Urteil des OLG Frankfurt vom 15.05.2007

OLG Frankfurt: amtsenthebung, verfügung, gefährdung, firma, bestätigung, präsident, grundstück, ermittlungsverfahren, notlage, dokumentation

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Gericht:
OLG Frankfurt 2.
Senat für
Notarsachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Not 11/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 50 BNotO
Amtsenthebungsverfahren: Darlegungslast eines Notars
bei der Vermutung des Vermögensverfalls;
Interessenvermengung bei Grundstücksgeschäften
Leitsatz
Zur Vermutung des Vermögensverfalls eines Notars aufgrund der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über sein Vermögen
Tenor
Der Antrag des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Geschäftswert wird auf 50.000,- € festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag gegen die Ankündigung des
Antragsgegners, ihn seines Amtes als Notar zu entheben.
Das Amtsgericht … hat auf Antrag des Finanzamts … mit Beschluss vom 31.
August 2005 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers wegen
Zahlungsunfähigkeit eröffnet.
Daraufhin hat der Präsident des Landgerichts … mit Bescheid vom 28. September
2005 den Notar nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 und 8 i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNotO
vorläufig des Amtes enthoben.
Die sofortige Beschwerde des Notars gegen die diesen Bescheid bestätigende
Entscheidung des 2. Notarsenats des OLG vom 20. April 2006 (2 Not 19/05) hat
der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 20. November 2006 (NotZ 26/06)
zurückgewiesen.
Nunmehr hat der Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main dem
Antragsteller mit Bescheid vom 13. September 2006 eröffnet, dass er seine
endgültige Amtsenthebung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 und 8 BNotO in Aussicht
nimmt. Zur Begründung hat er unter Bezugnahme auf das vorläufige
Amtsenthebungsverfahren ausgeführt, dass der Antragsteller die mit der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbundene Vermutung des Vermögensverfalls
nicht widerlegt habe. Zudem ließe die Vermögenslage des Antragstellers weiterhin
eine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden besorgen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid (Bl. 218 ff d.A. II a K 1859/17 - SH
2004 - I/3) Bezug genommen.
Gegen diesen ihm am 16. September 2006 zugestellten Bescheid hat der
Antragsteller mit einem am 16. Oktober 2006 bei Gericht eingegangenen
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Antragsteller mit einem am 16. Oktober 2006 bei Gericht eingegangenen
Schriftsatz Antrag auf Entscheidung des Disziplinargerichts nach § 50 Abs. 3 S. 3
BNotO gestellt.
Zur Begründung hat er - wie bereits in dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof
- die beglaubigte Kopie einer Bestätigung des Herrn A bzw. der Firma B vom 14.
Juni 2006 vorgelegt, wonach die Firma bereit sei, ihm im Rahmen des
Insolvenzverfahrens einen Betrag von 150.000,- € zur Verfügung zu stellen, um auf
diese Weise zu ermöglichen, dass ein Insolvenzplanverfahren durchgeführt werden
könne.
Damit, so der Antragsteller, bestünde aufgrund eines Insolvenzplans die
begründete Möglichkeit, dass er zukünftig nach Abschluss des Insolvenzverfahrens
wieder in geordneten Einkommens- und Vermögensverhältnissen leben könne.
Zudem hätten sich für das der Ehefrau gehörende Anwesen X in … mehrere
ernsthafte Kaufinteressenten herauskristallisiert, so dass das Grundstück
außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens freihändig verkauft und die über
das Grundstück abgesicherte C-Bank, die ihm gegenüber eine Forderung in Höhe
von ca. 1,3 Mio. € habe, abgefunden werden könne. Zugleich entfiele eine
Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden.
In diesem Zusammenhang weist der Antragsteller darauf hin, dass das gegen ihn
wegen Aufnahme diverser Darlehen geführte Ermittlungsverfahren nach § 170
Abs. 2 StPO eingestellt worden ist.
