Urteil des OLG Frankfurt vom 27.05.2009
OLG Frankfurt: einsichtnahme, vertragliches verhältnis, besucher, verfügung, auskunftsrecht, analogie, geschäftsbeziehung, unentgeltlich, kreditinstitut, fax
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Gericht:
OLG Frankfurt 17.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
17 U 7/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 675a BGB, § 12 BGB, § 10
BGB-InfoV
Leitsatz
Einsichtnahme in Preis- und Leistungsverzeichnis einer Sparkasse.
Anmerkung: Das Rechtsmittelverfahren wird beim BGH unter dem Aktenzeichen XI ZR
190/09 geführt.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 10.12.2008 verkündete Urteil der 6.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor
der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Abweisung seiner Klage, mit der
er die Beklagte bei Vermeidung von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft
darauf in Anspruch nimmt, es zu unterlassen, Interessenten, die Verbraucher sind,
die Einsichtnahme in ihr vollständiges Preis- und Leistungsverzeichnis zu
verweigern und dem Kläger auf Verlangen unentgeltlich per E-Mail, Fax oder
Briefpost ein aktuelles vollständiges Preis- und Leistungsverzeichnis zur Verfügung
zu stellen.
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, der sich auf bankenrechtlichen
Verbraucherschutz spezialisiert hat und als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4
UklaG eingetragen ist, schrieb unter dem 5.2.2007 (Anlage B 2 = 44 d.A.) an die
Beklagte und erbat unter Hinweis auf § 675 a BGB i.V.m. § 10
Informationspflichtenverordnung eine vollständige Ausfertigung des derzeit
gültigen Preis- und Leistungsverzeichnisses - nicht etwa des Preisaushangs - und
zwar kostenlos.
Die Beklagte lehnte dies unter Hinweis auf die bereits im Jahr 2006 geführte
Korrespondenz mit Schreiben vom 09.02.07 (Anlage B 3) ab.
Nach Ablauf der gesetzten Wochenfrist und erneuter Ablehnung der Beklagten
mahnte der Kläger die Beklagte unter Übermittlung einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung ab (Bl. 49 und 50). Die Beklagte wies die Abmahnung mit
der Begründung zurück, Informationspflichten bestünden nur gegenüber Kunden
sowie Personen, die eine Geschäftsverbindung mit der A aufbauen wollten. Der
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sowie Personen, die eine Geschäftsverbindung mit der A aufbauen wollten. Der
Verpflichtung werde durch Bereithaltung des Preis- und Leistungsverzeichnisses
zur Kenntnisnahme in den Geschäftsräumen genügt. Ferner verwies die Beklagte
auf die …rechtliche Besonderheit des gesetzlichen Regionalitätsprinzips - ein
besonderes Interesse, einem Verein mit Sitz in O1 ohne Einrichtung in Hessen die
Abmahntätigkeit in Hessen zu ermöglichen, lasse sich aus dem Gesetz nicht
ableiten. Es sei kein Anhaltspunkt vorhanden, dass der Gesetzgeber regional
aufgestellten Verbraucherschutzeinrichtungen einen bundesweiten
Auskunftsanspruch zuerkennen wolle.
Auch aus dem allgemeinen Abmahnrecht lasse sich keine Verpflichtung zur
Übersendung des Preisverzeichnisses ableiten, denn der Abmahner werde im
Rahmen einer GoA für den Abgemahnten tätig und es gehöre deshalb zu seinen
Pflichten, den Sachverhalt selbst zu ermitteln, d.h. z.B. die Geschäftsräume der A
aufzusuchen, um Einblick in das dort ausliegende Preisverzeichnis zu nehmen oder
einen Verbraucher vor Ort zu bitten, das Preisverzeichnis zu besorgen, wenn
dieser sich um Rat fragend an den Verein wende.
Wenn sich Verbraucher nicht an den Kläger wendeten, könne dies nicht zur Folge
haben, dass diesen Mangel die A kompensieren müsse.
Der Anspruch auf (noch dazu kostenlose) Überlassung des Preis- und
Leistungsverzeichnisses wurde damit verneint.
Am 25.6.2007 begaben sich dann zwei Mitarbeiter des Klägers in die
Geschäftsräume der Beklagten der …straße .. in O2, gaben sich als „interessierte
Besucher“ aus und erbaten Einsichtnahme in das komplette aktuelle Preis- und
Leistungsverzeichnis. Laut Darstellung des vom Kläger vorgelegten Schreibens der
Beklagten vom 11.7.2007 wurde auf Nachfrage verneint, dass die Aufnahme einer
Geschäftsbeziehung beabsichtigt sei und eine Visitenkarte des Klägers vorgezeigt.
