Urteil des OLG Hamm vom 12.05.2005

OLG Hamm: alter, jugendlicher, einwirkung, aufspaltung, beischlaf, anklageschrift, datum

Oberlandesgericht Hamm, 4 Ws 205/05
Datum:
12.05.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 Ws 205/05
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 1 KLs 73 Js 3596/04 (3/05)
Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin verworfen.
Gründe:
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Die Staatsanwaltschaft Münster legt dem Angeklagten gemäß Anklageschrift vom 05.
Januar 2005 zur Last, in den Jahren 2000 bis 2004 zum Nachteil der am 17. Februar
1992 geborenen Antragstellerin, die seine Adoptivschwester ist, in 2 Fällen als
Jugendlicher mit Verantwortungsreife sexuelle Handlungen an einer anderen Person
unter vierzehn Jahren vorgenommen zu haben, und in 51 Fällen als Heranwachsender
mit dem Kind den Beischlaf vollzogen zu haben. Das Landgericht Münster hat die
Anklage durch Beschluß vom 22. Februar 2005 zur Hauptverhandlung zugelassen und
das Hauptverfahren eröffnet. Termin zur Hauptverhandlung steht am 18. Mai 2005 an.
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Mit anwaltlich verfaßtem Schriftsatz vom 18. März 2005 hat die Antragstellerin beantragt,
sie unter Beiordnung ihrer Rechtsanwältin als Nebenklägerin zu dem Verfahren
zuzulassen. Durch Beschluß vom 08. April 2005 hat das Landgericht den Antrag
verworfen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 18. April 2005.
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Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift vom 09. Mai 2005 beantragt, die
Beschwerde als unbegründet zu verwerfen und zur Begründung folgendes ausgeführt:
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"Die gemäß § 304 Abs. 1 StPO statthafte nicht fristgebundene Beschwerde ist zu-
lässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
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Gemäß §§ 80 Abs. 3, 109 Abs. 1 Satz 1 JGG ist die Nebenklage im Verfahren
gegen Heranwachsende zulässig. Sofern gegen denselben Beschuldigten in
einem Verfahren wegen mehrerer vorgeworfener Taten verhandelt wird, von denen
einzelne im Alter als Jugendlicher, andere als Heranwachsender begangen
worden sind, ergibt sich bereits aus dem Gesetz, dass die Nebenklage bezüglich
derjenigen Taten, die als Jugendlicher begangen wurden, unzulässig ist. Ob
bezüglich der Taten im heranwachsenden Alter etwas anderes gelten soll, wird
unterschiedlich beurteilt.
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So wird - entsprechend der Auffassung der Beschwerdeführerin - in der Literatur
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vertreten, dass stets eine "Spaltung" der Nebenklage erforderlich und auch möglich
sei (zu vgl. Mitsch GA 1998, 169ff). Nach anderer Ansicht ist die Nebenklage auch
bezüglich der im heranwachsenden Alter begangenen Taten grundsätzlich
unzulässig, da sich eine Aufspaltung in der Praxis nicht durchhalten lasse und sich
eine Einwirkung auch auf die Verhandlung hinsichtlich der im jugendlichen Alter
begangenen Taten nicht ausschließen lasse (zu vgl. OLG Koblenz in StV 2003,
455; OLG Düsseldorf StV 2003, 465; Eisenberg, JGG, 10. Aufl., § 80, Rdnr. 13 b).
Die letztgenannte Ansicht verdient den Vorzug. Eine Spaltung der zu
verhandelnden Taten ist schon im Hinblick auf die anzuwendenden
Verfahrensvorschriften nicht möglich. Das Verfahren kann bei Taten eines
Angeklagten in verschiedenen Altersstufen nur einheitlich sein, womit
Verfahrensarten ausscheiden, die auch nur hinsichtlich einer der verbundenen
Taten nicht zulässig wären. Die Undurchführbarkeit wird auch von dem Verfechter
der "Rechtsspaltung" erkannt (Mitsch GA 1998, 171), ohne jedoch eine Lösung für
dieses Problem anzubieten. In dem hier vorliegenden Fall kommt hinzu, dass
sämtliche dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten sich gegen dieselbe
Geschädigte richteten, so dass auch aus diesem Grund eine Zulassung der
Nebenklage nur bzgl. der im Heranwachsendenalter begangenenTaten
undurchführbar erscheint. Auch das verständliche lnteresse der Geschädigten an
einer Zulassung als Nebenklägerin rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht."
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.
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