Urteil des OLG Frankfurt vom 13.02.2001

OLG Frankfurt: punitive damages, ordre public, world trade organization, haager zustellungsübereinkommen, treu und glauben, anerkennung eines urteils, internationales zivilprozessrecht, rechtshilfe

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 VA 7/2000, 20
VA 7/00
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 23 GVGEG, §§ 23ff GVGEG,
Art 13 ZustÜbkHaag, § 242
BGB
(Zustellung einer ausländischen Klage im Wege der
Rechtshilfe: Ablehnung des Zustellungsersuchens wegen
Unvereinbarkeit mit dem deutschen ordre public;
Einwendung des Rechtsmißbrauchs und der
Völkerrechtswidrigkeit)
Tenor
Die Anträge der Antragstellerin werden auf deren Kosten zurückgewiesen.
Der Geschäftswert beträgt 1.000.000,-- DM.
Gründe
Die Antragstellerin bietet weltweit Druckmaschinen an, die in Deutschland
hergestellt und in den USA durch eine Tochtergesellschaft vertrieben werden. Eine
in der gleichen Branche tätige amerikanische Gesellschaft hat gegen die
Antragstellerin, eine weitere deutsche Anbieterin sowie japanische Anbieter beim
US-District Court Northern District of Iowa Klage eingereicht wegen Verstoßes
gegen das Antidumping-Gesetz von 1916. Die US-Klageschrift vom 7. März 2000
ist der Antragstellerin auf Veranlassung des Hessischen Ministeriums der Justiz am
29.09.2000 zugestellt worden. Dagegen wendet sich die Antragstellerin. Sie
verweist darauf, dass die Welthandelsorganisation (WTO) einer Klage der
Europäischen Union stattgegeben und das Antidumping-Gesetz der Vereinigten
Staaten für nicht vereinbar mit den internationalen Handelsregeln erklärt hat.
Die Antragstellerin ist deshalb unter Vorlage von Rechtsgutachten zweier
deutscher Rechtslehrer der Auffassung, dass die Zustellung aus rechtlichen
Gründen noch nicht bzw. nicht habe durchgeführt werden dürfen. Sie begehrt
sinngemäß, dass die Zustellung für unwirksam erklärt wird und dem
Antragsgegner aufgegeben wird, ein Zustellungszeugnis derzeit nicht zu erteilen.
Letzteres hat das Hessische Ministerium der Justiz bislang mit Rücksicht auf dieses
Verfahren und die gestellten Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz unterlassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Antragstellerin wird auf ihre
Schriftsätze, das Kurzgutachten und das Ergänzungsgutachten des ersten
Privatgutachters und das Gutachten des zweiten Privatgutachters sowie die den
Schriftsätzen weiter beigefügten Unterlagen verwiesen.
Der Antragsgegner verteidigt sein Vorgehen. Er ist der Ansicht, dass die
Antragstellerin mögliche Einwendungen gegen die Fortgeltung des Antidumping-
Gesetzes von 1916 und insbesondere dessen mögliche Unvereinbarkeit mit
späteren völkerrechtlichen Vorschriften in dem gegen sie angestrengten
Zivilprozess in den USA vorbringen könne.
Zu dem zweiten von der Antragstellerin vorgelegten Rechtsgutachten, das eine
Ausnahme von der vertraglich übernommenen Zustellungsverpflichtung hier für
geboten hält, weil der ersuchte Staat bei Zustellung Gefahr laufe, sich selbst der
völkerrechtlichen Haftung auszusetzen und weil unverzichtbare Grundsätze der
Rechtsstaatlichkeit offenkundig gefährdet seien, hat der Antragsgegner keine
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Rechtsstaatlichkeit offenkundig gefährdet seien, hat der Antragsgegner keine
Stellungnahme abgegeben.