Die Mitarbeiterin der Beklagten Frau Z1 verweigerten die Einsichtnahme in das
komplette aktuelle Preis- und Leistungsverzeichnis, das am Schalter bereit
gehalten wird. Der Kläger mahnte die Beklagte wiederum ab (Schreiben vom
4.7.2007 Anlage K 2 = Bl. 13 d.A.). Die Beklagte lehnte unter dem 11.7.2007 die
Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab (Anlage K 4 = Bl. 15
d.A.).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei gemäß §§ 675 a, 312 b
Abs. 1 Satz 1 und 2, 312 c, 126 b BGB i.V.m. der Informationspflichtverordnung § 1
Abs. 1 Nr. 7 verpflichtet, Interessenten Einsicht in das komplette aktuelle Preis-
und Leistungsverzeichnis zu geben. Die Beklagte sei entsprechend der
Rechtsprechung zu Testkäufen verpflichtet, Testbeobachtungen des Klägers
zuzulassen. Die ihr zugewiesenen Aufgaben, die in der Richtlinie 93/13/EWG des
Rats vom 15.4.1993 über die Verwendung missbräuchlicher Klauseln festgehalten
seien, könne der Kläger nur erfüllen, wenn er das aktuelle Preis- und
Leistungsverzeichnis einsehen könne. Der Kläger hat sich auf die Entscheidung
des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.1.2007 Az.: 2/2 O 267/06, des
Landgerichts Nürnberg/Fürth vom 16.11.2006 9856/06, des OLG Bamberg vom
22.2.2007 3 W 19/07 und des Landgerichts Schweinfurt vom 30.1.2007 Az.: 22 O
3/07 bezogen.
Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, § 13 UklaG regle auch
Auskunftsansprüche wie den vorliegenden.
Der Kläger hat beantragt,
a) die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €,
ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu vollstrecken an
einem der Vorstandsmitglieder, zu unterlassen, Interessenten die Verbraucher
sind, die Einsichtnahme in ihr vollständiges Preis- und Leistungsverzeichnis zu
verweigern.
b) Die Beklagte zu verurteilen, den Kläger auf Verlangen unentgeltlich per E-Mail,
Fax oder Briefpost ein aktuelles vollständiges Preis- und Leistungsverzeichnis zur
Verfügung zu stellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Sie hat die Auffassung vertreten, § 12 BGB Info-VO stelle klar, dass als
interessierte Personen nur tatsächliche und mögliche Kunden als
Anspruchsberechtigte in Frage kommen. Das Gleiche ergebe sich aus der
Überweisungsrichtlinie (Art. 3 bis 5 der Richtlinie 97/5/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 bei grenzüberschreitenden
Überweisungen). Die Rechtsprechung zu Testkäufen sei nicht einschlägig. Den
Informationsanspruch von Kunden bzw. potentiellen Kunden habe die Beklagte nie
in Frage gestellt. Das Vorgehen des Klägers, der die Beklagte - wie andere
abgemahnte Banken - ohne irgendeinen Anhaltspunkt für konkrete Verstöße unter
Pauschalverdacht stelle, sei weder durch den Vereinszweck abgedeckt, noch
entspreche es dem Sinn und Zweck des UklaG. Der Kläger mahne massenhaft ab.
Er habe in einem Schreiben an die A O2 unter dem Datum des 6.4.2006 mitgeteilt,
dass er bislang 140 A zur Ordnung gerufen habe und 120 strafbewehrte
Unterlassungserklärungen abgegeben wurden.
Die massenhafte Abmahnung gleich gearteter Fälle lege die Vermutung nahe,
dass es dem Kläger in erster Linie um die Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke gehe.
Das sei unzulässig. Das Begehren des Kläger stelle sich als
Ausforschungsanspruch dar. Die Unterlassungsklagenrichtlinie (Richtlinie 96/27/EG
des Europäischen Parlaments und des Rats vom 19. Mai 1998 über
Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen) diene nicht einer
Vorabkontrolle, sondern dem Schutz der Verbraucherinteressen zur Abstellung
von beanstandeten grenzüberschreitenden Verstößen.
Die Beklagte hat ferner auf das Regionalprinzip verwiesen. Wegen des Sitzes des
Klägers in O1 sei eine mögliche Geschäftsbeziehung …rechtlich von vornherein
ausgeschlossen. Es fehle deshalb hinsichtlich des Antrags zu 2) am
Rechtsschutzbedürfnis.
Unter Verweis darauf, dass es für die Zurverfügungstellung ausreiche, wenn die
Information zur Kenntnis vor Ort bereit gehalten werde, womit eine Holschuld
gemäß § 269 BGB begründet werde, bestehe ein Anspruch auf Übersendung bzw.
gar kostenlose Übersendung nicht. Die angesprochene Richtlinie habe
qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 UklaG gerade keine vorvertraglichen
Informationsrechte eingeräumt. Tätig werden dürfe der Kläger nur bei
beanstandeten Verstößen und nicht pauschal im Masseverfahren.
