Urteil des OLG Frankfurt vom 28.03.2007

OLG Frankfurt: verkehrswert, haftungsbeschränkung, angemessene frist, leichte fahrlässigkeit, grobe fahrlässigkeit, positive vertragsverletzung, fair trial, falsche aussage, meinung, architekt

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Gericht:
OLG Frankfurt 13.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
13 U 62/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 195 BGB, § 199 Abs 3 BGB, §
242 BGB, § 277 BGB, § 280
BGB
Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung: Anspruch
gegen einen Architekten wegen der Fehlerhaftigkeit eines
Gutachtens
Leitsatz
1. Die Haftung eines Gutachters kann auf die diligentia quam in suis bei einem
Gefälligkeitsvertrag konkludent beschränkt sein.
2. Zwischen dem von den Grundstückskäufern beauftragten Wertgutachter und dem
Grundstücksverkäufer besteht keine Gesamtschuldnerschaft.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 11. März 2005 verkündete Urteil des
Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt abgeändert und
die Klage abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung der Kosten wegen durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages zuzüglich 15 % hieraus abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich
15 % hieraus leistet.
Gründe
I. Im Zusammenhang mit dem Erwerb eines bebauten und in O1 gelegenen
Grundstücks traten die Kläger an den ihnen bekannten Beklagten, der von Beruf
Architekt ist, heran. Unter dem 22. Juni 2001 gab der Beklagte gegenüber dem
Kläger zu 2) eine schriftliche „Stellungnahme zum Verkehrswert“ ab (Bl. 38 ff. d.
A.), auf welche Bezug genommen wird. Die „Stellungnahme“ schließt mit der
Aussage „empfohlener Verkehrswert rund 1.600.000,00 DM“ (entspricht €
818.067,01). Für die „mündliche Beauftragung“ berechnete der Beklagte dem
Kläger zu 2) für seine beratende Tätigkeit vereinbarungsgemäß DM 950,00 netto
pauschal, zuzüglich 6 % Nebenkosten DM 57,00, mithin netto pauschal DM
1.007,00 zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer in Höhe von DM 161,12, insgesamt also
DM 1.168,12 (Bl. 45 d. A.).
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 4. Juli 2001 (Bl. 24 ff. d. A.) erwarben die
Kläger das Immobilienobjekt zu einem Kaufpreis von DM 1.450.000,00, wobei DM
100.000,00 auf das mitverkaufte Inventar entfiel.
Im Jahre 2004 beauftragten die Kläger den öffentlich bestellten
Bausachverständigen SV1 mit der Verkehrswertermittlung des Grundstücks zum
Stichtag 01.07.2001. Dieser erstattete sein „Gutachten über den Verkehrswert (i.
S. d. § 194 Baugesetzbuch)“ unter dem 24.04.2004, auf welches ebenfalls Bezug
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S. d. § 194 Baugesetzbuch)“ unter dem 24.04.2004, auf welches ebenfalls Bezug
genommen wird. Der Gutachter SV1 ermittelte einen Verkehrswert des Anwesens
von € 483.000,00.
Mit Anwaltsschreiben vom 08.11.2004 (Bl. 117 d. A.) ließen die Kläger den
Beklagten auffordern, an sie € 207.841,29 Schadensersatz zu leisten. Diesem
Ansinnen trat der Beklagte entgegen. Mit bei Gericht am 30. Dezember 2004
eingegangenem Schriftsatz haben die Kläger die streitgegenständliche
Schadensersatzklage erhoben.
Mit am 11. März 2005 verkündetem Urteil (Bl. 171 ff. d. A.), auf dessen Inhalt
verwiesen wird, hat der Einzelrichter der 10. Zivilkammer des Landgerichts
Darmstadt den Beklagten zur Zahlung von € 251.768,77 nebst Zinsen verurteilt
und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, den Klägern als
Gesamtgläubigern allen weiteren materiellen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus
dem fehlerhaften Gutachten des Beklagten „Stellungnahme zum Verkehrswert
Liegenschaft 1-Familienwohnhaus - …, O1“ vom 22.06.2001 noch entsteht,
insbesondere auch die weiteren Zinsschäden aus dem Darlehen A Nr. … ab dem
30.12.2004 zu 100 %, B-Darlehen Nr. … ab dem 31.12.2004 zu 100 % und
Darlehen A Nr. … ab dem 31.12.2004 zu 1,33 %. Zur Begründung hat das
Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, zwischen dem Kläger zu 2) (im Urteil
fälschlicherweise als Kläger zu 1) bezeichnet) und dem Beklagten sei ein Vertrag
zustande gekommen, der die Ermittlung des Verkehrswertes des Grundstückes
zum Inhalt gehabt habe. Die Klägerin zu 1) (im Urteil fälschlicherweise als Klägerin
zu 2) bezeichnet) sei in den Schutzbereich dieses Vertrages einbezogen worden,
weil die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen seien, dass die Ermittlung
des Verkehrswertes im Interesse beider Kläger erfolgen sollte, da beide Kläger
gemeinsam sich mit der Absicht getragen hätten, das hier in Frage stehende
Grundstück für sich zu erwerben und das Gutachten des Beklagten als
Entscheidungsgrundlage für die Kläger dienen sollte. Das Wertgutachten des
Beklagten sei objektiv falsch, was die Kläger schlüssig dargelegt hätten und der
Beklagte hiergegen nichts Erhebliches vorgebracht hätte. Die Mängel habe der
Beklagte zu vertreten. Die Fehlerhaftigkeit seines Gutachtens sei kausal für den
geltend gemachten Schaden der Kläger. Die Grundstückverkäufer hätten zwar zu
dem wirklichen Verkehrswert ihr Grundstück nicht verkauft mit der Folge, dass die
Kläger dieses Grundstück nicht haben würden. Die Kläger hätten indessen dann
aber auch nicht die klageweise geltend gemachten, durch den Wert des
Grundstückes nicht kompensierten Vermögensnachteile erlitten. Die
beklagtenseits erhobene Verjährungseinrede sei nicht durchgreifend, da die
dreißigjährige Verjährungsfrist des alten Rechts zunächst Platz gegriffen habe. Die
Kläger berühmten sich eines Schadensersatzanspruches wegen Schlechterfüllung
eines Gutachtenauftrages; Rechtsgrundlage für ihr Begehren sei mithin die
positive Vertragsverletzung. Der beklagtenseits im Termin zur mündlichen
Verhandlung am 04.03.2005 beantragte Schriftsatznachlass (vgl. Bl. 165 d. A.) sei
nicht zu gewähren gewesen. Der Beklagte habe sich nur mit der Einrede der
Verjährung (dieser ging von einer sechsmonatigen Verjährungsfrist aus) verteidigt.
Bei einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten
Prozessführung hätte er auch hilfsweise sachlich den Klageanspruch bekämpfen
müssen, was nicht geschehen sei.
Gegen das ihm am 30. März 2005 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit bei
Gericht am 5. April 2005 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und sein
Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 30. Juni 2005
(Bl. 212 d. A.) mit bei Gericht am 30. Juni 2005 eingegangenem Schriftsatz
begründet.
