Urteil des OLG Frankfurt vom 09.12.2008
OLG Frankfurt: squeeze out, due diligence prüfung, gesetzliche vermutung, unbestimmter rechtsbegriff, entschädigung, freiwillige gerichtsbarkeit, zielgesellschaft, gegenleistung, bewertungsmethode
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Gericht:
OLG Frankfurt
Wertpapiererwerbs-
und
Übernahmesenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
WpÜG 2/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 39a Abs 3 S 3 WpÜG
(Übernahmerechtliches Squeeze-out: Vermutung der
Angemessenheit der Abfindung)
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird unter Zurückweisung aller
Anschlussbeschwerden der angefochtene Beschluss abgeändert.
Die stimmberechtigten, auf den Inhaber lautenden, nennwertlosen Stückaktien der
A (…) (ISIN: …, WKN …), die nicht bereits der B gehören, werden gegen Gewährung
einer Abfindung in Höhe von EUR 36,09 je Stückaktie auf die B - … - übertragen.
Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens – beider Instanzen – hat die
Antragstellerin zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden auch im
Beschwerdeverfahren nicht erstattet.
Beschwerdewert: 7,5 Mio Euro.
Gründe
I.
Die Antragstellerin – eine Anstalt des öffentlichen Rechts – veröffentlichte am
11.11.2007 ihre Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots bezüglich
sämtlicher auf den Inhaber lautender Aktien der A (…) - einer börsennotierten
Aktiengesellschaft – zum Preis von 36,09 Euro je Stückaktie. Der gewichtete
durchschnittliche Börsenkurs der Aktien der Zielgesellschaft während der letzten
drei Monate vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe des
Übernahmeangebots betrug 30,26 Euro je Aktie. Das Grundkapital der A beträgt
80.640.000 Euro und ist in 13.440.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit
einem anteiligen Betrag am Grundkapital von 6,00 Euro je Aktie eingeteilt. Die
Angebotsunterlage, deren Veröffentlichung von der BaFin mit Datum vom
04.12.2007 gestattet worden war, veröffentlichte die Antragstellerin am
05.12.2007. Die Frist für die Annahme des Übernahmeangebots begann am
05.12.2007 und endete am 02.01.2008, 24.00 Uhr MEZ. Bis zu diesem Stichtag
wurde das Übernahmeangebot für insgesamt 13.098.931 Aktien angenommen,
was einem Anteil von rund 97,462 % des Grundkapitals und der Stimmrechte der
Zielgesellschaft entspricht. Der Erwerb von 44,34 Prozent der Aktien (=5.959.300
Aktien) beruhte auf unwiderruflichen Vereinbarungen (Irrevocable Undertakings)
vom 11./ 12.11.2007 zwischen der Antragstellerin und vier auch namentlich in der
Angebotsunterlage genannten Aktionären mit Beteiligungsquoten zwischen 5 und
25%. In diesen Vereinbarungen hatten sich diese Aktionäre verpflichtet, die ihnen
gehörenden Aktien der Antragstellerin bei einem Übernahmeangebot der
Antragstellerin zu übertragen. Außerhalb des Angebotsverfahrens erwarb die
Antragstellerin am 28.12.2007 weitere 20.153 Stückaktien ebenfalls zu einem
Preis von 36,09 Euro je Aktie.
Die Antragstellerin gab unter Aufzählung im Einzelnen am 07.01.2008 bekannt,
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Die Antragstellerin gab unter Aufzählung im Einzelnen am 07.01.2008 bekannt,
dass sämtliche Angebotsbedingungen mit Ablauf der Annahmefrist eingetreten
waren. Die Übertragung der zum Verkauf eingereichten Aktien der A ist gegen
Zahlung des Angebotspreises in bar erfolgt. Am 14.01.2008 gehörten der
Antragstellerin 97,612% des Grundkapitals und der Stimmanteile an der A (=
13.119.084 Stückaktien), wobei die Antragstellerin rund 0,15 % (= 20.153
Stückaktien) durch Parallelerwerb am 28.12.2007 erworben hat und 44,34% (=
5.959,300 Stückaktien) aufgrund unwiderruflicher Verpflichtungserklärungen.
Mit einer am 15.01.2008 beim Landgericht eingegangenen Antragsschrift hat die
Antragstellerin u. a. einen Übertragungsantrag hinsichtlich der Restaktien gem. §
39 a WpÜG gestellt. Diesen Antrag hat das Landgericht im elektronischen
Bundesanzeiger vom 30.01.2008 bzw. am 22.02.2008 bekannt gemacht.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass die Voraussetzungen des § 39a WpÜG
vorlägen. Sie habe aufgrund des Angebots über 90 % des vom Angebot
betroffenen Grundkapitals erworben, wobei bei der Berechnung der 90%-Grenze
auch die Aktien einzubeziehen seien, die sie aufgrund der sog. Irrevocables
erhalten habe.
Die Antragstellerin hat zuletzt beantragt,
die stimmberechtigten, auf den Inhaber lautenden, nennwertlosen
Stückaktien der A (…) (ISIN: …, WKN …), die nicht bereits der B - … - gehören,
werden gegen Gewährung einer Abfindung in Höhe von EUR 36,09 je Stückaktie
auf die B – … – übertragen;
hilfsweise,
die stimmberechtigten, auf den auf den Inhaber lautenden,
nennwertlosen Stückaktien der A (…) (ISIN: …, WKN …), die nicht bereits der B - …
- gehören, werden Zug um Zug gegen Gewährung einer angemessenen, von der B
- … - zu zahlenden Abfindung je Stückaktie auf die B übertragen.
Die Antragsgegner haben sich nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger am
Verfahren beteiligt und sind den Anträgen mit teilweise unterschiedlichen
Argumenten entgegen getreten.
So ist vorgebracht worden, das Landgericht Frankfurt am Main sei für die
Entscheidung nicht zuständig. Der Antrag lasse die Rechtsform der Antragstellerin
nicht erkennen, was ihn unwirksam mache.
Die §§ 39a ff WpÜG entsprächen nicht der Übernahmerichtlinie. Diese bestimme in
Art. 15: "Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine angemessene Abfindung
garantiert wird." Es obliege deswegen dem nationalen Gesetzgeber, dafür Sorge
zu tragen, dass der Aktionär auf jeden Fall eine angemessene Abfindung erhalte.
Dies müsse einer vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterliegen.
Das in den §§ 39a, 39b WpÜg enthaltene Regelungskonzept und insbesondere das
Wertermittlungskonzept sei verfassungswidrig. Es seien keine den §§ 327a ff AktG
vergleichbaren Schutzeinrichtungen zugunsten der Minderheitsaktionäre
vorgesehen; jedenfalls wäre eine unwiderlegliche Angemessenheitsvermutung
verfassungswidrig. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass das Übernahmeangebot
dem inneren Wert entspreche. Die Übernahmerichtlinie verlange keine
unwiderlegliche Vermutung. Eine unwiderlegliche Vermutung könne zur Folge
haben, dass kein voller Wertersatz geleistet werden müsse. Es zeige sich in der
Praxis immer wieder, dass der innere Wert einer Aktiengesellschaft über dem Preis
liege, der im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots angeboten werde.
Darüber hinaus werde durch die WpÜG-Regelung die
Hauptversammlungskompetenz umgangen. Erfahrungen aus anderen
Übernahmen hätten gezeigt, dass die Preise von WpÜG-Angeboten unter dem
tatsächlichen Wert lägen. Bieter gäben ihr WpÜG- Angebot regelmäßig in Zeiten
der Unterbewertung ab. Die Angemessenheit der angebotenen Abfindung müsse
einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sein. Hilfsweise sei hier ein
Spruchverfahren einzuleiten.
Dem Antrag der Antragstellerin ließen sich die Übertragungsvoraussetzungen
nicht entnehmen. Es fehle außerdem ein Sperrvermerk, der die Veräußerung der
im Zeitpunkt der Antragstellung vorhandenen Aktien untersage. Die
Angebotsunterlage habe nicht alle vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die
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Angebotsunterlage habe nicht alle vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die
Antragstellerin habe den Erwerbsvorgang von 90 % nicht glaubhaft gemacht. Die
vorgelegten Dokumente über den Erwerbsvorgang seien nicht aus sich heraus
verständlich. Es werde noch nicht einmal deutlich, dass die Antragstellerin noch
Eigentümerin der Aktien sei.
Es liege ein Missbrauch der Möglichkeiten des WpÜG vor, um eine gerichtliche
Überprüfung der Abfindung der Minderheitsaktionäre zu umgehen. Mit den
maßgebenden großen (Minderheits)Aktionären seien Kaufverhandlungen
vorausgegangen, die nur deshalb nicht in Kaufverträge umgesetzt worden seien,
um die §§ 39a ff WpÜG missbräuchlich nutzen zu können. Die Erwerbe aufgrund
der Vorabvereinbarungen seien bei der Ermittlung der 90%-Grenze nicht zu
berücksichtigen. Ein zeitlicher Zusammenhang sei hier nicht gegeben, da die
Vereinbarungen mehr als drei Wochen vor dem Angebot getroffen worden seien.
