Urteil des OLG Frankfurt vom 04.07.2007

OLG Frankfurt: irreführende werbung, sucht, natürliches mineralwasser, begriff, verbraucher, verfügung, herkunftsbezeichnung, unesco, verkehr, herkunftsangabe

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Gericht:
OLG Frankfurt 14.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
14 W 51/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 5 Abs 1 UWG
(Wettbewerbsverstoß durch irreführende Werbung:
Bezeichnung eines Mineralwassers als „Biosphärenwasser“
und als „ein Wasser, das Seinesgleichen sucht“)
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 2.
Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 31.05.2007 aufgehoben.
Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu
250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu
vollziehen an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin, für jeden Fall der
Zuwiderhandlung untersagt,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
für Mineralwasser mit der Bezeichnung „Das Biosphärenwasser“, insbesondere
wenn dies geschieht wie in der Anlage K 1 und/oder in der Anlage K 2 und/oder in
der Anlage K 19,
und/oder
für andere Getränke, insbesondere Fruchtsaftgetränke, insbesondere wenn dies
geschieht wie in der Anlage K 3, und/oder Schorlen, insbesondere wenn dies
geschieht wie in der Anlage K 4 und/oder in der Anlage K 20 und/oder Limonaden,
insbesondere wenn dies geschieht wie in der Anlage K 5, mit der Bezeichnung „mit
dem Biosphärenwasser“
zu werben und/oder werben zu lassen.
Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens haben die
Antragsgegnerin 2/3 und die Antragstellerin 1/3 zu tragen.
Der Streitwert für das einstweilige Verfügungsverfahren wird auf 30.000 Euro
festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin, ein Verein zur Förderung gewerblicher und selbständiger
beruflicher Interessen mit Antragsbefugnis gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, nimmt
die Antragsgegnerin auf Unterlassung verschiedener Werbeaussagen in Anspruch.
Die Antragsgegnerin produziert und vertreibt Getränke. Ihr Mineralwasser „A-
sprudel“ bewirbt sie mit der Bezeichnung „Das Biosphärenwasser“, ihre
Fruchtsaftgetränke, Schorlen und Limonaden mit dem Zusatz „Mit dem
Biosphärenwasser“. Wegen des genauen Inhalts der Werbeanzeigen wird auf die
Anlagen K 1 bis K 5 (Bl. 15 – 19 d. A.) sowie auf die Anlagen K 20, 21 (Bl. 110, 111
d. A.) verwiesen. Der Mineralbrunnen der Antragsgegnerin liegt in der O1, die als
UNESCO-Biosphärenreservat O1 ausgezeichnet ist (vgl. insoweit die Anlagen K 8 –
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UNESCO-Biosphärenreservat O1 ausgezeichnet ist (vgl. insoweit die Anlagen K 8 –
10, Bl. 39 – 43 d. A.).
Ferner wirbt die Antragsgegnerin in Bayern, Thüringen und Hessen mit folgendem
Hörfunkspot: „(Männerstimme) Unglaublich schön und von einzigartigem
ökologischen Wert - das Biosphärenreservat O1. In der basaltnahen Tiefe dieser
geschützten Landschaft entspringt ein Wasser, das Seinesgleichen sucht - A-
sprudel, das Biosphärenwasser (Frauenstimme) außen Wasser, innen reich.“
Die Antragstellerin sieht hierin eine irreführende Werbung, weil mit dem Begriff
„Biosphärenwasser“ suggeriert werde, dass es sich um ein besonderes Bio-
Mineralwasser handele, welches besser, gesünder und ökologischer sei als andere
Mineralwasser, was tatsächlich nicht der Fall sei. Mit der Werbeaussage „ein
Wasser, das Seinesgleichen sucht“, beanspruche die Antragsgegnerin zudem eine
tatsächlich nicht vorhandene Spitzenstellung, obwohl sich ihr Mineralwasser, wie
sich aus diversen Tests ergebe, qualitativ nicht besser sei als andere
Mineralwasser.