Das Landgericht hat - in der Argumentation im Wesentlichen dem
Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts München vom 22.11.2007 (Anlage B 10
= Bl. 135 ff. d.A.) folgend - die Klage mit der Begründung abgewiesen, ein
Auskunftsanspruch des Klägers gemäß § 675 a BGB i.V.m. Art. 239 EGBGB i.V.m.
§ 12 BGB-InfoVO bestehe nicht, weil die Verpflichtung zur Gewährung von Einsicht
in das vollständige Preis- und Leistungsverzeichnis nur gegenüber möglichen
Kunden anzunehmen sei. Der Kläger habe zwar zunächst behauptet, seine
Mitarbeiter hätten sich als interessierte Besucher ausgegeben, aber nicht
bestritten, dass sein Mitarbeiter Herr Z2 erklärt habe, nicht ernsthaft eine
Geschäftsbeziehung mit der Beklagten eingehen zu wollen.
Ein Auskunfts- und Einsichtnahmeanspruch sei nicht allgemein auf den Kläger als
Verbraucherschutzverband zu erstrecken. § 12 BGB-InfoVO beruhe auf der
Umsetzung des Art. 3 der Richtlinie Nr. 97/5/EG vom 27.1.1997 - die
Einsichtspflicht werde dort lediglich auf tatsächliche und mögliche Kunden
erstreckt. Eine analoge Erstreckung der Verpflichtung gegenüber
Verbraucherschutzverbänden scheide mangels Regelungslücke aus. Eine
anlasslose Klauselkontrolle bezwecke der Gesetzgeber nicht.
Auch Grundsätze des Verbraucherschutzes geböten nicht die analoge Anwendung.
Der Kläger könne erforderliche Informationen über tatsächliche oder potentielle
Kunden der Beklagten problemlos erlangen.
Gegen diese Bewertung wendet sich der Kläger mit der Berufung und macht
geltend, das Landgericht habe dem Kläger zwar zugestanden, dass sich seine
Mitarbeiter gegenüber der Beklagten als Kunden bzw. potentielle Kunde
ausgegeben hätten, meine aber zu Unrecht, mangels Interesses an einer
Geschäftsbeziehung stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nach §
675 a BGB gleichwohl nicht zu. Auf diese Unterscheidung komme es nicht an. Der
Begriff „interessierter Besucher“ sei mit dem des potentiellen Kunden gleich zu
setzen. Anspruchsberechtigt sei jeder Interessent.
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§ 675 a BGB definiere die Gruppe der Informationsberechtigten nicht. So spreche
die Kommentierung im Palandt von „Interessenten“. Der Kläger sei Interessent
und deshalb im Sinne des § 675 a BGB anspruchsberechtigt. Die vom Landgericht
vorgenommene Einschränkung unterlaufe den Sinn und Zweck der Vorschrift, dem
Verbraucher die effektive Möglichkeit zu geben, sich zu informieren.
§ 675 a BGB sei wirkungslos, wenn die Bank den Interessierten erst einmal über
die Frage in einen Rechtsstreit zwingen könne, ob er überhaupt Kunde oder
potentieller Kunde sei.
Im übrigen rügt die Klägerin, die Rechtsauffassung der angefochtenen
Entscheidung sei haltlos, soweit eine analoge Anwendung des § 675 a BGB i.V.m.
Art. 239 EGBGB i.V.m.§ 12 Abs. 1 Satz 1 BGB – Info-VO mangels Regelungslücke
verneint würde, sei doch die bloße Verwendung einer missbräuchlichen Klausel
schon ausreichender Anlass für ihre Bekämpfung. Verbraucherschutz solle gerade
vorbeugend sein und es könne nicht sein, dass die Bekämpfung von
missbräuchlichen Klauseln erst bei einem eingetretenen Schaden einsetzen dürfe.
Insoweit verweist der Kläger auf seine erstinstanzlichen Darlegungen, dass der EU-
Gesetzgeber die Mitgliedsstaaten in der zitierten Richtlinie dazu verpflichtet habe,
die Verbraucherschutzverbände mit wirksamen Mitteln auszustatten, um
missbräuchlichen Klauseln ein Ende zu setzen. Diesen EU-Gesetzgeberwillen
missachte das Landgericht im angefochtenen Urteil.