Jedenfalls aufgrund der großen Pakete und des geringen Streubesitzes von 5,741
% könne die Kapitalmarktvermutung der Angemessenheit nicht greifen. Das
Nichtvorhandensein von Nebenabsprachen werde bestritten. Die Vertragspartner
seien als Zeugen zu hören. Die Antragstellerin könne als Körperschaft des
öffentlichen Rechts von der Enteignungsbestimmung für Private keinen Gebrauch
machen.
Die Abfindung von 36,09 Euro sei nicht angemessen, was sich aus den in den
Jahren 2001, 2002 vorgenommenen Unternehmensbewertungen ergebe, wobei die
tatsächlichen Gewinne die eingesetzten Planzahlen noch überschritten hätten und
ein zu hoher Basiszins und eine zu hohe Thesaurierung angenommen worden sei.
Die Ermittlung des Angebotswerts orientiere sich am Buchwert, der aber für die
Unternehmensbewertung ungeeignet sei und dessen geringfügige Überschreitung
das Angebot nicht als angemessen erscheinen lasse, zumal die Zielgesellschaft in
den Jahren 1997 – 2006 stets eine Eigenkapitalrendite von mehr als 12% vor
Steuern, in der Spitze sogar von 22,9% erwirtschaftet habe. Die Abfindung müsse
jedenfalls den aktuellen Börsenkurs erreichen. Sie müsse bei mindestens 36,70
Euro bzw. 45 Euro liegen.
Zur Angemessenheit sei ein Sachverständigengutachten einzuholen. Es bestehe
ein Informationsgefälle zwischen der Antragstellerin und den übrigen Aktionären,
die keine aussagekräftigen Informationen über den Unternehmenswert hätten. Die
Antragstellerin müsse wenigstens die Dokumente zur Due-Diligence-Prüfung
vorlegen.
Es fehle außerdem eine dem § 327b Abs. 3 AktG vergleichbare Regelung, wonach
der Bieter mittels einer Bankgarantie die Gewährleistung der Erfüllung seiner
Verpflichtung übernehme. Der Aktionär trage das Insolvenzrisiko.
Mit Beschluss vom 05.08.2008 hat das Landgericht den Antrag der Antragstellerin
auf Übertragung der Aktien ebenso abgewiesen wie deren Hilfsantrag, die
Übertragung gegen einen angemessenen Abfindungsbetrag vorzunehmen. Die
Gerichtskosten hat es der Antragstellerin auferlegt und eine Erstattung
außergerichtlicher Kosten abgelehnt.
Gegen diesen Beschluss, der ihr am 08.08.2008 zugestellt worden ist, hat die
Antragstellerin mit einem am 21.08.2008 eingegangenen Schriftsatz sofortige
Beschwerde eingelegt.
Die Antragstellerin bringt vor, die in § 39a WpÜG verwendete Formulierung "ist
….anzusehen" sei als eine gesetzliche Fiktion anzusehen. Sie verweist dabei auf
die vergleichbare Formulierung in § 547 ZPO und meint, deswegen habe für den
Gesetzgeber keine Veranlassung bestanden, im Sinne des § 292 ZPO einen
Gegenbeweis auszuschließen. Der gesetzgeberische Wille ergebe sich aus der
Formulierung selbst. Der Gesetzgeber habe etwas "Unwiderlegliches" formulieren
und verhindern wollen, dass im Fall der Überschreitung der 90%-Grenze der
Angebotspreis hinterfragt werden könnte. Über den gesetzgeberischen Willen gebe
es auch nach dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens keine Unklarheiten. Die
gesetzliche Fiktion der Angemessenheit des Angebotspreises verstoße auch nicht
gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Der Gesetzgeber habe bei der
Regelung des § 39a Abs. 3 WpÜG von seinem Ermessensspielraum im Rahmen
des Art. 14 GG Gebrauch gemacht. Da der Gesetzgeber nach der Konzeption der
Übernahmerichtlinie auch über die dortigen Annahmen habe hinausgehen dürfen,
komme es auf das vermeintlich richtige sprachliche Verständnis der
englischsprachigen oder französischsprachigen Fassung der Richtlinie nicht an. Die
Richtlinie regele nicht, wie die Mitgliedstaaten eine angemessene Abfindung
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Richtlinie regele nicht, wie die Mitgliedstaaten eine angemessene Abfindung
sicherstellen sollten. Die Widerlegung der Angemessenheitsvermutung sei den
Antragsgegnern nicht gelungen.
Die Antragstellerin bringt weiter vor, es sei nicht nachvollziehbar, wie das
Landgericht zu dem überschlägig ermittelten Ertragswert komme. Unter
Verwendung der Prämissen des Landgerichts ergäben sich niedrigere Werte. Die
unterstellten Annahmen stimmten nicht mit den für Unternehmensbewertungen
anzuwendenden Parametern überein und seien in sich nicht konsistent. Der
endgültige Angebotspreis habe deutlich über dem ermittelten Ertragswert
gelegen.
Die Antragstellerin hält an ihrem erstinstanzlich gestellten Hauptantrag fest und
stellt weiter drei Hilfsanträge, nämlich die Übertragung der Aktien zum Preis von
36,09 Euro je Stückaktie auszusprechen und den ausgeschlossenen Aktionären
den Weg ins Spruchverfahren offen zu lassen, sofern diese eine höhere Abfindung
erreichen wollten und den Rechtsstreit insoweit abzutrennen und an das
Landgericht Hannover zu verweisen, hilfsweise dafür zu sorgen, dass eine
angemessene Abfindung gefunden und gegen Zahlung dieser angemessenen
Abfindung die ausstehenden Aktien übertragen werden und äußerst hilfsweise, das
Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Antragsgegner verteidigen im Ergebnis aber teilweise mit unterschiedlichen
Argumenten den angefochtenen Beschluss soweit es nicht um die Entscheidung
über die außergerichtlichen Kosten geht. Einige machen auch hilfsweise geltend,
dass das Gericht eine höhere angemessene Abfindung bestimmen solle.
Die Antragsgegner bringen im Wesentlichen vor, die Voraussetzungen des § 39a
WpÜG seien nicht erfüllt, denn der Bieter müsse die Aktien aufgrund des Angebots
und nicht auf der Grundlage von Vorabsprachen oder Vorvereinbarungen erworben
haben. Bei solchen Vorabsprachen und Vorvereinbarungen könnten die
Paketinhaber noch ganz andere und nicht öffentlich gewordene Interessen
verfolgen. Das anschließend veröffentlichte Angebot habe die Großaktionäre
materiell nicht mehr betroffen, da die im Vorfeld einbezogenen Großaktionäre nur
ihre bereits bestehende Verpflichtung erfüllten. Der Gesetzgeber sei bei der
Vermutung der Angemessenheit außerdem von Angeboten an einen anonymen
Markt und von Marktreaktionen auf derartige Angebote ausgegangen. Die
Absprache mit den Großaktionären sei rechtsmissbräuchlich. Im vorliegenden Fall
habe die Konstellation der Vorabsprachen dazu geführt, dass der veröffentlichte
Angebotspreis nicht dem wirklichen Wert der Gesellschaft und ihrer Aktien für die
freien Minderheitsaktionäre entsprochen habe. Des Weiteren sei der Vortrag der
Antragstellerin hinsichtlich der Einwendungen zu Planzahlen und
Geschäftsberichten verspätet.
Der Squeeze-out nach § 39a f WpÜG genüge nicht der grundrechtlich geschützten
Eigentumsgarantie, wenn keine Möglichkeit für Minderheitsaktionäre bestehe, in
einem gerichtlichen Verfahren die Angemessenheit überprüfen zu lassen. Die
Mehrheit könne sich auch irren. Es seien keine Bewertungsprofis. Im Unterschied
zu aktienrechtlichen Ausschlussverfahren gebe es aber kein Verfahren zur
nachträglichen Korrektur der Fehleinschätzungen. Es gebe keinen effektiven
Rechtsschutz.
Die Bundesrepublik Deutschland habe mit mindestens 119 Staaten bilaterale
Investitionsförderungs- und Investitionsschutzverträge (Bilateral Investment
Treaties, kurz: BITs) zu dem Zweck geschlossen, um die Investitionsbereitschaft zu
fördern. In diesen Verträgen sei geregelt, dass keine Enteignung oder
enteignungsgleiche Maßnahme ohne prompte, angemessene und effektive
Entschädigung erfolgen dürfe. Im Gegensatz zu sonstigen völkerrechtlichen
Verträgen könnten sich auch private Investoren darauf berufen. Die Entschädigung
müsse dem Wert der enteigneten Kapitalanlage unmittelbar vor dem Zeitpunkt
entsprechen, in dem die tatsächliche oder drohende Enteignung öffentlich bekannt
gemacht worden sei. Nach den BITs müsse die Rechtmäßigkeit der Enteignung
sowie die Höhe der Entschädigung in einem ordentlichen Rechtsverfahren
nachgeprüft werden. Ein solches Verfahren sei in § 39a WpÜG nicht verankert. Es
fehle an einem Verfahren zur Überprüfung der Entschädigungshöhe. Ob
ausländische Aktionäre beteiligt seien, habe das Gericht von Amts wegen zu
prüfen.