Der Beklagte begründet sein Rechtsmittel im Wesentlichen mit den
nachstehenden Erwägungen:
a) Dem Landgericht sei ein Verfahrensfehler vorzuwerfen. Das Erstgericht hätte
ihm vor dem Termin einen Hinweis gemäß § 139 ZPO zu geben gehabt, dass es
die Verjährungseinrede als nicht durchgreifend erachte. Der mündliche Hinweis sei
erst in der vorgeschalteten Güteverhandlung erfolgt. Der Verhandlungstermin
selbst sei in der Ladungsverfügung als früher erster Termin gekennzeichnet
worden (vgl. Bl. 130 d. A.). Sinn und Zweck des vorbereitenden Termins seien
durch die Vorgehensweise des Landgerichts verfehlt worden;
b) Sein Prozessbevollmächtigter habe noch in der mündlichen Verhandlung in
Auseinandersetzung mit dem Klagevorbringen den Einwand erhoben, dass das
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Auseinandersetzung mit dem Klagevorbringen den Einwand erhoben, dass das
streitgegenständliche Rechtsverhältnis tatsächlich als Gefälligkeitsverhältnis unter
den seit längerem bekannten Parteien anzusehen sei;
c) Die Tätigkeit im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses unterfalle nicht den
üblichen Haftungsnormen. Selbst wenn von keinem totalen Haftungsausschluss
auszugehen sein sollte, wäre seine Haftung zumindest auf grobe Fahrlässigkeit
beschränkt;
d) Den Klägern sei bekannt gewesen, dass er kein Immobiliengutachter sei.
Hierauf habe er bereits hingewiesen, als er die Kläger beim Erwerb einer
Eigentumswohnung in … unterstützen sollte. Wie bereits bei seiner späteren
Hilfestellung 1998 in einer Erbenauseinandersetzung sei auch diesmal nur eine
Aufwandsentschädigung vereinbart worden. Die Rechnung hätten die Kläger
erbeten, um die Kosten steuerlich geltend machen zu können;
e) Die Erstellung eines Gutachtens sei niemals vereinbart worden. Die Kläger
hätten die erheblichen Gutachterkosten sich ersparen wollen, weshalb sie ihm im
Rahmen der „üblichen Gefälligkeiten unter Bekannten“ gebeten hätten, für sie
erneut tätig zu werden. Er sei niemals als Gutachter tätig geworden und habe auch
diesmal kein Gutachten erstellen wollen, ihm habe jeder Rechtsbindungswille
gefehlt. Um ihn zu entlasten, hätten die Kläger ihm angeboten, „ihm die
notwendigen Zahlen zu liefern“, sodass er selbst nur noch eine „Begutachtung
des Zustandes“ vorzunehmen gehabt habe. Eigene Vermessungen habe er nicht
vornehmen sollen. Die Wohnfläche sei ihm genannt worden. Auch sei ihm
gegenüber erklärt worden, dass der Dachgeschossausbau in Aussicht genommen
werde;
f) Er habe als Baukosten die Kosten angesetzt, die zum Wertermittlungsstichtag
aufzuwenden gewesen wären, um das Gebäude zu errichten;
g) Seine Stellungnahme sei entsprechend den getroffenen Vereinbarungen nicht
mit Fehlern behaftet. Gefordert gewesen sei seine persönliche Stellungnahme;
h) Den Klägern sei kein Schaden entstanden. Die Kreditgewährung an die Kläger
habe auf den Ergebnissen eines bankeigenen Gutachtens zum Verkehrswert
beruht. Die Kläger machten den gleichen Schaden in zwei Prozessen geltend und
trügen in den beiden Verfahren widersprüchlich vor;
i) Er, der Beklagte, halte die Verjährungseinrede aufrecht. Vorliegend sei eine
persönliche Stellungnahme vereinbart worden, die dazu dienen sollte, zu
beurteilen, ob das Kaufobjekt zum tatsächlichen und nicht zu einem überhöhten
Verkehrswert angeboten werde. Läge der klägerseits behauptete Mangel vor, so
habe der vertraglich vereinbarte Zweck nicht erreicht werden können, weshalb von
einem „direkten Mangelschaden“ (vgl. Bl. 229 d. A.) auszugehen sei. Der
Schadensersatz wegen eines solchen Mangels unterliege der kurzen Verjährung;
j) Er, der Beklagte, weise darauf hin, dass die Kläger auch die
Grundstücksverkäufer auf Schadenersatz klageweise vor dem Landgericht Mainz in
Anspruch nähmen und diese wie auch ihn bei der Staatsanwaltschaft Mainz
angezeigt hätten. Aus den Ermittlungsakten ergebe sich, dass die finanzierende
Bank, die …-Bank O2, ein Wertgutachten eingeholt habe, welches den Klägern
bekannt gewesen sei. Auch dort sei von einem Verkehrswert von ca. 1,6 Mio. DM
ausgegangen worden, weshalb sich die Frage nach der Kausalität seiner
Stellungnahme stelle. Auch hätten die Kläger 2001 von der
Immobilienmaklergesellschaft C ein Verkehrswertgutachten eingeholt. Auch dort
sei wegen der „Spitzenlage“ des Grundstücks der Kaufpreis mit DM 1.349.800,00
angesetzt worden und ein Verkauf von 1,5 Mio. DM in Aussicht gestellt worden.
Der Beklagte setzt sich im Einzelnen mit den Klägerargumenten sachlich
auseinander. Der Einzelheiten des Parteivorbringens insoweit wegen wird auf den
Inhalt der Schriftsätze vom 15.06.2005 (Bl. 213 ff. d. A.), 04.11.2005 (Bl. 274 ff. d.
A.), 24.01.2006 (Bl. 288 ff. d. A.), 27.03.2006 (Bl. 321 ff. d. A.), 26.04.2006 (Bl. 398
ff. d. A.), 30.05.2006 (Bl. 429 f. d. A.), 23.06.2006 (Bl. 440 f. d. A.) und 01.08.2006
(Bl. 458 ff. d. A.) nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 11. März 2005 verkündeten Urteils des Landgerichts
Darmstadt die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die das angefochtene Urteil verteidigenden Kläger tragen ergänzend und
vertiefend vor, dass sie den Beklagten konkret gefragt hätten, ob er für DM
1.000,00 für sie ein Wertgutachten erstatten könne. Der Beklagte habe dies zwar
zunächst nicht gewollt, dann aber zugesagt ein „komprimiertes Gutachten“ (vgl.
Bl. 265 d. A.) zu erstellen. Der Beklagte sei keinesfalls aus bloßer Gefälligkeit für
sie tätig geworden und habe auch mehr als eine bloße Aufwandsentschädigung
bekommen. Die Angaben zum Wert und zur Wohnfläche sollten entgegen seines
entgegenstehenden Vortages gerade von ihm, dem Beklagten, überprüft werden.
Dem Beklagten als Fachmann hätte auffallen müssen, dass die Räume im
Kellergeschoss wegen der zu niedrigen Deckenhöhe nicht zu Wohnzwecken
geeignet seien. Ihm hätte auffallen müssen, dass die Angaben zur Wohnfläche und
zum umbauten Raum offensichtlich unzutreffend sein müssten. Sie, die Kläger,
verneinten, dass die finanzierende Bank ein eigenes Wertgutachten erstellt habe.
Das Kreditinstitut habe sich vielmehr auf das vom Beklagten erstellte Gutachten
zum Verkehrswert gestützt (vgl. Bl. 392 d. A.). Auch gebe es kein
Maklerverkehrswertgutachten. Der Beklagte habe als „neutraler Fachmann, als
Architekt“ das Anwesen anschauen und die Angaben der Verkäufer vor Ort auf
Richtigkeit überprüfen und hiernach bewerten sollen, ob der verlangte Kaufpreis
angemessen sei (vgl. Bl. 393 d. A.). Der Beklagte habe die wertbildenden Faktoren
überprüfen sollen. Seit März 2003 versuchten sie intensiv das Objekt zu veräußern.
Der weiteren Einzelheiten wegen wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom
19.09.2005 (Bl. 259 ff. d. A.), 24.11.2005 (Bl. 284 ff. d. A.), 23.03.2006 (Bl. 311 ff.
d. A.) und vom 04.04.2006 (Bl. 391 ff. d. A.) nebst Anlagen verwiesen.