Der Kläger beantragt deshalb auch, nach Art. 234 Abs. 2 EGV eine Vor-
abentscheidung des EuGH zu der Frage einzuholen, ob Art. 7 der Richtlinie 93/13
EWG vorsehe, dass Verbraucherschutzverbänden als wirksames Mittel zur
Bekämpfung missbräuchlicher Klauseln ein Auskunftsanspruch gegenüber
Klauselverwendern zustehe, die ihre Klauseln nicht allgemein öffentlich (z.B. im
Internet) zugänglich machen, um diesen die Überprüfung der Klauseln auf
Missbräuchlichkeit zu ermöglichen und zwar für den Fall, dass der Senat zu dem
Ergebnis gelangt, der Klägerin stehe kein Direktanspruch aus § 675 a BGB zu.
Der Kläger beantragt,
die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,
es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € (in Worten:
zweihundertfünfzigtausend Euro) ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft
von bis zu 6 Monaten zu vollstrecken an einem der Vorstandsmitglieder, zu
unterlassen,
a) Interessenten, die Verbraucher sind, die Einsichtnahme in ihr vollständiges
Preis- und Leistungsverzeichnis zu verweigern.
b) Die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger auf Verlangen unentgeltlich per E-Mail,
Fax oder Briefpost ein aktuelles vollständiges Preis- und Leistungsverzeichnis zur
Verfügung zu stellen.
Es wird angeregt, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und meint, dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, und
schon gar nicht ein Anspruch auf kostenlose Übersendung des Preis- und
Leistungsverzeichnisses. Ein interessierter Besucher sei kein tatsächlicher oder
möglicher Kunde - die Beklagte kein Museum, das Besuchern Zutritt gewähre. Die
Anwendung des § 675 a BGB setze einen möglichen oder tatsächlichen Kunden
voraus, wie sich ohne weiteres aus der der Neufassung des § 675 a BGB zugrunde
liegenden EU-Richtlinien herleiten lasse, wobei die Überweisungsrichtlinie die
Definition des Kunden enthalte. Analogievoraussetzungen fehlten vollständig. Es
gebe keinen explizit ausgedrückten EU-Gesetzgeberwillen, wonach
Verbraucherverbände vorab ein allgemeines Informations- und Auskunftsrecht
hätten. Eine Vorabkontrolle solle nach der Überweisungsrichtlinie gerade nicht
stattfinden.
Da der deutsche Gesetzgeber die Überweisungsrichtlinie nicht unvollständig oder
falsch umgesetzt habe, verbiete sich eine Vorlage an den EuGH.
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Im übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes auf den vorgetragenen Inhalt
der von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete
Berufung des Klägers ist unbegründet.
Die gegen die Abweisung des Klageantrags zu a) gerichtete Berufung ist
unbegründet, denn die Beklagte ist nur verpflichtet, Kunden oder im Rahmen der
Geschäftsanbahnung potentiellen Kunden gemäß § 675 a BGB ein Einsichtsrecht
in ihr Preis- und Leistungsverzeichnis zu gewähren, nicht aber irgendwelchen
„Interessenten“. Diese Informationsverpflichtung wird von der Beklagten auch in
vollem Umfang anerkannt. Der Vorfall vom 25.6.2007 ist nicht geeignet, eine die
Erstbegehungsgefahr begründende Verletzungshandlung anzunehmen.
Dem Kläger kann nicht gefolgt werden, soweit er den Begriff „interessierte
Besucher“ mit dem eines potentiellen Kunden gleichsetzt. Soweit die Mitarbeiter
des Klägers, die am 25.6.2007 die Geschäftsräume der Beklagten aufsuchten und
Einsicht in das vollständige Preis- und Leistungsverzeichnis verlangten und sich
nicht mit dem Verweis auf den Preisaushang begnügten, sich nach der Darstellung
des Klägers jedenfalls nicht als Repräsentanten des Klägers vorstellten, folgt
daraus noch nicht, dass die Beklagte sie als potentielle Kunden betrachtete oder
betrachten musste, zumal vorliegend der Darstellung in der Klageerwiderung nicht
entgegengetreten wurde, der Vertreter des Klägers, Herr Z2, habe auf zweimalige
Nachfrage verneint, ins Geschäftsgebiet der Beklagten ziehen und eine
Geschäftsbeziehung anbahnen zu wollen.
Der Besuch ist zudem vor dem Hintergrund der bereits seit Februar 2007
vorausgegangenen Korrespondenz zu sehen, die es für die Beklagte nahe legte,
dass Mitarbeiter des Klägers die Geschäftsräume der Beklagten aufsuchen
würden. Es ist durchaus auffällig, wenn gleich mehrere Personen sich als
„interessierte Besucher“ vorstellen, in diesem Rahmen ganz offensichtlich nicht
die Rede von der beabsichtigten Einrichtung eines Kontos oder der Durchführung
eines anderen Bankgeschäftes ist und ohne Weiteres Einsicht in das vollständige
aktuelle Preis- und Leistungsverzeichnis verlangt wird. Darüber hinaus wurde die
Visitenkarte des Klägers vorgelegt und dadurch klargestellt, dass der Kläger in
seiner Funktion als bankenrechtlicher Verbraucherschutzverein die Einsichtnahme
in das Preis- und Leistungsverzeichnis begehrte.
