern tragen, da die verbleibenden
Gesamtschuldner nach Köpfen haften würden.
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Sie bestreitet, dass die Vereinbarung vom 1.10.2001 zu diesem Zeitpunkt getroffen
worden ist.
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Sie vertritt weiterhin die Ansicht, dass ab Eigentümerwechsel kein Kontokorrent
bestanden habe. Es habe keine laufende Geschäftsverbindung mehr gegeben. Auch
früher sei keine Saldofeststellung erfolgt. Nur Salden seien abgestimmt worden, dies
reiche nicht aus. Jedenfalls habe es sich bei der Kaufpreisforderung um eine
ungewöhnliche Forderung gehandelt.
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Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
15
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
17
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Beklagte habe nicht als Dritte gezahlt. Die
Mithaftung aus § 73 AO erfasse alle Umsatzsteuerverbindlichkeiten aus dem
Organkreis. Alle Organgesellschaften seien Gesamtschuldner gewesen. Zivilrechtlich
habe die Beklagte Erstattungsansprüche gegen die anderen Organgesellschaften.
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Im übrigen müsse berücksichtigt werden, dass die Umsatzsteuerverbindlichkeiten der E
wesentlich dadurch verursacht worden seien, dass die Innenumsätze mit der Beklagten
nicht der Umsatzsteuer unterworfen worden seien.
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II.
20
1.
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Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Zahlunganspruch in Höhe von 64. 460,27 €
zu.
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1.1
23
Die Klägerin konnte nach dem Kaufvertrag vom 17.10.2001 (Anlage K 3 = Bl. 17 d.A.)
als Kaufpreis den Buchwert des verkauften Anlagevermögens zzgl. 500.000,00 DM
verlangen. Der Kaufpreis betrug damit nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag
2.367.082,59 DM (= 1.210.270,11 €) .
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Dieser Anspruch wurde nach den vertraglichen Vereinbarungen über das
Verrechnungskonto zwischen den Parteien abgewickelt und dessen Saldo sollte am
30.11.2001 zu zahlen sein. Die Klägerin hat unter Vorlage der Abrechnung vorgetragen,
dass der Saldo zum 30.11.2001 1.127.383,69 DM (= 576.422,13 €) betrug. Dieser
Abrechnung ist die Beklagte nicht entgegengetreten.
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Von diesem damit unstreitigen Anspruch lässt sich die Klägerin Zahlungen und sonstige
Leistungen der Beklagten sowie der E abziehen. Nach der Forderungsaufstellung der
Klägerin sind im Zeitraum vom 4.12.2001 bis zum 2.1.2002 825.972,54 DM (=
422.313,05 €) und vom 9.7.2002 bis zum 28.4.2004 90.096,00 € schuldmindernd zu
berücksichtigen.
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Dem liegen im einzelnen folgende Zahlungen/ Leistungen zugrunde: am 4.12.2001
1.889,92 DM und 1.566,37DM, am 12.12. 2001 40.000,00 DM, am 19.12.2001
126.230,19 DM, 650.000,00 DM, 428,38 DM und 2.401,39 DM sowie am 2.1.2002
1.889,92 DM und 1.566,37 DM;
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am 9.7.2002 69.010,00 €, am 30.8.2002 12.840,00 €, am 28.7.2003 1.110,00 € und am
28.4.2004 1.611,00 €.
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Weiterhin lässt sich die Klägerin fiktiv eine weitere noch zu erwartende Zahlung seitens
der E in Höhe von 5.525,00 € zum 31.12.2004 anrechnen.
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Dass sie mehr Zahlungen oder Leistungen erbracht hat, hat die Beklagte nicht
behauptet.
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Damit besteht die Forderung der Klägerin in Höhe von 64.013,07 €.
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1.2
32
Außerdem hat die Klägerin unter Bezugnahme auf ein Schreiben vom 18.2.2002
(Anlage K 9 = Bl. 26 d.A.) eine Forderung in Höhe von 447,20 € aus abgetretenem
Recht der Fa. C GmbH dargelegt, die die Beklagte ebenfalls nicht bestritten hat.
33
2.
34
Auf den Saldo zum 30.11.2001 kann die Klägerin gem. §§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 2, 288
Abs. 1 BGB a.F. seit diesem Tag Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz fordern, da im Kaufvertrag eine kalendermäßige Bestimmung vorhanden
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ist. Die in der Folgezeit geleisteten Zahlungen sind in der Zinsstaffel berücksichtigt.
§ 288 Abs. 2 BGB n.F., wonach der Zinssatz 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz
beträgt, ist nicht anwendbar. Diese Vorschrift ist gem. Art. 229 § 5 EGBGB nur auf
solche Forderungen anwendbar, für die das am 1.1.2002 in Kraft getretene neue
Schuldrecht gilt.