Die Antragstellerin hat beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung, wegen Dringlichkeit
ohne mündliche Verhandlung, bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von
250.000 Euro - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,
zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin, für jeden Fall der
Zuwiderhandlung kostenrechtlich zu untersagen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
1. für Mineralwasser mit der Bezeichnung „Das Biosphärenwasser“,
insbesondere wenn dies geschieht wie in der Anlage K 1 und/oder in der Anlage K
2, und/oder für andere Getränke, insbesondere Fruchtsaftgetränke, insbesondere
wenn dies geschieht wie in der Anlage K 3, und/oder Schorlen, insbesondere wenn
dies geschieht wie in der Anlage K 4, und/oder Limonaden, insbesondere wenn dies
geschieht wie mit der Anlage K 5, mit der Bezeichnung „Mit dem
Biosphärenwasser“zu werben und/oder werben zu lassen;
und/oder
2. für Mineralwasser mit der Aussage „ein Wasser, das Seinesgleichen sucht.“
zu werben und/oder werben zu lassen.
Mit ihrer Schutzschrift vom 23.05.207 nebst Anlagen (Bl. 66 – 85) hat die
Beklagte behauptet, dass ihr Wasser bezogen auf Mineralstoff-, Spurenelemente-
und Rückstandsgehalte tatsächlich zur Spitzengruppe der Deutschen
Mineralwässer zähle. Da es aus dem Biosphärenreservat O1 stamme, könne es
auch die Herkunftsbezeichnung „Biosphärenwasser“ führen.
Das Landgericht hat den Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung durch Beschluss vom 31.05.2007 unter Festsetzung des Streitwertes
auf 10.000 Euro zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es sich bei
der Bezeichnung als Biosphärenwasser um einen reinen Herkunftsbegriff handele,
der zutreffend sei, weil das Wasser tatsächlich aus dem Biosphärenreservat O1
stamme. Da die Begriffe „Bio“ und „Biosphäre“ erkennbar unterschiedlich seien
und im Übrigen auf das Biosphärenreservat O1 ausdrücklich hingewiesen wäre,
liege eine Verwechslung mit einem Bio-Produkt im klassischen Sinne nicht nahe.
Gleiches gelte, soweit die Saftgetränke tatsächlich mit einem Bio-Siegel beworben
würden, weil sich dieses Siegel auf die verwendeten Säfte beziehe.
Der Slogan „Ein Wasser, das Seinesgleichen sucht“, besitze keinen nach
objektiven Maßstäben nachprüfbaren Bedeutungsinhalt, sondern lediglich eine
subjektive Wertung und stelle eine nichtssagende Anpreisung dar, die von den
entsprechenden Verkehrskreisen als solche auch erkannt werde. Außerdem habe
die Antragstellerin nicht dargelegt, dass eine etwaige Aussage, das Mineralwasser
der Antragsgegnerin nehme eine Spitzenstellung ein, falsch sei.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihre Anträge auf Erlass
einer einstweiligen Unterlassungsverfügung weiter, wobei sie ihren Antrag zu Ziffer
1. auf die Anlage K 19 erweitert. Ferner rügt sie die Streitwertfestsetzung des
Landgerichts und erachtet eine Wertfestsetzung auf 30.000 Euro für angemessen.
Sie ist der Auffassung bei dem Begriff „Biosphärenwasser“ handele es sich nicht
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Sie ist der Auffassung bei dem Begriff „Biosphärenwasser“ handele es sich nicht
um einen reinen Herkunftsbegriff. Auch sei der Hinweis auf das Biosphärenreservat
O1 in den Anzeigen nicht geeignet, den Verbraucher hierin lediglich eine
Herkunftsmitteilung sehen zu lassen. Vielmehr suggeriere die Verwendung des
Begriffs „Biosphärenwasser“ den angesprochenen Verkehrskreisen, es handele
sich um ein Biomineralwasser. Entsprechendes ergebe sich aus den eigenen
Presseerklärungen der Antragsgegnerin (K 14, K 15, Bl. 56 und 57 d. A.) in welchen
auf die Vereinigung gleich zweier Bio-Aspekte in einem Getränk, nämlich das
Biosphärenwasser sowie den Bio-Apfelsaft, hingewiesen werde. Ebenso sei mit der
Aussage „Ein Wasser, das Seinesgleichen sucht“, nicht nur eine allgemeine
Anpreisung, sondern die Inanspruchnahme einer Spitzenstellung verbunden. Eine
solche habe die Beklagte, wie sich aus den beigefügten Testunterlagen sowie der
Mitteilung des Instituts B (Anlage K 24 – 26 Bl. 117 – 129 d. A.) aber nicht inne.