Dass dies den Mitarbeitern des Klägers verweigert wurde, lässt noch nicht den
Schluss zu, die Beklagte verweigere auch Kunden oder potentiellen Kunden auf
entsprechendes Verlangen die Einsichtnahme.
Dass das aktuelle Preis- und Leistungsverzeichnis bei der Beklagten in den
Geschäftsräumen zur Einsicht vorhanden ist, ist zwischen den Parteien auch
unstreitig.
Die Beklagte hätte auch nicht etwa den Antrag unter Verwahrung gegen die
Belastung mit den Kosten des Rechtsstreits anerkennen müssen, denn die
Einsichtgewährung für einen „Interessenten“ ist etwas anderes, als für einen
potentiellen Kunden - insoweit wäre dann auch ein anderer Streitgegenstand
gegeben.
Dem Kläger bzw. seinen sich als „interessierte Besuchern“ ausgebenden
Mitarbeitern steht das verlangte Einsichtsrecht nicht zu. Der Kläger stützt mit der
Berufung nach wie vor einen derartigen Anspruch auf § 675 a, 312 b Abs. 1 Satz 1
und 2, 312 c, 126 BGB sowie die Informationspflichtverordnung § 1 Abs. 1 Nr. 7
und macht darüber hinaus geltend, der Anspruch ergebe sich auch aus der
direkten Anwendung des § 675 a BGB.
Die vom Kläger in der Klageschrift und erneut in der Berufungsschrift zitierte
Anspruchsgrundlage, die auch nach Erörterung weiter geltend gemacht worden ist,
ist nicht nachvollziehbar, denn die von ihm in Bezug genommenen Vorschriften
beziehen sich auf Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen. § 1 BGB-InfoVO
füllt § 312 Abs. 1 und Abs. 2 BGB aus, während § 12 BGB-InfoVO § 675 a BGB
ergänzt.
Der Kläger führt auch nicht aus, warum er sich auf Vorschriften bezieht, die sich
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Der Kläger führt auch nicht aus, warum er sich auf Vorschriften bezieht, die sich
auf Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen beziehen.
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich aber nicht, weil die Informationspflichten
auch insoweit nur gegenüber potentiellen Kunden im Zuge einer
Vertragsanbahnung gelten, wie sich den entsprechenden Kommentierungen zu §
312 c BGB unschwer entnehmen lässt.
Soweit sich der Kläger zur Stützung seiner Auffassung auf die Kommentierung von
Palandt/Sprau BGB, 67. Aufl. § 675 a Rdz. 6 bezieht, in der unter dem
Tatbestandsmerkmal „Zurverfügungstellen der Information“, vom „Interessenten“
die Rede ist, ist unter den anderen Randnummern fortlaufend von Kunden die
Rede. Hier ist lediglich eine sprachliche Abwechslung vorgenommen, ohne dass
damit etwas anderes gemeint ist. Auch soweit im MüKo (5. Aufl. BGB § 675 a Rdn.
9 und 10) vom „Interessenten“ die Rede ist, meint dies sprachlich den Kunden
oder potentiellen Kunden. Der insoweit einschlägige § 12 der Verordnung über
Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-InfoVO), der
auf der Grundlage von Art. 239 EGBGB erlassen wurde, spricht ausdrücklich von
Kundeninformationspflichten gegenüber tatsächlichen und möglichen Kunden.
Der Senat schließt sich der Bewertung des Landgerichts in vollem Umfang an, und
zwar auch, soweit eine analoge Anwendung der Vorschrift zur Ausweitung des
Kreises der Berechtigten unter Erstreckung auf Verbraucherschutzverbände
abgelehnt wird.
Dem Kläger kann auch nicht gefolgt werden, soweit er geltend macht, die
angefochtene Entscheidung laufe der Intension des EU-Gesetzgebers zuwider, der
alle Mitgliedsstaaten verpflichtet habe, Verbraucherschutzverbände mit wirksamen
Mitteln auszustatten und die Einschränkung des Landgerichts unterlaufe Sinn und
Zweck der Vorschrift, dem Verbraucher die effektive Möglichkeit zu geben, sich zu
informieren.
Die vom Kläger gewünschte Rechtsfolge ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz
der richtlinienkonformen Auslegung der vorgenannten Rechtsgrundlagen, zu der
die Gerichte der Mitgliedstaaten der europäischen Gemeinschaft verpflichtet sind,
Art. 249 Abs. 3 i. V. m. Art. 10 EGV, Art. 20 Abs. 3 GG.