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Die Forderung in Höhe von 447,20 € aus abgetretenem Recht der C GmbH ist gem. §§
284 Abs. 3, 286 Abs. 1 288 Abs. 1 BGB a.F. ab dem 19.3.2002 zu verzinsen. Die
Zahlungsaufforderung der Klägerin stammt vom 18.2.2002 (Anlage K 9 = Bl. 26 d.A.).
Auch diese Forderung ist noch nach altem Schuldrecht entstanden.
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Ein weiterer Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 355 Abs. 1 HGB. Denn
jedenfalls ab dem 1.12.2001 bestand ein Kontokorrentverhältnis zwischen den Parteien
nicht mehr. Mit der Übernahme der Gesellschafteranteile endeten die Beziehungen
zwischen der Klägerin als Besitzgesellschaft und der Beklagten sowie deren
Tochtergesellschaften als Betriebsgesellschaften. Zukünftig sollte es keine
Geschäftsverbindung zwischen ihnen geben. Mit der Zahlung des Kaufpreises für das
Anlagevermögen sollte die Verbindung enden. Da die Kaufpreisforderung aber nicht nur
durch Zahlung, sondern auch durch die Übernahme von Finanzierungen erfüllt werden
sollte, sollte die Abrechnung des Kaufpreises über das Verrechnungskonto geführt
werden. Zum Zeitpunkt des Kaufvertrages über das Anlagevermögen wies dieses einen
Anspruch zugunsten der Beklagten aus, der verrechnet wurde. In Ziff. 3 des
Kaufvertrages (Anlage K 3 = Bl. 17 d.A.) war vereinbart, dass der Saldo des
Verrechnungskontos spätestens zum 30.11.2001 auszugleichen war. Diese Abrede
kann nur so verstanden werden, dass nach diesem Tage keine Verrechnungen mehr
vorgenommen werden sollten, das Kontokorrent endete.
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4.
39
Der Anspruch der Klägerin ist nicht durch Aufrechnung der Beklagten gem. § 389 BGB
erloschen. Denn der Beklagten steht kein aufrechenbarer Gegenanspruch wegen der
Zahlung von Umsatzsteuer für den Organkreis zu.
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4.1
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Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 670 BGB. Zwar hat die Beklagte
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im Auftrag der Klägerin gehandelt. Denn vereinbarungsgemäß sollte die Beklagte die
Umsatzsteuerforderungen der Klägerin in voller Höhe begleichen, ohne dass es darauf
ankam, ob die zugehörigen Umsätze im Bereich der Beklagten oder der anderen
Organgesellschaften, ihren Tochtergesellschaften, erzielt wurden.
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Aber zwischen den Parteien war der Aufwendungsersatzanspruch aus § 670 BGB
abbedungen. Dies ergibt sich aus der tatsächlichen jahrelangen Handhabung im
Organkreis, die die Beklagte nicht bestritten hat. Die Beklagte rechnete die von ihr für
den gesamten Organkreis erbrachten Umsatzsteuerzahlungen über
Verrechnungskonten direkt mit den anderen Organgesellschaften ab. Diese
Vorgehensweise trug dem Umstand Rechnung, dass die steuerpflichtigen Umsätze
unstreitig nicht im Betrieb der Klägerin als Besitzgesellschaft, sondern ausschließlich in
den Betrieben der Organgesellschaften getätigt wurden.
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Auf die Frage, ob diese tatsächliche Handhabung in der Erklärung vom 1.10.2001
(Anlage K 13 = Bl. 65 d.A.) nochmals ausdrücklich bestätigt worden ist, kommt es daher
nicht an.
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4.2
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Ein Anspruch der Beklagten ergibt sich nicht aus § 426 Abs. 1 BGB.
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Die Regelung des § 426 BGB ist nach der Rechtsprechung des BGH (Z 120, 50 = NJW
1993, 585; NJW 1999, 1706 = Z 141, 79; WM 2004, 228) analog anwendbar, wenn es
um das Verhältnis zwischen Steuerschuldner und Haftendem geht. Dabei hat der BGH
seine Rechtsprechung in der zuletzt genannten Entscheidung auch auf die
umsatzsteuerliche Organschaft ausgedehnt. Es gibt auch keine Gesichtspunkte, wa-rum
die für die gewerbesteuerliche Organschaft entwickelte Konstruktion nicht für die
umsatzsteuerliche Organschaft gelten sollte. Eigenart der steuerlichen Organschaft ist in
beiden Fällen die Konzentration der Erträge bzw. Umsätze bei dem Organträger, der
damit Gewerbe- und Umsatzsteuer schuldet, während die Organgesellschaften gem. §
73 AO nur haften. Dabei haftet nach der herrschenden Ansicht im Steuerrecht jede
einzelne Organgesellschaft für die Umsatzsteuerschuld der Organträgerin insgesamt,
also auch soweit die Steuer auf Umsätzen der anderen Organgesellschaften beruht (vgl.