Mit Senatsbeschluss vom 10. März 2006 ist der Rechtsstreit dem Einzelrichter
gemäß § 526 ZPO zur Entscheidung übertragen worden (Bl. 300 d. A.).
Das erkennende Gericht hat den Prozessparteien mehrfach Hinweise erteilt, so in
der Ladungsverfügung vom 10.03.2006 (Bl. 303 d. A.) und in den Terminen zur
mündlichen Verhandlung am 05.04.2006 (Bl. 386 f. d. A.) und am 07.02.2007 (Bl.
613, 615, 617, 618 und Bl. 626 d. A.).
Das erkennende Gericht hat die Prozessparteien persönlich informatorisch gehört
und nimmt wegen des Ergebnisses der Anhörung insoweit Bezug auf den Inhalt der
Sitzungsniederschrift vom 5. April 2006 (Bl. 387 ff. d. A.).
Das erkennende Gericht hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines
schriftlich erstatteten Sachverständigengutachtens und zum Gutachter den
öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von
bebauten und unbebauten Grundstücken Dipl.-Ing. (FH) SV2, Architekt, bestellt.
Des Ergebnisses der Beweisaufnahme wegen wird auf den Inhalt seiner
Stellungnahme vom 18.09.2006 zu den Fragen des Beweisbeschlusses vom
12.06.2006 (Bl. 499 ff. d. A.) und auf den Inhalt seines Wertgutachtens vom
15.09.2006 (Bl. 509 ff. d. A.) sowie auf seine mündlichen Erläuterungen im Termin
zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht am 7. Februar 2007
(Bl. 612 ff. d. A.) Bezug genommen. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat
den Verkehrswert zum Bewertungsstichtag 01.07.2001 auf DM 1.030.000,00 oder
gerundet € 527.000,00 geschätzt.
Die Prozessparteien haben sich eingehend mit den
Sachverständigenfeststellungen vor dem Hintergrund ihres jeweiligen
Parteivorbringens auseinandergesetzt. Insoweit wird auf die Schriftsätze des
Beklagten vom 18.10.2006 (Bl. 549 ff. d. A.), 03.11.2006 (Bl. 557 ff. d. A.),
08.01.2007 (Bl. 604 ff. d. A.) sowie vom 08.03.2007 (Bl. 636 ff. d. A.) und auf die
der Kläger vom 17.11.2006 (Bl. 581 ff. und Bl. 592 ff. d. A.) sowie vom 12.03.2007
(Bl. 676 ff. d. A.) Bezug genommen. Der Kläger zu 2) hat persönliche
Stellungnahmen durch seinen Prozessbevollmächtigten unter dem 07.03. und
08.03.2007 (jeweils bei Gericht am 12.03.2007 eingegangen) zu den Gerichtsakten
reichen lassen, auf deren Inhalt verwiesen wird.
Das Berufungsgericht hat letztlich zu Informationszwecken kurzfristig die
Prozessakten LG Mainz zu Aktenzeichen 2 O 236/02 des Klageverfahrens der
Kläger gegen die Grundstücksverkäufer beigezogen und zum Gegenstand der
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Kläger gegen die Grundstücksverkäufer beigezogen und zum Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gemacht (vgl. Protokoll vom 05.04.2006, Bl. 386 d. A.).
Des gefertigten Aktenauszuges wegen wird auf Blatt 371 ff. d. A. verwiesen sowie
auf die schriftsätzlichen Anlagen des Beklagtenschriftsatzes vom 27.03.2006 (Bl.
327 ff. d. A.).
II. Die statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere form- und fristwahrend
eingelegte Berufung des Beklagten ist sachlich begründet, weshalb wie erkannt zu
entscheiden war. Den Klägern steht der geltend gemachte
Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten schon deshalb nicht zu, weil dem
Beklagten nicht begründet der Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens
gemacht werden kann und die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen
ist.
1.Zutreffend ist das Landgericht im rechtlichen Ausgangspunkt davon
ausgegangen, dass der Kläger zu 2) mit dem Beklagten in eine Vertragsbeziehung
eingetreten ist und diese Vertragsbeziehung dem Werkvertragsrecht untersteht
(vgl. Urteil des VII. ZS des BGH vom 10.06.1976 = BGHZ 67, 1 ff. = NJW 1976
Seite 1502). Richtig ist auch die Feststellung des Erstgerichts, dass gemäß Artikel
229 § 5 EGBGB im Hinblick auf die Rechtsbeziehungen der Parteien die bis zum
31.12.2001 geltenden sachlich-rechtlichen Vorschriften Platz greifen.
Letztlich ist auch die weitere Feststellung des Landgerichts zutreffend, dass
mögliche Schadensersatzansprüche der Kläger nicht verjährt sind, weshalb die
beklagtenseits in beiden Instanzen erhobene Verjährungseinrede nicht
durchgreifend ist.
Der Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. u. a. das vorstehend
zitierte Urteil) für Mangelfolgeschäden aus Schätzungen, Gutachten und
Auskünften die Anwendung der §§ 635, 638 BGB a. F. ausgeschlossen. Wird ein
Gutachten fehlerhaft erstattet, können hierauf gestützte
Schadensersatzansprüche nur nach der damals gewohnheitsrechtlich anerkannten
positiven Vertragsverletzung begründet sein (heute § 280 BGB n. F.), welche der
früheren dreißigjährigen Verjährungsfrist unterlagen. Auch nach der
Überleitungsvorschrift des Artikel 229 § 6 EGBGB war bei Klageeinreichung am
30.12.2004 die neue kurze Verjährungsfrist der §§ 195, 199 Abs. 3 BGB n. F. noch
nicht abgelaufen, weshalb verfahrensrechtlich zu klären ist, ob den Klägern der
geltend gemachte Schadensersatzanspruch tatsächlich auch zusteht oder nicht.
2.Verfahrensfehlerhaft, weil dem Beklagten die erbetene Schriftsatzfrist nicht
gewährend, hat das Landgericht jedoch in dem angefochtenen Urteil die Tatsache
festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, den Verkehrswert der in
O1 gelegenen Immobilie zu ermitteln und in diesem Zusammenhang auch nicht
die Frage nach dem Verschuldensmaßstab erörtert hat.
Nach § 282 ZPO ist jede Prozesspartei gehalten, einen substantiierten
Prozessvortrag zu halten. Zumindest in der Rechtslehre (vgl. Prütting in Müko,
ZPO, 2. Aufl. 2000, Rn 20 ff. und Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl. 2007, Rn 3, jeweils
zu § 282) wird auch eine Staffelung des Vorbringens für zulässig erachtet, wobei
indessen durch Ankündigung deutlich gemacht werden muss, was die Partei zum
Gegenstand ihrer Verteidigung zu machen gedenkt, falls ihr erstes
Verteidigungsmittel nicht durchgreift. Vorliegend hat der Beklagte erstinstanzlich
schriftsätzlich zunächst nur und ausschließlich seine Rechtsverteidigung auf die
erhobene Verjährungseinrede beschränkt (vgl. Bl. 160 f. d. A.), meinend,
vorliegend griffe §§ 635, 638 BGB a. F. ein. Der Beklagte hat es in der Klagereplik
verabsäumt, wenigstens ansatzweise darzulegen, mit welchen Argumenten er sich
sachlich-rechtlich gegen den geltend gemachten Anspruch zu wehren gedenkt. Ob
eine derartige Vorgehensweise der gesetzlichen Prozessförderungspflicht genügt,
kann dahingestellt bleiben, weil das Landgericht von der verfahrensrechtlichen
Notwendigkeit ausgegangen ist, dem Beklagten einen rechtlichen Hinweis des
Inhaltes zu geben, dass seine Verjährungseinrede als nicht durchgreifend
angesehen werde. Da nach Aktenstand nicht davon ausgegangen werden kann,
dass die entsprechende Hinweisverfügung vom 22.02.2005 (Bl. 162 d. A.) dem
Beklagtenvertreter auch vor dem Termin zugegangen ist, wurde der
Beklagtenvertreter mit dieser Rechtsauffassung des Landgerichts erstmals im
Gütetermin bzw. in dem sich daran anschließenden frühen ersten Termin am 4.