§ 675 a BGB wurde in Umsetzung der Überweisungsrichtlinie, Art. 3 - 5 der EG-
Richtlinie 97/5/EG vom 27.01.1997 in das BGB eingefügt.
Die Überweisungsrichtlinie sieht ausschließlich Kunden als anspruchsberechtigt für
die dort genannten Informationen an.
Nach Art. 3 der Richtlinie 97/5/EG stellen die Institute „ihren tatsächlichen und
möglichen Kunden die Informationen über die Konditionen für
grenzüberschreitende Informationen schriftlich… zur Verfügung. Dabei meint
Kunde gemäß Art. 2 j der Richtlinie 97/5/EG je nach Zusammenhang den
Auftrageber oder den Begünstigten.
Aus dieser Formulierung wird deutlich, dass die Rechte aus der Richtlinie nur
Personen zustehen sollen, die entweder bereits einen Vertrag mit dem
Kreditinstitut abgeschlossen haben oder die sich zumindest in der Phase der
Vertragsanbahnung befinden, nicht aber Personen, die einen geschäftlichen
Kontakt nicht anstreben, sondern nur zur Verfolgung anderer Interessen, wie auch
hier des Vereinsinteresses als Verbraucherschutzverband, den Inhalt des Preis-
und Leistungsverzeichnisses zur Kenntnis nehmen wollen.
Auch bei Beachtung des Grundsatzes der richtlinienkonformen Auslegung des
nationalen Rechts ist der Kläger, der allein zu dem Zweck, Verbraucherschutz zu
betreiben, den Inhalt des Preis- und Leistungsverzeichnisses der Beklagten zur
Kenntnis nehmen will, nicht zu den Anspruchsberechtigten gemäß § 675 a Abs. 1
S. 1 BGB zu zählen.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, bei einem derartigen
Verständnis des § 675 a Abs. 1 S. 1 BGB komme es zu
Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich des möglichen Kunden, der einen
Informationsanspruch habe. Anspruchsberechtigter gemäß § 675 a Abs. 1 S. 1
BGB ist entsprechend den aufgezeigten Grundsätzen der Kunde bzw. potentielle
Kunde, der einen geschäftlichen Kontakt möglicherweise anstrebt, während aus
dem Kreis der Anspruchsberechtigten derjenige ausscheidet, der von vorneherein
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dem Kreis der Anspruchsberechtigten derjenige ausscheidet, der von vorneherein
kein vertragliches Verhältnis anstrebt, wie dies ersichtlich beim Kläger der Fall ist.
Aus den vorgenannten Gründen, steht dem Kläger auch kein Anspruch gegen die
Beklagte zu, ihm das aktuelle vollständige Preis- und Leistungsverzeichnis auf
Verlangen (unentgeltlich) zur Verfügung zu stellen. Eine Erweiterung des
aufgezeigten Kreises der Anspruchsberechtigten im Wege einer analogen
Anwendung des § 675 a Abs. 1 BGB auf Verbraucherschutzverbände scheitert an
den für eine Analogie erforderlichen Voraussetzungen der vergleichbaren
Interessenlage und einer planwidrigen Regelungslücke.
Im Gegenteil unterscheidet sich die Interessenlage des Klägers als
bankenrechtlicher Verbraucherschutzverband an der beanspruchten Übersendung
des Preis- und Leistungsverzeichnis ganz wesentlich von der Interessenlage eines
Kunden bzw. potentiellen Kunden.
Der Kunde soll durch die Einsichtnahme in das Preis- und Leistungsverzeichnis in
die Lage versetzt werden, die vom Kreditinstitut angebotenen Konditionen mit
denen anderer Kreditinstitute zu vergleichen. Demgegenüber will der Kläger durch
die Einsichtnahme nicht ein Informationsdefizit, das möglicherweise auf Seiten
eines Kunden besteht ausgleichen, sondern seine satzungsmäßige Aufgabe als
Verbraucherschutzverband verfolgen und das Preis- und Leistungsverzeichnis der
Beklagten darauf kontrollieren, ob bestimmte Klauseln der allgemeinen
Geschäftsbedingungen Anlass zur Beanstandung im Sinne einer Abmahnung und
gegebenenfalls Klageerhebung nach dem Unterlassungsklagengesetz geben.