Mehrere Antragsgegner haben wegen der fehlenden Kostenerstattung sofortige
Beschwerde eingelegt. Sie bringen vor, die Kammer habe den Zweck einer
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Beschwerde eingelegt. Sie bringen vor, die Kammer habe den Zweck einer
Billigkeitsentscheidung verkannt und den Verfahrensausgang zu wenig
berücksichtigt. Die Bestellung eines Rechtsanwalts sei für die einzelnen
Antragsteller zur Interessenwahrnehmung zwingend geboten gewesen. Die
Rechtslage sei nicht gesichert gewesen. Zwischen einer AG und den
außenstehenden Aktionären bestehe außerdem ein strukturelles Ungleichgewicht.
Den Minderheitsaktionären dürfe keine unvorhergesehene Kostenlast entstehen,
wenn sie sich gegen den Ausschluss in einem gerichtlichen Verfahren wehren
wollten. Es habe sich außerdem um ein erstmaliges Verfahren gehandelt. Zu
beachten sei auch, dass in den aktienrechtlichen Spruchverfahren ein
gemeinsamer Vertreter zu bestellen sei, deren Kosten der Hauptaktionär in jedem
Fall zu tragen habe.
Die Antragstellerin verteidigt die landgerichtliche Kostenentscheidung. Es sei kein
Grund ersichtlich, warum sich der Umstand, dass einschlägige gerichtliche
Entscheidungen fehlten, allein zu ihren Lasten auswirken sollte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze
nebst ihren Anlagen und die angefochtene Entscheidung verwiesen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere fristgerecht
eingelegt (§ 39b Abs. 3 WpÜG). Die sofortige Beschwerde hat auch mit dem
Hauptantrag Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht seine Zuständigkeit bejaht. § 39 a Abs. 5 WpÜG
sieht für das vorliegende Verfahren die ausschließliche Zuständigkeit des
Landgerichts Frankfurt am Main als Eingangsgericht vor. Der Bundesgesetzgeber
hat entgegen der vorgebrachten Rügen seine gesetzgeberischen Kompetenzen
damit nicht überschritten, denn die Zuständigkeitsregelung unterliegt seiner
konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis aus Art. 74 Abs.1 Nr. 11 GG (BT-
Drucksache 16/1003, S. 15).
Der Senat stimmt jedoch mit dem Landgericht nicht überein, soweit es den Antrag
der Bieterin abgewiesen hat, weil die Angemessenheit der Abfindung nicht
feststellbar sei.
Der Gesetzgeber hat einem Bieter durch das insoweit am 14.07.2006 in Kraft
getretene Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz neben dem aktienrechtlichen
Minderheitenausschluss gem. §§ 327a ff AktG ein kapitalmarktrechtliches Institut
zum Ausschluss von Aktionärsminderheiten zur Verfügung gestellt (§§ 39a, 39b
WpÜG). Sinn und Zweck der Squeeze-out-Normen im WpÜG ist es, eine
Möglichkeit vorzuhalten, nach der Minderheitsaktionäre nach einem erfolgreichen
Übernahmeangebot zügig aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden können,
um den Weg für etwaige Konzernierungs- und Strukturmaßnahmen frei zu machen
(BT-Drucks. 16/1003, S. 14; vgl. Wilsing/ Ogorek, EWiR 2007, 763 ff). Der Bieter
kann bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen zwischen beiden Instituten frei
wählen (BT-Drucks. 16/1003, S. 14). Allerdings können beide Verfahren nicht
parallel nebeneinander betrieben werden, denn § 39a Abs. 6 WpÜG sieht vor, dass
im Fall der Stellung des übernahmerechtlichen Ausschlussantrags die §§ 327a bis
327f AktG keine Anwendung finden.
Gem. § 39a Abs. 1 WpÜG sind dem Bieter nach einem Übernahme- und
Pflichtangebot, soweit ihm Aktien der Zielgesellschaft in Höhe von mindestens 95
% des stimmberechtigten Grundkapitals gehören, auf seinen Antrag hin die
übrigen stimmberechtigten Aktien gegen die Gewährung einer angemessenen
Abfindung durch Gerichtsbeschluss zu übertragen. Dabei ist die im Rahmen des
Pflicht- oder Übernahmeangebots gewährte Gegenleistung als angemessene
Abfindung anzusehen, wenn der Bieter aufgrund des Angebots Aktien in Höhe von
mindestens 90 % des vom Angebot betroffenen Grundkapitals erworben hat (§
39a Abs. 3 WpÜG). Die Antragstellerin erfüllt diese Voraussetzungen. Sie hat
daher einen Anspruch auf Durchführung des übernahmerechtlichen Squeeze-out,
den sie auch fristgerecht geltend gemacht hat (§ 39a Abs. 4 WpÜG).
Die Antragstellerin hat ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot für die
Zielgesellschaft abgegeben. Sie hat glaubhaft gemacht, dass sie Inhaberin von
97,612 % des stimmberechtigten Grundkapitals ist. Damit hat sie die 95%-
Schwelle, die zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre berechtigt, überschritten.
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Antragstellerin auch die 90%-
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Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Antragstellerin auch die 90%-
Erfolgsschwelle für die Angemessenheitsvermutung erreicht hat. Alle
erforderlichen Nachweise über die Abwicklung des Übernahmeangebots
einschließlich der Sperrkontenbestätigung bis zum Abschluss dieses Verfahrens
sind im Laufe des landgerichtlichen Verfahrens erbracht worden. Im Einzelnen gilt
dazu Folgendes:
Die Vermutung für die Angemessenheit des Preises gilt erst bei einer
Annahmequote von 90 Prozent des vom Angebot betroffenen Grundkapitals (BT-
Drucks. 16/1003, 14). Der Gesetzgeber hat damit in § 39a Abs. 3 WpÜG darauf
gesetzt, dass der Markt ein angemessenes Angebot bestätigt oder anders herum
ausgedrückt, dass ein nicht angemessenes Angebot keine Zustimmung von 90
Prozent der angesprochenen Marktteilnehmer erhalten wird.
Die Untergrenzen der Gegenleistung sind durch die Wertermittlungsvorschriften
der § 31 WpÜG, §§ 4, 5 WpÜG-AngebotsVO verbindlich geregelt (König/ Wilken/
Felke, Praxis des Übernahmerechts, RWS-Skript 320 (2008), Rn 643; Stöwe, Der
übernahmerechtliche Squeeze-out, S. 64, 72). Die Gegenleistung für die Aktien
der Zielgesellschaft muss mindestens dem Wert der höchsten vom Bieter, einer
mit ihm gemeinsam handelnden Person oder deren Tochterunternehmen
gewährten oder vereinbarten Gegenleistung für den Erwerb der Aktien der
Zielgesellschaft innerhalb der letzten sechs Monate entsprechen (§ 4 WpÜG-
AngebotsVO). Auch der Börsenkurs ist berücksichtigt. Mindestpreisgrenze ist der
nach Umsätzen gewichtete durchschnittliche Börsenkurs während der letzten drei
Monate vor Ankündigung des Angebots (§ 5 Abs.1 WpÜG-AngebotsVO; vgl. auch
BT-Drucks. 16/1003, 14/15). Zum Schutz des Kapitalmarkts findet außerdem eine
aufsichtsrechtliche Kontrolle durch die BaFin statt (§§ 14, 15 WpÜG; vgl. König/
Wilken/ Felke, Praxis des Übernahmerechts, RWS-Skript 320 (2008), Rn 154 ff, 672
ff).
Ein Squeeze-out kann damit infolge der vorgesehenen Preisuntergrenze
zusammen mit der 90-Prozent-Schwelle nur in einem Rahmen stattfinden, in dem
die Interessen und Rechte der betroffenen Minderheitsaktionäre in angemessener
Weise berücksichtigt und geschützt sind. Etwa abweichenden Angeboten ist durch
§ 31 WpÜG ein Riegel vorgeschoben. Bei Sondervereinbarungen erhöht sich auch
für die übrigen Angebotsempfänger der jeweiligen Aktiengattung die geschuldete
Gegenleistung wertmäßig um den Unterschiedsbetrag zum Angebot. Auch wenn
der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 31 WpÜG und der WpÜG- AngebotsVO
nicht den zwangsweisen Ausschluss von Minderheitsaktionären vor Augen hatte,
wie von der Antragsgegnerseite vorgebracht wird, spricht das nicht dagegen, dass
diese Vorschriften ein taugliches Gerüst dafür bilden, zusammen mit der 90-
Prozentschwelle zu angemessenen Abfindungswerten zu führen.
Mit dem Landgericht geht auch der Senat davon aus, dass bei der Berechnung der
90-Prozentschwelle die Verträge einzubeziehen sind, durch die sich Aktionäre
gegenüber der Bieterin im Vorfeld der Übernahme unwiderruflich zur Annahme des
Übernahmeangebots verpflichtet haben. Diese sogenannten Irrevocable
Undertakings sind für den Bieter ein wirkungsvolles Instrument, die Erfolgschancen
eines Übernahmeangebots zu erhöhen, was im Hinblick auf den erheblichen
Aufwand, der für den Bieter mit einer solchen Übernahme verbunden ist, von
besonderer Bedeutung sein kann. Sie werden in Deutschland vor allem seit dem
Inkrafttreten des WpÜG eingesetzt. Im Vereinigten Königreich spielten sie schon
länger im Hinblick auf die dort früher eingeführte Möglichkeit eines Squeeze-out
eine bedeutende Rolle (v. Riegen, Rechtsverbindliche Zusagen zur Annahme von
Übernahmeangeboten, ZHR 167, 702 ff). Dagegen wird zwar eingewandt, dass der
Erwerb der Aktien nicht "aufgrund des Angebots" erfolgt sei, wie von § 39a Abs. 3
WpÜG gefordert, sondern aufgrund der bereits vor Abgabe des Angebots
abgegebenen Verpflichtungserklärung. Dabei wird jedoch ausgeblendet, dass die
Verpflichtungserklärung völlig von der Angebotsabgabe und dem übrigen
Angebotserfolg abhängt. Der Schutz der Minderheitsaktionäre wird durch die
Einbeziehung der Irrevocables auch nicht verwässert (Deilmann, Aktienrechtlicher
versus übernahmerechtlicher Squeeze-out, NZG 2007, 721 ff, 722,723). Vielmehr
ist gerade davon auszugehen, dass ein Großaktionär, der sich auf ein Irrevocable
Undertaking zum Angebotspreis einlässt, einen höheren Erkenntnisstand
hinsichtlich des Unternehmenswerts hat als ein Minderheitsaktionär, dem nur
wenige Akten des Streubesitzes gehören, weswegen das Einverständnis des
Großaktionärs eher als Ausdruck realistischer Marktbezogenheit angesehen
werden kann.