März 2005 konfrontiert (Bl. 163 f. d. A.). Es verstößt gegen das Fair-Trial-Gebot,
dem Beklagten keine angemessene Frist zu gewähren, binnen derer er sich auf die
verfahrensrechtliche Situation sachgerecht einstellen kann, hier also nach
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verfahrensrechtliche Situation sachgerecht einstellen kann, hier also nach
Rücksprache mit dem Mandanten das vorzutragen, was der Beklagte dann letztlich
in der zweiten Instanz erstmals schriftsätzlich vorgetragen hat. Der Erstrichter hat
einen ergänzenden Sachvortrag, den der Beklagtenvertreter vor dem Landgericht
gehalten haben will, nicht zu Protokoll genommen. Darüber hinaus muss seitens
des Berufungsgerichts noch festgestellt werden, dass aus der Ladungsverfügung
vom 10.01.2005 (Bl. 130 d. A.) – Bestimmung der Güteverhandlung und des
frühen ersten Termins – sich nicht mit hinreichender Klarheit ergibt, dass der frühe
erste Termin einen Haupttermin entbehrlich machen sollte.
Stellt sich im frühen Termin heraus, dass bei ungenügender Klageerwiderung die
Sache nicht entscheidungsreif ist – wovon vorliegend auszugehen ist -, so muss
das Prozessgericht nach entsprechender Hinweiserteilung einen Haupttermin
anberaumen (vgl. Zöller-Greger a. a. O. Rn 5 zu § 275), was hier allerdings
unterblieben ist. Konsequenz ist, dass das zweitinstanzliche Vorbringen des
Beklagten bei der zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen war.
3.Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil zutreffend des Weiteren
festgestellt, dass beide Kläger für den geltend gemachten
Schadensersatzanspruch aktivlegitimiert sind. Dies deshalb, weil der Kläger zu 2)
Vertragspartner des Beklagten ist und die Klägerin zu 1) in den Schutzbereich
dieses Vertrages einbezogen worden ist.
Die landgerichtlichen Ausführungen zur Aktivlegitimation der Klägerin zu 1) sind
indessen für das erkennende Gericht nicht ohne weiteres nachvollziehbar, denn in
der Klageschrift haben die Kläger noch vortragen lassen, sie (sic!) hätten den
Beklagten mit der Erstellung eines Gutachtens zum Verkehrswert der
streitgegenständlichen Liegenschaft beauftragt (vgl. Bl. 3 d. A.). Eine
Auseinandersetzung mit dem Vortrag findet nicht statt. Offenbar hat das
Landgericht auf die „Stellungnahme zum Verkehrswert“ des Beklagten abgestellt,
in welcher nur der Kläger zu 2) als Auftraggeber bezeichnet wird, ohne indessen in
diesem Zusammenhang ausdrücklich dies in Bezug zu nehmen. Dass die Klägerin
zu 1) in den Schutzbereich des Vertrages zwischen dem Kläger zu 2) und dem
Beklagten einbezogen war, ist im Ergebnis indessen richtig, denn der Kläger zu 2)
hat gelegentlich seiner informatorischen Anhörung durch das erkennende Gericht
am 05.04.2006 (Bl. 388 d. A.) selbst eingeräumt, dass er, der Kläger zu 2), den
Beklagten angesprochen habe, ob er bereit sei, den Wert des Hauses zu
bestimmen.
Nach dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung kann mithin nur und muss
festgestellt werden, dass allein der Kläger zu 2) dem Beklagten einen Auftrag
erteilte, welcher zum Gegenstand eine gutachterliche Tätigkeit im Bezug auf die
hier interessierende Liegenschaft hatte. Die Klägerin zu 1) ist gleichwohl zur
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen (behaupteter)
Schlechterfüllung dieses Vertrages aktivlegitimiert, was das Landgericht so völlig
richtig gesehen hat, weil sie zumindest in den Schutzbereich des Vertrages
einbezogen war. Grundsätzlich können die Vertragsparteien in beliebiger Weise
bestimmen, welche Personen in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen
werden sollen (vgl. Urteile des IV.a ZS des BGH vom 02.11.1983 = NJW 1984 Seite
355 und vom 23.01.1985 = NJW-RR 1986 Seite 484, 485). Dem Beklagten war
nämlich bekannt, dass b e i d e Kläger das in O1 zum Verkauf anstehende
Immobilienobjekt käuflich erwerben wollten, weshalb seine, des Beklagten,
Einschätzung auch für beide Kläger gleichermaßen von Bedeutsamkeit war.
Darüber hinaus ist die Klägerin zu 1) auch die Schwester des früheren
Prozessbevollmächtigten der Kläger, welcher die Prozessparteien schon 1998
zusammenbrachte. Vorliegend muss daher nicht auf die Rechtsprechung
zurückgegriffen werden, die zu der Frage ergangen ist, unter welchen besonderen
Umständen ein Dritter in die Schutzpflichten eines Gutachtens eines nicht
öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen einbezogen werden kann
(vgl. hierzu u. a. nur das Urteil des OLG Dresden vom 19.11.1996 = NJW-RR 1997
Seite 1001). Hier war für den Beklagten klar erkennbar, dass nicht nur der Kläger
zu 2) ein Interesse an seinen Feststellungen hatte, sondern auch dessen Ehefrau,
die Klägerin zu 1), weshalb auch ihr gegenüber Schutzpflichten bestanden.
4.Einer Sachentscheidung durch das erkennende Gericht steht letztlich nicht der
Umstand entgegen, dass die Kläger auch die Grundstücksverkäufer vor dem
Landgericht Mainz auf Schadensersatz klageweise in Anspruch nehmen, und zwar
wegen der nachstehenden Schadenspositionen, die auch hier geltend gemacht
werden. Wertdifferenz Immobilie € 207.244,04(im Mainzer Verfahren indessen zu
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werden. Wertdifferenz Immobilie € 207.244,04(im Mainzer Verfahren indessen zu
einem geringen Betrag)Kosten Privatgutachten SV1 € 2.083,36Notarmehrkosten €
1.112,06Mehrkosten Grundgebühren € 898,74Mehrkosten Grunderwerbssteuer €
7.253,54Zinsschaden bis 30.12.2004 € 31.801,64
Wenn damit einerseits auch eine weitgehende Identität der jeweils geltend
gemachten Schäden besteht, so besteht andererseits weder eine
Anspruchsidentität noch eine Personenidentität, weshalb keine anderweitige
Rechtshängigkeit gegeben ist (§ 261 ZPO). Es kann indessen keinem Zweifel
unterliegen, dass die Kläger ihren Schaden nicht zweimal liquidieren können,
nämlich einmal bei dem hiesigen Beklagten und zum anderen bei den anderweitig
verklagten Grundstücksverkäufern. Gleichwohl haben die Kläger erstinstanzlich
unter anderem beantragt gehabt, den Beklagten zur Zahlung eines
Schadensersatzgeldbetrages in Höhe von € 251.768,77 – also als alleinigen(!)