FG Nürnberg EFG 1991, 437; Pahlke/Koenig-Intemann, AO, § 73 Rn. 13 m.w.N.;
Bunjes/Geist-Heidner, USt, § 2 Rn. 111; a.A. Sölch/Ringleb, Ust, § 2 Rn. 142 unter
Hinweis auf Probst BB 1987, 1992, 1994).
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Zwar hat der BGH nur entschieden, dass sich der Ausgleichsanspruch der
Organträgerin gegen die Organgesellschaft nach § 426 BGB analog richtet, wenn jene
die Umsatzsteuer bezahlt hat, aber die Umsätze bei der Organgesellschaft ausgeführt
worden sind. Da aber alle Organgesellschaften gem. § 44 AO als Gesamtschuldner
neben der Organträgerin haften, ist auch auf das Verhältnis zwischen Organgesellschaft
und Organträgerin bzw. auf das Verhältnis zwischen den Organgesellschaften § 426
BGB analog anwendbar.
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Im Innenverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern ist es sachgerecht, daran
anzuknüpfen, ob und in welchem Umfang die Steuerschuld aus dem Betrieb der
einzelnen Gesellschaften resultiert. Hier hat die Klägerin selbst unstreitig keine
umsatzsteuerlichen Leistungen ausgeführt. Die Klägerin ist also nicht
ausgleichsverpflichtet. Entsprechend sind die Parteien auch zuvor verfahren, indem die
Beklagte die Verrechnungskonten direkt zu den anderen Organgesellschaften, ihren
Töchtern, abgerechnet hat.
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Eine Ausgleichsverpflichtung der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 426 Abs.1 S. 2
BGB analog. Denn selbst wenn der auf einen der Gesamtschuldner entfallende Beitrag
nicht erlangt werden könnte, wie die Beklagte in Bezug auf die E behauptet, ist der
Ausfall nur von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen. Zur
Ausgleichung verpflichtet sind hier aber im Innenverhältnis nur die Organgesellschaften,
nicht die Klägerin. Insbesondere ist auch in Rechtsprechung und Literatur überwiegend
anerkannt, dass der Ausfall entsprechend dem sich nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB
ergebenden Verhältnis aufzuteilen ist (RGZ 92, 143,146; Palandt-Heinrichs, 64. Aufl., §
426 Rn. 6; MüKo-Bydlinski, 4.Aufl., § 426 Rn. 35; Erman-E. Ehmann, 11.Aufl., § 426 Rn.
23; Staudinger-Noack, Bearb. 2005, § 426 Rn. 115;Bamberger/Roth-Gehrlein, § 426 Rn.
51
4 ).
Die von der Beklagten angeführte Kommentarstelle bei MüKo-Bydlinski, § 426 Rn. 37
bezieht sich nur auf den Sonderfall, dass der im Innenverhältnis allein
Ausgleichungspflichtige wegfällt. Soweit für das Verhältnis zwischen den eigentlich
nicht ausgleichungspflichtigen Schuldnern keine Regelung getroffen ist, sollen dann die
Verbleibenden den Ausfall nach Köpfen zu tragen haben. Dass aber allein die E
steuerpflichtige Umsätze getätigt hat, behauptet die Beklagte nicht.
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5.
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Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 426 Abs. 2 BGB, da dieser
Anspruch auf den Umfang der Ausgleichungspflicht nach § 426 Abs. 1 BGB beschränkt
ist.
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6.
55
Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus § 812 BGB. Denn die Beklagte hat nicht
als Dritte i.S. § 267 Abs. 1 BGB, sondern als Vertreterin der Klägerin gezahlt. Insoweit
kommt es auf die Sicht des Finanzamtes als Gläubigerin an. Im übrigen war
Rechtsgrund die Abrede mit der Klägerin.
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7. Neuen Tatsachenvortrag der Parteien nach Schluss der mündlichen Verhandlung in
den außerhalb der Stellungnahmefrist eingegangenen Schriftsätzen der Klägerin vom
12.12.2005 und der Beklagten vom 6.12. und 9.12.2005 hat der Senat bei seiner
Entscheidung nicht berücksichtigt. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 9.12.2005
erstmals behauptet hat, dass auch die Klägerin umsatzsteuerpflichtige Leistungen
ausgeführt habe, handelt es sich im übrigen um neues Vorbringen in der
Berufungsinstanz, für welches Zulassungsgründe nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht
dargelegt oder sonst ersichtlich sind. Anlass, die mündliche Verhandlung
wiederzueröffnen besteht nicht (§ 156 ZPO).
57
8.
58
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
Auch die Klägerin ist teilweise unterlegen, da sie als Teil einer Kontokorrentforderung
Zinsen als Hauptforderung geltend gemacht hat, obwohl ein Kontokorrentverhältnis
nicht vorgelegen hat und eine Geltendmachung als Verzugszinsforderung den Streitwert
nicht erhöht hätte. Da ihr aber Verzugszinsen zuzusprechen waren, hat der Senat den
Anteil ihres Unterliegens nur mit 15% bewertet.
59
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht
vorliegen.
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