In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat vom 10. Mai 2007 hat
der Antragsteller ergänzend vorgetragen, dass der in Aussicht gestellte Betrag
von 150.000,- € zwar nicht gezahlt worden sei; der Insolvenzverwalter habe ihm
gegenüber jedoch erklärt, dass das Insolvenzverfahren noch in diesem Jahr
abgeschlossen werde. Zudem habe der Insolvenzverwalter die
Eigentumswohnungen verkauft, und die C-Bank sei bereit, bei einem freihändigen
Verkauf des Anwesens X in … auf ihre Restforderung zu verzichten.
Der Antragsteller beantragt, die Verfügung des Präsidenten des
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. September 2006 aufzuheben.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Er verteidigt die angekündigte Amtsenthebung.
II. Der Antrag ist gemäß § 50 Abs. 3 S. 3 BNotO zulässig, aber nicht begründet.
Dem Antragsteller gelingt es weiterhin nicht, die nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 BNotO
durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen begründete
Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen. Soweit er die „Bestätigung“ des
Herrn A bzw. der Fa. B über die Zurverfügungstellung eines Betrags von 150.000,-
€ vorlegt, hat sie bereits der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.
November 2006 nicht als hinreichenden Anhaltspunkt dafür erachtet, dass die
Vermögensverhältnisse des Notars dadurch in absehbarer Zeit wieder geordnet
werden könnten, dass im Rahmen des Insolvenzverfahrens ein
Insolvenzplanverfahren durchgeführt und hierdurch eine Schuldbefreiung des
Antragstellers ermöglicht wird.
Auf die Begründung des Bundesgerichtshofs wird Bezug genommen.
Im Übrigen hat der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
selbst eingeräumt, dass der Betrag von 150.000,- € nicht mehr zur Verfügung
steht.
Auch im Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die finanziellen Verhältnisse des
Antragstellers in absehbarer Zeit wieder geordnet werden könnten. Selbst wenn -
wie er ohne Beibringung von dies stützenden Unterlagen behauptet - die
Eigentumswohnungen verkauft worden sein sollten und es ihm - entgegen der
bislang nur vage gebliebenen Ankündigung - gelingen sollte, das Anwesen der
Ehefrau zu veräußern, blieben immer noch Verbindlichkeiten in Höhe von rund 1,3
Mio. €, wie bereits der Bundesgerichtshof in seinem oben angeführten Beschluss
festgestellt hat. Soweit der Antragsteller behauptet, das Insolvenzverfahren werde
nach einer Erklärung des Insolvenzverwalters bis zum Ende des Jahres
abgeschlossen sein, fehlt es an jeglichem Nachweis; es ist aber Sache des
Antragstellers, die Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen.
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Bei dieser Sachlage sind auch die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO
weiter zu bejahen. Dabei ist unerheblich, dass das Ermittlungsverfahren gegen den
Antragsteller wegen diverser Darlehensgeschäfte eingestellt worden ist.
Selbst wenn in strafrechtlicher Hinsicht keine Konsequenzen zu ziehen waren, so
zeigt insbesondere die Grundstücksangelegenheit der Eheleute D ./. E deutlich -
worauf auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20. November
2006 hingewiesen hat -, dass der Antragsteller private und amtliche
Angelegenheiten vermengt und hierdurch die Interessen der von ihm unparteiisch
und unabhängig zu betreuenden Rechtssuchenden in erheblichem Umfang
gefährdet hat.
Diese Gefährdung der Interessen Rechtssuchender ist - entgegen der von dem
Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen
Auffassung - auch nicht dadurch ausgeräumt, dass ein „Verwalter für seine
Notarkanzlei bestellt worden“ sei.
Soweit für die Dauer der vorläufigen Amtsenthebung ein Vertreter bestellt worden
ist, dient dies zwar dem Schutz der Interessen der Rechtssuchenden; dieser
Schutz würde jedoch wieder wegfallen, wenn es nicht zu einer endgültigen
Amtsenthebung käme und der Antragsteller - trotz seiner finanziellen Notlage -
wieder die Notargeschäfte führen könnte.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 111 Abs. 4 S. 2 BNotO i.V.m. § 201 Abs. 1
BRAO. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 111 Abs. 4 BNotO, 202
Abs. 2 BRAO, 30 Abs. 2 KostO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.