Schuldner – an sie als Gesamtgläubiger zu verurteilen. Auch wenn sie nunmehr
nach Einführung der Tatsache des Mainzer Verfahrens in das hiesige Verfahren
und in Erwiderung auf einen gerichtlichen Hinweis zweitinstanzlich die
Rechtsauffassung vertreten, der Beklagte hafte ihnen gegenüber als
Gesamtschuldner neben den Grundstücksverkäufern (Bl. 651 d. A.), haben sie
hieraus jedenfalls insoweit keine Konsequenz des Inhaltes gezogen, als sie
nunmehr beantragt hätten, den Beklagten gegebenenfalls als Gesamtschuldner
neben den Grundstücksverkäufern zur Zahlung eines bestimmten
Schadensersatzbetrages zu verurteilen. Dies ist letztlich verfahrensrechtlich schon
deshalb unschädlich, weil das erkennende Gericht nicht davon ausgeht, dass der
Beklagte, so der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen ihn bestünde
– er ist es nicht, wie noch darzulegen sein wird -, den Klägern gegenüber neben
den Grundstücksverkäufern gesamtschuldnerisch haftet.
Nach § 421 BGB haften mehrere Schuldner als Gesamtschuldner, wenn jeder von
ihnen die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet und der Gläubiger diese Leistung
nur einmal zu fordern berechtigt ist. Unstrittig ist die Definition sehr weit gefasst,
weshalb weitere ungeschriebene Voraussetzungen hinzutreten müssen, um von
einer echten Gesamtschuld ausgehen zu können (vgl. hierzu u. a. Bydlinski in
Müko BGB, 4. Aufl. 2001, Rn 9 ff. zu § 421 mit zahlreichen Nachweisen).
Wesensmerkmal der Gesamtschuld ist mithin, dass dem Gläubiger die Schuldner
zur einmaligen Befriedigung desselben Leistungsinteresses gegenüberstehen.
Der Große Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat in seinem Beschluss vom 1.
Februar 1965 (BGHZ 43, 227 ff., 230) das Erfordernis aufgestellt, dass eine echte
Gesamtschuld einen inneren Zusammenhang der beiden Verpflichtungen im
Sinne einer rechtlichen Zweckgemeinschaft voraussetzt. In dem dort
entschiedenen Fall hat der BGH zur Frage Stellung genommen, ob Architekt und
Bauherr Gesamtschuldner seien. Diese Frage hat er dort im Grundsatz zwar
verneint, aber im Hinblick auf Mängel am Bauwerk bejaht. In der neueren
Rechtsprechung (vgl. u. a. Urteil des III. ZS des BGH vom 26.01.1989 = BGHZ 106,
313 ff., 319) wird auf das Kriterium der Gleichstufigkeit der Verpflichtungen
abgestellt. Die Gesamtschuld ist in dieser Sichtweise dadurch gekennzeichnet,
dass sie eine „Tilgungsgemeinschaft“ ist, d. h. durch die Erfüllung einer Schuld
erlöschen auch die anderen (Palandt/Grunsky, BGB, 66. Aufl. 2007, Rn 7 zu § 421).
Im Vordergrund steht damit der Blick auf den Regress der mehreren Schuldner
untereinander. Dass vorliegend der Beklagte und die Grundstücksverkäufer keine
Tilgungsgemeinschaft bilden und in ihrem Verhältnis zueinander § 426 BGB nicht
Platz greifen kann, bedarf keiner weitergehenden Ausführungen, weil dies nach
Auffassung des Berufungsgerichts zum einen bereits offensichtlich ist und zum
anderen auch die Prozesslage (Klageabweisung) dies nicht erfordert. In diesem
Zusammenhang sei indessen auf die Entscheidungen des OLG Karlsruhe vom
11.12.1997 (NJW-RR 1998, Seite 601) und des Landgerichts Kaiserlautern vom
29.09.2004 zu Aktenzeichen 4 O 584/00 verwiesen. Beide Gerichte haben zwischen
Verkäufer und Gutachter ebenfalls keine Gesamtschuld angenommen.
Auch wenn von keiner Gesamtschuld auszugehen ist, kann der Gefahr einer
doppelten Leistungserbringung zugunsten der Kläger begegnet werden, weil die
jeweils in Anspruch genommenen Schuldner im Wege der Einrede die Abtretung
der Ersatzansprüche gemäß § 255 BGB verlangen können, auch noch nachträglich
und außerhalb des Erkenntnisverfahrens (vgl. Urteil des VII. ZS des BGH vom
27.03.1969 = BGHZ 39 Seite 42).
5.Für den Inhalt des dem Beklagten erteilten Auftrages sind die Kläger darlegungs-
und beweisbelastet, denn es handelt sich hierbei um eine anspruchsbegründende
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und beweisbelastet, denn es handelt sich hierbei um eine anspruchsbegründende
Voraussetzung. Die landgerichtliche Feststellung, dass dem Beklagten in
mündlicher Form ein Auftrag, der keine Haftungsbeschränkung vorsieht, des
Inhaltes erteilt wurde, dass er, der Beklagte, den Verkehrswert der Liegenschaft zu
schätzen hatte, kann nach dem zweitinstanzlichen Verhandlungsergebnis keinen
Bestand haben, weshalb letztlich im Ergebnis unter Abänderung des
angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen war.
In diesem Zusammenhang ist den Klägern bereits anzulasten, dass sie in den
beiden von ihnen angestrengten Klageverfahren nicht widerspruchsfrei vortragen.
Während im hier anhängigen Verfahren die Kläger ursprünglich behauptet haben
(so Bl. 3 d. A.), sie hätten explizit den Beklagten mit der Erstellung eines
Gutachtens zum Verkehrswert des Grundstückes beauftragt gehabt, tragen sie
nunmehr in zweiter Instanz vor (Bl. 265 d. A.), dass der Beklagte aufgrund der ihm
angebotenen Vergütung von ca. DM 1.000,00 unter Hinweis darauf, dass ein
solches Gutachten deutlich mehr als DM 1.000,00 koste, es abgelehnt habe,
ihrem, dem klägerischen, Ersuchen nachzukommen. Der Beklagte habe sich dann
aber bereiterklärt, für diesen Betrag ein „komprimiertes Gutachten“ zu erstellen.
In dem vor dem Landgericht Mainz anhängigen Verfahren haben indessen die
Kläger mit Schriftsatz vom 9. September 2002 (hier Bl. 327 d. A.) vortragen
lassen, der Beklagte sei von ihnen „lediglich gebeten“ worden, „sich eine
grundsätzliche Meinung zu dem Anwesen, der Lage und des Wertes des Objektes
zu bilden“, da sie, die Kläger, sich betreffend der Kaufpreishöhe die objektive
Meinung eines neutralen Dritten hätten einholen wollen. Auch im Schriftsatz vom
14.11.2002 (hier Bl. 336 d. A.) wiederholen sie nochmals ihre dort aufgestellte
Behauptung, der Beklagte habe sich nur eine „grundsätzliche Meinung über das
Objekt bilden“ sollen und habe „keinesfalls“ das Anwesen eingehend untersucht
oder überprüft.
Der vor dem Landgericht Mainz klägerseits gehaltene Vortrag steht in einer
wertenden Betrachtung in Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Beklagten
im vorliegenden Verfahren, wenn dieser vorträgt, er sei um eine Hilfestellung
gebeten worden (Bl. 219 d. A.) und er habe eine persönliche Stellungnahme
abgeben und kein Sachverständigengutachten erstatten sollen. Er, der Beklagte,
habe seiner persönlichen Meinung Ausdruck gegeben.
Mangels Beweises für eine weitergehende Vereinbarung muss vor diesem
Hintergrund das erkennende Gericht daher davon ausgehen, dass der Beklagte
um seine persönliche Meinung, allerdings auch für ihn erkennbar, in seiner
Eigenschaft als Architekt, gefragt war. Da der Beklagte zum einen wusste, welche
wirtschaftlich bedeutsame und weitreichende Entscheidung die Kläger treffen
wollten, und er zum anderen auch eine in Geld ausgedrückte Gegenleistung
erhielt, scheidet ein reines Gefälligkeitsverhältnis, welches keine Rechte und/oder
Pflichten im Rechtssinne begründet, aus (vgl. hierzu auch Kramer in Müko BGB, 4.