Das kumulativ hinzutretende Erfordernis einer planwidrigen Regelungslücke ist
ebenfalls nicht gegeben. Eine solche liegt grundsätzlich nur vor, wenn das Gesetz
für eine bestimmte Fallgestaltung, die innerhalb des geregelten Bereichs liegt,
keine Regelung enthält (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Auflage, Einl. Rdnr. 48 und
55). Dabei liegt eine derartige Regelungslücke nicht bereits dann vor, wenn es für
eine bestimmte Fallgestaltung keine gesetzliche Regelung gibt, sondern nur bei
einer planwidrigen Unvollständigkeit (vgl. BGH Z 65, S. 300; NJW 1981, 1726; 88,
2109). Der dem Gesetz zugrundeliegende Regelungsplan muss dabei im Wege
historischer und teleologischer Auslegung ermittelt werden.
Die Rechte von Verbraucherschutzverbänden sind im Unterlassungsklagengesetz
und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie einschlägigen
EG-Richtlinien geregelt, während sich das Bürgerliche Gesetzbuch mit den Rechten
von Verbraucherschutzverbänden nicht befasst.
Eine planwidrige Regelungslücke liegt insoweit nicht vor, sondern eine im Einklang
mit der Systematik des bürgerlichen Gesetzbuchs stehende bewusste Lücke. Das
bürgerliche Gesetzbuch erlegt einem Beteiligten Informationspflichten erst im
Stadium der Aufnahme von Vertragsverhandlungen, § 311 Abs. 2 BGB auf und
nicht bereits im Stadium vor der Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Es würde
sich um ein neuartiges Rechtsinstitut handeln, wenn eine solche
Informationsverpflichtung einem Beteiligten bereits ohne Aufnahme von
Vertragsverhandlungen auferlegt würde. Ohne ausdrückliche Regelung des
Gesetzgebers - lediglich im Wege einer Analogie - ist es nicht möglich, ein
derartiges neues Rechtsinstitut in das Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches
aufzunehmen.
Auch über eine Gesamtanalogie zu den §§ 2, 3, 13, 13 UKlaG, § 675 a BGB, Art. 7
der Richtlinie 93/13/EWG (Richtlinie des Rates vom 05. April 1993 über
missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen), Art. 1, 2, 4, 7 Richtlinie
98/27/EG kann nicht die vom Kläger gewünschte Rechtsfolge hergeleitet werden.
Auch insoweit fehlt es nämlich an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen
Regelungslücke.
Nach § 13 UKlaG haben Verbraucherschutzverbände lediglich einen eng
umgrenzten Auskunftsanspruch über Namen und zustellungsfähige Anschrift von
Unternehmen gegenüber Post-, Telekommunikations-, Tele- oder Mediendienste.
Hierdurch soll den Verbraucherschutzverbänden die Durchsetzung ihres
Klagerechts nach den §§ 1, 2 UKlaG ermöglicht werden, denn eine Klage gegen
verbraucherschützenden Gesetzen zuwiderhandelnde Unternehmen soll nicht
daran scheitern, dass ihnen die Klage nicht zugestellt werden kann.
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In der Gesetzesgeschichte und –begründung dieses erst nachträglich auf
Anregung des Bundesrats eingeführten Auskunftsanspruchs kommt deutlich zum
Ausdruck, dass dieser Anspruch nur zur Behebung des sogenannten
Ermittlungsproblems bei Postfachadressen sowie –medienübergreifend – auch bei
Telefonnummern und Internetadressen eingeräumt wird (vgl. Bundestags-
Drucksache 14/6857 v. 31.08.2001, S. 39 f., 70 f.). Dieser Anspruch besteht
allerdings nur dann, wenn die in § 13 UKlaG genannten Angaben nicht anderweitig
beschafft werden können, § 13 Abs. 1 Ziffer 2 UKlaG. Dies zeigt deutlich den Willen
des Gesetzgebers, Verbraucherschutzverbänden nur ein restriktiv zu
verstehendes Auskunftsrecht einzuräumen.
Deshalb kann ein darüber hinausgehendes Informationsrecht zugunsten von
Verbraucherschutzverbänden dieser restriktiv gefassten Norm auch nicht im Wege
der Analogie entnommen werden. Die Einräumung eines solchen Anspruchs kann
nicht durch Rechtsfortbildung seitens der Rechtsprechung erfolgen, sondern wäre
Sache des Gesetzgebers.
Auch unter Berücksichtigung der Richtlinie 93/13/ EWG vom 05.04.1993 über
missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und der Richtlinie 98/27/EG vom
19.05.1998 über Unterlassungsklagen steht dem Kläger der geltend gemachte
Auskunftsanspruch nicht zu.
Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG bestimmt zwar, dass die Mitgliedstaaten
dafür zu sorgen haben, dass im Interesse der Verbraucher angemessene und
wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln
durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern
schließt, ein Ende gesetzt wird.