Ferner hat die Antragstellerin ein Umfrageergebnis der C vorgelegt, nach welchem
die Mehrheit der Befragten mit dem Begriff „Biosphärenwasser“ ein Bioprodukt
und nicht eine Herkunftsbezeichnung verbunden haben. Ebenso habe eine große
Anzahl der Befragten angenommen, die Aussage „Ein Wasser, das Seinesgleichen
sucht“ beschreibe die Qualität eines Mineralwassers, an die kein Wettbewerber
heranreiche. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 18.06.2007
nebst Anlagen (Bl. 87 – 129 d. A.), vom 21.06.2007 nebst Anlagen (Bl. 130 – 162
d. A.) und vom 04.07.2007 nebst Anlagen (Bl. 209 – 252) verwiesen.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Zurückweisung ihres
Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie die gegen die
Streitwertfestsetzung gerichtete Beschwerde ist statthaft sowie form- und
fristgerecht eingelegt worden, mithin zulässig. In der Sache hat sie teilweise Erfolg.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 12 UWG zulässig.
Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin aus den §§ 8 Abs. 1 Satz 1,
Abs. 3 Nr. 2, 3 in Verbindung mit § 5 UWG ein Anspruch auf Unterlassung der
Werbung mit der Bezeichnung ihres Mineralwassers als „Biosphärenwasser“
entsprechend ihrem im Beschwerdeverfahren erweiterten Antrag zu Ziffer 1 zu.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist hierin nicht lediglich eine
(zutreffende) Herkunftsbezeichnung zu sehen. Vielmehr handelt es sich bei der
Bezeichnung des Mineralwassers als Biosphärenwasser zugleich um eine
irreführende Qualitätsaussage. Dies gilt gleichermaßen für die Werbung, in welcher
zusätzlich auf Herkunft des Mineralwassers aus dem Biosphärenreservat O1
hingewiesen wird (K 21 (Bl. 111 R.) und K 1 – 5 (Bl. 15 – 19) sowie für die Anzeige,
in welcher die Herkunftsangabe nicht ersichtlich ist (Anlage K 20, Bl. 110 d. A.). Mit
dem Begriff „Biosphärenwasser“ wird die Herkunftsregion gerade nicht
beschrieben, weil von deren Bezeichnung als „Biosphärenreservat O1“ lediglich
der Wortteil „Biosphäre“ wiedergegeben wird. Dieser Wortteil enthält keinerlei
Hinweis auf das Herkunftsgebiet, nämlich das Bioreservat O1, sondern bezieht sich
– worauf die Antragstellerin zu Recht hinweist - seiner eigentlichen Wortbedeutung
nach auf die Gesamtheit des von Lebewesen besiedelten Teils der Erde und ist
damit als Herkunftsangabe vollkommen nichtssagend, weil dies für jedes
Mineralwasser gilt. Auch durch den in einigen Anzeigen verwendeten Zusatz „aus
dem Biosphärenreservat O1“ erhält die Bezeichnung als „Biosphärenwasser“ nicht
die Bedeutung einer Herkunftsbezeichnung. Als reine Herkunftsmitteilung hätte
der Zusatz „aus dem Biosphärenreservat O1“ ausgereicht. Mit der zusätzlichen
Bezeichnung des Mineralwassers als „Biosphärenwasser“ wird für die
angesprochenen Verkehrskreise darüber hinaus zum Ausdruck gebracht, dass es
sich hierbei um ein Wasser besonderer Qualität handele.
