Urteil des OLG Frankfurt vom 19.01.2010

OLG Frankfurt: örtliche zuständigkeit, hauptsache, erlass, bindungswirkung, anpassung, quelle, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, versorgung, versendung

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Gericht:
OLG Frankfurt 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 UFH 2/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 33 VersAusglG, § 34
VersAusglG, § 218 FamFG, § 3
Abs 3 S 2 FamFG, § 5 Abs 2
FamFG
Örtliche Zuständigkeit des Familiengerichts
Tenor
Für das Verfahren ist das Amtsgericht – Familiengericht – Stuttgart zuständig.
Gründe
Der Antragsteller verlangt in dem nach dem 1. September 2009 in die
Zuständigkeit der Familiengerichtsbarkeit fallenden Verfahren nach §§ 33, 34
VersAusglG die Anpassung seiner Versorgungsbezüge. Er ist von der Beteiligten
zu 1) seit dem 23. September 1998 geschieden. Im Rahmen des
Versorgungsausgleichs sind seinerzeit zu Lasten der Versorgung bei der
Antragsgegnerin zu 2) Rentenanwartschaften in Höhe von 756,04 DM auf das
gesetzliche Rentenkonto der Antragsgegnerin zu 1) übertragen worden. Der
Antragsteller zahlt an sie aufgrund eines Urteils vom 16. Oktober 2002
monatlichen nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 382 €.
Seit dem 30. November 2009 befindet sich der Antragsteller im Ruhestand, seine
Versorgungsbezüge werden um den im Versorgungsausgleich ermittelten Betrag
gekürzt. Er hat daher beim Amtsgericht Kirchhain die Anpassung der Kürzung
beantragt (Az. 2 32 F 18/10) und gleichzeitig im hiesigen Verfahren einen Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Das Amtsgericht Kirchhain hat
am 25. November 2009 die Verfahrenbeteiligten darauf hingewiesen, dass Zweifel
an der örtlichen Zuständigkeit bestehen (Bl. 29 d.A.). Dazu ist unter Verweis auf
einen Aufsatz (FÜR 2009, 223 ff.) darauf hingewiesen worden, dass die
geschiedene Ehefrau kaum als Antragsgegnerin begriffen werden könne, weil sie
von dem Ausgang des Verfahrens nicht berührt sei. Da deswegen nur die
Antragsgegnerin zu 2) als Antragsgegner im Sinne des § 218 FamFG verstanden
werden könne, woraus wegen der fehlenden Beteiligtenstellung der
Antragsgegnerin zu 1) allein die örtliche Zuständigkeit abgelesen werden könne,
sei das für den Sitz der Antragsgegnerin zu 2) zuständige Familiengericht
Stuttgart örtlich zuständig.
Auf diesen Hinweis hat der Antragsteller Verweisung an das Familiengericht
Stuttgart beantragt. Mit Beschluss vom 1. Dezember 2009 hat das Amtsgericht
Kirchhain sich für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren ebenso wie das
Hauptsacheverfahren an das Amtsgericht Stuttgart verwiesen. Im Beschluss hat
das Amtsgericht die Auffassung vertreten, die Zuständigkeit richte sich nach § 218
Nr. 3 FamFG, weil der (einzige) Antragsgegner seinen Sitz in Stuttgart habe.
Nach Versendung der Akten an das Amtsgericht Stuttgart hat dies mit Beschluss
die Übernahme abgelehnt (ohne Datum, Bl. 41 f. d.A.). Die Zuständigkeit des
Amtsgerichts Kirchhain ergebe sich aus § 218 Nr. 2 FamFG. Die Bindungswirkung
des Verweisungsbeschlusses nach § 3 Abs. 3 S. 2 FamFG entfalle, weil das
verweisende Gericht eine eindeutige Zuständigkeitsvorschrift übergangen habe
und der Verweisungsbeschluss daher willkürlich sei.
Nach Rücksendung der Akte hat das Amtsgericht Kirchhain den Vorgang dem
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Nach Rücksendung der Akte hat das Amtsgericht Kirchhain den Vorgang dem
Oberlandesgericht mit Beschluss vom 8. Januar 2010 zur
Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt und darin noch einmal ausgeführt, dass eine
Zuständigkeit nach § 218 Nr. 2 FamFG nicht erkennbar sei, da die Vorschriften der
§§ 217 ff. FamFG ersichtlich nicht auf die Anpassungsverfahren nach §§ 33, 34
VersAusglG anzuwenden seien. Gleichzeitig ist das Hauptsacheverfahren dem
Oberlandesgericht zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt worden. Hier ist die
Zuständigkeit des Familiengerichts Stuttgart mit Beschluss vom 21. Januar 2010
bestimmt worden (Az. 2 UFH 1/2010).
II.
Der Senat ist gemäß § 5 Abs. 2 FamFG zur Entscheidung im Streit über die örtliche
Zuständigkeit berufen, weil sich zwei Gerichte für unzuständig erklärt haben, deren
nächst höheres gemeinsames Gericht der Bundesgerichtshof ist und das
Amtsgericht Kirchhain als zuerst mit der Sache befasstes Gericht im
Gerichtsbezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main liegt.
Zuständig ist das Amtsgericht Stuttgart nach § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG und
aufgrund bindender Verweisung nach § 3 FamFG in der Hauptsache.
Insoweit kann auf die Ausführungen zum Beschluss in der Hauptsache (2 UFH
1/2010) Bezug genommen werden, wonach der Verweisungsbeschluss in der
Hauptsache Bindungswirkung nach § 3 FamFG entfaltet hat, weil die nach
Zustellung des Antrags erfolgte Verweisung keinen willkürlichen Akt darstellte.
Ist zuständiges Gericht für die Hauptsache das Familiengericht Stuttgart, dann ist
dieses auch für das Verfahren betreffend den Erlass einer einstweiligen Anordnung
zuständig, § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG. Danach bestimmt sich die örtliche
Zuständigkeit für den Erlass der einstweiligen Anordnung nach der Zuständigkeit
für die Hauptsache. Diese Vorschrift stellt den Gleichlauf der Zuständigkeiten für
einstweilige Anordnungsverfahren und Hauptsacheverfahren zur Meidung
widersprechender Entscheidungen und Wahrung prozessökonomischer
Verfahrensweise sicher (Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, Rn. 1, 3 zu § 50 FamFG).
Unabhängig davon, dass auch die im Verfahren zur einstweiligen Anordnung
vorgenommene Verweisung nicht willkürlich erfolgte, besteht also die
Zuständigkeit des Amtsgerichts – Familiengerichts – Stuttgart nach
Zuständigkeitsbestimmung in der Hauptsache auch für das Verfahren die
einstweilige Anordnung betreffend.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.