Das im Verfahren nach den §§ 23 ff EGGVG erhobene Begehren der Antragstellerin
ist zulässig. Wie der Senat schon früher entschieden hat (Beschluss vom
21.03.1991, Az. 20 VA 2/91 = RIW 1991, 417 = OLGZ 1992, 89 ff = IPRax 1992,
166 ff = IPRspr 1991, Nr. 199) kann die Unwirksamkeit der Zustellung im
internationalen Rechtshilfeverkehr auch nach Vornahme der Zustellung noch
geltend gemacht werden. Das gilt erst recht, soweit das Zustellungszeugnis noch
nicht ausgestellt bzw. weitergeleitet ist (vgl. dazu Anm. von Stadler, Die
gerichtliche Überprüfung von Zustellungsverfügungen der Zentralen Behörde nach
erfolgter Zustellung, IPRax 1992, 147 ff). Das Begehren der Antragstellerin ist
jedoch nicht begründet.
Für die Zulässigkeit der Zustellung maßgeblich ist das Haager Übereinkommen
über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland
in Zivil- und Handelssachen vom 15.11.1965 (HZÜ-BGBL 1977 II, 1452). Die
bisherige Erledigung des Zustellungsersuchens durch das Hessische Ministerium
der Justiz entspricht Art 13 HZÜ.
Nach Art 13 I HZÜ kann ein Zustellungsersuchen nur abgelehnt werden, wenn der
ersuchte Staat die Zustellung für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine
Sicherheit zu gefährden. Wann die Durchführung eines ausländischen
Zustellungsersuchens die Hoheitsrechte und die Sicherheit der Bundesrepublik
gefährdet, hat bislang niemand genau definiert (Geimer, Internationales
Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1997, Rn 2159). Bejaht worden ist eine Gefährdung der
Hoheitsrechte der Bundesrepublik Deutschland für das Ersuchen eines
ausländischen Gerichts, einem Verfahrensbeteiligten eines inländischen Prozesses
ein Prozessfortführungsverbot (sog. "antisuit injunction") zuzustellen (OLG
Düsseldorf, IPRax 1997, 260 = ZIP 1996, 294 = ZZP 109 (1996), 221 ff mit Anm.
Mansel, Grenzüberschreitende Prozeßführungsverbote (antisuit injunctions) und
Zustellungsverweigerung, EuZW 1996, 335 ff; Mankowski, EwiR 1996, 321/322 und
Stümer, ZZP 109 (1996),224 ff, 232).
Die Entstehungsgeschichte des Art 131 HZÜ zeigt Verbindungslinien zum ordre
public auf, gleichwohl ist es nicht gerechtfertigt, den Begriff der Gefährdung der
Hoheitsrechte mit dem allgemeinen ordre public gleichzusetzen (Stadler, JZ 1995,
718 ff, 719/720; Pfennig, Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen;
1988, S. 97 ff). Eine Unvereinbarkeit des Klagebegehrens mit dem deutschen
ordre public reicht für eine Ablehnung allein nicht aus, wie auch das
Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung ausgeführt hat, die zur Frage der
Verfassungsmäßigkeit der Gewährung von Rechtshilfe durch Zustellung einer
Klage auf punitive damages (Strafschadensersatz nach US-amerikanischem
Recht) ergangen ist (BVerfGE 91, 335 ff= NJW 1995, 649 ff= IPRax 1996, 112 -115
= JZ 1995, 716 ff= ZIP 1994,1354). In der Rechtsprechung und in der Literatur ist
immer wieder herausgestellt worden, dass ein Zustellungsersuchen nur dann
abgelehnt werden kann, wenn die Zustellung besonders schwere
Beeinträchtigungen der Wertungsgrundlagen der Rechtsordnung des ersuchten
Staates mit sich brächte (OLG München, NJW 1989, 3102 ff; OLG Düsseldorf, NJW
1992, 3110 ff; OLG München, NJW 1992, 3113; KG OLGZ 1994, 587 ff; Geimer, EWiR
1995; 161 ff; Morisse, Die Zustellung US-amerikanischer Punitive-damages-Klagen
in Deutschland, RIW 1995, 370 ff). Einigkeit besteht auch insoweit, dass die
Bewilligung der Zustellung nichts darüber besagt, ob das zu erlassende
ausländische Urteil später auch in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt und
vollstreckt werden kann (Schlosser, EuGVÜ/HZÜ (1996), Art. 13 HZÜ Rn 1).