Aufl. 2003, Einleitung Schuldrecht, Rn 30 ff. sowie Staudinger-Olzen, BGB,
Neubearb. 2005, Rn 72 f. zu § 241), was inzident bereits durch die vorstehende
Rechtserwägung festgestellt worden ist, dass das Landgericht zu Recht von einer
werkvertraglichen Beziehung zwischen dem Kläger zu 2) und dem Beklagten
ausgegangen ist. Aus der Tatsache indessen, dass ein vertragliches
Schuldverhältnis begründet worden ist, lässt sich nicht ohne weiteres ableiten,
dass aus diesem Grund der Beklagte auch für jede Form der Fahrlässigkeit
einzustehen hat. Gegenteiliges ist vielmehr der Fall.
Das Berufungsgericht geht aufgrund des Inbegriffs der mündlichen Verhandlung in
einer tatrichterlichen Würdigung des ihm unterbreiteten Sachverhaltes vorliegend
von einer Haftungsbeschränkung aus, die auch Platz greift, weil dem Beklagten
kein qualifiziertes Verschulden anzulasten ist.
Es wird hierbei nicht verkannt, dass die Rechtsprechung sehr zurückhaltend mit
der Annahme von stillschweigenden Haftungsausschlüssen ist. Eine solche
Haftungsbeschränkung muss nicht unbedingt konkludent erfolgen und ist mit
dieser Begründung in einer strengen dogmatischen Sichtweise auch niemals
gerechtfertigt, wenn es für einen entsprechenden Willen keine konkreten
Anhaltspunkte gibt. Aber die Haftungsbeschränkung kann sich dogmatisch auch
aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergeben, die in der Praxis indessen
oftmals auch als konkludente Haftungsbeschränkung bezeichnet wird.
Bei Hinzutreten besonderer Umstände im Einzelfall kann sich nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in ergänzender Auslegung der
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Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in ergänzender Auslegung der
Abmachung eine Haftungsbeschränkung ergeben. Die auf Grundlage des § 242
BGB erfolgende ergänzende Vertragsauslegung hat zur Voraussetzung, dass der
Geschädigte sich mit dem ausdrücklichen Ansinnen einer solchen
Haftungsvereinbarung billigerweise nicht hätte versagen können, wobei den
versicherungsrechtlichen Gegebenheiten eine wesentliche Bedeutung zukommt
(vgl. Urteil des III. ZS des BGH vom 14.11.2002 = NJW 2003, Seite 578 ff., 579).
Solche besonderen Umstände sind vorliegend gegeben.
Auch wenn die Kläger schriftsätzlich vortragen lassen (zum Beispiel im Schriftsatz
vom 12.03.2007, Bl. 678), die Prozessparteien seien nicht befreundet und auch
sonst nicht durch eine „irgendwie geartete persönliche Beziehung“ verbunden, so
ist doch als unstreitig anzusehen (§ 138 Abs. 3 ZPO), dass der vormalige
Prozessbevollmächtigte der Kläger der Bruder der Klägerin zu 1) ist und dieser mit
dem Beklagten – beide in demselben Sportverein aktiv – einen gesellschaftlichen
Umgang pflegte und über ihn der Kontakt zwischen den Prozessparteien schon
lange vor dem streitgegenständlichen Geschehnis hergestellt wurde. Der
Richtigkeit der schriftsätzlichen Ausführung dürfte auch die nachstehende
persönliche Erklärung des Klägers zu 2) in seiner E-Mail vom 15.02.2007 (Bl. 642 d.
A.) widersprechen, in der es unter anderem heißt:„Gerade weil die Kläger dem
Beklagten bekannt gewesen waren, musste diesem auch klar sein, wie wichtig
dieses Wertgutachten als Kompass für eine mögliche Verkaufsverhandlung sein
würde.“
Letztlich war den Klägern – was ebenfalls gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig
anzusehen ist – aufgrund zeitlich vorangegangener Erklärung des Beklagten
bekannt, dass dieser kein „Immobiliengutachter“ war (vgl. Bl. 218 d. A.) und er
deshalb eigenen Vorbringens gemäß keine Wertgutachten hat erstellen können.
Der Beklagte ist für die hier in Frage stehende Tätigkeit nicht haftpflichtversichert.
Die Kläger haben schließlich in dem Klageverfahren vor dem Landgericht Mainz im
Schriftsatz vom 6. Juni 2005 (hier Bl. 357 d. A.) noch vortragen lassen, sie hätten
auf die Richtigkeit der Angaben der Grundstücksveräußerer vertraut. Hätten mithin
die Prozessparteien an einen Haftungsfall gedacht, so hätten sich die Kläger
billigerweise auf eine Haftungsbeschränkung einlassen müssen, dies auch vor dem
Hintergrund, dass umgangssprachlich die „Gefälligkeit“ des Beklagten im
Vordergrund stand.
Selbst wenn dieser vorstehend dargelegten Argumentation nicht beizutreten sein
sollte, ist zu bedenken, dass sich auch konkludent aus dem hier der Entscheidung
zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen eine Haftungsbeschränkung
ergibt. Wie die Kläger in dem Mainzer Verfahren selbst vortragen und sie hieran
auch im vorliegenden Verfahren gebunden sind, waren sie an der „grundsätzlichen
Meinung“ des Beklagten (in seiner Eigenschaft als Architekt) zur Werthaltigkeit der
Liegenschaft interessiert. Damit ist bereits nach dem Vertragszweck die erbetene
Wertschätzung eine subjektive, weshalb sich hieraus auch eine
Haftungsbeschränkung auf die diligentia quam in suis (Sorgfalt in eigenen
Angelegenheiten) ergibt. Nach § 277 BGB ist jedoch auch derjenige, der nur für die
Sorgfalt einzustehen hat, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden
pflegt, von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit. Ein solches
qualifiziertes Verschulden ist dem Beklagten indessen nicht anzulasten.
6.Die Verkehrswertschätzung des Beklagten ist nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme zwar fehlerhaft, aber dies löst gleichwohl keine Haftung aus, weil
zum einen der Beklagte ersichtlich die Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen
Angelegenheiten anzuwenden pflegt und zum anderen ihm zumindest kein
qualifiziertes Verschulden angelastet werden kann.
Richtigerweise geht der Beklagte davon aus, dass der Verkehrswert der
Liegenschaft nach dem Sachwertverfahren (coast approach) zu bestimmen ist,
weil bei Ein- und Zweifamilienhäusern nach den Gepflogenheiten des gewöhnlichen
Geschäftsverkehrs die Ersatzbeschaffungskosten preisbestimmend sind. Das
Sachwertverfahren ist dreistufig und setzt sich zusammen aus dem Bodenwert,
dem Wert der baulichen Anlagen (einschließlich der Außenanlagen) und dem Wert
der sonstigen Anlagen (zum Beispiel Gartenanlage). Der Wert der baulichen
Anlagen wird bestimmt durch die gewöhnlichen Herstellungskosten unter
Berücksichtigung des Alters und gegebenenfalls vorhandener Baumängel und
sonstiger wertbeeinflussender Umstände. Die häufig geübte Praxis, den Sachwert
des Grundstückes ohne Prüfung mit dem Verkehrswert gleichzusetzen, ist
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des Grundstückes ohne Prüfung mit dem Verkehrswert gleichzusetzen, ist
grundsätzlich falsch. Die Sachwertermittlung ist in erster Linie ein Rechenverfahren
zur Ermittlung des Wertes der Grundstückssubstanz. Der Verkehrswert wird aber
durch den Grundstücksmarkt bestimmt, das heißt danach, wie viel Geld Kaufwillige
üblicherweise für das jeweilige Objekt zahlen würden, oder anders ausgedrückt, wie
viel Geld ihnen das Objekt wert ist (vgl. Kleiber/Simon, Verkehrswertermittlung von
Grundstücken, 5. Aufl. 2007, Seite 1813).