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Gegen die Aussagekraft des Markttests spricht auch nicht, dass sich das
Zielunternehmen im Wesentlichen in den Händen weniger Großaktionäre befunden
hat. Im Gegenteil hat sich in Vorgesprächen ergeben, wie die Antragstellerin selber
vorbringt, dass sie das Zielunternehmen nicht zum damaligen Börsenpreis würde
erwerben können, sondern das Angebot aufstocken musste. Es kann hier
dahinstehen, ob Szenarien denkbar sind, in denen der Markt auch bei
börsennotierten Gesellschaften keinen effektiven Schutz für das Aktieneigentum
der Minderheitsaktionäre bietet (vgl. hierzu Heidel/ Lochner, Aktienrecht, 2. Aufl.
2007, § 39a WpÜG Rn 43 mit Hinweisen auf das Gesetzgebungsverfahren). Der
Senat vermag jedenfalls entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerseite weder
einen Rechtsmissbrauch in Gestalt der Vereinbarungen mit den Großaktionären
erkennen, noch dass durch das Vorgehen der Bieterin Marktmechanismen außer
Kraft gesetzt worden sind.
Nicht entschieden werden muss vorliegend, ob der innerhalb der Angebotsfrist
erfolgte parallele Paketerwerb ein Erwerbsvorgang ist, der bei der Ermittlung der
Annahmequote zu berücksichtigen ist, denn dieser Erwerb ist mit 0,15 % so
gering, dass es auf ihn für die Erreichung der Erfolgsquote nicht ankommt
(bejahend: Ott, Der übernahmerechtliche Squeeze-out gem. §§ 39a f. WpÜG, WM
2008, 384 ff, 389 m.w.N.; bejahend zum Parallelerwerb auch Arnold,
Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, Squeeze-out künftig ohne HV möglich,
AG 2004, R 224; Stöwe, Der übernahmerechtliche Squeeze-out, S. 72; Kießling,
Der übernahmerechtliche Squeeze-out, 52 f, 152 f, verneinend: Geibel/Süßmann,
WpÜG, 2. Aufl. 2008, § 39a Rn 9; Santelmann in Steinmeyer/ Häger, WpÜG, 2. Aufl.
2007, § 39a Rn 29).
Soweit die Antragsgegner hinsichtlich etwaiger von der Antragstellerin verneinter
Nebenabreden Vorbehalte anbringen, bedarf es keiner weiteren Nachforschungen
durch den Senat. Das bloße Bestreiten mit Nichtwissen ist nicht geeignet, einen
hinreichenden Verdacht zu begründen, dass die Antragstellerin entgegen der
gesetzlichen Vorgaben und der offen gelegten Vereinbarungen heimliche
Nebenabreden getroffen hat. Abgesehen davon würden über § 31 Abs. 4 WpÜG
auch die Konditionen des öffentlichen Angebots beeinflusst, so dass die Kriterien
des mit der Erfolgsquote beabsichtigten Markttests erfüllt sind (so auch Paefgen,
Der Zwangsausschluss im neuen Übernahmerecht, WM 2007, 765 ff, 769;
Deilmann, Aktienrechtlicher versus übernahmerechtlicher Squeeze-out, NZG,
2007, 722 ff, 723). Für ein kollusives Zusammenwirken von Großaktionären mit der
Bieterin fehlen jegliche Anhaltspunkte.
Nicht einfach zu beantworten ist die in der Literatur und auch in diesem Verfahren
streitig ausgetragene Frage, ob die Angemessenheitsregelung des § 39a Abs. 3 S.
2 WpÜG, deren Voraussetzungen die Bieterin sämtlich erfüllt hat, als
unwiderlegliche Vermutung oder als Fiktion oder als widerlegliche Vermutung
anzusehen ist. Der Senat kann diese Frage aber offen lassen, da sie hier nicht
entscheidungserheblich ist, wie später noch auszuführen sein wird.
Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich bei der Angemessenheitsregelung
des § 39a Abs. 3 WpÜG um eine unwiderlegliche Vermutung (BT-Drucks. 16/1003,
S. 22). Das hat auch das Landgericht unter Nennung zahlreicher Literaturstellen,
auf die verwiesen wird und die ebenfalls von einer unwiderleglichen Vermutung
ausgehen, nicht übersehen. Unwiderlegliche Vermutungen sind selten (Stein/
Jonas/ Leipold (2008), § 292 ZPO Rn 5). Sie finden sich z.B. in § 1566 Abs. 1 und 2
BGB, auf den auch die Antragsgegnerseite verwiesen hat, und sind dort durch die
Aufnahme des Wortes "unwiderruflich" im Gesetzestext der Vermutungsregel
unmissverständlich gekennzeichnet. Dass eine Vermutung unwiderleglich sein soll,
wird man nur bei klarer gesetzlicher Anordnung annehmen können (Stein/ Jonas/
Leipold (2008), § 292 ZPO Rn 6; OVG Münster, NVwZ-RR 1989, 500).
Der Wortlaut in § 39a WpÜG "ist ….anzusehen" reicht aus, damit eine
unwiderleglichen Vermutung angenommen werden kann. Andererseits - und darin
ist dem Landgericht zuzustimmen - ist die Unwiderleglichkeit der Vermutung im
Wortlaut des Gesetzes nicht so zwingend verankert, dass der Gesetzeswortlaut
eine andere Auslegung abschneiden würde. Im Wortlaut des § 39a Abs. 3 WpÜG
findet sich das Wort "unwiderleglich" nicht, das Erwähnen in den Motiven ist für sich
allein nicht ausreichend für eine die Rechtsprechung unabweisbar bindende
Annahme. Deswegen war das Landgericht nicht aufgrund einer Gesetzesbindung
an einer anderen, nach seiner Ansicht verfassungskonformen Auslegung der
Vorschrift gehindert.
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Der übernahmerechtliche Squeeze-out in der jetzigen gesetzlichen Konzeption
baut auch auf dem Vorliegen einer unwiderleglichen Vermutung auf, setzt diese
also voraus, denn das Gesetz sieht für die Frage anderweitiger
Angemessenheitsfeststellung durch das Gericht keine ausdrücklichen
Verfahrenslösungen vor. Nach dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens könnte
dies absichtlich erfolgt sein, denn die Bundesregierung antwortete auf einen
entsprechenden verfahrensrechtlichen Erweiterungsvorschlag des Bundesrats,
dass für die Geltendmachung von Bewertungsrügen im Squeeze-out-Verfahren
nach den §§ 39a und 39b WpÜG-E kein Bedürfnis bestehe, weil sich das
übernahmerechtliche Squeeze-out grundlegend vom aktienrechtlichen
unterscheide. Eine Vermischung der Regelungen sei zu vermeiden (BT-Drucks.
16/1342, S. 7).
Auffällig ist, dass die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zu den geäußerten
verfassungsrechtlichen Bedenken und der entsprechenden Prüfbitte des
Bundesrats zu einer unwiderleglichen Vermutung (BT-Drucks. 16/1342, S. 3)
ausgeführt hat, dass man die Prüfung bereits vorgenommen habe. Aus
europäischer Sicht seien die Vorgaben der Übernahmerichtlinie für den deutschen
Gesetzgeber bindend und zwingend in nationales Recht umzusetzen. Mögliche
Bedenken des nationalen Verfassungsrechts könnten dagegen nicht vorgebracht
werden. Letzteres dürfte zwar von der Solange II –Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 73, 339 ff = JZ 1986, 236 ff m. Anm. von
Rupp; vgl. auch BVerfG JZ 2000, 1155 ff m. Anm. von Classen; vgl. auch Wilsing/
Ogorek, Kommentar zur Vorentscheidung des Landgerichts, BB 2008, 2038/ 2939)
gedeckt sein, die auf den Vorrang des Gemeinschaftsrechts und den
gewährleisteten Grundrechtsschutz durch insbesondere die Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Gemeinschaften abgestellt und entsprechende Vorlagen nach Art
100 GG für unzulässig erklärt hat. Dies gilt allerdings nur soweit der deutsche
Gesetzgeber bindendes Gemeinschaftsrecht umgesetzt hat. Ob dies hinsichtlich
der Unwiderleglichkeit der Vermutung der Fall ist, ob es also dem deutschen
Gesetzgeber an Spielräumen gefehlt hat, ist indessen nicht eindeutig zu
beantworten.