Keinesfalls darf bereits im Rahmen der Zustellungsprüfung eine
vorweggenommene versteckte revision au fond bezüglich des möglichen
ausländischen Urteils durchgeführt werden Bungert, EwiR 1994, 1111/1112). Art 13
HZÜ gibt keinen Anspruch auf prohibitiven Schutz vor fremden Rechtsinstituten
und deren Auswirkungen in fremden Hoheitsgebieten (OLG Frankfurt, a.a.O., 418).
Mit Recht wird auch darauf hingewiesen, dass bei der Anwendung des Art. 13 HZÜ
dem supranationalen Charakter der Vorschrift Rechnung getragen werden muss
und sie nicht etwa allein aus deutscher Sicht ausgelegt werden kann
(Koch/Diederich, Grundrechte als Maßstab für Zustellungen nach den Haager
Zustellungsübereinkommen, ZIP 1994, 1830 ff). Insoweit gewinnt an Bedeutung,
dass das HZÜ vorrangig sicherstellen soll, dass Empfängern im Ausland
zuzustellende Schriftstücke rechtzeitig zur Kenntnis gebracht werden. Würden die
Grundsätze der innerstaatlichen Rechtsordnung bereits zum Maßstab für die
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Grundsätze der innerstaatlichen Rechtsordnung bereits zum Maßstab für die
Zustellung gemacht, so würde der internationale Rechtshilfeverkehr erheblich
beeinträchtigt. Letztlich verbessert das HZÜ die Rechtsstellung inländischer
Parteien, indem es sicherstellt, dass diese grundsätzlich nicht im Ausland mit
einem Zivilprozess überzogen werden, von dem sie keine Kenntnis haben (Art. 15 I
HZÜ; Denkschrift zum Übereinkommen, BT-Drucksache 7/4892, S. 48). Die
Zustellung bewirkt auch nur eine Gefährdung der finanziellen Interessen des
jeweiligen Beklagten, denn ob dieser im Sinne der Klage verurteilt wird, stellt sich
erst bei Abschluss des ausländischen Verfahrens heraus. Dementsprechend und
mit Rücksicht auf die Möglichkeit, unter den Voraussetzungen des § 3281 Nr. 4
ZPO den Zugriff des Gläubigers auf das inländische Vermögen zu verhindern, hat
das BVerfG die Einbeziehung in das ausländische Verfahren durch die Zustellung
auch für zumutbar gehalten (BVerfG, a.a.O.). Dabei hat das BVerfG in die
Prüfungserwägungen auch miteinbezogen, dass das ausländische Verfahren nach
Maßgabe des Art. 15 II HZÜ. letztlich auch ohne Nachweis der Zustellung
durchgeführt werden kann (s. hierzu auch Jünger/ Reimann, Zustellung von Klagen
auf punitive damages nach dem Haager Zustellungsübereinkommen, NJW 1994,
3274 ff).
Art. 15 II HZÜ kommt dem Recht derjenigen Staaten entgegen, die den
Klägerschutz in den Vordergrund stellen. Nach Ansicht dieser Staaten soll der Art.
15 Abs. 2 HZÜ im Interesse des Klägers Abhilfe schaffen, wenn die Übergabe der
prozesseinleitenden Schriftstücke im Ausland auf Schwierigkeiten stößt. Eine
solche Erklärung haben die USA abgegeben (Denkschrift, a.a.O., S. 48; Pfeil-
Kammerer, Deutsch-amerikanischer Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen, 1986, S.
156). Danach kann der amerikanische Richter entscheiden, wenn die
zuzustellenden Schriftstücke nach einem im HZÜ vorgesehenen Verfahren
übermittelt worden sind, seit der Absendung des Schriftstücks eine Frist von
mindestens sechs Monaten verstrichen ist und trotz aller zumutbaren Schritte bei
den zuständigen Behörden des ersuchten Staates ein Zeugnis nicht zu erlangen
ist (Pfeil-Kammer, a.a.O.; vgl. auch Geimer, ZZP 1990, 477 ff, 490).
