Urteil des OLG Frankfurt vom 07.01.2004

OLG Frankfurt: grundbuchamt, gbv, bauer, beruf, zwischenverfügung, grundbucheintragung, wohnung, identifizierung, parteibezeichnung, rechtspersönlichkeit

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 438/2003, 20
W 438/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 867 ZPO, § 15 Abs 1 GBO, §
432 BGB, § 15 Abs 1 Buchst a
GBVfg
(Grundbucheintragung einer Zwangssicherungshypothek
auf Wohnungseigentum: Notwendige Angaben bei
Eintragung der vollstreckenden
Wohnungseigentümergemeinschaft)
Leitsatz
Das Grundbuchamt hat bei Eintragung einer Zwangssicherungshypothek die
vollstreckungsrechtlichen und die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen selbstständig
zu überprüfen.
Zu den grundbuchrechtlichen Voraussetzungen gehört auch bei großen
Wohnungseigentümergemeinschaften die Angabe der Geburtsdaten sämtlicher als
Vollstreckungsgläubiger auftretender Wohnungseigentümer.
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren
Beschwerde, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 1.685,39
€ festgesetzt.
Gründe
Die Antragsteller beantragten mit am 21.01.2003 beim Grundbuchamt
eingegangenen Schriftsatz (Bl. 11/1 d. A.) unter Vorlage von
Vollstreckungsbescheiden des AG Hünfeld vom 09.07.2002 -Az. 02-1536640-03-N
und vom 12.09.2002 -Az. 02-1625456-09-N- die Eintragung einer
Zwangssicherungshypothek an dem betroffenen Grundbesitz wegen einer
Gesamtforderung von 1.685,39 € nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz
mit einem Höchstbetrag von 7,57 %. Mit Zwischenverfügung vom 22.01.2003 (Bl.
11/3 d. A.) verlangte das Grundbuchamt die Angabe des Geburtsdatums zur
Überprüfung der Identität des Vollstreckungsschuldners bzw. eingetragenen
Eigentümers. Ferner wurde die Eintragung von der Angabe aller Geburtsdaten
(Geburtsname und -datum) der Vollstreckungsgläubiger und des
Anteilsverhältnisses der Gläubiger untereinander nach § 47 GBO abhängig
gemacht und beanstandet, dass die eingereichte Liste der Gläubiger nicht mit
dem Vollstreckungsbescheid vom 09.07.2002 durch Siegel verbunden sei. Mit
Beschluss vom 08.05.2003 (Bl. 11/5 d. A.) wies das Grundbuchamt den Antrag
zurück, nachdem die Zwischenverfügung unerledigt geblieben war. Die dagegen
von den Antragstellern eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Das Landgericht hat
zwar die Angabe des Geburtsdatums des Vollstreckungsschuldners nicht für
erforderlich erachtet. Im übrigen hat es aber ausgeführt, von der Angabe der nach
§ 15 Abs. 1 lit. a GBV zur Bezeichnung des Berechtigten im Grundbuch
vorgeschriebenen Angabe jedenfalls des Geburtsdatums der Gläubiger könne
nicht abgesehen werden, die entsprechende Ermittlung sei auch nicht die Aufgabe
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nicht abgesehen werden, die entsprechende Ermittlung sei auch nicht die Aufgabe
des Grundbuchamtes. Die nach § 47 GBO erforderliche, in den Vollstreckungstiteln
aber fehlende Angabe des Anteilsverhältnisses der Gläubiger könne zwar durch
formlose Angabe im Eintragungsantrag ersetzt werden. Da diese fehlende Angabe
aber auch nach Zwischenverfügung nicht nachgeholt wurde, sei die Zurückweisung
des Eintragungsantrags berechtigt. Mit der weiteren Beschwerde gegen den ihre
Erstbeschwerde zurückweisenden Beschluss des Landgerichts machen die
Antragsteller geltend, dass eine zweifelsfreie Identifizierung auch anhand der
Wohnungs- bzw. Garagennummern erfolgen könne, die Angabe von Namen, Beruf
und Wohnort seien keine unabdingbare Eintragungsvoraussetzung. Es sei
widersinnig, wenn die Hausverwaltung, die selbst keine Kenntnis von den jeweiligen
Nummern der Grundbuchblätter habe, diese beim Grundbuchamt einsehen
müsse, während das Grundbuchamt trotz seiner Kenntnisse von der
Eintragungsstelle von jeglicher Mitwirkung ausgenommen werde. Da sich aus dem
Rubrum ergebe, dass es sich bei den Vollstreckungsgläubigern um
Wohnungseigentümer handele und anerkanntermaßen die Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer eine Gemeinschaft nach Bruchteilen bilde, sei das für die
Gemeinschaft maßgebliche Rechtsverhältnis bereits durch Auslegung zu ermitteln.