In der deutschen Fassung der Übernahmerichtlinie (Richtlinie 2004/25/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.04.2004), heißt es in Art. 15 Abs.
5 2. Unterabsatz: "…gilt die im Angebot angebotene Abfindung dann als
angemessen, wenn der Bieter durch die Annahme des Angebots Wertpapiere
erworben hat, die mindestens 90% des vom Angebots betroffenen
stimmberechtigten Kapitals entsprechen." Angesichts dieses Wortlauts erscheint
zwar die Annahme naheliegend, dass die Richtlinie eine unwiderlegliche Vermutung
vorgibt, nimmt man aber die Entstehungsgeschichte und andere Sprachfassungen
der Richtlinie hinzu, wie es auch das Landgericht getan hat, so zeigen sich doch
beachtliche Zweifel, ob die Richtlinie eine solche Vorgabe macht oder machen
wollte. Bei den Beratungen für die Richtlinie ging man wohl von einer widerleglichen
Vermutung aus (Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-out gemäß §§ 39a,
39b WpÜG, S. 80 ff; Maul, Die EU-Übernahmerichtlinie- ausgewählte Fragen, NZG
2005, 151 ff, 157; Maul/ Muffat-Jeandet, die Übernahmerichtlinie – Inhalt und
Umsetzung in nationales Recht (Teil II), AG 2004, 306ff, 317; Mülbert,
Umsetzungsfragen der Übernahmerichtlinie – erheblicher Änderungsbedarf bei
den heutigen Vorschriften des WpÜG, NZG 2004, 633 ff, 634; Paefgen, Der neue
übernahmerechtliche Squeeze-out – die bessere Alternative?, Festschrift für
Westermann (2008), S. 1221 ff, 1237; Paefgen, Zum Zwangsausschluss im
Übernahmerecht, WM 2007, 765 ff, 767; Rühland, Der übernahmerechtliche
Squeeze-out im Regierungsentwurf des Übernahmerichtlinie-
Umsetzungsgesetzes, NZG 2006, 401 ff, 407; Stöwe, Der übernahmerechtliche
Squeeze-out, 101 ff; vgl. auch: Seibt/Heiser, Analyse der EU-Übernahmerichtlinie
und Hinweise für eine Reform des deutschen Übernahmerechts, ZGR 2005, 200 ff,
243). Kießling führt aus, dass die englische Sprachfassung ("shall be presumed"
statt der Verwendung "shall be considered"), und die französische ("est présumée"
statt der Verwendung von "considerer") für eine widerlegliche Vermutung sprechen
(Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 77
ff, dort mit näheren Ausführungen und weiteren Beispielen aus dem spanischen
und niederländischen Richtlinientext; Mülbert, Umsetzungsfragen der
Übernahmerichtlinie – erheblicher Änderungsbedarf bei den heutigen Vorschriften
des WpÜG, NZG 2004, 633 ff, 634; a. A. aber ohne Begründung Wirsing/ Ogorek,
BB 2008, 2038 ff, 2032; vgl. auch Wirsing/ Ogorek, EWiR 2007, 763/764,
Kurzkommentar zur Entscheidung des LG Frankfurt vom 02.08.2007). Maul/
Muffat-Jeandet heben ebenfalls hervor, dass bei einer so hohen Erfolgsquote von
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Muffat-Jeandet heben ebenfalls hervor, dass bei einer so hohen Erfolgsquote von
der Richtlinie angenommen werde, dass der Angebotspreis angemessen sei. Wenn
dies aber nicht zuträfe, könne gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden,
da es sich um eine widerlegliche Vermutung handele (Maul/ Muffat- Jeandet/
Simon, Takeover bids in Europe (2008), Rn 270 ff, 286, 287). Hörmann/ Feldhaus
(Die Angemessenheitsvermutung des übernahmerechtlichen Squeeze-out, BB
2008, S.2134 ff, 2138) ziehen dagegen den in der Übernahmerichtlinie zum
Ausdruck gekommenen Beschleunigungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 lit. f) als weiteres
Argument für die Unwiderleglichkeit der Vermutung heran.
Wie oben bereits erwähnt, kommt es für den vorliegenden Fall auf die
Unterscheidung, ob eine unwiderlegliche oder eine widerlegliche Vermutung
anzunehmen ist, nicht an, weswegen es der Senat hier auch offen lassen kann,
welcher Auslegung der Richtlinie der Vorrang zu geben ist. Deswegen scheidet
auch hier eine Anrufung des EuGH durch den Senat als letztinstanzliches Gericht
(§ 39b Abs. 3 Satz 6 WpÜG) im Weg der Vorabentscheidung nach Art. 234 EG aus,
denn eine Vorlage an den EuGH setzt voraus, dass die Auslegungs- bzw.
Streitfrage des Gemeinschaftsrechts für die Fallentscheidung erheblich ist (Kokott,
Sobotta, Die Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof und die Folgen
ihrer Verletzung, JZ 2006, 633 ff. 634; vgl. auch Hörmann/ Feldhaus, Die
Angemessenheitsvermutung des übernahmerechtlichen Squeeze-out, BB 2008;
2134 ff, 2138; Paefgen, Der neue übernahmerechtliche Squeeze-out - die bessere
Alternative?, Festschrift für Westermann (2008), 1221 ff, 1239; Paefgen, Zum
Zwangsausschluss im Übernahmerecht, WM 2007, 765 ff, 767, 768). Eine
Entscheidungserheblichkeit kommt dieser Streitfrage im vorliegenden Fall jedoch
nicht zu.
Selbst wenn man den für die Antragsgegner günstigsten Fall annimmt und die
Vermutung sowohl nach der Übernahmerichtlinie als auch nach den deutschen
Bestimmungen als widerleglich ansieht, ist dem Übertragungsanspruch der
Antragstellerin stattzugeben. Das Vorbringen der Antragsgegner und die
Überlegungen des Landgerichts zum Unternehmenswert sind nicht geeignet, die
gesetzliche Vermutung zu widerlegen, dass die angebotene Gegenleistung eine
angemessene Abfindung ist.
Aus den von einzelnen Antragsgegnern herangezogenen Ergebnissen
verschiedener anderer (aktienrechtlicher) Spruchverfahren, die zu höheren
Abfindungen geführt haben, lässt sich nichts gegen die Vermutung ableiten, da
allgemeine Erfahrungen eine konkrete Vermutung nicht erschüttern können,
worauf auch das Landgericht - insofern noch zutreffend – hingewiesen hat.
Soweit das Landgericht seine abweisende Entscheidung dann aber auf eine eigene
überschlägige Berechnung stützt und durch diese die gesetzliche Vermutung für
erschüttert hält, um dann den geltend gemachten Anspruch der Antragstellerin
abzuweisen, ist der Ansatz des Landgerichts systemwidrig.
Mit der Wortwahl in § 39a Abs. 3 WpÜG "ist als angemessene Abfindung
anzusehen" hat der Gesetzgeber den Wertungsmaßstab des § 327a Abs. 1 AktG
übernommen, der für den aktienrechtlichen Squeeze-out ebenfalls bei Erreichen
einer 95 %-Schwelle für den Hauptaktionär die Möglichkeit vorsieht, die
Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer angemessenen Abfindung
auszuschließen. Der Begriff der angemessenen Abfindung ist ein feststehender
Maßstab für alle Abfindungsregelungen bei Strukturmaßnahmen.
"Angemessenheit" ist im Übrigen ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen
Ausfüllung eine Rechtsfrage ist. Die Angemessenheit der Entschädigung als solche
kann nicht Gegenstand einer Beweisaufnahme sein. Was "angemessen" ist,
bestimmt sich aus den übergeordneten Gesichtspunkten des Verfassungsrechts
und des Zivilrechts. Die Ermittlung der einzelnen Wertfaktoren ist dagegen
Tatfrage (Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4.
Aufl. 2002, S. 17; Paulsen, Unternehmensbewertung und Rechtsprechung, WPg
2008, S. 109 ff, 109). Beim Squeeze-out geht es um die in der Gesellschaft
verbundenen Beziehungen zwischen dem Hauptaktionär/Bieter und den
Minderheitsaktionären, wobei mit dem Maßstab der "Angemessenheit" zwischen
ihnen ein Interessenausgleich gefunden werden muss.
Beim aktienrechtlichen Spruchverfahren sieht das Gesetz ein umfangreiches
Verfahren vor, um sicherzustellen, dass die Minderheitsaktionäre ihre volle
Entschädigung erlangen. Es beginnt mit der Festlegung der Barabfindung durch
den Hauptaktionär (§ 327b Abs. 1 AktG) und dessen schriftlicher Berichterstattung
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den Hauptaktionär (§ 327b Abs. 1 AktG) und dessen schriftlicher Berichterstattung
gegenüber der Hauptversammlung über die Voraussetzungen der Übertragung
und die Erläuterung der Angemessenheit der Barabfindung (§ 327c Abs. 2 S. 1
AktG) und geht weiter mit der Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung
durch einen oder mehrere unabhängige, vom Gericht bestellte sachverständige
Prüfer (§§ 327c Abs. 2 S. 2 und 3 AktG), wobei die Aktionäre gegen eine etwaige
schuldhafte Falschbewertung des Prüfers durch Schadensersatzansprüche
geschützt sind (§§ 327c Abs. 2 Satz 4, 293d Abs. 2 AktG, 323 HGB). Schließlich
kann ein Minderheitsaktionär die Abfindungshöhe im Spruchverfahren gerichtlich
überprüfen lassen, wenn er meint, die Barabfindung sei nicht angemessen (§ 327f
S. 2 AktG).
Regelmäßig bildet der Börsenwert die Untergrenze für die Höhe der Barabfindung.