Das Bundesverfassungsgericht hat es in der oben zitierten Entscheidung jedoch
offengelassen, ob Art 21 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip dann zur
Verweigerung der internationalen Rechtshilfe zwingen könnte, wenn das mit der
zuzustellenden "Klage angestrebte Ziel offensichtlich gegen unverzichtbare
Grundsätze eines freiheitlichen Rechtsstaats verstieße, wie sie auch in
internationalen Menschenrechtsübereinkommen verankert sind" (vgl. hierzu auch
Hau, Zustellung ausländischer Prozessführungsverbote: Zwischen Verpflichtung
zur Rechtshilfe und Schutz inländischer Hoheitsrechte, IPRax 1997, 245 ff). Geimer
(ZZP 1990, 477, S.) hat vor der Auslösung der Zustellungsfiktionen gewarnt,
gleichwohl es für möglich erachtet, dass es Fälle geben könne, in denen der Inhalt
der zuzustellenden ausländischen Entscheidung total konträr sei zur Rechtsidee
schlechthin und daher die Durchführung der Zustellung unter der Ägide deutscher
Rechtshilfebehörden als Akt der Beihilfe zu völkerrechtswidrigem oder absolut
unmoralischem Verfahren bedeute.
Diese eben genannten zustellungshindernden Schwellenwerte werden von der hier
zuzustellenden bzw. zugestellten Klage nicht überschritten. Das
Zustellungsersuchen bewegt sich vielmehr noch in dem oben genannten Rahmen
des HZÜ, in dem Zustellungen durchzuführen und die Rechtsfindung den
ausländischen Gerichten zunächst zu überlassen ist, was - dies sei der Klarstellung
halber wiederholt - noch nichts über die Anerkennungsfähigkeit der ausländischen
Entscheidung im Inland besagt:
Die Antragstellerin hat ihre Anträge u.a. mit der Völkerrechtswidrigkeit der die US-
Klage stützenden Anti Dumping Act 1916 begründet. In dem zweiten von der
Antragstellerin vorgelegten Privatgutachten hat der Gutachter ausgeführt, dass
nach Treu und Glauben (Art 31 der Wiener Vertragskonvention) eine Ausnahme
von der Zustellungsverpflichtung dann geboten erscheine, wenn der ersuchte
Staat bei der Zustellung Gefahr laufe, sich selbst einer völkerrechtlichen Haftung
auszusetzen oder wenn der ersuchte Staat unverzichtbare Grundsätze der
Rechtsstaatlichkeit gefährdet sehe. Beide Voraussetzungen hat der Gutachter
vorliegend erfüllt gesehen. Er hat gemeint, der Missbrauch der Rechtshilfe zur
Ausschaltung eines Konkurrenten verstoße gegen unverzichtbare Grundsätze der
Rechtsstaatlichkeit. Die Nuissance-value-Strategie des amerikanischen Klägers in
Verbindung mit exorbitant hohen Anwaltshonoraren und
unternehmensschädigenden Discovery-Verfahren könne deshalb auch im
deutschen Zustellungsverfahren geltend gemacht werden. Der Gutachter hat die
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deutschen Zustellungsverfahren geltend gemacht werden. Der Gutachter hat die
Ansicht vertreten, dass wegen des in den USA geltenden strengen Dualismus
zwischen Völkerrecht und innerstaatlichem Recht bis auf weiteres weder die
Gatt/WTO-Vorschriften noch deren verbindliche Auslegung durch die maßgeblichen
Rechtsanwendungsorgane mit Erfolg geltend gemacht werden könnten. Die
Antragstellerin hat diese Argumentationsweise aufgegriffen und vorgebracht, die
Klägerin schädige sie nun schon zum zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren mit
dem unberechtigten Vorwurf des Dumpings. Das US-Wirtschaftsministerium habe
öffentlich bekannt gemacht, dass kein Fall des Dumpings vorliege. Die
Anspruchsgrundlage sei völkerrechtswidrig. Zur Act 1916 habe die Klägerin auch
nicht seriös vorgetragen, sondern zu einem weltweiten Rundumschlag ausgeholt.