Jede Verpflichtung zur ausdrücklichen Angabe sei überflüssig.
Die weitere Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 78, 80 Abs. 1 Satz 1 GBO, aber
nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung
des Rechts beruht ( §§ 78 GBO, 546 ZPO). Zu Recht ist das Landgericht davon
ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Eintragung der beantragten
Zwangssicherungshypothek nicht vorliegen. Das Grundbuchamt hat bei Eintragung
einer Zwangssicherungshypothek selbständig zu überprüfen, ob sowohl die
Vollstreckungsvoraussetzungen nach der ZPO als auch die grundbuchrechtlichen
Eintragungserfordernisse gegeben sind (Demharter: GBO, 24. Aufl., Anhang zu §
44, Rdnr. 67; Bauer/von Oefele: GBO, AT I Rdnr. 124; Zöller/Stöber: ZPO, 24. Aufl.,
§ 867, Rdnr. 1). Dabei sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass
auf Grund eines Titels, der die Wohnungseigentümer als Vollstreckungsgläubiger
ausweist, auch diese persönlich als Berechtigte der beantragten
Zwangssicherungshypothek nach §§ 1115, 1184 BGB, 866 ff. ZPO einzutragen
sind. Weder kann die Gemeinschaft als solche als Berechtigte eingetragen werden,
da sie nach derzeit überwiegender Ansicht (Niedenführ/Schulze: WEG, 6. Aufl. § 10,
Rdnr. 2; Palandt/Bassenge: BGB, 63. Aufl., Überblick vor § 1 WEG, Rdnr. 12;
Demharter: aaO., § 19, Rdnr. 106; Bauer/von Oefele, aaO., AT I 29 mit Fußnote 178
zum Meinungsstand) nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt, also
auch nicht grundbuchfähig ist, noch kann die Verwalterin als Berechtigte
eingetragen werden, da sie den Titel nicht als Verfahrensstandschafterin der
Wohnungseigentümer (vgl. hierzu BGH NJW 2001, 3627) im eigenen Namen erwirkt
hat. Wie grundbuchrechtlich die Eintragung der Berechtigten zu erfolgen hat,
bestimmt der § 15 Abs. 1 lit. a GBV zwingend und unabhängig von den
Anforderungen an die Bestimmtheit der Parteibezeichnung im
Erkenntnisverfahren. Danach sind zur Bezeichnung des Berechtigten im
Grundbuch bei natürlichen Personen der Name (Vorname und Familienname -
nicht auch der Geburtsname, dessen Angabe das Grundbuchamt verlangt hat- ),
der Beruf, der Wohnort sowie nötigenfalls andere die Berechtigten deutlich
kennzeichnende Merkmale (zum Beispiel das Geburtsdatum) anzugeben. Dabei ist
das Geburtsdatum stets anzugeben, wenn es sich aus den Eintragungsgrundlagen
ergibt. Wird das Geburtsdatum angegeben, bedarf es nicht der Angabe des Berufs
und des Wohnortes. Vorliegend enthält die den Vollstreckungstiteln beigefügte
Eigentümerliste weder Geburtsdaten, noch Angaben zu den Berufen der
Wohnungseigentümer, genügt demnach den mit Rücksicht auf die besonderen
Sicherheitsinteressen des Grundbuchverkehrs verschärften Anforderungen des §
15 Abs. 1 lit. a GBV nicht (Demharter aaO., Anhang zu § 44 Rdnr. 6, § 13 Rdnr. 20,
§ 19 Rdnr. 106; Bauer/von Oefele, aaO., § 13, Rdnr. 58). Trotz ihrer Bezeichnung
handelt es sich bei der GBV um eine Rechtsverordnung (Schöner/Stöber:
Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 32), zu deren Einhaltung das Grundbuchamt
verpflichtet ist. Allerdings sind die Angaben von Namen, Beruf und Wohnort nicht in
jedem Fall unabdingbare Voraussetzungen der Eintragung, wenn der Zweck der
Vorschrift, eine zweifelsfreie Identifizierung der eingetragenen Berechtigten
sicherzustellen, auf anderer Weise erreicht werden kann. Es kann dahingestellt
bleiben, ob dafür entsprechend der Auffassung des OLG Köln (Rpfleger 1994, 496=
MDR 1995, 36) die Angabe der Grundbuchblattnummer, unter der die jeweiligen
Gläubiger als Eigentümer eingetragen sind, neben Name und Wohnort
ausreichend wäre. Vorliegend sind diese Angaben in der Eigentümerliste ebenfalls
nicht enthalten, sondern Telefonnummern - nicht bei allen Gläubigern- und die
Lage der jeweiligen Wohnung, z. B. Haus ... 1. OG links. Diese Angaben sind