Hinsichtlich des Bodenwertes können gegen die Richtigkeit der Aussage des
Beklagten in seiner „Stellungnahme zum Verkehrswert“ keine durchgreifenden
Bedenken begründet erhoben werden. Der Beklagte legt nämlich unter
Bezugnahme auf den Bodenrichtwert einen Quadratmeterpreis von DM 950,00
seiner Wertberechnung zugrunde. Der klägerische Privatgutachter SV1 geht von €
490,00, das sind DM 958,36 aus. Der gerichtlich bestellte Sachverständige
verweist in seinem Gutachten zwar ebenfalls auf den Bodenrichtlinienwert von DM
960,00, meint aber wegen der Grundstücksgröße (805 qm), der
Grundstücksausrichtung und der Grundstückslage wegen diesen Wert modifizieren
zu müssen und kommt so zum Ergebnis, dass nur von einem Quadratmeterpreis
von DM 835,00 auszugehen sei.
Auch gegen die Bewertung der sonstigen Anlagen durch den Beklagten werden
klägerseits keine Einwände erhoben.
Der entscheidungsrelevante Streit der Parteien geht mithin um den Sachwert des
Wohnhauses. Der Beklagte hat in seinem Gutachten nicht Bezug auf die
Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von
Grundstücken (kurz Wertermittlungsverordnung - WertV) vom 06.12.1988 in der
Fassung des Artikel 3 des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 Bezug
genommen und hat den Substanzwert nach dem „Baukostenzeitwert“ errechnet
und ist so zu einem Herstellungskostenaufwand zum Stichtag von DM 938.700,00
gekommen. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat den Wert der baulichen
Anlagen indessen nur auf DM 701.016,00 geschätzt.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat indessen in seiner mündlichen
Erläuterung des von ihm erstatteten schriftlichen Gutachtens eingeräumt (Bl. 619
f. d. A.), dass für den Herstellungspreis zum Bewertungsstichtag im Jahre 2001 die
Annahme eines Kubikmeterpreises von DM 700,00 „richtig“ sei, zumal die
Hanglage des Grundstückes in dem Normherstellungspreis nicht mit einfließe.
Die klägerseits in dem nachgelassenen Schriftsatz hiergegen vorgebrachten
Bedenken rechtfertigen es nicht, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.
Es kann zu ihren Gunsten als richtig unterstellt werden, dass die von Dipl.-Ing. D
betreute Datenbank für das Jahr 2000 maximale Kubikmeternormalpreise von DM
663,00 bei umbautem Raum (ubR) und von DM 593,00 bei Bruttorauminhalt (BRi)
aufweist.
Es gibt verschiedene Normherstellungskostentabellen, die auch den regionalen
Baupreisunterschieden Rechnung tragen. Oftmals schließen sie, wie selbst auch
die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
herausgegebene Tabelle (zuletzt NHK 2000) trotz der Vorschrift des § 22 Abs. 2
WertV die Baunebenkosten nicht ein (vgl. Kleiber/Simon a. a. O. Seite 1829),
weshalb die dort veröffentlichten Preise um die Baunebenkosten aufgestockt
werden müssen. Die NHK 2000 sieht für freistehende Einfamilienhäuser netto
Normherstellungspreise von DM 540,00 bis DM 705,00 vor, allerdings jeweils
bezogen auf die Bruttogrundfläche (BGF).
Allein mit dem Hinweis auf andere verlautbarte Preise in einer bestimmten Datei
kann die tatrichterliche Überzeugung, dass der gerichtlich bestellte
Sachverständige, dem eine hohe Fachkompetenz zugeschrieben wird, zutreffend
die hier relevanten Normpreise wiedergegeben hat, nicht erschüttert werden. Dies
auch schon deshalb nicht, weil der Privatgutachter SV1, der im Auftrage der Kläger
tätig wurde, in seiner Stellungnahme vom 09.11.2006, welche die Kläger selbst zu
den Gerichtsakten gereicht haben, ausgeführt hat, die vom Sachverständigen
angesetzten Werte entsprächen den Tabellenwerten der NHK 1995 für
Wohnhaustyp 1.1, das heißt für ein Einfamilienhaus mit Vollunterkellerung (vgl. hier
Bl. 590 d. A.).
Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der Kostenermittlung bestimmen sich nach
dem Bewertungssystem. Nach § 22 Abs. 1 WertV kann der Herstellungswert
anhand der Normalherstellungskosten berechnet werden, weshalb der klägerische
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anhand der Normalherstellungskosten berechnet werden, weshalb der klägerische
Hinweis auf die angeblich tatsächlich angefallenen Baukosten nicht zielführend ist.
Nach § 22 Abs. 5 WertV kann zwar zur Ermittlung des Herstellungspreises auch auf
die tatsächlich entstandenen Kosten abgestellt werden, aber nur dann, wenn sie
den gewöhnlichen Herstellungskosten entsprechen.
Für die weiteren Überlegungen ist daher davon auszugehen, dass der Beklagte
den Sachwert von den Neuherstellungskosten ableitete und den sich so
ergebenden Preis um 10,6 % minderte (Altersabschlag).
In der streitgegenständlichen Stellungnahme des Beklagten vom 22.06.2001
bezeichnete dieser als Bezugsgröße für seine Kostenberechnung den umbauten
Raum. Dieser Begriff hat im Laufe des Prozesses viel Verwirrung ausgelöst, denn
nach der Wertverordnung muss zwischen dem umbauten Raum nach der DIN 277
(1950) und dem Rauminhalt nach DIN 277 (1973/1987/2005) streng unterschieden
werden. Die beiden Bezugsgrößen unterscheiden sich im Wesentlichen durch eine
andere Bewertung des Kellergeschosses und der Dachgauben. Bei Kleiber/Simon
(a. a. O. Seite 328) heißt es in diesem Zusammenhang:„In Fachkreisen sind die
unterschiedlichen Berechnungsweisen der Ausgaben 1950 und 1973/1987 und
2005 weitgehend bekannt, aber offensichtlich nicht die Konsequenzen, die sich aus
der Anwendung beider Vorschriften bei der Sachwertermittlung ergeben“.
Vorliegend hat das Haus, welches die Kläger käuflich erwarben, weniger umbauten
Raum als Bruttorauminhalt.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat ausgeführt, dass der Beklagte
aufgrund der ihm vorgelegten Pläne durchaus von 1500 qm BRi im Sinne DIN 277
(1987) habe ausgehen dürfen, habe der Beklagte indessen tatsächlich umbauten
Raum im Sinne der DIN 277 1950 gemeint, so ergäbe sich überschlägig nur 1312
m³, weshalb dann von einer Abweichung von ca. 12,5 % auszugehen sei. Auch
diese Differenz muss nach Ansicht des erkennenden Gerichtes klägerseits unter
angemessener Berücksichtigung der hier vorliegenden besonderen Umstände
hingenommen werden. Nach gerichtlicher Auffassung durfte der Beklagte von den
ihm übergebenen (unvermaßten) Plänen ausgehen. Dass ihm, dem Beklagten,
bewusst war, dass die tatsächliche Bauausführung von den Plänen abwich, zeigt
sich daran, dass er wegen der geringen Kellerhöhe (190 bis 200 cm statt 250 cm
gemäß Plan) einen Abschlag vorgenommen hat.