Die schlechte wirtschaftliche Situation der Klägerin sei hausgemacht. Diese wolle
durch pre-trial discovery die Offenlegung der Betriebsgeheimnisse der Beklagten
erzwingen. Die Klägerin wolle mit der Klage erreichen, dass die Antragstellerin sich
von der Belästigung durch das Verfahren durch Zahlung von Millionenbeträgen
freikaufe.
Der Senat kann dem Vorbringen der Antragstellerin, das von der Klägerin
betriebene Verfahren sei rechtsmissbräuchlich, nicht nachgehen. Die Beurteilung;
ob eine Partei Rechtsmissbrauch betreibt, muss grundsätzlich dem erkennenden
Gericht überlassen werden. Die Frage könnte hier in diesem Zustellungsverfahren
in rechtstaatlich einwandfreier Weise auch erst nach Anhörung der amerikanischen
Klägerin beurteilt und entschieden werden. Ein solches Vorgehen verbietet sich
hier jedoch schon deshalb, weil das Zustellungsverfahren nur eine dienende
Funktion zum Verfahren im Ausgangsstaat hat, es soll nämlich sicherstellen, dass
- wie oben dargelegt - das rechtliche Gehör der beklagten Partei gewahrt wird. Eine
Prüfung etwaiger Intentionen der klagenden Partei obliegt aber dem Erstrichter,
der durch die Einbeziehung der beklagten Partei erst zu einer rechtsstaatlichen
Überprüfung in Stand gesetzt wird.
Auch die Umstände und Kosten, die der Antragstellerin durch das pre-trial
discovery aufgezwungen werden, können nicht zu einem Unterlassen der
Zustellung führen. Der pre-trial discovery ist ein wichtiger Abschnitt im
amerikanischen Zivilprozess. Er berücksichtigt das Informationsinteresse der
Parteien, das besonders in Wirtschaftsprozessen besteht (Pfeil-Kammerer, a. a. O.
S. 231). Der Senat hat zur Kenntnis genommen, dass das Verfahren auch benutzt
wird, um den Gegner "zu einem Vergleich weich zu kochen" (Böhmer, Spannungen
im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr in Zivilsachen, NJW 1990, 3049 ff).
Andererseits stellt das discovery-Verfahren wegen der damit regelmäßig
verbundenen Ausforschung für sich allein noch kein Anerkennungshindernis dar
(BGH, NJW 1992, 3096 = RIW 1993, 132 ff; Koch/ Zekoll, Zweimal "punitive
damages" vor deutsche Gerichten: - Der Unterschied zwischen Zustellung einer
Klage und Anerkennung eines Urteils-, IPRax 1993, 288 ff). Erst recht kann es dann
im Zustellungsverfahren keinen prohibitiven Schutz vor diesem
Verfahrensinstrument geben. Grundsätzlich können deutsche Unternehmen, die
im Ausland tätig sind, mittels des HZÜ nicht vor Rechtsnachteilen geschützt
werden, denen sie dort in gleicher Weise ausgesetzt sind wie ihre einheimischen
Konkurrenten (vgl. Morisse, a.a.O., S. 372).
Der Senat ist sich darüber bewusst, dass diese Argumentation in Schieflage gerät,
wenn es wie hier bei der Anwendung von der Antidumpingregeln darum geht,
speziell ausländische Konkurrenten zu treffen. Gleichwohl liefert das HZÜ jedenfalls
derzeit auch insoweit keine taugliche Handhabe, um die beklagte Partei mittels
Zustellungsverweigerung vor einem solchen Verfahren zu bewahren.