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Lage der jeweiligen Wohnung, z. B. Haus ... 1. OG links. Diese Angaben sind
jedenfalls nicht ausreichend an Stelle des Geburtsdatums, da sie nicht in gleicher
Weise auf Dauer einer Person zugeordnet sind. Für die Telefonnummer liegt dies
bei der zunehmenden Verbreitung des Handy-Telefons und daraus resultierenden
mehrfachen Telefonnummern für dieselbe Person auf der Hand. Bei der Angabe
der konkreten Lage der Wohnung entfällt die Verbindung zu der Person des
Gläubigers im Fall einer Veräußerung des Wohnungseigentums, die auch bereits
zwischen dem Erlass des Titels und der Eintragung erfolgt sein kann. Ein Absehen
von der Einhaltung des § 15 Abs. 1 lit. a GBV, weil die Angabe der Geburtsdaten
unmöglich oder ihre Beschaffung nur mit ungewöhnlichen, nicht zumutbaren
Schwierigkeiten verbunden wäre, hält der Senat nicht für gerechtfertigt. Jedenfalls
ohne entsprechende Regelung dieses seit Jahrzehnten bekannten Problems der
Eintragung großer Eigentümergemeinschaften als Berechtigte einer
Zwangshypothek im Grundbuch durch den Gesetzgeber können reine
Praktikabilitätsgründe nicht dazu führen, im Interesse der Rechtssicherheit des
Grundbuchverkehrs begründete zwingende Vorschriften wie den § 15 Abs. 1 lit. a
GBV nicht anzuwenden. Vorliegend treten die Antragsteller jeweils persönlich als
Vollstreckungsgläubiger auf, es liegt deshalb an ihnen, ihr eigenes Geburtsdatum
anzugeben. Auch wenn es sich um ca. 150 Antragsteller handelt, ist die
Schwierigkeit für jeden einzelnen nicht anders als wenn nur ein
Vollstreckungsgläubiger Antragsteller wäre. Soweit in der Begründung der weiteren
Beschwerde auf die Belastung des Verwalters mit entsprechenden Ermittlungen
abgestellt wird, ist zu berücksichtigen, dass bei dem betroffenen Grundbuchamt
das elektronische Grundbuch eingeführt ist. Dabei besteht die Möglichkeit, am
Bildschirm die sich aus dem Bestandsverzeichnis des betroffenen
Grundbuchblattes ergebenden Eintragungen der weiteren Miteigentumsanteile in
Blatt ... bis ... einzusehen und der Eintragung in Abteilung I die Geburtsdaten der
Antragsteller zu entnehmen. Da es sich um ein Antragsverfahren handelt, ist das
Grundbuchamt zu eigenen Ermittlungen weder berechtigt, noch verpflichtet, § 12
FGG gilt insoweit nicht (Demharter: aaO., § 13, Rdnr. 5; Schöner/Stöber, aaO.,
Rdnr. 16, 152; BayObLG NZM 2001, 775= FGPrax 2001, 93).
Da die Zurückweisung des Eintragungsantrages bereits wegen der fehlenden
Angabe der Geburtsdaten der Antragsteller gerechtfertigt ist, kann dahingestellt
bleiben, ob auch die fehlende Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses nach § 47
GBO in dem Eintragungsantrag die Zurückweisung gerechtfertigt hätte. Nur zur
Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass die Bezeichnung der Antragsteller als
Wohnungseigentümer im Vollstreckungstitel nicht die Auslegung erlaubt, die
Antragsteller seien als Berechtigte in Bruchteilsgemeinschaft im Grundbuch
einzutragen. Die titulierte Wohngeldforderung, für die die
Zwangssicherungshypothek eingetragen werden soll, steht den übrigen
Wohnungseigentümern als Mitgläubigern im Sinn von § 432 BGB zu und geht auf
Zahlung an alle. Dementsprechend wären alle Antragsteller mit dem Zusatz
"Mitgläubiger gemäß § 432 BGB in Wohnungseigentumsgemeinschaft" als
Berechtigte der Zwangssicherungshypothek einzutragen (Palandt/Bassenge aaO.,
§ 16, Rdnr. 19; Demharter, aaO., § 19, Rdnr. 106; Schöner/Stöber, aaO., Rdnr.
2182; KG OLGZ 86, 47).
Die Gerichtskostenentscheidung folgt aus § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO. Eine
Erstattung außergerichtlicher Kosten war mangels Beteiligung des
Vollstreckungsschuldners in diesem Verfahrenstadium nicht anzuordnen (§ 13 a
Abs. 1 Satz 1 FGG).
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1, 23
Abs. 2 KostO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.