Maßgeblich für die Beurteilung einer Werbeaussage ist, wie der angesprochene
Verkehrskreis die beanstandete Werbung versteht. Geht es – wie vorliegend – um
Waren des täglichen Lebens kann der Senat aus eigenem Erfahrungswissen
beurteilen, wie der Werbeslogan von den in Betracht kommenden Verkehrskreisen
aufgefasst wird (vgl. BGH Urteil vom 03.05.2001 – I ZR 318/98 - GRUR 2002, 182,
zitiert nach juris). Der Zusatz „Bio-„ bei der Lebensmittelbezeichnung oder -
werbung bringt gegenüber dem Verbraucher zum Ausdruck, es handele sich um
ein Produkt, das nach den Grundsätzen des ökologischen Anbaus gewonnen ist
oder aus entsprechend gewonnen Rohstoffen besteht und/oder im Wesentlichen
frei von Rückständen oder Schadstoffen ist, und sich hierdurch von herkömmlich
produzierten Lebensmitteln gleicher Art unterscheidet, insbesondere gesünder als
diese ist. Obwohl staatlich anerkannte Mineralwässer grundsätzlich ursprünglich
rein sein müssen und insoweit denselben Anforderungen unterliegen, suggeriert
der Zusatz „Bio„ im Zusammenhang mit einem Mineralwasser dem Verbraucher,
es handele sich um ein besonders reines Naturprodukt, welches sich von
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es handele sich um ein besonders reines Naturprodukt, welches sich von
herkömmlichen ebenfalls anerkannten Mineralwässern dadurch unterscheidet,
dass es im Gegensatz zu diesen eine besonders gesunde ökologische
Beschaffenheit aufweise.
Eine Einschränkung dieses Eindrucks wird auch nicht durch den Begriff „-sphären“
erreicht. Vielmehr weist die Bezeichnung als „Biosphärenmineralwasser“ darauf
hin, dass das Mineralwasser in einem Gebiet gefördert wird, welches besondere
ökologische Anforderungen erfüllt, die sich wiederum auf die Qualität des Wassers
auswirken. Denn der Begriff „Bio“ wird in Verbindung mit Lebensmitteln nicht in
seinem ursprünglichen Sinn sondern als besonders gesund, aus einem
ungestörten Haushalt der Natur stammend, aufgefasst. Der Begriff „Bio“ wird von
Verbrauchern mit Lebensmitteln in Verbindung gebracht, die im Gegensatz zu
herkömmlichen Lebensmitteln ganz besonders gesund und ökologisch sind und
entsprechend kontrolliert werden. Diese Einschätzung des Senats wird durch die
von der Antragstellerin zur Akte gereichten Umfrageergebnisse bestätigt.
Hiernach haben die Befragten den Begriff „Biosphärenwasser“ bei den
Spontannennungen mehrheitlich als Qualitätsbezeichnung eingeschätzt. Soweit
bei der Auswahlfrage 2. 67,4% bzw. 52,4% der Herkunftsaussage zugestimmt
haben, steht dies der vorgenannten Auslegung, die Bezeichnung als
„Biosphärenwasser“ stelle für den Verbraucher ein Qualitätsmerkmal dar, nicht
entgegen, weil sich Herkunftsvermutungen und Qualitätseinschätzungen in diesem
Fall nicht ausschlossen. Es waren Mehrfachnennungen möglich, wobei 57,9 % bzw.
55,6% der Bioproduktaussage und 56,7% bzw. 48,9% jedenfalls der Aussage, es
stehe für ein Mehr an Qualität im Vergleich zu übrigen Mineralwässern,
zugestimmt haben.
Dem gegenüber bieten für die von der UNESCO anerkannten Biosphärenreservate
keine Anhaltspunkte für eine besondere ökologische Qualität der dort geförderten
Mineralwässer. Nach den Vorgaben der UNESCO sind nicht ausschließlich wertvolle
Ökosysteme geschützt; vielmehr machen die für den Umwelt- und Naturschutz
besonders wichtigen Flächen nur einen geringen Flächenanteil aus, im
Biosphärenreservat O1 lediglich 42 Quadratkilometer von insgesamt 1850
Quadratkilometern. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der
Antragsgegnerin eingereichten Gutachten der D GmbH vom 06.05.2007. In
diesem wird betreffend die Qualität des Mineralswassers der Antragsgegnerin
lediglich festgehalten, dass ausweislich der Zulassungsanalyse des Instituts B aus
dem Jahre 2004 keinerlei Stoffe, die auf eine durch Menschen verursachte
Beeinflussung des Wassers hinweisen könnten, nachzuweisen seien. Diese
Anforderungen gelten indes für jedes amtlich anerkannte natürliche Mineralwasser,
so dass hieraus die Hervorhebung als „Biosphärenmineralswasser“ und damit als
besonders gesundes und natürliches Mineralwasser im Verhältnis zu sonstigen
Mineralwässern nicht gerechtfertigt ist.