Das Streitbeilegungsverfahren der World Trade Organization bezüglich der Anti-
Dumping Act 1916 ist noch nicht vollständig insoweit abgeschlossen, als es derzeit
noch zwischen den USA, Japan und der EU um die Umsetzungsfrist des Panel-
Entscheids vom 31. März 2000, der durch die Berufungsinstanz, den sog.
Appellate Body am 28.08.2000 bestätigt worden ist, geht. Dies ist auch der von
der Antragstellerin vorgelegten Pressenotiz vom Dezember 2000 zu entnehmen,
in der auch ausgeführt ist, dass für die Durchsetzung eines Panel-Entscheids nach
Art. 21 DSU eine Frist von 15 Monaten nicht überschritten werden darf. Schon
angesichts des vorgegebenen zeitlichen Spielraums und der möglichen
Kompensationsmaßnahmen (Art. 22 DSU; vgl. zum Verfahren: Sittmann, Das
Streitbeilegungsverfahren der World Trade Organization (WTO), RIW 1997, 749 und
Backes, Die neuen Streitbeilegungsregeln der Welthandelsorganisation (WTO), RIW
1995, 916) kann die Entscheidung, ob die angemessene Umsetzungszeit bereits
überschritten ist, nicht Sache des Zustellungsverfahrens sein.
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Der Senat kann auch nicht den vom ersten Gutachter vorgeschlagenen
Lösungsalternativen folgen, welche die Antragstellerin in ihren Anträgen ebenfalls
nachgezeichnet hat. Der erste Gutachter hat im Hinblick auf die Erklärung der US-
Regierung, sich um eine Umsetzung der Beschlüsse zu bemühen, wofür sie aber
Zeit brauche, zwei Lösungsalternativen für denkbar gehalten: Einmal könne der
Antrag auf Genehmigung der Zustellung unter Berufung auf Art. 13 HZÜ
zurückgewiesen werden. Fairerweise sollte dann aber in den
Entscheidungsgründen darauf hingewiesen werden, dass ein erneuter Antrag nicht
an der Rechtskraft des Beschlusses scheitern werde, wenn er zu einem Zeitpunkt
gestellt werden sollte, zu dem die WTO-Entscheidung in einer Weise umgesetzt
worden sei, dass der US-Richter sie berücksichtigen könne. Vertretbar erscheine
aber auch, in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO das Verfahren bis zu
Entscheidung der US-Regierung über die Umsetzung der WTO-Entscheidung
auszusetzen.
Beiden vorgeschlagenen Lösungsalternativen ist gemein, dass die Erledigung des
Zustellungsersuchens davon abhängig gemacht wird, dass die USA den Panel-
Entscheid umsetzen. Dies kann nach Auffassung des Senats jedenfalls so lange
nicht richtig sein, so lange die Umsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist oder die
USA nicht zu erkennen gegeben haben, dass sie von der Umsetzung Abstand
nehmen werden. Letzteres ist nicht ersichtlich und auch von der Antragstellerin
nicht vorgebracht worden. Solange die USA innerhalb der ihnen zugebilligten oder
zuzubilligenden Fristen an der Umsetzung des Entscheids arbeiten, kann nicht
unterstellt werden, dass der Vertrauensvorschuss für das ausländische
Gerichtsverfahren, der in der Gewährung von Rechtshilfe in Form der Zustellung
zum Ausdruck kommt, nicht gerechtfertigt ist. Es bedarf deshalb hier auch keiner
näheren Überprüfung, ob das in den USA angerufene Gericht nach dem
innerstaatlichen Recht der USA in der Lage ist, den Panel-Entscheid zu beachten,
denn auch eine solche Überprüfung setzte die Unterstellung voraus, die USA
würden sich insoweit nicht mehr völkerrechtsgemäß verhalten.
Die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht fallen der
Antragstellerin zur Last (§ 30 Abs. 1 und 2 EGGVG). Für eine Kostenerstattung der
Antragstellerin war danach kein Raum. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht
auf § 30 Abs. 3 EGGVG i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.