Ansonsten ist bei der Unternehmensbewertung die Ertragswertmethode als
Verfahren anerkannt. Danach werden die bilanzrechtlich ermittelten künftigen
ausschüttbaren Ertragsüberschüsse auf den Tag der Hauptversammlung, in der
der Squeeze-out beschlossen wird, abgezinst (vgl. Großfeld, Unternehmens- und
Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 47). Das Gesetz schreibt
das Ertragswertverfahren als Bewertungsmethode aber nicht vor. Vielmehr sind
die angemessenen Ergebnisse unter Hinzuziehung der anerkannten Methoden der
Betriebswirtschaft zu finden. Diese sind nicht statisch, sondern entwickeln sich
unter dem Eindruck vielfältiger Einflüsse, wie neuer gesetzlicher Regelungen, der
Globalisierung der Wirtschaft und aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse
weiter. Es gibt keinen "richtigen" objektiven Unternehmenswert an sich. Darstellbar
ist nur eine Bandbreite vertretbarer Bewertungen, gewissermaßen ein Zielkorridor,
der bei zutreffenden realen Unternehmensdaten konsistente
Bewertungsergebnisse enthält. Bewerten bedeutet auch vergleichen. Am Markt
bekannte Preise für Unternehmen lassen sich nur dann auf das zu bewertende
Unternehmen übertragen, wenn diese dem zu bewertenden Unternehmen
möglichst vergleichbar sind. Die zu diskontierenden Zahlungsströme sind
Erwartungswerte (vgl. Ballwieser, Betriebwirtschaftliche (kapitalmarkttheoretische)
Anforderungen an die Unternehmensbewertung, WPg 2008, S. 102 ff, S. 103).
Kommt es zu einer Anrufung der Gerichte, obliegt diesen die Feststellung, ob die
gewählte Bewertungsmethode geeignet ist und ob die Ergebnisse zutreffend sind.
Dieses aktienrechtliche Spruchverfahren führt zu teilweise überlangen
Verfahrenszeiten.
Der Gesetzgeber wollte und durfte beim kapitalmarktrechtlichen Squeeze-out ein
möglichst rasches und bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen auch relativ
unkompliziertes Verfahren zur Verfügung stellen. Der Gesetzgeber hat zur
Bestimmung der vollen Entschädigung zulässigerweise die Erkenntnisse des
Markts bzw. Kapitalmarkts in Gestalt von Vorerwerben und der Börsenkurse
herangezogen und dies mit einer marktkonformen Anbindung an die 90-Prozent-
Schwelle gekoppelt. Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, dass das
Erreichen der Erfolgsschwelle von 90% die Marktkräfte widerspiegelt und dieser
sehr hohe Angebotserfolg nicht erreicht werden kann, wenn dem Markt nicht der
volle Ausgleich für die Unternehmensanteile angeboten wird. Der Markttest ersetzt
also alle betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethoden zur Ermittlung der vollen
Entschädigung. Eine Schlechterstellung der Minderheitsaktionäre ist damit nicht
verbunden, denn alle betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethoden beschäftigen
sich auch nur damit, auf möglichst gesicherter Basis theoretisch den wirklichen
Marktwert zu ermitteln bzw. die interessengerechten Grenzpreise. Bei einer
Öffnung für anderweitige Bewertungsmethoden wäre ein zügiges Gerichtsverfahren
nicht gewährleistet, da wegen der berührten betriebswirtschaftlichen Themenkreise
regelmäßig die Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe erforderlich sein dürfte
und dadurch der kapitalmarktrechtliche Squeeze-out weitgehend unbrauchbar
würde (vgl. Schlitt/Ries/Becker, Der Ausschluss der übrigen Aktionäre gem. §§ 39
a, 39 b WpÜG, NZG 2008, 700/701; Merkt/ Binder, Änderungen im
Übernahmerecht nach Umsetzung der EG-Übernahmerichtlinie: Das deutsche
Umsetzungsgesetz und verbleibende Problemfelder, BB 2006, 1285 ff, 1291; vgl.
auch Seibt/ Heiser, Analyse des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes
(Regierungsentwurf), AG 2006, 301 ff, 319).
Die Beschränkung auf den Markttest ist zunächst als gesetzgeberischer Wille zu
achten, auch wenn man von einer widerleglichen Vermutung ausgehen wollte. Die
Widerlegung mittels einer anderen Bewertungsmethode würde im Übrigen
voraussetzen, dass die andere Bewertungsmethode, z.B. die üblicherweise beim
aktienrechtlichen Squeeze-out angewandte Ertragswertmethode, die auch der
überschlägigen Berechnung des Landgerichts zugrunde liegt, für eine höhere
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überschlägigen Berechnung des Landgerichts zugrunde liegt, für eine höhere
Richtigkeitsgewähr stünde und damit dem Markttest als der vom deutschen
Gesetzgeber und auch von der europäischen Richtlinie für zutreffend gehaltenen
Vermutungsbasis überlegen wäre. Dass die Ertragswertmethode ein
realitätsgerechteres Ergebnis hervorbringen würde, kann aber nicht angenommen
werden, weil sie – wie ausgeführt - mit Schätzungen und Plausibilisierungen
arbeiten muss. Der Senat vermag sich deswegen der von der Antragsgegnerseite
vorgebrachten Befürchtung nicht anzuschließen, dass ohne eine eigenständige
gerichtliche Angemessenheitskontrolle die Minderheitsaktionäre dem Missbrauch
wirtschaftlicher Macht hilflos ausgeliefert seien. Die auch im
kapitalmarktrechtlichen Spruchverfahren herrschende Amtsermittlungspflicht (§§
39b Abs. 1 WpÜG, 12 FGG) kann sich nicht darauf erstrecken, neben der
Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit des Markttests alternativ die
Ertragswertmethode einzubeziehen.
Daraus folgt, dass die Minderheitsaktionäre hier nicht mit Behauptungen zu
einzelnen Bausteinen der (theoretischen) Unternehmensbewertung oder ihrer
Plausibilitätskontrolle gehört werden können. Das bloße Bestreiten der Richtigkeit
des Ergebnisses des vom Gesetzgeber für richtig gehaltenen
Wertfindungsprozesses, also des stattgefundenen Markttests, ist ebenfalls nicht
ausreichend. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung, ob
der vom (ordnungsmäßigen) Markttest bestätigte Angebotspreis zu niedrig ist,
kommt nicht in Betracht (a. A. Heidel/ Lochner, Der übernahmerechtliche
Squeeze- und Sell-out gem. § 39a ff WpÜG, Der Konzern 2006, 653 ff, 655/656, die
zwei Untergrenzen annehmen, einmal den durch die Ertragswertmethode zu
ermittelnden inneren Wert der Beteiligung und den Marktwert, der insbesondere
durch die Börsenkurse zu ermitteln sei).
Es kann im kapitalmarktrechtlichen Verfahren – die Widerleglichkeit der
Angemessenheitsvermutung unterstellt - nur darum gehen, ob der Markttest
ausnahmsweise keine Aussagekraft hat, etwa weil die Kräfte des Marktes nicht
gewirkt oder funktioniert haben. Hier wären konkrete Fehler vorzubringen, die das
Ergebnis beeinflusst haben (vgl. Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-out
gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 116; Paefgen, Der neue übernahmerechtliche
Squeeze-out - die bessere Alternative?, Festschrift für Westermann (2008), 1221
ff, 1239; Paefgen, Der Zwangsausschluss im neuen Übernahmerecht, WM 2007,
765 ff, 768; Rühland, Der übernahmerechtliche Squeeze-out im Regierungsentwurf
des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes, NZG 2006, 401 ff, 407). Es
erübrigt sich daher vorliegend eine Auseinandersetzung mit der überschlägigen
Ertragswertberechnung des Landgerichts und den Ausführungen der Beteiligten
hierzu. Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass das Landgericht, auch von
seinem rechtlichen Standpunkt aus, die Unangemessenheit der Barabfindung in
dieser Kurzform nicht feststellen durfte (vgl. hierzu auch Anm. von Falkner, ZIP
2008, 1775 ff.).
Soweit die Antragsgegner vorbringen, dass die nach § 31 WpÜG angemessene
Gegenleistung nicht mit der angemessenen Barabfindung an den Vorgaben des
Verfassungsrechts beim Squeeze-out gleichzusetzen und schon deswegen die
Angemessenheitsvermutung widerlegt sei, greift diese Argumentation zu kurz,
denn auf einer solchen schlichten Gleichsetzung beruht die
Angemessenheitsvermutung nicht. Zu dem durch § 31 WpÜG i.V.m. §§ 4, 5
WpÜGAngebotsVO verbindlich festgelegten Angebotspreis muss immer noch das
Erreichen der 90prozentigen Erfolgsschwelle hinzukommen, also die Akzeptanz
des Preises durch den Markt.