Unbegründet ist die sofortige Beschwerde, soweit die Antragstellerin zusätzlich
eine Untersagung der Aussage „Ein Wasser, das Seinesgleichen sucht.“ begehrt.
Die Zulässigkeit einer Spitzen- oder Alleinstellungsbehauptung setzt nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass die Werbebehauptung wahr
ist, der Werbende einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern
vorzuweisen hat und der Vorsprung eine Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit
bietet. Nicht dem Irreführungsgebot unterfallen hingegen reklamehafte
Übertreibungen und reine Werturteile. Maßgebend für die Beurteilung der
Werbeaussage ist, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung
versteht (BGH Urteil vom 03.05.2001 a.a.O.). Auch insoweit kann der Senat selbst
beurteilen, wie der Werbeslogan aufgefasst wird, weil es sich um ein Lebensmittel
des täglichen Bedarfs handelt. Insofern ist dem Landgericht in seiner Beurteilung
zuzustimmen, dass es sich lediglich um eine subjektive Wertung ohne Bezug auf
objektiv überprüfbare Kriterien handelt. Mit dieser Aussage bringt die
Antragsgegnerin lediglich zum Ausdruck, dass sie von der Qualität ihres Produkts
überzeugt sei und einen Vergleich mit Konkurrenzprodukten nicht scheue. Die in
dieser Aussage enthaltene Bewertung, das Mineralwasser der Antragsgegnerin sei
nicht zu übertreffen, entzieht sich weitgehend einer objektiven Nachprüfbarkeit.
Welche Anforderungen ein Mineralwasser nach der Auffassung des
angesprochenen Verbrauchers erfüllen muss, um unübertroffen zu sein, hängt in
erster Linie von den individuellen Bedürfnissen und insbesondere dem Geschmack
des Einzelnen ab. Auch der durchschnittlich informierte und verständige
Durchschnittsverbraucher kann erkennen, dass es sich nicht objektiv und generell
für eine Vielzahl von Menschen feststellen lässt, welches Mineralwasser
unübertroffen ist. An dieser Einschätzung vermag auch das Umfrageergebnis
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unübertroffen ist. An dieser Einschätzung vermag auch das Umfrageergebnis
nichts zu ändern. Soweit die Verbraucher den Slogan als Qualitätseinschätzung
aufgefasst haben, ist hiermit keine Vorstellung verbunden, diese
Qualitätseinschätzung beziehe sich auf ein oder mehrere objektiv überprüfbare
Eigenschaften des Mineralwassers.
Eine abweichende Beurteilung käme nur für den Fall in Betracht, dass die mit dem
Ausspruch in Anspruch genommene „Spitzenstellung“ sich auf konkrete und
objektiv überprüfbare Umstände, wie etwa die Reinheit des Mineralwassers,
bezöge. Für diesen Fall wäre die Aussage im Zusammenhang mit ihrem konkreten
Bezug zu unterlassen, falls sie sich als unrichtig herausstellte. Soweit dies in
Verbindung mit der Verwendung des Begriffs „Biosphärenwasser“ nach den
vorstehenden Ausführungen im Hinblick auf eine besondere Naturreinheit des
Mineralwassers der Antragsgegnerin in Betracht kommen könnte, wird die
mögliche Irreführung bereits mit der Untersagung der Verwendung des Begriffs
„Biosphärenwasser“ beseitigt. Eine isolierte Untersagung des Slogans „Ein
Wasser, das Seinesgleichen sucht“ ist nicht erforderlich.
Begründet ist auch die Streitwertbeschwerde. Gemäß § 12 Abs. 4 UWG in
Verbindung mit § 3 ZPO ist der Streitwert nach billigem Ermessen anhand des
wirtschaftlichen Interesses der Klägerin an einer Verhinderung künftiger Verstöße
festzusetzen, wobei Art und Umfang der Sache streitwertmindernd berücksichtigt
werden können. Eine Bindung an die von der Antragstellerin geäußerten
Vorstellungen besteht nicht. Unter Berücksichtigung der möglichen Auswirkungen
der zu beanstandenden Werbung für mögliche Mitbewerber sowie Umfangs der
Sache und des Umstandes, dass es sich um ein einstweiliges Verfügungsverfahren
handelt, erachtet der Senat einen Streitwert von 30.000 Euro für angemessen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.