Nach Abs. 2 der genannten Vorschrift müssen diese in Abs. 2 genannten Mittel
auch Rechtsvorschriften einschließen, wonach Personen oder Organisationen, die
nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der
Verbraucher haben, im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die
Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen können, damit diese
darüber entscheiden, ob Vertragsklauseln, die Hinblick auf eine allgemeine
Verwendung abgefasst worden sind, missbräuchlich sind, und angemessene und
wirksame Mittel anwenden, um der Verwendung solcher Klauseln ein Ende zu
setzen.
Diesen Vorgaben ist der deutsche Gesetzgeber aber unter anderem mit dem
Unterlassungsklagengesetz nachgekommen. Einen weitergehenden
Auskunftsanspruch als den vom deutschen Gesetzgeber eingeräumten, sieht
weder die Richtlinie 93/13/ EWG noch die Richtlinie 98/97/EG vor.
Im Gegenteil enthält die Richtlinie 93/13/EWG im vorletzten Absatz ihre
Erwägungsgründe ausdrücklich ein Verbot einer „Vorabkontrolle“, das auch nicht
durch die zeitlich später erlassene Richtlinie 98/27/EG aufgehoben wurde, die
ausdrücklich auf beanstandete Verstöße abstellt.
Danach müssen zwar Verbraucherschutzverbände Verfahren einleiten können, die
- so der Wortlaut - insbesondere missbräuchliche Klauseln zum Gegenstand
haben. Diese Möglichkeit, die das Unterlassungsklagegesetz gewährt, bedeutet
jedoch keine Vorabkontrolle von verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen
ohne konkreten Anlass. Das europäische Verbraucherschutzrecht will die
Verbraucherschutzverbände ausdrücklich nur mit der Bekämpfung eines
„beanstandeten“ Verstoßes befassen (vgl. 13. Erwägungsgrund der Richtlinie
98/27 EG), ihnen jedoch gerade nicht eigene Ermittlungs- und Auskunftsbefugnisse
gegenüber jedem Kreditinstitut oder Geschäftsbesorger ganz unabhängig von
einem konkreten Verstoß gegen eine verbraucherschützende Vorschrift
einräumen.
Da die Belastung eines Kreditinstituts oder Geschäftsbesorgers mit der
Verpflichtung zur Auskunftserteilung auch außerhalb der Anbahnung eines
Geschäfts einen unmittelbaren Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit, Art. 12 GG,
jedenfalls aber in die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG darstellen
würde, hätte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft, die der
deutsche Gesetzgeber in den § 2, 13, 13 a UKlaG, § 675 a BGB gerade nicht
getroffen hat. Es ist deshalb von einer bewussten und nicht von einer planwidrigen
Regelungslücke des Gesetzgebers auszugehen. Die Voraussetzungen für eine
Analogie liegen nicht vor.
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Wie das Landgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass auch die Grundsätze
des Verbraucherschutzes das vom Kläger beanspruchte umfassende
Auskunftsrecht nicht erfordern.
Er wird in der Ausübung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben nicht dadurch
beschränkt, dass ihm das in Anspruch genommene umfassende Auskunftsrecht
nicht zusteht.
Die benötigten Informationen zur Vorbereitung einer Klage nach den §§ 1, 2 UKlaG
können ihm Kunden liefern, wenn sie sich durch Regelung in allgemeinen
Geschäftsbedingungen wie hier dem Preis- und Leistungsverzeichnis benachteiligt
fühlen und deshalb an den Kläger wenden.
Der Senat schließt sich der Argumentation des Landgerichts an.
Es gibt keine Veranlassung, der Anregung des Klägers zu folgen, nach Art. 234
Abs. 2 EGV eine Vorabentscheidung des EuGH zu der Frage einzuholen, ob Artikel
7 der Richtlinie 93/13/EWG vorsieht, dass Verbraucherschutzverbänden als
wirksames Mittel zur Bekämpfung missbräuchlicher Klauseln ein
Auskunftsanspruch gegenüber Klauselverwendern zusteht.
Wie festgestellt hat der deutsche Gesetzgeber die Überweisungsrichtlinie nicht
unvollständig oder fehlerhaft umgesetzt. Den vom Kläger behaupteten explizit
ausgedrückten EU-Gesetzgeberwillen, wonach Verbraucherschutzverbänden vorab
ein allgemeines Informations- und Auskunftsrecht zuzugestehen wäre, lässt sich
den untersuchten Richtlinien nicht entnehmen, wie im Einzelnen aufgezeigt.
Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels
zu tragen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.
Die Revision war zuzulassen, § 543 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO.
Es ist eine klärungsbedürftige grundsätzliche Frage, ob auch
Verbraucherschutzverbände, die von vorneherein keinen geschäftlichen Kontakt
mit einem Kreditinstitut anstreben, nach § 675 e Abs. 1 Satz 2 BGB
anspruchsberechtigt sind.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.