Anhaltspunkte, dass das Angebotsverfahren hier in wesentlichen Punkten nicht
korrekt abgelaufen und so der Markttest verfälscht worden sein könnte, bestehen
nicht. Es kann deshalb dahinstehen, ob und welche Verstöße relevant werden
könnten (vgl. hierzu Paefgen, Der Zwangsausschluss im neuen Übernahmerecht,
WM 2007, 765 ff; Rühland, Der übernahmerechtliche Squeeze-out im
Regierungsentwurf des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes, NZG 2006, 401
ff, 405). Bei der hier vorliegenden umfänglichen Übernahme erübrigen sich auch
Überlegungen zur Aussagekraft des Markttestes bei marktengen Situationen.
Das Verfahrensergebnis verstößt auch nicht gegen Art. 14 GG. Art. 14 Abs. 1 GG
schreibt keine bestimmte Methode der Unternehmensbewertung vor (BVerfG NJW
2007, 3266 ff). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schließt
Art. 14 Abs 1 Satz 1 GG es außerdem nicht aus, eine Aktionärsminderheit gegen
ihren Willen aus einer Aktiengesellschaft zu drängen (BVerfG ZIP 2000, 1679 = NJW
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ihren Willen aus einer Aktiengesellschaft zu drängen (BVerfG ZIP 2000, 1679 = NJW
2001, 279 – 281). Der Gesetzgeber hat vielmehr durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG
die Befugnis erhalten, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen. Dabei
kann das Interesse der Minderheitsaktionäre soweit hinter das Interesse des
Großaktionärs an der freien Entscheidung seiner unternehmerischen Initiative
zurückgestellt werden, als dabei die schutzwürdigen Interessen der zum
Ausscheiden gezwungenen Aktionäre gewahrt bleiben. Gefordert ist lediglich ein
wirksamer Schutz gegen den Missbrauch wirtschaftlicher Macht und eine volle
Entschädigung für den Verlust der Rechtsposition (BVerfG ZIP 2000, 1679 = NJW
2001, 279 – 281).
Ein besonderes Schutzbedürfnis der Minderheitsaktionäre kann im vorliegenden
Fall verneint werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in der angeführten
Entscheidung (BVerfG ZIP 2000, 1679 = NJW 2001, 279 – 281) ausgeführt, die
Veräußerung des Gesellschaftsvermögens an einen unbeteiligten Dritten werfe im
Regelfall keine verfassungsrechtlichen Probleme auf, weil dabei ein
Schutzbedürfnis für die Minderheitsaktionäre nicht entstehe. Der Schutz der
Minderheitsaktionäre bestehe dann regelmäßig darin, dass auch der Großaktionär
einen möglichst hohen Preis für das Gesellschaftsvermögen erzielen wolle. So liegt
der Fall auch hier. Der Schutz der Minderheitsaktionäre ist vorliegend bereits
dadurch gewährleistet, dass die Großaktionäre einen möglichst hohen Preis für
ihre Aktienpakete erzielen wollten und die Antragstellerin insoweit auch bei den
Vorgesprächen hinsichtlich der unwiderruflichen Verpflichtungserklärungen den
Angebotspreis aufstocken musste, sonst wäre sie nicht erfolgreich gewesen und
hätte die Großaktionäre nicht zum Verkauf veranlassen können. Die Bieterin hat
zwar ein Angebot abgegeben, war aber auf die Akzeptanz der Aktionäre
angewiesen. Hinsichtlich des Angebotspreises bestand zwischen allen betroffenen
Aktionären des Zielunternehmens auch Interessenhomogenität. Für die
Antragsgegner gelten schließlich keine schlechteren Konditionen als für die
Großaktionäre. Es sind keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte ersichtlich
geworden, warum das Angebot, das gewissermaßen auf kaufmännische Weise
zustandegekommen ist, nicht als fair zu bewerten wäre (vgl. auch die Hinweise auf
die britische Gerichtspraxis bei Rühland, Die Abfindung von aus der
Aktiengesellschaft ausgeschlossenen Minderheitsaktionären, WM 2000, 1884,
1887).
Soweit die Antragsgegnerseite gegen die Regelung in § 39b Abs. 3 WpÜG anführt,
dass eine mit ihr vergleichbare Vermutungsregel in § 327b Abs. 1 Satz 3 AktG-
RegE (BT-Drucks. 14/7043, S. 24) aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken des
Bundesrats gestoppt worden sei, ist dies zwar zutreffend (BT-Drucks. 14/7477, S.
54), belegt aber nicht die Verfassungswidrigkeit der Regelung, insbesondere des
Markttests schlechthin, sondern nur, dass es sich hier um eine
grundrechtssensible Materie handelt. Der Bundesrat hatte sich damals gegen die
Einführung einer unwiderleglichen Vermutung ausgesprochen, weil nicht
ausgeschlossen werden könne, dass im Einzelfall der wahre Wert der Beteiligung
höher sei, als er sich im Übernahmeangebot widerspiegele (BT-Drucks. 14/7034 S.
87). Bedenken sind aus verschiedenen Gründen gegen die damalige Regelung
vorgebracht worden, insbesondere aber deswegen, weil bei der Erfolgsschwelle
sachwidrig auf die Kopfzahl der Aktionäre und nicht auf die Anteile abgestellt
worden war (vgl. Austmann/ Mennike, NZG, Übernahmerechtlicher Squeeze-out
und Sell-out, NZG 2004, 846 ff, 849/850). Außerdem weil sich die
Richtigkeitsgewähr des Markttests auch dadurch relativieren kann, dass der Bieter
vor dem Angebot bereits über eine hohe Beteiligung verfügt und möglicherweise
kein Vollangebot abgeben muss. Dann ist es möglich, dass zwar die
Zustimmungsquote für das Angebot von 90 % erreicht wird, die
Zustimmungsquote bezogen auf die Gesamtzahl der übrigen Aktien aber viel
niedriger ausfällt (Beispiel bei Habersack, Der Finanzplatz Deutschland und die
Rechte der Aktionäre, ZIP 2001, 1230 ff, 1238). Um einen solchen Fall handelt es
sich hier aber gerade nicht.
Die Antragstellerin ist auch nicht verpflichtet, den Minderheitsaktionären die
Ergebnisse ihrer Due-diligence-Prüfung vorzulegen, damit etwa überprüft werden
kann, welche Maßstäbe hier angelegt worden sind und ob es zugunsten der
Minderheitsaktionäre andere Sichtweisen mit anderen Ergebnissen geben könnte.
Einen solchen Auskunftsanspruch der Antragsgegner sieht das Gesetz nicht vor.
Abgesehen davon wären die an eine solche Auskunft anknüpfenden Überlegungen
zum Unternehmenswert für dieses Verfahren nach den obigen Ausführungen auch
nicht zielführend. Verfahrensrechtlich folgenlos bleibt daher auch das Bestreiten,
dass dem Angebot der Antragstellerin überhaupt eine Ertragswertberechnung
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dass dem Angebot der Antragstellerin überhaupt eine Ertragswertberechnung
zugrunde gelegen habe.
Der aus dem Kreis der Antragsgegner erhobene Vorwurf, die Bundesrepublik
Deutschland habe mit dem kapitalmarktrechtlichen Squeeze- out bilaterale
Investitions- und Investitionsschutzverträge (BITs) verletzt, weil sie keine
Überprüfung in einem ordentlichen Gerichtsverfahren vorgesehen habe, kann nicht
zu einer anderen Entscheidung führen. Entgegen diesem Vorbringen ist der Senat
nicht gehalten, zu ermitteln, ob es einen vom Squeeze-out betroffenen
ausländischen Aktionär gibt, der sich auf die Geltung eines solchen BITs berufen
könnte. Es hat sich jedenfalls keiner in diesem Verfahren gemeldet. Schutzwirkung
für die an diesem Verfahren beteiligten Antragsgegner können solche BITs aber
nicht entfalten. Ganz abgesehen davon ist der Vorwurf aber auch unbegründet.
Beim Squeeze- out handelt es sich nicht um eine Enteignung oder einen
enteignungsgleichen Eingriff, sondern nur um eine Inhalts- und
Schrankenbestimmung des Eigentums der Minderheitsaktionäre im Verhältnis zur
Hauptaktionärin (BVerfG BB 2007, 1515 ff). Im kapitalmarktrechtlichen
Zwangsausschluss kommt die Wertung des europäischen Gesetzgebers zum
Ausdruck, dass das kapitalmarktrechtliche Zwangssausschlussrecht
gewissermaßen als Kompensation für die mit dem Kontrollerwerb verbundenen
Kosten und Mühen des Bieters anzusehen ist (Paefgen, Der Zwangsausschluss im
neuen Übernahmerecht, WM 2007, 765 m.w.N.). Ein gerichtliches Verfahren ist
vorgesehen, wie das hiesige Verfahren zeigt. Eine Übertragung des Eigentums der
Minderheitsaktionäre findet sogar nur durch richterlichen Gestaltungsakt statt,
also nachdem das Gericht geprüft hat, ob die gesetzlichen
Übertragungsvoraussetzungen vorliegen (§ 39b Abs. 5 WpÜG). Das Verfahren der
§§ 39 a, 39b WpÜG schaltet – in dem hier zur Beurteilung anstehenden Umfang -
lediglich den Bewertungsstreit für die (theoretisch) richtige
Unternehmensbewertung weitgehend aus und setzt auf die Richtigkeit/
Vernünftigkeit des Werts, der sich am Markt bewährt hat. Dies ist zulässig und
bietet angesichts unterschiedlicher internationaler Bewertungsgewohnheiten und
Traditionen sogar mehr Bewertungssicherheit. Dass eine bestimmte
Bewertungsmethode – hier die Ertragswertmethode – als Bewertungsmethode in
den internationalen Vereinbarungen festgelegt worden sei, haben auch die
Antragsgegner nicht behauptet.