Die im Besonderen klägerseits breit geführte Diskussion zu den Volumenbegriffen
und ob es richtig sein könnte, dass der Beklagte trotz seines Sprachgebrauches
nicht umbauten Raum, sondern BRi gemeint haben könnte, ist deshalb ebenso
wenig zielführend wie die Auseinandersetzung mit den einzelnen Rechenschritten
zur Ermittlung der Normalherstellungskosten, weshalb auch davon abgesehen
wird, zu den einzelnen Beweisantritten im klägerischen Schriftsatz vom 12.03.2007
(Bl. 676 ff.) Stellung zu nehmen, denn sie beziehen sich der Sache nach letztlich
sämtlich auf die Frage, inwieweit korrekt der Normherstellungsaufwand ermittelt
wurde.
Der Beklagte sollte sich seine Meinung als Architekt zu dem Verkehrswert des
Objektes bilden. Die Abweichung zwischen dem von ihm ermittelten Verkehrswert
zu dem vom gerichtlich bestellten Sachverständigen ermittelten Verkehrswert
beruht im Wesentlichen auf unterschiedliche Ansätze im Bodenwert und beim
Marktanpassungsfaktor.
Dass wegen der unterschiedlichen Bodenwertberechnung dem Beklagten kein
haftungsrechtlicher Vorwurf gemacht werden kann, ist oben bereits ausgeführt
worden. Der Beklagte hat bei seiner Einschätzung des Sachwertes sich ersichtlich
nicht an die Vorgaben der Wertverordnung gehalten. Er hat den Verkehrswert der
Liegenschaft, wie er selbst bekundet hat, als Praktiker geschätzt, und zwar
aufgrund der von ihm geschätzten Normalherstellungskosten für die baulichen
Anlagen zum Stichtagszeitpunkt. Auch diese Schätzung ist, wie oben dargelegt,
haftungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat dann versucht, den von
ihm ermittelten Substanzwert des Grundstückes (Herstellungsaufwand zuzüglich
Bodenwert) auf die Marktakzeptanz zurückzuführen. Dies ist ihm ersichtlich in
objektiver Betrachtungsweise nicht gelungen, weil er nur einen Abschlag von 10 %
machte, während in Mainz ein solcher von 25 % üblich ist (Korridor 18 bis 29 %)
und der noch nicht einmal die geringe lichte Raumhöhe im Kellergeschoss
berücksichtigt. Richtigerweise wäre die geringe Geschosshöhe bereits in den
Herstellungskosten zu berücksichtigen gewesen. Der gerichtlich bestellte
Sachverständige hat in seinem Gutachten ergänzend darauf hingewiesen, dass in
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Sachverständige hat in seinem Gutachten ergänzend darauf hingewiesen, dass in
anderen vergleichbaren Städten sich „ein solch starker Korrekturfaktor“ nicht
nachweisen lasse. Schon aus der Tatsache, dass der Beklagte für die Kläger
aufgrund der Bekanntschaft mit ihnen unter den besonders hier aufweisenden
Umständen tätig geworden ist, folgt gleichsam zwingend, dass er nach bestem
Wissen handeln wollte. Es bedarf daher entgegen klägerischer Rechtsmeinung (vgl.
Bl. 680 d. A.) keines weiteren Vortrages, dass er die in eigenen Angelegenheiten
anzuwendende Sorgfalt vorliegend beobachtet hat. Mehr als hierauf aber hatten
die Kläger keinen Anspruch. Es hätte ihnen frei gestanden, einen qualifizierten
Sachverständigen für Bewertungsfragen hinzuziehen, der ihnen dann auch im
vollen Umfange haftungsrechtlich verantwortlich gewesen wäre. Letztlich mögen
sich die Kläger in diesem Zusammenhang noch vor Augen halten, dass das
Bankbewertungsgutachten einen Neubauwert von € 488.923,00 = DM 956.250,27
(Bl. 115 Anlagenband) ausweist und zu einem Beleihungswert von € 810.459,00 =
DM 1.585.120,00 kommt, obwohl der Banksachverständige nur von 1300 m³
umbauten Raum bei einem Normalherstellungspreis von DM 550/m³ ausgeht. Die
unterschiedlichen Werte in dem hier in Bezug genommenen Gutachten und in der
streitgegenständlichen Stellungnahme des Beklagten verbieten auch die
Annahme, dass der Bankgutachter nur die Ergebnisse des Beklagten
übernommen hat, wie dies klägerseits im Schriftsatz vom 04.04.2006 (Bl. 392 d.
A.) vorgetragen wurde. Der Kläger zu 2) hat sich von diesem Vortrag in seiner
undatierten und mit Schriftsatz vom 07.03.2007 zu den Gerichtsakten gereichten
Stellungnahme (Bl. 24 Anlagenband) auch ausdrücklich distanziert und führt dort
aus, „RA 1 (der vormalige Prozessbevollmächtigte der Kläger) trägt vor, dass die
Bank kein eigenes Wertgutachten erstellt habe, was definitiv falsch ist.“
Letztlich dürfte auch das Bankbeleihungsgutachten die hier getroffene
tatrichterliche Würdigung rechtfertigen, dass dem Beklagten nicht der Vorwurf
gemacht werden kann, er habe grob fahrlässig eine sachlich falsche Aussage
getroffen. Soweit klägerseits ein kollusives Zusammenwirken des Bankgutachters
mit den Grundstücksverkäufern in den Raum gestellt wird (vgl. Bl. 405 d. A.),
handelt es sich hierbei um reine Spekulation, die nach Aktenstand im Übrigen
nicht gerechtfertigt ist.
7.Da der Schadensersatzanspruch nach Gerichtsauffassung bereits dem Grunde
nach nicht begründet ist, kommt es auf die Schlüssigkeitsbedenken hinsichtlich
der Schadensberechnung (vgl. Gerichtshinweis in der Ladungsverfügung zu Ziffer 3
a. E. vom 10. März 2006 (Bl. 301 d. A.) nicht mehr an, weshalb sich hierzu weitere
Ausführungen erübrigen.
8.Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2
ZPO nicht vorliegen, denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung
noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung
beruht vielmehr ausschließlich auf einer tatrichterlichen Würdigung des
Sachverhalts.
Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung dann zu, wenn eine
klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer
unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist. Der Zulassungsgrund der
Rechtsfortbildung steht damit in einem engen Zusammenhang, denn die
Fortbildung des Rechts durch eine Revisionsentscheidung ist erforderlich, wenn der
Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von
Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzuzeigen
oder Gesetzeslücken zu schließen. Das Berufungsgericht hat letztlich auch dann
die Revision zuzulassen, wenn es von der höchstrichterlichen oder vielfach auch
nur von der obergerichtlichen Rechtsprechung abweichen will, weil damit eine
Rechtsunsicherheit hervorgerufen wird (vgl. hierzu ausführlich Zöller/Gummer a. a.
O. Rn 11 ff. zu § 543 mit weiteren Nachweisen).
Das erkennende Gericht stellt in seinem vorliegenden Urteil unter Beachtung der
in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Grundsätze des
Verfahrensrechts und auch des materiellen Rechts vorliegend nur Tatsachen fest.
Die Kläger haben letztlich die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie
unterliegen (§ 91 Abs. 1 ZPO).Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit
folgt aus §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO. Auch wenn das erkennende Gericht die
Revision nicht zugelassen hat, konnte gleichwohl von
Schuldnerschutzanordnungen gemäß § 713 ZPO nicht abgesehen werden, weil
Schuldnerschutzanordnungen gemäß § 713 ZPO nicht abgesehen werden, weil
den Klägern nach § 544 ZPO die Möglichkeit eröffnet ist, eine
Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.