Die Rüge der Antragsgegner, dass das Gesetz keine Besicherung des
Abfindungsanspruchs vorsieht, kann den Anspruch der Bieterin – einer
inländischen Bank und Anstalt des öffentlichen Rechts - ebenfalls nicht zu Fall
bringen. Einer Insolvenzgefahr ist schon durch die öffentlich-rechtliche
Gewährträgerschaft ausreichend begegnet. Es ist hier nicht vorgetragen und auch
sonst nicht ersichtlich, dass dem Zahlungsanspruch der Minderheitsaktionäre
Realisierungsschwierigkeiten entgegenstehen könnten. Dahinstehen kann, ob das
Gericht in anderen Fällen, in denen Schwierigkeiten bei der Realisierung der
Abwicklung zu erwarten sind, die Übertragung der Aktien im Weg
richtlinienkonformer Auslegung davon abhängig machen kann, dass eine
Abfindung gewährleistet ist (vgl. Geibel/ Süßmann, WpÜG, 2. Aufl. 2008, § 39a Rn
19; Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S.
195 ff; Santelmann in Steinmeyer/ Häger, WpÜG, 2. Aufl. 2007, § 39a Rn 13).
Vorliegend kann jedenfalls der Beschwerde der Erfolg nicht versagt werden.
Da die Bieterin mit ihrem Hauptantrag Erfolg hat, besteht kein Anlass auf die
Hilfsanträge, auch soweit sie unterstützend von Antragsgegnern aufgenommen
worden sind, einzugehen. Nicht zu entscheiden ist ebenfalls, ob ein Bieter, der
über 95 % der Aktien des stimmberechtigten Grundkapitals verfügt, aber die 90 %
Erfolgsschwelle nicht erreicht hat, einen übernahmerechtlichen Squeeze-out-
Antrag stellen kann, so dass der Senat keinen Anlass hat, zu dem entsprechenden
Vorbringen der Beteiligten Stellung zu nehmen. Es erübrigt sich auch eine
Stellungnahme zum Vorbringen hinsichtlich des von zwei Antragsgegnern vor dem
Landgericht Hannover angestrengten, aber bis zur Entscheidung dieser Sache
ausgesetzten Spruchverfahrens.
III.
Die Rechtsmittel der Antragsgegner hinsichtlich der Erstattung ihrer
außergerichtlichen Kosten konnten keinen Erfolg haben, wobei gegenüber der
landgerichtlichen Entscheidung noch hinzukommt, dass die Antragsgegner
letztlich nicht obsiegt haben. Nach § 39b Abs. 6 WpÜG ordnet das Gericht an, dass
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letztlich nicht obsiegt haben. Nach § 39b Abs. 6 WpÜG ordnet das Gericht an, dass
Kosten der Antragsgegner, die zur zweckentsprechenden Erledigung der
Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsteller zu
erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. In der Gesetzesbegründung
heißt es dazu, die Vorschrift solle sicherstellen, dass der Antragsteller auch die
dem Antragsgegner oder den Antragsgegnern entstandenen Kosten zu erstatten
habe, wenn dies der Billigkeit entspreche (BT-Drucks. 16/1003, S. 23). Daraus und
aus dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich indirekt entnehmen, dass es bei der
Entscheidung über die Verteilung der außergerichtlichen Kosten nicht alleine auf
das Obsiegen oder Unterliegen im Verfahren ankommen kann. Es müssen
vielmehr andere Gesichtspunkte hinzutreten, die die Kostenbelastung der
Antragsgegner unbillig erscheinen lassen. Diese Auslegung stimmt auch mit der
Handhabung vergleichbarer Kostenvorschriften überein.
Eine dem § 39b Abs. 6 WpÜG vergleichbare Kostenregelung findet sich für das
aktienrechtliche Squeeze-out-Verfahren in § 15 Abs. 4 SpruchG, allerdings mit
dem Unterschied, dass hier noch ausdrücklich der Ausgang des Verfahrens als zu
berücksichtigende Größe im Rahmen der Billigkeitsprüfung aufgeführt ist. Dort
heißt es in der Gesetzesbegründung, dass grundsätzlich die Antragsteller ihre
Kosten selbst tragen sollten. Die Aufbürdung dieses begrenzten Kostenrisikos solle
von einer übereilten oder mutwilligen Antragstellung abhalten (BT-Drucks. 15/ 371,
S. 17; vgl. auch KK-SpruchG/ Rosskopf, § 15 Rn 18).
Eine ebenfalls vergleichbare Billigkeitsregel enthält auch die Kostenvorschrift des §
13 a Abs.1 FGG, wonach bei Beteiligung mehrerer Personen an einem Verfahren
das Gericht anordnen kann, dass die Kosten, die zur zweckentsprechenden
Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder
teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. In
Wohnungseigentumsverfahren, soweit diese noch dem FGG-Verfahren unterliegen,
gilt ebenfalls der Billigkeitsmaßstab (§ 47 WEG a. F.).
In allen diesen Fällen (§ 39b Abs. 6 WpÜG, § 15 Abs. 4 WpÜG, § 13a Abs.1 FGG, §
47 WEG a.F.) liegt eine Abkehr vom starren Erfolgsprinzip des § 91 ZPO vor. Für
das FGG-Verfahren ist anerkannt, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen
Kosten grundsätzlich selbst zu tragen hat. Die Auferlegung der Kosten bedarf
besonderer Rechtfertigung im Einzelfall. Ein unterliegender Beteiligter ist nicht
unbedingt zur Kostenerstattung zu verpflichten (Keidel/ Kuntze/ Winkler, Freiwillige
Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 13a Rn 21 m.w.N.). Diese Sichtweise ist auch in andere
Verfahrensbereiche übertragen worden, in denen das FGG-Verfahren die
tragenden Prinzipien vorgegeben hat. So werden nach dem bereits
angesprochenen § 47 WEG a. F. die außergerichtlichen Kosten unter
Billigkeitsgesichtspunkten nur ausnahmsweise erstattet (OLG Hamburg, Beschluss
vom 18.02.2008, ZMR 2008, 405 ff, zit. nach juris; OLG Frankfurt, 20 W 259/99,
Beschluss vom 06.02.2003).
Der Senat hat vorliegend keinen Grund gesehen, die Antragsgegner zu Lasten der
Antragstellerin von ihrem Kostenrisiko freizustellen. Zugegebenermaßen enthalten
die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften etliche Auslegungs- bzw.
Anwendungsunsicherheiten. Ungeklärte Verhältnisse und Unsicherheiten gibt es
aber auch in anderen Rechtsgebieten des FGG-Verfahrens, ohne dass dies eine
Überbürdung von Verfahrenskosten auf einen anderen Beteiligten zur Folge hätte.
Dass die Antragstellerin im landgerichtlichen Verfahren zunächst auch einen
Feststellungsantrag hinsichtlich der Anrechnung der Dividende gestellt und diesen
Antrag dann wieder zurückgenommen hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
IV.
Schuldnerin der Gerichtskosten ist nach § 39b Abs. 6 S. 7 WpÜG stets die
Antragstellerin. Für die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen
Kosten gelten die vorstehenden Erwägungen, so dass der Senat auch hier von der
Überbürdung der außergerichtlichen Kosten auf die Antragstellerin absieht.
Die Wertfestsetzung erfolgt gem. § 39b Abs. 6 S. 5 WpÜG in Anlehnung an die
landgerichtliche Wertfestsetzung. Die Anschlussbeschwerden hinsichtlich der
Kosten wirken sich auf den Beschwerdewert nicht werterhöhend aus, da es sich nur
um die Überprüfung einer Nebenentscheidung handelt, über die der Senat
ohnehin von Amts wegen zu befinden hatte.
Der Senat sieht sich veranlasst, diese Entscheidung in entsprechender Anwendung
von § 39 Abs. 4 Satz 2 WpÜG im elektronischen Bundesanzeiger zu
von § 39 Abs. 4 Satz 2 WpÜG im elektronischen Bundesanzeiger zu
veröffentlichen. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/1003, S.
22/23) ist der Gesetzgeber wohl davon ausgegangen, dass durch die Regelung des
§ 39 b Abs. 5 Satz 5 WpÜG eine Eintragung und Publizierung über das
Handelsregister sichergestellt ist. Dies ist jedoch nicht zwingend, da in § 39 b Abs.
5 Satz 5 WpÜG nur die Verpflichtung des Vorstandes zur Einreichung der
rechtskräftigen Entscheidung zum Handelsregister begründet wurde, was nach § 8
Abs. 2 HRV lediglich dazu führt, dass dieses Dokument zum Aktenbestand
genommen wird und dort eingesehen werden kann (vgl. auch Geibel/Süßmann,
WpÜG, 2. Aufl. 2008, § 39b Rn. 9; Santelmann in Steinmeyer/ Häger, WpÜG, 2.
Aufl. 2007, § 39b Rn 49).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.